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Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Viertes Vierteljahr.

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Neue Bahnen der Exportförderung

die Kenntnis des Auslandsmarktes verschaffen und seine Erzeugnisse dort an¬
bieten kann. Es scheint, daß auch diese Lösung gefunden worden ist. Der
Fehler der Universalvertretung besteht, wie ausgeführt, in dem Mangel an
genügender Kenntnis der einzelnen Branchen. Anderseits ist es natürlich, daß,
wo ein einzelner eine Aufgabe nicht bezwingen kann, eine Gesamtheit für ihn
eintritt. So ergab sich leicht der Gedanke, daß die Gesamtvertretung der ein¬
zelnen Jndustriebranchen, also die Fachvereine, diesen Zweig der Exportförderung
zu übernehmen haben. Diesen Vereinen, die sich bisher, soweit es sich um das
Studium und die Bearbeitung des Auslandsmarktes handelte, ebenso wie andere
Handelsorganisationen im wesentlichen damit begnügten, Nachrichten von Be¬
hörden und von der Presse entgegenzunehmen und unter ihren Mitgliedern zu
verbreiten, eröffnet sich damit ein weites, vielversprechendes Feld eigener Imi>
tiative. Die Ausführung dürfte hauptsächlich derart erfolgen, daß die Vereine
neben ihren bereits bestehenden, die Angelegenheiten des Vereins bureaumäßig
bearbeitenden Vertretern noch spezielle Vertreter für die Exportförderung, Export-
syndici, anstellen, die systematisch die in Frage kommenden Auslandsmärkte
bereisen und die Mitglieder des Vereins durch Wort und Schrift mit den er¬
forderlichen Informationen versehen. Die neue Einrichtung bedeutet eine
zweckmäßige Spezialisierung gegenüber den Mängeln der Universalvertretung und
eine glückliche Ergänzung des Unvermögens des einzelnen und erscheint durchaus
geeignet, die Schwierigkeit, die sich dem Streben nach der Kenntnis und Be¬
herrschung des Auslandsmarktes entgegenstellte, zu überwinden. Sie wird
insofern auch noch eine segensreiche soziale Folge zeitigen, als sie tüchtigen
Fachmännern, die das Streben nach einer allgemeineren Tätigkeit in sich fühlen,
neue Stellen bieten wird, wo sie dieses Streben in gemeinnütziger Weise betätigen
können.

Fassen wir zum Schluß die neuesten Grundsätze unseres Systems der
Exportförderung nochmals kurz zusammen: Verfechtung des Prinzips der offenen
Tür und Betreibung einer fürsorglichen Handelspolitik nebst handelspolitischem
Informationsdienst und Schutz deutscher Interessen durch den Staat; Erkundung
und Bearbeitung des ausländischen Marktes durch die Interessenten, und zwar
teils durch Exporthäuser, teils durch die Produzenten, in letzterem Falle entweder
durch den einzelnen selbst oder mit Hilfe der Fachvereine.




Neue Bahnen der Exportförderung

die Kenntnis des Auslandsmarktes verschaffen und seine Erzeugnisse dort an¬
bieten kann. Es scheint, daß auch diese Lösung gefunden worden ist. Der
Fehler der Universalvertretung besteht, wie ausgeführt, in dem Mangel an
genügender Kenntnis der einzelnen Branchen. Anderseits ist es natürlich, daß,
wo ein einzelner eine Aufgabe nicht bezwingen kann, eine Gesamtheit für ihn
eintritt. So ergab sich leicht der Gedanke, daß die Gesamtvertretung der ein¬
zelnen Jndustriebranchen, also die Fachvereine, diesen Zweig der Exportförderung
zu übernehmen haben. Diesen Vereinen, die sich bisher, soweit es sich um das
Studium und die Bearbeitung des Auslandsmarktes handelte, ebenso wie andere
Handelsorganisationen im wesentlichen damit begnügten, Nachrichten von Be¬
hörden und von der Presse entgegenzunehmen und unter ihren Mitgliedern zu
verbreiten, eröffnet sich damit ein weites, vielversprechendes Feld eigener Imi>
tiative. Die Ausführung dürfte hauptsächlich derart erfolgen, daß die Vereine
neben ihren bereits bestehenden, die Angelegenheiten des Vereins bureaumäßig
bearbeitenden Vertretern noch spezielle Vertreter für die Exportförderung, Export-
syndici, anstellen, die systematisch die in Frage kommenden Auslandsmärkte
bereisen und die Mitglieder des Vereins durch Wort und Schrift mit den er¬
forderlichen Informationen versehen. Die neue Einrichtung bedeutet eine
zweckmäßige Spezialisierung gegenüber den Mängeln der Universalvertretung und
eine glückliche Ergänzung des Unvermögens des einzelnen und erscheint durchaus
geeignet, die Schwierigkeit, die sich dem Streben nach der Kenntnis und Be¬
herrschung des Auslandsmarktes entgegenstellte, zu überwinden. Sie wird
insofern auch noch eine segensreiche soziale Folge zeitigen, als sie tüchtigen
Fachmännern, die das Streben nach einer allgemeineren Tätigkeit in sich fühlen,
neue Stellen bieten wird, wo sie dieses Streben in gemeinnütziger Weise betätigen
können.

Fassen wir zum Schluß die neuesten Grundsätze unseres Systems der
Exportförderung nochmals kurz zusammen: Verfechtung des Prinzips der offenen
Tür und Betreibung einer fürsorglichen Handelspolitik nebst handelspolitischem
Informationsdienst und Schutz deutscher Interessen durch den Staat; Erkundung
und Bearbeitung des ausländischen Marktes durch die Interessenten, und zwar
teils durch Exporthäuser, teils durch die Produzenten, in letzterem Falle entweder
durch den einzelnen selbst oder mit Hilfe der Fachvereine.




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[0072] Neue Bahnen der Exportförderung die Kenntnis des Auslandsmarktes verschaffen und seine Erzeugnisse dort an¬ bieten kann. Es scheint, daß auch diese Lösung gefunden worden ist. Der Fehler der Universalvertretung besteht, wie ausgeführt, in dem Mangel an genügender Kenntnis der einzelnen Branchen. Anderseits ist es natürlich, daß, wo ein einzelner eine Aufgabe nicht bezwingen kann, eine Gesamtheit für ihn eintritt. So ergab sich leicht der Gedanke, daß die Gesamtvertretung der ein¬ zelnen Jndustriebranchen, also die Fachvereine, diesen Zweig der Exportförderung zu übernehmen haben. Diesen Vereinen, die sich bisher, soweit es sich um das Studium und die Bearbeitung des Auslandsmarktes handelte, ebenso wie andere Handelsorganisationen im wesentlichen damit begnügten, Nachrichten von Be¬ hörden und von der Presse entgegenzunehmen und unter ihren Mitgliedern zu verbreiten, eröffnet sich damit ein weites, vielversprechendes Feld eigener Imi> tiative. Die Ausführung dürfte hauptsächlich derart erfolgen, daß die Vereine neben ihren bereits bestehenden, die Angelegenheiten des Vereins bureaumäßig bearbeitenden Vertretern noch spezielle Vertreter für die Exportförderung, Export- syndici, anstellen, die systematisch die in Frage kommenden Auslandsmärkte bereisen und die Mitglieder des Vereins durch Wort und Schrift mit den er¬ forderlichen Informationen versehen. Die neue Einrichtung bedeutet eine zweckmäßige Spezialisierung gegenüber den Mängeln der Universalvertretung und eine glückliche Ergänzung des Unvermögens des einzelnen und erscheint durchaus geeignet, die Schwierigkeit, die sich dem Streben nach der Kenntnis und Be¬ herrschung des Auslandsmarktes entgegenstellte, zu überwinden. Sie wird insofern auch noch eine segensreiche soziale Folge zeitigen, als sie tüchtigen Fachmännern, die das Streben nach einer allgemeineren Tätigkeit in sich fühlen, neue Stellen bieten wird, wo sie dieses Streben in gemeinnütziger Weise betätigen können. Fassen wir zum Schluß die neuesten Grundsätze unseres Systems der Exportförderung nochmals kurz zusammen: Verfechtung des Prinzips der offenen Tür und Betreibung einer fürsorglichen Handelspolitik nebst handelspolitischem Informationsdienst und Schutz deutscher Interessen durch den Staat; Erkundung und Bearbeitung des ausländischen Marktes durch die Interessenten, und zwar teils durch Exporthäuser, teils durch die Produzenten, in letzterem Falle entweder durch den einzelnen selbst oder mit Hilfe der Fachvereine.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341897_326811/72>, abgerufen am 22.07.2024.