Die Grenzboten. Jg. 73, 1914, Zweites Vierteljahr.Die Mcxikofragc viel näher liegen als die amerikanischen Ölausfuhrhäfen, ja ohne Zweifel können Die Mcxikofragc viel näher liegen als die amerikanischen Ölausfuhrhäfen, ja ohne Zweifel können <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0236" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/328336"/> <fw type="header" place="top"> Die Mcxikofragc</fw><lb/> <p xml:id="ID_993" prev="#ID_992"> viel näher liegen als die amerikanischen Ölausfuhrhäfen, ja ohne Zweifel können<lb/> von den mittelamerikanischen Republiken, vor allem aus Kolumbien Ölleitungen<lb/> direkt an den Kanal oder seine Umgebungen herangeführt werden. Das<lb/> amerikanische Öl könnte dieser Konkurrenz ohne Zweifel nicht standhalten, um<lb/> so weniger, als, wie gesagt, die Ölproduktion Mexikos und Mittelamerikas noch<lb/> große Möglichkeiten von unberechenbarer Ausdehnung in sich schließt. Die<lb/> zweite Seite, die politisch-militärische, ist ebenfalls klar. Wir halten es nicht<lb/> für unbedingt sicher, wie manche glauben, daß in absehbarer Zeit die Kohle auf<lb/> Kriegs- und Handelsschiffen überhaupt durch das Öl ersetzt werden wird, un°<lb/> bezweifelbar ist aber, daß die Bedeutung des Öls für die Schiffahrt mit seiner<lb/> Reichlichkeit auf der Erde wachsen wird. Seemächte, deren Notwendigkeiten auf<lb/> und über den Ozeanen liegen, werden deshalb, wie das Beispiel Englands<lb/> schon zeigt, mehr und mehr versuchen, sich Ölquellen zu sichern, zumal weil die<lb/> Schiffsölheizung gerade für große Wasserflächen eine besondere Bedeutung hat:<lb/> ein Kriegsschiff kann auch in Kriegszeiten leichter, schneller und deshalb gefahr¬<lb/> loser Öl nehmen als Kohlen, um seinen Feuerungsvorrat auszufüllen. Dieses<lb/> Moment ist strategisch von höchster Wichtigkeit. Danach liegt auf der Hand,<lb/> daß die Verewigten Staaten den Wunsch haben müssen, das mexikanische Öl-<lb/> gebiet. wenn nicht wirtschaftlich sich zu sichern, so doch es politisch und militärisch<lb/> für den Kriegsfall immun zu machen. Das ist aber wiederum nur möglich durch<lb/> politische Beherrschung Mexikos in irgendeiner Form. Aus diesen Ausführungen<lb/> geht des weiteren hervor, daß die Öl° und die Verkehrsfragen die Interessen<lb/> der Vereinigten Staaten politisch, militärisch und wirtschaftlich über Mexiko<lb/> hinaus nach Süden ausdehnen, ja, auch auf den südamerikanischen Kontinent<lb/> hinüber. Wie man diese Interessen jetzt schon im Auge hat, zeigte das Ver¬<lb/> halten der Washingtoner Regierung in der Frage der Galapagoinseln. Durch<lb/> den Panamakanal und das Öl ist die ganze riesige mittelamerikanische Bucht<lb/> ein Gebiet intensivsten künftigen internationalen Wettbewerbes geworden. Was<lb/> wir vorher vom Panamakanal allein sagten, muß man in diesem Zusammen¬<lb/> hange auf die mittelamerikanische Bucht mit den sie umgebenden Ländern ein¬<lb/> wenden: sie muß eine Stelle der Schwäche und damit eine Angriffsstelle, von<lb/> anderen Mächten aus gesehen, für die Vereinigten Staaten werden, wenn diese<lb/> es nicht fertig bringen, rechtzeitig ihre eigene Macht dorthin zu setzen und aus<lb/> der schwachen Stelle eine starke zu machen; wirtschaftlich, politisch und militärisch.<lb/> Ob ihnen das gelingt, läßt sich auch nicht entfernt voraussagen. Daß zu einem<lb/> Gelingen der Besitz von Mexiko in irgendeiner Form notwendig ist, kann nicht<lb/> bezweifelt werden. Ob es den Vereinigten Staaten anderseits gelingt, dieses<lb/> Ziel zu erreichen, ist die Frage der Gegenwart und nächsten Zukunft, ist die<lb/> Frage, um deren Beantwortung eben jetzt blutig gerungen wird.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0236]
Die Mcxikofragc
viel näher liegen als die amerikanischen Ölausfuhrhäfen, ja ohne Zweifel können
von den mittelamerikanischen Republiken, vor allem aus Kolumbien Ölleitungen
direkt an den Kanal oder seine Umgebungen herangeführt werden. Das
amerikanische Öl könnte dieser Konkurrenz ohne Zweifel nicht standhalten, um
so weniger, als, wie gesagt, die Ölproduktion Mexikos und Mittelamerikas noch
große Möglichkeiten von unberechenbarer Ausdehnung in sich schließt. Die
zweite Seite, die politisch-militärische, ist ebenfalls klar. Wir halten es nicht
für unbedingt sicher, wie manche glauben, daß in absehbarer Zeit die Kohle auf
Kriegs- und Handelsschiffen überhaupt durch das Öl ersetzt werden wird, un°
bezweifelbar ist aber, daß die Bedeutung des Öls für die Schiffahrt mit seiner
Reichlichkeit auf der Erde wachsen wird. Seemächte, deren Notwendigkeiten auf
und über den Ozeanen liegen, werden deshalb, wie das Beispiel Englands
schon zeigt, mehr und mehr versuchen, sich Ölquellen zu sichern, zumal weil die
Schiffsölheizung gerade für große Wasserflächen eine besondere Bedeutung hat:
ein Kriegsschiff kann auch in Kriegszeiten leichter, schneller und deshalb gefahr¬
loser Öl nehmen als Kohlen, um seinen Feuerungsvorrat auszufüllen. Dieses
Moment ist strategisch von höchster Wichtigkeit. Danach liegt auf der Hand,
daß die Verewigten Staaten den Wunsch haben müssen, das mexikanische Öl-
gebiet. wenn nicht wirtschaftlich sich zu sichern, so doch es politisch und militärisch
für den Kriegsfall immun zu machen. Das ist aber wiederum nur möglich durch
politische Beherrschung Mexikos in irgendeiner Form. Aus diesen Ausführungen
geht des weiteren hervor, daß die Öl° und die Verkehrsfragen die Interessen
der Vereinigten Staaten politisch, militärisch und wirtschaftlich über Mexiko
hinaus nach Süden ausdehnen, ja, auch auf den südamerikanischen Kontinent
hinüber. Wie man diese Interessen jetzt schon im Auge hat, zeigte das Ver¬
halten der Washingtoner Regierung in der Frage der Galapagoinseln. Durch
den Panamakanal und das Öl ist die ganze riesige mittelamerikanische Bucht
ein Gebiet intensivsten künftigen internationalen Wettbewerbes geworden. Was
wir vorher vom Panamakanal allein sagten, muß man in diesem Zusammen¬
hange auf die mittelamerikanische Bucht mit den sie umgebenden Ländern ein¬
wenden: sie muß eine Stelle der Schwäche und damit eine Angriffsstelle, von
anderen Mächten aus gesehen, für die Vereinigten Staaten werden, wenn diese
es nicht fertig bringen, rechtzeitig ihre eigene Macht dorthin zu setzen und aus
der schwachen Stelle eine starke zu machen; wirtschaftlich, politisch und militärisch.
Ob ihnen das gelingt, läßt sich auch nicht entfernt voraussagen. Daß zu einem
Gelingen der Besitz von Mexiko in irgendeiner Form notwendig ist, kann nicht
bezweifelt werden. Ob es den Vereinigten Staaten anderseits gelingt, dieses
Ziel zu erreichen, ist die Frage der Gegenwart und nächsten Zukunft, ist die
Frage, um deren Beantwortung eben jetzt blutig gerungen wird.
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