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Die Grenzboten. Jg. 73, 1914, Drittes Vierteljahr.

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Raxitalzins

Gehälter, Arbeiterlöhne, Materialien, Kapitalzinsen. Abschreibungen und Risiko¬
prämien vom Gesamtertrage abzieht. Dieser Gewinn ist die Bezahlung der
Unternehmerarbeit. Es wird hier nicht von Lohn gesprochen, weil der Gewinn
nicht aus reiner Arbeit fließt, sondern aus einer Arbeit unter Zuhilfenahme
des Kapitals, das erst die volle Entfaltung des Unternehmertalentes ermöglicht.
Ohne das Kapital würden die Unternehmerfähigkeiten zum Teil brach liegen
und keine ebenso nutzbringende Arbeit leisten können, wie mit Kapital. Das
Kapital hat hier, wie schon bei dem Vergleich mit den chemischen Kontakt¬
substanzen erwähnt, fast nur den Wert des "Dabeiseins". Richtung und Erfolg
verleiht dem Wirken des Kapitals erst die Intelligenz und der Wille des
Unternehmers. Ohne Wasser kann der Fisch nicht schwimmen. Das Wasser
ermöglicht erst das Schwimmen, ist an dem Erfolg des Schwimmens (Richtung,
Schnelligkeit, Zweck usw.) aber ganz unbeteiligt. Der Unternehmergewinn ist
also nichts anderes, als ein vom Kapital sozusagen subventionierter Arbeitslohn.
Die Verbindung von Kapital und Arbeit verleiht der Arbeit des Unternehmers
einen höheren Gebrauchswert. Weil die Mitmenschen zur billigen Erlangung
von allerlei Gütern die durch die Mithilfe des Kapitals zur vollen Entfaltung
gelangten Unternehmerfähigkeiten nicht entbehren können, deshalb überlassen sie
dem Unternehmer einen Gewinn.

Auch bei den Gebrauchsgegenständen werden wir keinen anderen Grund
für ihren Preis finden, als den allgemeinen Grund. Denn die Herstellungs¬
kosten, die allein als eine besondere, dem Gebrauchsgegenstand eigentümliche
Quelle des Preises in Betracht kämen, erzeugen den Preis nicht. Selbstkosten
und Preis decken sich meistens nicht. Nicht weil das Gut eine gewisse
Summe Arbeit und Kosten zu seiner Entstehung verbraucht hat, hat es einen
Preis, sondern weil es brauchbar ist. Ein Gut kann noch so hohe Selbstkosten
haben und doch ohne Entgelt bleiben, wenn es niemand verlangt. Auch der
in einem Gegenstand etwa liegende objektive Wert ist bedeutungslos, denn
das hübscheste und zweckmäßigste Kleid bleibt unverkäuflich, wenn die Mode
einen anderen Weg geht, während Kleider, die der Mode entsprechen, einen
hohen Preis haben können, auch wenn sie nach allgemeinem ästhetischen Urteil
abgrundhäßlich, zweckwidrig oder gar loddrig gearbeitet sind.

Es bleibt nur noch der Erwerbsgrund der Rente zu untersuchen übrig.
Wir definierten den Begriff Rente als den Ertrag reiner Naturarbeit. Überall
wo ein Acker aus eigener Kraft mehr Frucht trägt als der geringste, noch
eben bebauungswürdige Boden, überall wo nicht eben noch das Mindestmaß
an Existenzmitteln vorhanden ist. wo nicht die Kräfte und Anlagen der Menschen
gerade noch ausreichen, sie vor dem Verhungern zu schützen, ist eine Renten¬
ursache am Werk. Jeder Arbeiter, der mehr als die leichteste und stumpf,
sinnigste Arbeit verrichten kann, erhält in seinem Arbeitslohn neben dem Ertrag
seiner eigensten Arbeit (der Betätigung seiner Kräfte an sich) auch noch eine
Rente. So steckt auch in den: höheren Verdienst des Unternehmers gegenüber


Raxitalzins

Gehälter, Arbeiterlöhne, Materialien, Kapitalzinsen. Abschreibungen und Risiko¬
prämien vom Gesamtertrage abzieht. Dieser Gewinn ist die Bezahlung der
Unternehmerarbeit. Es wird hier nicht von Lohn gesprochen, weil der Gewinn
nicht aus reiner Arbeit fließt, sondern aus einer Arbeit unter Zuhilfenahme
des Kapitals, das erst die volle Entfaltung des Unternehmertalentes ermöglicht.
Ohne das Kapital würden die Unternehmerfähigkeiten zum Teil brach liegen
und keine ebenso nutzbringende Arbeit leisten können, wie mit Kapital. Das
Kapital hat hier, wie schon bei dem Vergleich mit den chemischen Kontakt¬
substanzen erwähnt, fast nur den Wert des „Dabeiseins". Richtung und Erfolg
verleiht dem Wirken des Kapitals erst die Intelligenz und der Wille des
Unternehmers. Ohne Wasser kann der Fisch nicht schwimmen. Das Wasser
ermöglicht erst das Schwimmen, ist an dem Erfolg des Schwimmens (Richtung,
Schnelligkeit, Zweck usw.) aber ganz unbeteiligt. Der Unternehmergewinn ist
also nichts anderes, als ein vom Kapital sozusagen subventionierter Arbeitslohn.
Die Verbindung von Kapital und Arbeit verleiht der Arbeit des Unternehmers
einen höheren Gebrauchswert. Weil die Mitmenschen zur billigen Erlangung
von allerlei Gütern die durch die Mithilfe des Kapitals zur vollen Entfaltung
gelangten Unternehmerfähigkeiten nicht entbehren können, deshalb überlassen sie
dem Unternehmer einen Gewinn.

Auch bei den Gebrauchsgegenständen werden wir keinen anderen Grund
für ihren Preis finden, als den allgemeinen Grund. Denn die Herstellungs¬
kosten, die allein als eine besondere, dem Gebrauchsgegenstand eigentümliche
Quelle des Preises in Betracht kämen, erzeugen den Preis nicht. Selbstkosten
und Preis decken sich meistens nicht. Nicht weil das Gut eine gewisse
Summe Arbeit und Kosten zu seiner Entstehung verbraucht hat, hat es einen
Preis, sondern weil es brauchbar ist. Ein Gut kann noch so hohe Selbstkosten
haben und doch ohne Entgelt bleiben, wenn es niemand verlangt. Auch der
in einem Gegenstand etwa liegende objektive Wert ist bedeutungslos, denn
das hübscheste und zweckmäßigste Kleid bleibt unverkäuflich, wenn die Mode
einen anderen Weg geht, während Kleider, die der Mode entsprechen, einen
hohen Preis haben können, auch wenn sie nach allgemeinem ästhetischen Urteil
abgrundhäßlich, zweckwidrig oder gar loddrig gearbeitet sind.

Es bleibt nur noch der Erwerbsgrund der Rente zu untersuchen übrig.
Wir definierten den Begriff Rente als den Ertrag reiner Naturarbeit. Überall
wo ein Acker aus eigener Kraft mehr Frucht trägt als der geringste, noch
eben bebauungswürdige Boden, überall wo nicht eben noch das Mindestmaß
an Existenzmitteln vorhanden ist. wo nicht die Kräfte und Anlagen der Menschen
gerade noch ausreichen, sie vor dem Verhungern zu schützen, ist eine Renten¬
ursache am Werk. Jeder Arbeiter, der mehr als die leichteste und stumpf,
sinnigste Arbeit verrichten kann, erhält in seinem Arbeitslohn neben dem Ertrag
seiner eigensten Arbeit (der Betätigung seiner Kräfte an sich) auch noch eine
Rente. So steckt auch in den: höheren Verdienst des Unternehmers gegenüber


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[0051] Raxitalzins Gehälter, Arbeiterlöhne, Materialien, Kapitalzinsen. Abschreibungen und Risiko¬ prämien vom Gesamtertrage abzieht. Dieser Gewinn ist die Bezahlung der Unternehmerarbeit. Es wird hier nicht von Lohn gesprochen, weil der Gewinn nicht aus reiner Arbeit fließt, sondern aus einer Arbeit unter Zuhilfenahme des Kapitals, das erst die volle Entfaltung des Unternehmertalentes ermöglicht. Ohne das Kapital würden die Unternehmerfähigkeiten zum Teil brach liegen und keine ebenso nutzbringende Arbeit leisten können, wie mit Kapital. Das Kapital hat hier, wie schon bei dem Vergleich mit den chemischen Kontakt¬ substanzen erwähnt, fast nur den Wert des „Dabeiseins". Richtung und Erfolg verleiht dem Wirken des Kapitals erst die Intelligenz und der Wille des Unternehmers. Ohne Wasser kann der Fisch nicht schwimmen. Das Wasser ermöglicht erst das Schwimmen, ist an dem Erfolg des Schwimmens (Richtung, Schnelligkeit, Zweck usw.) aber ganz unbeteiligt. Der Unternehmergewinn ist also nichts anderes, als ein vom Kapital sozusagen subventionierter Arbeitslohn. Die Verbindung von Kapital und Arbeit verleiht der Arbeit des Unternehmers einen höheren Gebrauchswert. Weil die Mitmenschen zur billigen Erlangung von allerlei Gütern die durch die Mithilfe des Kapitals zur vollen Entfaltung gelangten Unternehmerfähigkeiten nicht entbehren können, deshalb überlassen sie dem Unternehmer einen Gewinn. Auch bei den Gebrauchsgegenständen werden wir keinen anderen Grund für ihren Preis finden, als den allgemeinen Grund. Denn die Herstellungs¬ kosten, die allein als eine besondere, dem Gebrauchsgegenstand eigentümliche Quelle des Preises in Betracht kämen, erzeugen den Preis nicht. Selbstkosten und Preis decken sich meistens nicht. Nicht weil das Gut eine gewisse Summe Arbeit und Kosten zu seiner Entstehung verbraucht hat, hat es einen Preis, sondern weil es brauchbar ist. Ein Gut kann noch so hohe Selbstkosten haben und doch ohne Entgelt bleiben, wenn es niemand verlangt. Auch der in einem Gegenstand etwa liegende objektive Wert ist bedeutungslos, denn das hübscheste und zweckmäßigste Kleid bleibt unverkäuflich, wenn die Mode einen anderen Weg geht, während Kleider, die der Mode entsprechen, einen hohen Preis haben können, auch wenn sie nach allgemeinem ästhetischen Urteil abgrundhäßlich, zweckwidrig oder gar loddrig gearbeitet sind. Es bleibt nur noch der Erwerbsgrund der Rente zu untersuchen übrig. Wir definierten den Begriff Rente als den Ertrag reiner Naturarbeit. Überall wo ein Acker aus eigener Kraft mehr Frucht trägt als der geringste, noch eben bebauungswürdige Boden, überall wo nicht eben noch das Mindestmaß an Existenzmitteln vorhanden ist. wo nicht die Kräfte und Anlagen der Menschen gerade noch ausreichen, sie vor dem Verhungern zu schützen, ist eine Renten¬ ursache am Werk. Jeder Arbeiter, der mehr als die leichteste und stumpf, sinnigste Arbeit verrichten kann, erhält in seinem Arbeitslohn neben dem Ertrag seiner eigensten Arbeit (der Betätigung seiner Kräfte an sich) auch noch eine Rente. So steckt auch in den: höheren Verdienst des Unternehmers gegenüber

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 73, 1914, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341899_328733/51>, abgerufen am 27.07.2024.