Die Grenzboten. Jg. 73, 1914, Erstes Vierteljahr.Briefe an August Wilhelm Schlegel neuern; sein Beispiel wird Wirkung hervorbringen. Unstreitig haben die Italiener Der lange und strenge Winter hat auf uns gleichen Einfluß gehabt; Die litterarische Welt ist arm an interessanten Neuigkeiten; desto mehr Stoff Der ietzigen preußischen Administration scheint es noch nicht an dem Über die Sonette des Halberstädter Dichters Klamer Eberhard Carl Schmidt ligt. Koberstein, Grundriß der Gesch. der deutschen National - Literatur II 2, 164 und Heinrich Welti, Gesch. des Sonetts in der deutschen Dichtung 143 f. ->2) Sein erstes Sonett "Dichtersinn" dichtete Schlegel im Jahre 1788 (vgl. Sämtliche Werke hrsg. von Böcking I S. 7). Über seine Sonettdichtung vgl, Hayne a. a. O, 146 und Welti a. a. O. 160 ff. °S) Vgl. Anmerkung 29. ^) Über das ReligionSedikt des Preußischen Ministers Wöllner vom 9. Juli 1788 siehe Martin Philippson, Gesch. des Preußischen Staatswesens I 211 ff. Bürger spottet über dasselbe in einem Briefe an L. W. Meyer vom 12. Januar 1789 (Briefe von und an Bürger III 211). -s) über Wöllners Censuredikt vgl. Philippson a. a. O. 233 ff.
Briefe an August Wilhelm Schlegel neuern; sein Beispiel wird Wirkung hervorbringen. Unstreitig haben die Italiener Der lange und strenge Winter hat auf uns gleichen Einfluß gehabt; Die litterarische Welt ist arm an interessanten Neuigkeiten; desto mehr Stoff Der ietzigen preußischen Administration scheint es noch nicht an dem Über die Sonette des Halberstädter Dichters Klamer Eberhard Carl Schmidt ligt. Koberstein, Grundriß der Gesch. der deutschen National - Literatur II 2, 164 und Heinrich Welti, Gesch. des Sonetts in der deutschen Dichtung 143 f. ->2) Sein erstes Sonett „Dichtersinn" dichtete Schlegel im Jahre 1788 (vgl. Sämtliche Werke hrsg. von Böcking I S. 7). Über seine Sonettdichtung vgl, Hayne a. a. O, 146 und Welti a. a. O. 160 ff. °S) Vgl. Anmerkung 29. ^) Über das ReligionSedikt des Preußischen Ministers Wöllner vom 9. Juli 1788 siehe Martin Philippson, Gesch. des Preußischen Staatswesens I 211 ff. Bürger spottet über dasselbe in einem Briefe an L. W. Meyer vom 12. Januar 1789 (Briefe von und an Bürger III 211). -s) über Wöllners Censuredikt vgl. Philippson a. a. O. 233 ff.
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Briefe an August Wilhelm Schlegel
neuern; sein Beispiel wird Wirkung hervorbringen. Unstreitig haben die Italiener
ihrer Poesie sehr dadurch geschadet, daß sie diese Form zur ausschließlichen fast
erhoben; allein für den Ausdruck mancher Empfindungen besonders der elegischen
ist sie, dünkt mich, sehr gut gemalt. Auch läßt sie einen Wohlklang zu, den
man bei mancher andern Form vermißt. Schon vor mehrern Jahren habe ich
im T^entheben^ Merkur Sonette und, wenn mich mein Gedächtniß nicht täuscht,
vonKl^amer^ Schmidt^) gefunden, die aber vielleicht wegen Mangel des innern
Gehalts, unbemerkt geblieben sind. Es freut mich gleichfalls sehr, daß Bürger
an Ihnen einen so treuen Gehülfen gefunden hat^); wollen Sie auch eine
goldne Medaille nicht verdienen, so thun Sie doch wohl, nach einigen Lorbeer¬
reisern zu ringen; diese wiegen zwar auf der Wage des Profits nicht so schwer,
allein man erhält und giebt doch Mehr Vergnügen dadurch.
Der lange und strenge Winter hat auf uns gleichen Einfluß gehabt;
Mangel an Bewegung, deren ich noch dazu so gewohnt war, haben die hypo¬
chondrischen Anfälle auch bei mir vervielfacht und ich freue mich darum recht
sehr, daß eine mildere Luft es lezt verstattet, sie durch Bewegung und Zerstreuung
zu verscheuchen. Daß es doch nicht einmal daran genug ist, die Vortheile der
sizender Lebensart durch Aufopferung so manchen Genußes erkaufen zu müßen;
daß sie in sich selbst noch eine Hydra erzeugen muß, welche selbst die Vortheile
verschlingt, die wir durch sie zu erlangen hofften.
Die litterarische Welt ist arm an interessanten Neuigkeiten; desto mehr Stoff
zu Betrachtungen liefert die politische. Ich weiß, Sie sind kein Freund der
letzteren; allein ich denke, Sie erfahren nicht ungern, daß nach den neuesten
engPschen^ Nachrichten des Koenigs intellektueller Zustand noch voellig
ungeändert ist^).
Der ietzigen preußischen Administration scheint es noch nicht an dem
berufnen Religions-Edikt ^) genug gewesen zu sein; man ist lezt damit be¬
schäftigt, eine Censur-Verordnung^) ihm zuzugefellen, welche muthmaßlich den
Geist desselben Schöpfers athmen wird. Eben sehe ich aus der Allgemeinen^
Litt^eratur-^ Zeit^ung^, daß ein äoctor x>une»8vpkias in Berlin, der gegen das
Nelsigions-^ Edikt geschrieben und besonders die Lehren, zu deren Aufrecht-
Über die Sonette des Halberstädter Dichters Klamer Eberhard Carl Schmidt ligt.
Koberstein, Grundriß der Gesch. der deutschen National - Literatur II 2, 164 und Heinrich
Welti, Gesch. des Sonetts in der deutschen Dichtung 143 f.
->2) Sein erstes Sonett „Dichtersinn" dichtete Schlegel im Jahre 1788 (vgl. Sämtliche
Werke hrsg. von Böcking I S. 7). Über seine Sonettdichtung vgl, Hayne a. a. O, 146 und
Welti a. a. O. 160 ff.
°S) Vgl. Anmerkung 29.
^) Über das ReligionSedikt des Preußischen Ministers Wöllner vom 9. Juli 1788 siehe
Martin Philippson, Gesch. des Preußischen Staatswesens I 211 ff. Bürger spottet über
dasselbe in einem Briefe an L. W. Meyer vom 12. Januar 1789 (Briefe von und an Bürger
III 211).
-s) über Wöllners Censuredikt vgl. Philippson a. a. O. 233 ff.
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