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Die Grenzboten. Jg. 73, 1914, Drittes Vierteljahr.

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Zur Geschichte der Entwicklung der Arbeitgcberorgcmisationen

1892/1893 erhielt der deutsche Buchdruckerverein der veränderten Sachlage ent¬
sprechende Umformung. Anlaß gab hier der große Streik im deutschen Buch¬
druckergewerbe von 1891. Es entstanden ferner der Verein der Töpfer in
Dresden, der Verein der Brauereien Berlins und Umgegend, der Verband der
Textilindustriellen von Chemnitz und Umgegend und viele andere mehr.

Diese Organisationen waren unter sich sehr verschieden. Zumeist waren
sie lokaler Natur und auf eine Wirksamkeit am Orte oder in der nächsten Um¬
gebung berechnet wie die genannten Verbände der Tabakfabrikanten Hamburgs,
der Textilindustriellen von Chemnitz, der Töpfer in Dresden und der Brauereien
Berlins. Teilweise erstreckten sie aber ihre Wirksamkeit über ganze Gebiete
unseres Vaterlandes, wie etwa der Verein der Kupferschmiedereien. Eine regere
Fühlungnahme untereinander konnte man zuerst unter den Verbänden der
deutschen Metallindustriellen beobachten. Hier findet man schon gemeinsam
unterhaltene Bureaus und andere Einrichtungen vor. Eine andere Art der
Unterscheidung der Unternehmerorganisationen von einander bildete die Stellung
zu der Arbeitsnachweisfrage. Schon der Gesamtverband Deutscher Metall-
industcieller, welcher sich im Jahre 1891 aus den Verbänden der deutschen
Metallindustriellen, dem Verein der Kupferschmiedereien und dem Verein Deutscher
Eisengießereien bildete, gab die Parole zur Gründung obligatorischer von den
einzelnen Bezirksverbänden zu erhaltender Arbeitsnachweise als Kampfmittel
heraus, welcher auch die Verbände der deutschen Metallindustriellen bis auf den
Verband der braunschweigischen Metallindustriellen zustimmten. Diese letzteren
sowie die Arbeitgeber im Brauereigewerbe von Berlin und dem Töpsergewerbe
von Dresden stellten sich in puncto der Arbeitnachweisfrage auf den Standpunkt
der paritätischen Beteiligung von Arbeitgebern und Arbeitnehmern.

Eine bestimmte Form der Pflichten der Mitglieder der Arbeitgeberorgani¬
sationen findet man in den Satzungen einer der ältesten deutschen Vereinigung,
nämlich des Vereins der Kupferschmiedereien Deutschlands, welche mit der Bildung
von Bezirksvereinen begann nachdem im Jahre 1889 schon ein reges Fachblatt
ins Leben gerufen worden war. Auf der Hauptversammlung zu Hannover
am 10. Mai 1891 wurden die Satzungen des Vereins festgelegt. Nach diesen
Satzungen wurde als Zweck des Vereins formuliert "die Wahrnehmung der
Interessen der Kupferschmiedearbeitgeber und der pflichtmäßigen Fürsorge für
das Wohl der Kupferschmiedearbeitnehmer:" diesem Zweck wird gedient "durch
Maßregeln zur Hebung des Kupferschmiedegewerbes wie namentlich zur besseren
Ausbildung der Lehrlinge, gemeinsamer Abwehr unberechtigter Ansprüche der
Arbeitnehmer, geeignete Einwirkung auf die Arbeitgeber zur Erfüllung der be¬
rechtigten Wünsche der Arbeitnehmer, Vereinbarungen mit Rohstofflieferanten,
Vereinigungen mit anderen Verbänden, welche gleiche oder ähnliche Ziele
verfolgen." Ferner wird besagt, daß der Verein in Bezirksoereine gegliedert
ist, welche, soweit die Satzungen des Gesamtoereins nicht Bestimmungen darüber
enthalten, ihre Angelegenheiten durch besondere Satzungen regeln. Jedes


Zur Geschichte der Entwicklung der Arbeitgcberorgcmisationen

1892/1893 erhielt der deutsche Buchdruckerverein der veränderten Sachlage ent¬
sprechende Umformung. Anlaß gab hier der große Streik im deutschen Buch¬
druckergewerbe von 1891. Es entstanden ferner der Verein der Töpfer in
Dresden, der Verein der Brauereien Berlins und Umgegend, der Verband der
Textilindustriellen von Chemnitz und Umgegend und viele andere mehr.

Diese Organisationen waren unter sich sehr verschieden. Zumeist waren
sie lokaler Natur und auf eine Wirksamkeit am Orte oder in der nächsten Um¬
gebung berechnet wie die genannten Verbände der Tabakfabrikanten Hamburgs,
der Textilindustriellen von Chemnitz, der Töpfer in Dresden und der Brauereien
Berlins. Teilweise erstreckten sie aber ihre Wirksamkeit über ganze Gebiete
unseres Vaterlandes, wie etwa der Verein der Kupferschmiedereien. Eine regere
Fühlungnahme untereinander konnte man zuerst unter den Verbänden der
deutschen Metallindustriellen beobachten. Hier findet man schon gemeinsam
unterhaltene Bureaus und andere Einrichtungen vor. Eine andere Art der
Unterscheidung der Unternehmerorganisationen von einander bildete die Stellung
zu der Arbeitsnachweisfrage. Schon der Gesamtverband Deutscher Metall-
industcieller, welcher sich im Jahre 1891 aus den Verbänden der deutschen
Metallindustriellen, dem Verein der Kupferschmiedereien und dem Verein Deutscher
Eisengießereien bildete, gab die Parole zur Gründung obligatorischer von den
einzelnen Bezirksverbänden zu erhaltender Arbeitsnachweise als Kampfmittel
heraus, welcher auch die Verbände der deutschen Metallindustriellen bis auf den
Verband der braunschweigischen Metallindustriellen zustimmten. Diese letzteren
sowie die Arbeitgeber im Brauereigewerbe von Berlin und dem Töpsergewerbe
von Dresden stellten sich in puncto der Arbeitnachweisfrage auf den Standpunkt
der paritätischen Beteiligung von Arbeitgebern und Arbeitnehmern.

Eine bestimmte Form der Pflichten der Mitglieder der Arbeitgeberorgani¬
sationen findet man in den Satzungen einer der ältesten deutschen Vereinigung,
nämlich des Vereins der Kupferschmiedereien Deutschlands, welche mit der Bildung
von Bezirksvereinen begann nachdem im Jahre 1889 schon ein reges Fachblatt
ins Leben gerufen worden war. Auf der Hauptversammlung zu Hannover
am 10. Mai 1891 wurden die Satzungen des Vereins festgelegt. Nach diesen
Satzungen wurde als Zweck des Vereins formuliert „die Wahrnehmung der
Interessen der Kupferschmiedearbeitgeber und der pflichtmäßigen Fürsorge für
das Wohl der Kupferschmiedearbeitnehmer:" diesem Zweck wird gedient „durch
Maßregeln zur Hebung des Kupferschmiedegewerbes wie namentlich zur besseren
Ausbildung der Lehrlinge, gemeinsamer Abwehr unberechtigter Ansprüche der
Arbeitnehmer, geeignete Einwirkung auf die Arbeitgeber zur Erfüllung der be¬
rechtigten Wünsche der Arbeitnehmer, Vereinbarungen mit Rohstofflieferanten,
Vereinigungen mit anderen Verbänden, welche gleiche oder ähnliche Ziele
verfolgen." Ferner wird besagt, daß der Verein in Bezirksoereine gegliedert
ist, welche, soweit die Satzungen des Gesamtoereins nicht Bestimmungen darüber
enthalten, ihre Angelegenheiten durch besondere Satzungen regeln. Jedes


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 73, 1914, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341899_328733/166>, abgerufen am 01.09.2024.