Die Grenzboten. Jg. 73, 1914, Erstes Vierteljahr.Volksleistung und volkswill" Ernst Viktor Zenker'), sich mit dem Problem des Parlamentarismus beschäftigt. "Delbrücks Buch vertritt einen Optimismus, der in deutschen verfassungs¬ "Der Parlamentarismus, sein Wesen und seine Entwicklung". Wien und Leipzig,
A. Hartlebens Verlag. t9t4, nebst Register. S Mnrk. Volksleistung und volkswill» Ernst Viktor Zenker'), sich mit dem Problem des Parlamentarismus beschäftigt. „Delbrücks Buch vertritt einen Optimismus, der in deutschen verfassungs¬ „Der Parlamentarismus, sein Wesen und seine Entwicklung". Wien und Leipzig,
A. Hartlebens Verlag. t9t4, nebst Register. S Mnrk. <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0019" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/327485"/> <fw type="header" place="top"> Volksleistung und volkswill»</fw><lb/> <p xml:id="ID_27" prev="#ID_26"> Ernst Viktor Zenker'), sich mit dem Problem des Parlamentarismus beschäftigt.<lb/> Während Zenker den Parlamentarismus in der Habsburgischen Monarchie in<lb/> seiner heutigen Form als ein Instrument zur „Entlastung des persönlichen<lb/> Regiments" darstellt, sucht Delbrück nachzuweisen, daß der Parlamentarismus,<lb/> das ist die Parteiregierung, nur einen Vorteil „neben schwerwiegenden Nach¬<lb/> teilen" habe: die Möglichkeit, daß politische Talente „leichter hochkommen".<lb/> Während Zenker aber einer gründlichen Reform das Wort redet, um den<lb/> Parlamentarismus zu einem „Organ der Freiheit und des Volkswillens" zu<lb/> machen, warnt Delbrück vor dem Parlamentarismus überhaupt. Er sieht in<lb/> dem jetzt schon vorhandenen Dualismus, bei dem der Volkswille bereits zum<lb/> Ausdruck komme, die 'beste Form einer deutschen Verfassung. Die Kölnische<lb/> Zeitung aber sagt dazu:</p><lb/> <p xml:id="ID_28"> „Delbrücks Buch vertritt einen Optimismus, der in deutschen verfassungs¬<lb/> mäßigen Zuständen, verglichen in>.t denjenigen anderer Länder, soviel Vorzüge<lb/> sieht, daß ihnen gegenüber alle Fehler unbedeutend erscheinen. Die mangelhafte<lb/> Durchführung des Verantwortlichkeitsgedankens der Volksvertretung gegenüber,<lb/> die Verewigung der von ihm selbst so zutreffend geschilderten Unzufriedenheit<lb/> der nie zu verantwortlicher Tätigkeit zugelassenen Politiker und Parteien, schlägt<lb/> er gegenüber den technischen Vorzügen unseres bestehenden Zustandes gering<lb/> an. Die Gefahr des Gegensatzes zwischen der Meinung der ständig von der<lb/> Presse bearbeiteten großen Masse des Volkes mit seiner unaufhaltsam wachsenden<lb/> demokratischen Grundstimmung und der Haltung der Regierung, der. wenn er<lb/> einmal vorhanden ist, verfassungsmäßig unlösbar ist, eben wegen unseres<lb/> Dualismus, erörtert er nicht. Und doch wird das in Zukunft unser wichtigstes<lb/> Problem werden, weil die großen Aufgaben nur mit der inneren Zustimmung<lb/> der großen Masse gelöst werden können, lösbar nur im Sinne des Libera¬<lb/> lismus, wenn Erschütterungen vermieden werden sollen. Ihm erscheint das.<lb/> was ist. so vernünftig, daß er keinen Wunsch der Weiterbildung hat. Die<lb/> geschichtliche Entwicklung indes wird bei uns so wenig stillstehen wie in anderen<lb/> Ländern. Jeder Fortschritt in der preußischen Wahlrechtsfrage wird die Weiter¬<lb/> entwicklung in Fluß bringen."</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <note xml:id="FID_7" place="foot"> „Der Parlamentarismus, sein Wesen und seine Entwicklung". Wien und Leipzig,<lb/> A. Hartlebens Verlag. t9t4, nebst Register. S Mnrk.</note><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0019]
Volksleistung und volkswill»
Ernst Viktor Zenker'), sich mit dem Problem des Parlamentarismus beschäftigt.
Während Zenker den Parlamentarismus in der Habsburgischen Monarchie in
seiner heutigen Form als ein Instrument zur „Entlastung des persönlichen
Regiments" darstellt, sucht Delbrück nachzuweisen, daß der Parlamentarismus,
das ist die Parteiregierung, nur einen Vorteil „neben schwerwiegenden Nach¬
teilen" habe: die Möglichkeit, daß politische Talente „leichter hochkommen".
Während Zenker aber einer gründlichen Reform das Wort redet, um den
Parlamentarismus zu einem „Organ der Freiheit und des Volkswillens" zu
machen, warnt Delbrück vor dem Parlamentarismus überhaupt. Er sieht in
dem jetzt schon vorhandenen Dualismus, bei dem der Volkswille bereits zum
Ausdruck komme, die 'beste Form einer deutschen Verfassung. Die Kölnische
Zeitung aber sagt dazu:
„Delbrücks Buch vertritt einen Optimismus, der in deutschen verfassungs¬
mäßigen Zuständen, verglichen in>.t denjenigen anderer Länder, soviel Vorzüge
sieht, daß ihnen gegenüber alle Fehler unbedeutend erscheinen. Die mangelhafte
Durchführung des Verantwortlichkeitsgedankens der Volksvertretung gegenüber,
die Verewigung der von ihm selbst so zutreffend geschilderten Unzufriedenheit
der nie zu verantwortlicher Tätigkeit zugelassenen Politiker und Parteien, schlägt
er gegenüber den technischen Vorzügen unseres bestehenden Zustandes gering
an. Die Gefahr des Gegensatzes zwischen der Meinung der ständig von der
Presse bearbeiteten großen Masse des Volkes mit seiner unaufhaltsam wachsenden
demokratischen Grundstimmung und der Haltung der Regierung, der. wenn er
einmal vorhanden ist, verfassungsmäßig unlösbar ist, eben wegen unseres
Dualismus, erörtert er nicht. Und doch wird das in Zukunft unser wichtigstes
Problem werden, weil die großen Aufgaben nur mit der inneren Zustimmung
der großen Masse gelöst werden können, lösbar nur im Sinne des Libera¬
lismus, wenn Erschütterungen vermieden werden sollen. Ihm erscheint das.
was ist. so vernünftig, daß er keinen Wunsch der Weiterbildung hat. Die
geschichtliche Entwicklung indes wird bei uns so wenig stillstehen wie in anderen
Ländern. Jeder Fortschritt in der preußischen Wahlrechtsfrage wird die Weiter¬
entwicklung in Fluß bringen."
„Der Parlamentarismus, sein Wesen und seine Entwicklung". Wien und Leipzig,
A. Hartlebens Verlag. t9t4, nebst Register. S Mnrk.
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