Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 73, 1914, Viertes Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite
Die Lriedensarbcit der deutschen "Barbaren"

Hunnen" sich mehr als alle übrigen Völker Europas literarisch mit den echt
"barbarischen" Problemen des Erziehungswesens beschäftigen, so daß der
Durchschnitt der deutschen Schriften auf diesem Gebiete den der englischen um
mehr als das siebenfache übertrifft. Fichte preist in seinen "Reden an die
deutsche Nation" folgendes als die Frucht einer guten Nationalerziehung:
"Jeder einzelne ist zu jedem möglichen Gebrauche seiner körperlichen Kraft voll¬
kommen geübt, und begreift sie auf der Stelle, zur Ertragung jeder Anstrengung
und Mühseligkeit gewöhnt, sein in unmittelbarer Anschauung aufgewachsener
Geist ist immer gegenwärtig und bei sich selbst, in seinem Gemüte lebt die Liebe
des Ganzen, dessen Mitglied er ist, des Staates und des Vaterlandes, und
vernichtet jede andere selbstische Regung. Der Staat kann sie rufen und unter
die Waffen stellen, so bald er will, und kann sicher sein, daß kein Feind sie
schlägt." Begreift ihr jetzt, ihr Herren Engländer, in welchen Boden die starken
Wurzeln deutscher Kraft geschlagen sind? Es mag noch interessieren, auch die
Anzahl der Zeitungen kennen zu lernen, die in den verschiedenen Ländern auf
ihre besondere Weise für Bildung und Aufklärung des Volkes sorgen. Es
erscheinen in Deutschland 10 017, in Frankreich 9000, in England 4329 und
in Belgien 2366 Zeitungen.

Eine Nation, die mit zähem Fleiße lernt und arbeitet, verschafft dem
Staate wachsende Einnahmen. Lehrreich ist in dieser Hinsicht die folgende
Tabelle, welche zeigt, wie die Staatseinnahmen in den drei führenden Ländern
innerhalb eines Zeitabschnittes von dreißig Jahren gewachsen sind:

Deutschland England Frankreich
1381 1911 1881 1911 1881 1911
2 860 400 000 8 634 000 000 1714 400 000 4106 600 000 3 023 400 000 3 655 300 000

Die rege und unermüdliche Arbeit des deutschen Volkes hat natürlich auch
den Volkswohlstand gewaltig gehoben, so daß dieser heute mit zirka 270Milliarden
Mark (nach Ballod) demjenigen des reichen Englands von 260 bis 300 Milliarden
Mark (nach Mulhall) kaum oder gar nicht nachsteht, denjenigen Frankreichs von
170 Milliarden Mark (nach Leron-Beaulieu) aber bei weitem übertrifft. Das
deutsche Volk kann und will, wenn es sein muß, noch weit größere Summen
im Interesse des Vaterlandes aufbringen, als die viereinhalb Milliarden, die
es freudig auf die Kriegsanleihe zeichnete.

Wo die wirtschaftlichen Kräfte wachsen, wo der Wohlstand sich hebt, da
muß als unausbleiblicheMolge auch der Verkehr sich steigern. Welchen geradezu
ungeheuren Fortschritt Deutschland nach dieser Hinsicht in den Jahren 1893 bis
1911 gemacht hat, davon mußten sich auch die Engländer, Franzosen und
Belgier überzeugen, die in diesem Jahre das "internationale Bureau" der
schweizerischen Landesausstellung besuchten. Vergleichstabellen mit anschaulichen
graphischen Darstellungen demonstrieren hier c>Lulo3 den gewaltigen Auf¬
schwung des deutschen Eisenbahnverkehrs. Kein anderes Land des europäischen
Kontinents erreicht in dieser Hinsicht auch nur annähernd unser Vaterland. Ich


Die Lriedensarbcit der deutschen „Barbaren"

Hunnen" sich mehr als alle übrigen Völker Europas literarisch mit den echt
„barbarischen" Problemen des Erziehungswesens beschäftigen, so daß der
Durchschnitt der deutschen Schriften auf diesem Gebiete den der englischen um
mehr als das siebenfache übertrifft. Fichte preist in seinen „Reden an die
deutsche Nation" folgendes als die Frucht einer guten Nationalerziehung:
„Jeder einzelne ist zu jedem möglichen Gebrauche seiner körperlichen Kraft voll¬
kommen geübt, und begreift sie auf der Stelle, zur Ertragung jeder Anstrengung
und Mühseligkeit gewöhnt, sein in unmittelbarer Anschauung aufgewachsener
Geist ist immer gegenwärtig und bei sich selbst, in seinem Gemüte lebt die Liebe
des Ganzen, dessen Mitglied er ist, des Staates und des Vaterlandes, und
vernichtet jede andere selbstische Regung. Der Staat kann sie rufen und unter
die Waffen stellen, so bald er will, und kann sicher sein, daß kein Feind sie
schlägt." Begreift ihr jetzt, ihr Herren Engländer, in welchen Boden die starken
Wurzeln deutscher Kraft geschlagen sind? Es mag noch interessieren, auch die
Anzahl der Zeitungen kennen zu lernen, die in den verschiedenen Ländern auf
ihre besondere Weise für Bildung und Aufklärung des Volkes sorgen. Es
erscheinen in Deutschland 10 017, in Frankreich 9000, in England 4329 und
in Belgien 2366 Zeitungen.

Eine Nation, die mit zähem Fleiße lernt und arbeitet, verschafft dem
Staate wachsende Einnahmen. Lehrreich ist in dieser Hinsicht die folgende
Tabelle, welche zeigt, wie die Staatseinnahmen in den drei führenden Ländern
innerhalb eines Zeitabschnittes von dreißig Jahren gewachsen sind:

Deutschland England Frankreich
1381 1911 1881 1911 1881 1911
2 860 400 000 8 634 000 000 1714 400 000 4106 600 000 3 023 400 000 3 655 300 000

Die rege und unermüdliche Arbeit des deutschen Volkes hat natürlich auch
den Volkswohlstand gewaltig gehoben, so daß dieser heute mit zirka 270Milliarden
Mark (nach Ballod) demjenigen des reichen Englands von 260 bis 300 Milliarden
Mark (nach Mulhall) kaum oder gar nicht nachsteht, denjenigen Frankreichs von
170 Milliarden Mark (nach Leron-Beaulieu) aber bei weitem übertrifft. Das
deutsche Volk kann und will, wenn es sein muß, noch weit größere Summen
im Interesse des Vaterlandes aufbringen, als die viereinhalb Milliarden, die
es freudig auf die Kriegsanleihe zeichnete.

Wo die wirtschaftlichen Kräfte wachsen, wo der Wohlstand sich hebt, da
muß als unausbleiblicheMolge auch der Verkehr sich steigern. Welchen geradezu
ungeheuren Fortschritt Deutschland nach dieser Hinsicht in den Jahren 1893 bis
1911 gemacht hat, davon mußten sich auch die Engländer, Franzosen und
Belgier überzeugen, die in diesem Jahre das „internationale Bureau" der
schweizerischen Landesausstellung besuchten. Vergleichstabellen mit anschaulichen
graphischen Darstellungen demonstrieren hier c>Lulo3 den gewaltigen Auf¬
schwung des deutschen Eisenbahnverkehrs. Kein anderes Land des europäischen
Kontinents erreicht in dieser Hinsicht auch nur annähernd unser Vaterland. Ich


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0278" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/329506"/>
          <fw type="header" place="top"> Die Lriedensarbcit der deutschen &#x201E;Barbaren"</fw><lb/>
          <p xml:id="ID_971" prev="#ID_970"> Hunnen" sich mehr als alle übrigen Völker Europas literarisch mit den echt<lb/>
&#x201E;barbarischen" Problemen des Erziehungswesens beschäftigen, so daß der<lb/>
Durchschnitt der deutschen Schriften auf diesem Gebiete den der englischen um<lb/>
mehr als das siebenfache übertrifft. Fichte preist in seinen &#x201E;Reden an die<lb/>
deutsche Nation" folgendes als die Frucht einer guten Nationalerziehung:<lb/>
&#x201E;Jeder einzelne ist zu jedem möglichen Gebrauche seiner körperlichen Kraft voll¬<lb/>
kommen geübt, und begreift sie auf der Stelle, zur Ertragung jeder Anstrengung<lb/>
und Mühseligkeit gewöhnt, sein in unmittelbarer Anschauung aufgewachsener<lb/>
Geist ist immer gegenwärtig und bei sich selbst, in seinem Gemüte lebt die Liebe<lb/>
des Ganzen, dessen Mitglied er ist, des Staates und des Vaterlandes, und<lb/>
vernichtet jede andere selbstische Regung. Der Staat kann sie rufen und unter<lb/>
die Waffen stellen, so bald er will, und kann sicher sein, daß kein Feind sie<lb/>
schlägt." Begreift ihr jetzt, ihr Herren Engländer, in welchen Boden die starken<lb/>
Wurzeln deutscher Kraft geschlagen sind? Es mag noch interessieren, auch die<lb/>
Anzahl der Zeitungen kennen zu lernen, die in den verschiedenen Ländern auf<lb/>
ihre besondere Weise für Bildung und Aufklärung des Volkes sorgen. Es<lb/>
erscheinen in Deutschland 10 017, in Frankreich 9000, in England 4329 und<lb/>
in Belgien 2366 Zeitungen.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_972"> Eine Nation, die mit zähem Fleiße lernt und arbeitet, verschafft dem<lb/>
Staate wachsende Einnahmen. Lehrreich ist in dieser Hinsicht die folgende<lb/>
Tabelle, welche zeigt, wie die Staatseinnahmen in den drei führenden Ländern<lb/>
innerhalb eines Zeitabschnittes von dreißig Jahren gewachsen sind:</p><lb/>
          <list>
            <item> Deutschland England Frankreich</item>
            <item> 1381 1911 1881 1911 1881 1911</item>
            <item> 2 860 400 000 8 634 000 000 1714 400 000 4106 600 000 3 023 400 000 3 655 300 000</item>
          </list><lb/>
          <p xml:id="ID_973"> Die rege und unermüdliche Arbeit des deutschen Volkes hat natürlich auch<lb/>
den Volkswohlstand gewaltig gehoben, so daß dieser heute mit zirka 270Milliarden<lb/>
Mark (nach Ballod) demjenigen des reichen Englands von 260 bis 300 Milliarden<lb/>
Mark (nach Mulhall) kaum oder gar nicht nachsteht, denjenigen Frankreichs von<lb/>
170 Milliarden Mark (nach Leron-Beaulieu) aber bei weitem übertrifft. Das<lb/>
deutsche Volk kann und will, wenn es sein muß, noch weit größere Summen<lb/>
im Interesse des Vaterlandes aufbringen, als die viereinhalb Milliarden, die<lb/>
es freudig auf die Kriegsanleihe zeichnete.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_974" next="#ID_975"> Wo die wirtschaftlichen Kräfte wachsen, wo der Wohlstand sich hebt, da<lb/>
muß als unausbleiblicheMolge auch der Verkehr sich steigern. Welchen geradezu<lb/>
ungeheuren Fortschritt Deutschland nach dieser Hinsicht in den Jahren 1893 bis<lb/>
1911 gemacht hat, davon mußten sich auch die Engländer, Franzosen und<lb/>
Belgier überzeugen, die in diesem Jahre das &#x201E;internationale Bureau" der<lb/>
schweizerischen Landesausstellung besuchten. Vergleichstabellen mit anschaulichen<lb/>
graphischen Darstellungen demonstrieren hier c&gt;Lulo3 den gewaltigen Auf¬<lb/>
schwung des deutschen Eisenbahnverkehrs. Kein anderes Land des europäischen<lb/>
Kontinents erreicht in dieser Hinsicht auch nur annähernd unser Vaterland. Ich</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0278] Die Lriedensarbcit der deutschen „Barbaren" Hunnen" sich mehr als alle übrigen Völker Europas literarisch mit den echt „barbarischen" Problemen des Erziehungswesens beschäftigen, so daß der Durchschnitt der deutschen Schriften auf diesem Gebiete den der englischen um mehr als das siebenfache übertrifft. Fichte preist in seinen „Reden an die deutsche Nation" folgendes als die Frucht einer guten Nationalerziehung: „Jeder einzelne ist zu jedem möglichen Gebrauche seiner körperlichen Kraft voll¬ kommen geübt, und begreift sie auf der Stelle, zur Ertragung jeder Anstrengung und Mühseligkeit gewöhnt, sein in unmittelbarer Anschauung aufgewachsener Geist ist immer gegenwärtig und bei sich selbst, in seinem Gemüte lebt die Liebe des Ganzen, dessen Mitglied er ist, des Staates und des Vaterlandes, und vernichtet jede andere selbstische Regung. Der Staat kann sie rufen und unter die Waffen stellen, so bald er will, und kann sicher sein, daß kein Feind sie schlägt." Begreift ihr jetzt, ihr Herren Engländer, in welchen Boden die starken Wurzeln deutscher Kraft geschlagen sind? Es mag noch interessieren, auch die Anzahl der Zeitungen kennen zu lernen, die in den verschiedenen Ländern auf ihre besondere Weise für Bildung und Aufklärung des Volkes sorgen. Es erscheinen in Deutschland 10 017, in Frankreich 9000, in England 4329 und in Belgien 2366 Zeitungen. Eine Nation, die mit zähem Fleiße lernt und arbeitet, verschafft dem Staate wachsende Einnahmen. Lehrreich ist in dieser Hinsicht die folgende Tabelle, welche zeigt, wie die Staatseinnahmen in den drei führenden Ländern innerhalb eines Zeitabschnittes von dreißig Jahren gewachsen sind: Deutschland England Frankreich 1381 1911 1881 1911 1881 1911 2 860 400 000 8 634 000 000 1714 400 000 4106 600 000 3 023 400 000 3 655 300 000 Die rege und unermüdliche Arbeit des deutschen Volkes hat natürlich auch den Volkswohlstand gewaltig gehoben, so daß dieser heute mit zirka 270Milliarden Mark (nach Ballod) demjenigen des reichen Englands von 260 bis 300 Milliarden Mark (nach Mulhall) kaum oder gar nicht nachsteht, denjenigen Frankreichs von 170 Milliarden Mark (nach Leron-Beaulieu) aber bei weitem übertrifft. Das deutsche Volk kann und will, wenn es sein muß, noch weit größere Summen im Interesse des Vaterlandes aufbringen, als die viereinhalb Milliarden, die es freudig auf die Kriegsanleihe zeichnete. Wo die wirtschaftlichen Kräfte wachsen, wo der Wohlstand sich hebt, da muß als unausbleiblicheMolge auch der Verkehr sich steigern. Welchen geradezu ungeheuren Fortschritt Deutschland nach dieser Hinsicht in den Jahren 1893 bis 1911 gemacht hat, davon mußten sich auch die Engländer, Franzosen und Belgier überzeugen, die in diesem Jahre das „internationale Bureau" der schweizerischen Landesausstellung besuchten. Vergleichstabellen mit anschaulichen graphischen Darstellungen demonstrieren hier c>Lulo3 den gewaltigen Auf¬ schwung des deutschen Eisenbahnverkehrs. Kein anderes Land des europäischen Kontinents erreicht in dieser Hinsicht auch nur annähernd unser Vaterland. Ich

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341899_329227
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341899_329227/278
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 73, 1914, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341899_329227/278>, abgerufen am 04.07.2024.