Die Grenzboten. Jg. 73, 1914, Drittes Vierteljahr.Die Schlacht bei Zorndorf Die Russe schnuppern nach Luft in der Glut; Die Reiter stillen Schweiß und Blut,- Doch aus aller Augen der Todesmut blitzt, Wo sie seh'n, wie der Seydlitz im Sattel sitzt. Die Kanonen donnern, das Fußvolk greift an,- Da saust in Staub und Rauch heran Von der russischen Linken die Kavallerie, Überrennt Bataillone und nimmt die Batterie. Doch wer zerschlägt dem Bären die Branten Und hält vor dem Siegsgedanken Im Schicksalstaumel der Schlacht Die Fahnenwacht? Vor Seydlitz' Führung, seinen Reiterharsten Des Feindes Schwadronen wie Gläser barsten; Ihr Rest ertrank im Sumpf von Zichern Und weckte ein Schauriges Nixenkichern. -- "Vivat, Friederikus! Viktoria! Bataillon und Batterie sind wieder da!" "Ihr jubelt zu früh," ruft der König im Lauf. "Jetzt reißt oll Petz das Maul erst auf!" Zehntausend Bajonette, berauschte Mongolen, Sie stürmen heran mit viehischen Johlen. Doch Schlesier und Märker halten stand Wie erratische Blöcke im eisgrauen Grand Und düngen Kurbrandenburgs dürre Erde Mit dem schwarzen Blut der Slawenherde. Aber seitwärts lösen sich jüngere Truppen Wie unterm Messer abspringende Schuppen. Jung Seydlitz sieht's, wie's bröckelt und bricht/ Und wendet sich finster mit entschloss'nem Gesicht: "Kürassiers! Wir müssen nochmals herhalten; ^ Denn das Fußvolk schlappe heut wie Weibsrockfalten. Trägt uns der Gaul auch zehn Stunden im Rücken,- Wir wollen die Hunde zusammenknicken!" Und ein Mut, ein Geist beseelt die Geschwader, Als hätten alle sein Blut in der Ader. Da bringt schon von Oppen den Befehl zur Attacke. Gelassen streicht Seydlitz die Schabracke: ^ "Ich erachte den Stoß noch für verfrüht." -- Des Königs Adjutant im Unwill'n erglüht: Die Schlacht bei Zorndorf Die Russe schnuppern nach Luft in der Glut; Die Reiter stillen Schweiß und Blut,- Doch aus aller Augen der Todesmut blitzt, Wo sie seh'n, wie der Seydlitz im Sattel sitzt. Die Kanonen donnern, das Fußvolk greift an,- Da saust in Staub und Rauch heran Von der russischen Linken die Kavallerie, Überrennt Bataillone und nimmt die Batterie. Doch wer zerschlägt dem Bären die Branten Und hält vor dem Siegsgedanken Im Schicksalstaumel der Schlacht Die Fahnenwacht? Vor Seydlitz' Führung, seinen Reiterharsten Des Feindes Schwadronen wie Gläser barsten; Ihr Rest ertrank im Sumpf von Zichern Und weckte ein Schauriges Nixenkichern. — „Vivat, Friederikus! Viktoria! Bataillon und Batterie sind wieder da!" „Ihr jubelt zu früh," ruft der König im Lauf. „Jetzt reißt oll Petz das Maul erst auf!" Zehntausend Bajonette, berauschte Mongolen, Sie stürmen heran mit viehischen Johlen. Doch Schlesier und Märker halten stand Wie erratische Blöcke im eisgrauen Grand Und düngen Kurbrandenburgs dürre Erde Mit dem schwarzen Blut der Slawenherde. Aber seitwärts lösen sich jüngere Truppen Wie unterm Messer abspringende Schuppen. Jung Seydlitz sieht's, wie's bröckelt und bricht/ Und wendet sich finster mit entschloss'nem Gesicht: „Kürassiers! Wir müssen nochmals herhalten; ^ Denn das Fußvolk schlappe heut wie Weibsrockfalten. Trägt uns der Gaul auch zehn Stunden im Rücken,- Wir wollen die Hunde zusammenknicken!" Und ein Mut, ein Geist beseelt die Geschwader, Als hätten alle sein Blut in der Ader. Da bringt schon von Oppen den Befehl zur Attacke. Gelassen streicht Seydlitz die Schabracke: ^ „Ich erachte den Stoß noch für verfrüht." — Des Königs Adjutant im Unwill'n erglüht: <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0321" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/329055"/> <fw type="header" place="top"> Die Schlacht bei Zorndorf</fw><lb/> <lg xml:id="POEMID_12" type="poem"> <l> Die Russe schnuppern nach Luft in der Glut;<lb/> Die Reiter stillen Schweiß und Blut,-<lb/> Doch aus aller Augen der Todesmut blitzt,<lb/> Wo sie seh'n, wie der Seydlitz im Sattel sitzt.<lb/> Die Kanonen donnern, das Fußvolk greift an,-<lb/> Da saust in Staub und Rauch heran<lb/> Von der russischen Linken die Kavallerie,<lb/> Überrennt Bataillone und nimmt die Batterie.</l> <l> Doch wer zerschlägt dem Bären die Branten<lb/> Und hält vor dem Siegsgedanken<lb/> Im Schicksalstaumel der Schlacht<lb/> Die Fahnenwacht?</l> <l> Vor Seydlitz' Führung, seinen Reiterharsten<lb/> Des Feindes Schwadronen wie Gläser barsten;<lb/> Ihr Rest ertrank im Sumpf von Zichern<lb/> Und weckte ein Schauriges Nixenkichern. —<lb/> „Vivat, Friederikus! 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Die Schlacht bei Zorndorf
Die Russe schnuppern nach Luft in der Glut;
Die Reiter stillen Schweiß und Blut,-
Doch aus aller Augen der Todesmut blitzt,
Wo sie seh'n, wie der Seydlitz im Sattel sitzt.
Die Kanonen donnern, das Fußvolk greift an,-
Da saust in Staub und Rauch heran
Von der russischen Linken die Kavallerie,
Überrennt Bataillone und nimmt die Batterie. Doch wer zerschlägt dem Bären die Branten
Und hält vor dem Siegsgedanken
Im Schicksalstaumel der Schlacht
Die Fahnenwacht? Vor Seydlitz' Führung, seinen Reiterharsten
Des Feindes Schwadronen wie Gläser barsten;
Ihr Rest ertrank im Sumpf von Zichern
Und weckte ein Schauriges Nixenkichern. —
„Vivat, Friederikus! Viktoria!
Bataillon und Batterie sind wieder da!"
„Ihr jubelt zu früh," ruft der König im Lauf.
„Jetzt reißt oll Petz das Maul erst auf!" Zehntausend Bajonette, berauschte Mongolen,
Sie stürmen heran mit viehischen Johlen.
Doch Schlesier und Märker halten stand
Wie erratische Blöcke im eisgrauen Grand
Und düngen Kurbrandenburgs dürre Erde
Mit dem schwarzen Blut der Slawenherde.
Aber seitwärts lösen sich jüngere Truppen
Wie unterm Messer abspringende Schuppen. Jung Seydlitz sieht's, wie's bröckelt und bricht/
Und wendet sich finster mit entschloss'nem Gesicht:
„Kürassiers! Wir müssen nochmals herhalten; ^
Denn das Fußvolk schlappe heut wie Weibsrockfalten.
Trägt uns der Gaul auch zehn Stunden im Rücken,-
Wir wollen die Hunde zusammenknicken!"
Und ein Mut, ein Geist beseelt die Geschwader,
Als hätten alle sein Blut in der Ader. Da bringt schon von Oppen den Befehl zur Attacke.
Gelassen streicht Seydlitz die Schabracke: ^
„Ich erachte den Stoß noch für verfrüht." —
Des Königs Adjutant im Unwill'n erglüht:
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