Die Grenzboten. Jg. 73, 1914, Erstes Vierteljahr.Maßgebliches und Unmaßgebliches [Beginn Spaltensatz] sprechende Angaben über die englischen Erb¬ Ist aber der Wille des Erblassers das Daß Carl Jentsch zu den Freunden der Mark zu beginnen. Denn eine Erbschaft be¬ Genealogie "Scmistothii, 2. Inhrnmist." -- Das Ge¬ Maßgebliches und Unmaßgebliches [Beginn Spaltensatz] sprechende Angaben über die englischen Erb¬ Ist aber der Wille des Erblassers das Daß Carl Jentsch zu den Freunden der Mark zu beginnen. Denn eine Erbschaft be¬ Genealogie „Scmistothii, 2. Inhrnmist." — Das Ge¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0106" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/327572"/> <fw type="header" place="top"> Maßgebliches und Unmaßgebliches</fw><lb/> <cb type="start"/> <p xml:id="ID_380" prev="#ID_379"> sprechende Angaben über die englischen Erb¬<lb/> schaftssteuern um.) Hätte Bülows Entwurf<lb/> die Besteuerung deS KindeSerbes bei 100000<lb/> Mark beginnen lassen, statt bei 20000 Mark,<lb/> dann würde etwaiger Widerspruch der Konser¬<lb/> vativen dagegen im Volke kein Echo geweckt<lb/> haben.</p> <p xml:id="ID_381"> Ist aber der Wille des Erblassers das<lb/> Entscheidende, dann haben nußer den Kindern<lb/> und Gatien noch andere Personen Anspruch<lb/> auf Schonung. An sich ist es ja richtig, die<lb/> Steuer mit dem Verwandtschaftsgrade steigen<lb/> AU lassen und den Nichtverwandten die höchste<lb/> aufzulegen. Aber man erinnere sich an Fälle<lb/> der folgenden Art, die nicht eben selten vor¬<lb/> kommen. Ein wohlhabender Mann, eine<lb/> vermögende Frau nimmt sich weitläuftiger Ver¬<lb/> wandten an, bedürftiger und würdiger Per¬<lb/> sonen, unterstützt sie bei Lebzeiten, und will<lb/> sie durch Legate vor Not bewahren. Oder:<lb/> ein alter Junggeselle oder Witwer, der von<lb/> einer Pension, oder als Handwerker, oder in<lb/> einem freien Berufe von seiner Arbeit lebt,<lb/> hinterläßt der Wirtschafterin, die ihm treu ge¬<lb/> dient und ihn in der letzten Krankheit gut<lb/> gepflegt hat, sein kleines Sparkapital, dessen<lb/> Zinsen für ihren notdürftigen Unterhalt gerade<lb/> hinreichen würden. Wird ihr aber der vierte<lb/> Teil hinweggesteuert, dann reiches nicht mehr.<lb/> Hier wird durch eine hohe Erbschaftssteuer<lb/> der Wille des Testators gröblich verletzt.<lb/> Demnach empfiehlt es sich, bei Legaten und<lb/> kleinen Nachlassen auch auf die Progressive<lb/> Staffelung nach dem Verwandtschaftsgrade<lb/><note type="byline"> Laut I>mlsch</note> zu verzichten. </p> <p xml:id="ID_382" next="#ID_383"> Daß Carl Jentsch zu den Freunden der<lb/> Erbrechtsreform zählt, konnte als selbstver¬<lb/> ständlich angenommen werden. Sein öffent¬<lb/> liches Eintreten für das Erbrecht des Reiches<lb/> beseitigt jeden Zweifel. — Mit Recht wendet<lb/> er sich auch der Frage der Ausdehnung der<lb/> Erbschaftssteuer zu, bevor diese wieder<lb/> brennend wird. Eine progressive Besteuerung<lb/> des Kindeserbes ist sicherlich nicht nur im<lb/> Interesse der Reichsfinanzen geboten, sondern<lb/> auch wegen der wohltätigen Wirkung, daß<lb/> damit einem übe»mäßigen, amerikanischen<lb/> Anwachsen großer Vermögen doch gewisse<lb/> Schranken gezogen werden. Aber el geht<lb/> nicht um, mit dieser Steuer erst bei 100 000</p> <cb/><lb/> <p xml:id="ID_383" prev="#ID_382"> Mark zu beginnen. Denn eine Erbschaft be¬<lb/> deutet auch bei Anfällen von weniger als<lb/> 100 000 Mark einen Gewinn für den Erben<lb/> selbst in den Fällen, in denen er am Erwerb<lb/> des Vermögens beteiligt gewesen ist. Eine<lb/> bescheidene Abgabe von mäßigem Gewinn ist<lb/> ebenso gerechtfertigt, wie eine hohe Abgabe<lb/> von einer großen Erbschaft. Ob dies dem<lb/> Willen des Erblassers entspricht, darauf kann<lb/> es nicht ankommen. Wenn es nach dem<lb/> Willen des Erblassers geht, erhält der Staat<lb/> regelmäßig überhaupt nichts, weder von<lb/> kleinen, noch von großen Erbschaften. Die<lb/> Wohlfahrt der Gesamtheit ist aber wichtiger,<lb/> als die Rücksicht ans Selbstsucht und Kurz¬<lb/><note type="byline"> V.</note> sichtigkeit des einzelnen. </p> </div> <div n="2"> <head> Genealogie</head> <p xml:id="ID_384" next="#ID_385"> „Scmistothii, 2. Inhrnmist." — Das Ge¬<lb/> schlecht Schickler. Von dem „Semigotha"<lb/> genannten „Weimarer historisch - genealogen<lb/> Taschenbuche", dasjetztinMünchen verlegt wird<lb/> (Kyffhäuser-Verlag Zechneru. Co., München 23),<lb/> ist unlängst der „zweite Jahrgang" erschienen.<lb/> Dieses Jahrbuch ist nunmehr nicht nur um<lb/> Umfang beträchtlich gewachsen, die Schrift-<lb/> lcitung hat nicht nur um dessen Vervollstän¬<lb/> digung mit ersichtlich großem Fleiße ge¬<lb/> arbeitet, sondern ,es ist much anzuerkennen,<lb/> daß sie in einer langen Reihe von „Berich¬<lb/> tigungen zu Fnmiliennrlikeln" (S. Is bis 8S)<lb/> in loyaler Weise einen großen Teil derjenigen<lb/> irrtümlichen Zuschreibungen von Adelsgeschlech¬<lb/> tern zum Judentums berichtigt und zurück¬<lb/> genommen hat, die im ersten Jahrgange vor¬<lb/> gekommen waren und zu einem sehr erheb¬<lb/> lichen Bruchteile vou mir, gerade in dieser<lb/> Zeitschrift, widerlegt worden sind. Zu den<lb/> Geschlechtern, die anch im vorliegenden zweiten<lb/> Jahrgange noch zu Unrecht als im Mannes¬<lb/> stamme jüdisch oder, genauer gesagt, von<lb/> jüdischer Herkunft verzeichnet werden, gehören<lb/> die Freiherren von Schickler. Wenn ich<lb/> gerade sie heute herausgreife, so geschieht das<lb/> aus einem bestimmten Grunde. Ich habe<lb/> ganz gewiß keine besondere Synipathie für<lb/> ein Bankherrengeschlecht, das, geschmückt<lb/> durch Adels- und Freiherrentitel, die von<lb/> einem Könige von Preußen noch dazu wenige<lb/> Wochen vor dem großen Kriege gegen Frank-</p> <cb type="end"/><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0106]
Maßgebliches und Unmaßgebliches
sprechende Angaben über die englischen Erb¬
schaftssteuern um.) Hätte Bülows Entwurf
die Besteuerung deS KindeSerbes bei 100000
Mark beginnen lassen, statt bei 20000 Mark,
dann würde etwaiger Widerspruch der Konser¬
vativen dagegen im Volke kein Echo geweckt
haben.
Ist aber der Wille des Erblassers das
Entscheidende, dann haben nußer den Kindern
und Gatien noch andere Personen Anspruch
auf Schonung. An sich ist es ja richtig, die
Steuer mit dem Verwandtschaftsgrade steigen
AU lassen und den Nichtverwandten die höchste
aufzulegen. Aber man erinnere sich an Fälle
der folgenden Art, die nicht eben selten vor¬
kommen. Ein wohlhabender Mann, eine
vermögende Frau nimmt sich weitläuftiger Ver¬
wandten an, bedürftiger und würdiger Per¬
sonen, unterstützt sie bei Lebzeiten, und will
sie durch Legate vor Not bewahren. Oder:
ein alter Junggeselle oder Witwer, der von
einer Pension, oder als Handwerker, oder in
einem freien Berufe von seiner Arbeit lebt,
hinterläßt der Wirtschafterin, die ihm treu ge¬
dient und ihn in der letzten Krankheit gut
gepflegt hat, sein kleines Sparkapital, dessen
Zinsen für ihren notdürftigen Unterhalt gerade
hinreichen würden. Wird ihr aber der vierte
Teil hinweggesteuert, dann reiches nicht mehr.
Hier wird durch eine hohe Erbschaftssteuer
der Wille des Testators gröblich verletzt.
Demnach empfiehlt es sich, bei Legaten und
kleinen Nachlassen auch auf die Progressive
Staffelung nach dem Verwandtschaftsgrade
Laut I>mlsch zu verzichten.
Daß Carl Jentsch zu den Freunden der
Erbrechtsreform zählt, konnte als selbstver¬
ständlich angenommen werden. Sein öffent¬
liches Eintreten für das Erbrecht des Reiches
beseitigt jeden Zweifel. — Mit Recht wendet
er sich auch der Frage der Ausdehnung der
Erbschaftssteuer zu, bevor diese wieder
brennend wird. Eine progressive Besteuerung
des Kindeserbes ist sicherlich nicht nur im
Interesse der Reichsfinanzen geboten, sondern
auch wegen der wohltätigen Wirkung, daß
damit einem übe»mäßigen, amerikanischen
Anwachsen großer Vermögen doch gewisse
Schranken gezogen werden. Aber el geht
nicht um, mit dieser Steuer erst bei 100 000
Mark zu beginnen. Denn eine Erbschaft be¬
deutet auch bei Anfällen von weniger als
100 000 Mark einen Gewinn für den Erben
selbst in den Fällen, in denen er am Erwerb
des Vermögens beteiligt gewesen ist. Eine
bescheidene Abgabe von mäßigem Gewinn ist
ebenso gerechtfertigt, wie eine hohe Abgabe
von einer großen Erbschaft. Ob dies dem
Willen des Erblassers entspricht, darauf kann
es nicht ankommen. Wenn es nach dem
Willen des Erblassers geht, erhält der Staat
regelmäßig überhaupt nichts, weder von
kleinen, noch von großen Erbschaften. Die
Wohlfahrt der Gesamtheit ist aber wichtiger,
als die Rücksicht ans Selbstsucht und Kurz¬
V. sichtigkeit des einzelnen.
Genealogie „Scmistothii, 2. Inhrnmist." — Das Ge¬
schlecht Schickler. Von dem „Semigotha"
genannten „Weimarer historisch - genealogen
Taschenbuche", dasjetztinMünchen verlegt wird
(Kyffhäuser-Verlag Zechneru. Co., München 23),
ist unlängst der „zweite Jahrgang" erschienen.
Dieses Jahrbuch ist nunmehr nicht nur um
Umfang beträchtlich gewachsen, die Schrift-
lcitung hat nicht nur um dessen Vervollstän¬
digung mit ersichtlich großem Fleiße ge¬
arbeitet, sondern ,es ist much anzuerkennen,
daß sie in einer langen Reihe von „Berich¬
tigungen zu Fnmiliennrlikeln" (S. Is bis 8S)
in loyaler Weise einen großen Teil derjenigen
irrtümlichen Zuschreibungen von Adelsgeschlech¬
tern zum Judentums berichtigt und zurück¬
genommen hat, die im ersten Jahrgange vor¬
gekommen waren und zu einem sehr erheb¬
lichen Bruchteile vou mir, gerade in dieser
Zeitschrift, widerlegt worden sind. Zu den
Geschlechtern, die anch im vorliegenden zweiten
Jahrgange noch zu Unrecht als im Mannes¬
stamme jüdisch oder, genauer gesagt, von
jüdischer Herkunft verzeichnet werden, gehören
die Freiherren von Schickler. Wenn ich
gerade sie heute herausgreife, so geschieht das
aus einem bestimmten Grunde. Ich habe
ganz gewiß keine besondere Synipathie für
ein Bankherrengeschlecht, das, geschmückt
durch Adels- und Freiherrentitel, die von
einem Könige von Preußen noch dazu wenige
Wochen vor dem großen Kriege gegen Frank-
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