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Die Grenzboten. Jg. 73, 1914, Erstes Vierteljahr.

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Der Angelpunkt des österreichisch-russischen Gegensatzes

dieser Ausführungen wurden nur zwei Kulturen als solche ersten Grades bei
zeichnet: die.indische und hellenische. In beiden hat sich der Bund der Religion,
Philosophie und Kunst, der Großmächte des geistigen Lebens, dem Ideal am
meisten genähert. Allen Einwendungen gegenüber, die sich dagegen erheben
möchten, muß festgehalten werden, daß wir bis heute weder eine europäische
noch eine deutsche Kultur besitzen, die sich zu solcher Höhe der Einheit empor¬
gerungen hat. Niemals hat sich Germanisches und Christliches zu ähnlicher
Vollendung durchdrungen -- außer vielleicht in dem einen, der seiner Weisheit
letzten Schluß in dem Wort aussprach: "Jedes Ereignis mit Ehrfurcht be¬
trachten." Wunderseltsam klingt diese Forderung Goethes zusammen mit jener
andern: "In Andacht fest tu deine Tat!" und jenem Spruch: "Alle Welt
bestehet nur durch Frömmigkeit." Dieses Ziel, arischen Ursprung mit arischen
Ausgang verbindend, wäre deutsche Kultur. . .




Der Angelpunkt des österreichisch-russischen Gegensatzes
von einem Gsterreicher

n einer Unterredung mit dem Berliner Korrespondenten der
Neuen Freien Presse über die österreichisch-russischen Beziehungen
äußerte sich der russische Ministerpräsident Kokowzow, jede unnötige
Reizung, alles müsse vermieden werden, was die Regierung und
die öffentliche Meinung in Rußland irgendwie in Anspannung
setzen kann, und . . . "ich möchte nun nochmals darauf hinweisen, wie wichtig
es ist, daß auch in Österreich-Ungarn alles vermieden wird, was diese Be¬
ziehungen ungünstig beeinflussen könnte". Was reizt aber Nußland so sehr?
Ist es die Unterstützung der österreichfreundlichen Politiker im gegenwärtigen
bulgarischen Kabinette? Ist es die nicht gerade serbenfreundlich orientierte aus¬
wärtige Politik der Monarchie? Kokowzow sührt den Fall eines russischen
Arztes (eines ehemaligen österreichischen Staatsangehörigen) an, der auf einer
Reise durch Galizien aufgefordert wurde, seinen Reisepaß vorzuweisen. ?ar-
tununt M0nre8. na8Litur riäiLuIu8 mu8? O, nein! Kokowzows Beschwerde
hat symptomatische Bedeutung. Noch ist jedem Lande, das in die russische
Freundschaft zu tief geblickt hat. das Schicksal nicht erspart geblieben, wie ein
türkisches Paschalik behandelt zu werden. Die Worte Kokowzows zeigen die
Aussichten, die sich Österreich auf dem Hintergrunde einer Entente mit Nußland
eröffnen. . .


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Der Angelpunkt des österreichisch-russischen Gegensatzes

dieser Ausführungen wurden nur zwei Kulturen als solche ersten Grades bei
zeichnet: die.indische und hellenische. In beiden hat sich der Bund der Religion,
Philosophie und Kunst, der Großmächte des geistigen Lebens, dem Ideal am
meisten genähert. Allen Einwendungen gegenüber, die sich dagegen erheben
möchten, muß festgehalten werden, daß wir bis heute weder eine europäische
noch eine deutsche Kultur besitzen, die sich zu solcher Höhe der Einheit empor¬
gerungen hat. Niemals hat sich Germanisches und Christliches zu ähnlicher
Vollendung durchdrungen — außer vielleicht in dem einen, der seiner Weisheit
letzten Schluß in dem Wort aussprach: „Jedes Ereignis mit Ehrfurcht be¬
trachten." Wunderseltsam klingt diese Forderung Goethes zusammen mit jener
andern: „In Andacht fest tu deine Tat!" und jenem Spruch: „Alle Welt
bestehet nur durch Frömmigkeit." Dieses Ziel, arischen Ursprung mit arischen
Ausgang verbindend, wäre deutsche Kultur. . .




Der Angelpunkt des österreichisch-russischen Gegensatzes
von einem Gsterreicher

n einer Unterredung mit dem Berliner Korrespondenten der
Neuen Freien Presse über die österreichisch-russischen Beziehungen
äußerte sich der russische Ministerpräsident Kokowzow, jede unnötige
Reizung, alles müsse vermieden werden, was die Regierung und
die öffentliche Meinung in Rußland irgendwie in Anspannung
setzen kann, und . . . „ich möchte nun nochmals darauf hinweisen, wie wichtig
es ist, daß auch in Österreich-Ungarn alles vermieden wird, was diese Be¬
ziehungen ungünstig beeinflussen könnte". Was reizt aber Nußland so sehr?
Ist es die Unterstützung der österreichfreundlichen Politiker im gegenwärtigen
bulgarischen Kabinette? Ist es die nicht gerade serbenfreundlich orientierte aus¬
wärtige Politik der Monarchie? Kokowzow sührt den Fall eines russischen
Arztes (eines ehemaligen österreichischen Staatsangehörigen) an, der auf einer
Reise durch Galizien aufgefordert wurde, seinen Reisepaß vorzuweisen. ?ar-
tununt M0nre8. na8Litur riäiLuIu8 mu8? O, nein! Kokowzows Beschwerde
hat symptomatische Bedeutung. Noch ist jedem Lande, das in die russische
Freundschaft zu tief geblickt hat. das Schicksal nicht erspart geblieben, wie ein
türkisches Paschalik behandelt zu werden. Die Worte Kokowzows zeigen die
Aussichten, die sich Österreich auf dem Hintergrunde einer Entente mit Nußland
eröffnen. . .


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[0031] Der Angelpunkt des österreichisch-russischen Gegensatzes dieser Ausführungen wurden nur zwei Kulturen als solche ersten Grades bei zeichnet: die.indische und hellenische. In beiden hat sich der Bund der Religion, Philosophie und Kunst, der Großmächte des geistigen Lebens, dem Ideal am meisten genähert. Allen Einwendungen gegenüber, die sich dagegen erheben möchten, muß festgehalten werden, daß wir bis heute weder eine europäische noch eine deutsche Kultur besitzen, die sich zu solcher Höhe der Einheit empor¬ gerungen hat. Niemals hat sich Germanisches und Christliches zu ähnlicher Vollendung durchdrungen — außer vielleicht in dem einen, der seiner Weisheit letzten Schluß in dem Wort aussprach: „Jedes Ereignis mit Ehrfurcht be¬ trachten." Wunderseltsam klingt diese Forderung Goethes zusammen mit jener andern: „In Andacht fest tu deine Tat!" und jenem Spruch: „Alle Welt bestehet nur durch Frömmigkeit." Dieses Ziel, arischen Ursprung mit arischen Ausgang verbindend, wäre deutsche Kultur. . . Der Angelpunkt des österreichisch-russischen Gegensatzes von einem Gsterreicher n einer Unterredung mit dem Berliner Korrespondenten der Neuen Freien Presse über die österreichisch-russischen Beziehungen äußerte sich der russische Ministerpräsident Kokowzow, jede unnötige Reizung, alles müsse vermieden werden, was die Regierung und die öffentliche Meinung in Rußland irgendwie in Anspannung setzen kann, und . . . „ich möchte nun nochmals darauf hinweisen, wie wichtig es ist, daß auch in Österreich-Ungarn alles vermieden wird, was diese Be¬ ziehungen ungünstig beeinflussen könnte". Was reizt aber Nußland so sehr? Ist es die Unterstützung der österreichfreundlichen Politiker im gegenwärtigen bulgarischen Kabinette? Ist es die nicht gerade serbenfreundlich orientierte aus¬ wärtige Politik der Monarchie? Kokowzow sührt den Fall eines russischen Arztes (eines ehemaligen österreichischen Staatsangehörigen) an, der auf einer Reise durch Galizien aufgefordert wurde, seinen Reisepaß vorzuweisen. ?ar- tununt M0nre8. na8Litur riäiLuIu8 mu8? O, nein! Kokowzows Beschwerde hat symptomatische Bedeutung. Noch ist jedem Lande, das in die russische Freundschaft zu tief geblickt hat. das Schicksal nicht erspart geblieben, wie ein türkisches Paschalik behandelt zu werden. Die Worte Kokowzows zeigen die Aussichten, die sich Österreich auf dem Hintergrunde einer Entente mit Nußland eröffnen. . . 2«

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 73, 1914, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341899_327465/31>, abgerufen am 29.12.2024.