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Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Viertes Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

[Beginn Spaltensatz]

Gebiete der Gesetzgebung, die vielmehr eine
um so bessere sein wird, je größer der mora¬
lische Gehalt und die ethische Selbstbesinnung
der Stimmberechtigten ist, und in dieser Be¬
ziehung gewährt gerade die Demokratie keine
besonders günstige Aussicht.

Gewiß ist uns aber Amerika ein klassisches
Beispiel dafür, wohin selbst in einem von der
Natur überreich gesegneten Lande das vollkom¬
men freie Walten der wirtschaftlichen Kräfte
führt. DieFülle der Nahrung mag noch so groß
sein, die Trusts werden immer den Rahm
abschöpfen, und die Arbeitskraft wird nur die
Mittel behalten, sich notdürftig selbst zu er¬
zeugen. Aber ist es denn notwendig, daß
Europa den mißlungenen Versuch nachmacht,
in welchem alle ethischen Werte aus dem Poli¬

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tischen Leben zurückgedrängt werden, so daß
sie nur in einer zersplitterten Kirchlichkeit und
in unvollkommen organisierter Wohltätigkeit
einen unzulänglichen Wirkungskreis finden?

Auch noch in einem andern Punkte zeigt
Höllischer seine Parteiliche Voreingenommen¬
heit. Er verurteilt die Nestriktionsbestrebun gen
gegen unwillkommene Einwanderer und hält
es für ausgemacht, daß die Sizilianer,
Armenier, Türken, Syrer, Griechen und
russischen Juden schon in der zweiten Gene¬
ration tüchtige Amerikaner geworden sein
werden. Auch hier sind die angeführten Tat¬
sachen sehr interessant, aber als Beweismaterial
für seine sozialistische Folgerung ganz und
gar unzureichend.

Professor Adolf Mayer [Ende Spaltensatz]


Nachdruck sämtlicher Aufsätze nur mit ausdrücklicher Erlaubnis des Verlags gestattet.
Verantwortlich: der Herausgeber George Cleinow in Berlin-Schön-berg. -- Manuslriptsendungen """ Briet"
werden erbeten unter der Adresse:
An den Herausaeber der Grcnzbote" i" Berlin-Friede""", Hrdwigftr. 1".
Fernsprecher der Schnstl-itung! Amt Uhland MSN, be" Verlag?: Amt Lützow S510.
Verlag! Verlag der Grenzboten G. in. l>. H. in Berlin SV. 11.
Druck- "Der R-ichsbote" G. in. b. H. in Berlin SV. 11. D-fsauer Strajze SS/S7.


Maßgebliches und Unmaßgebliches

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Gebiete der Gesetzgebung, die vielmehr eine
um so bessere sein wird, je größer der mora¬
lische Gehalt und die ethische Selbstbesinnung
der Stimmberechtigten ist, und in dieser Be¬
ziehung gewährt gerade die Demokratie keine
besonders günstige Aussicht.

Gewiß ist uns aber Amerika ein klassisches
Beispiel dafür, wohin selbst in einem von der
Natur überreich gesegneten Lande das vollkom¬
men freie Walten der wirtschaftlichen Kräfte
führt. DieFülle der Nahrung mag noch so groß
sein, die Trusts werden immer den Rahm
abschöpfen, und die Arbeitskraft wird nur die
Mittel behalten, sich notdürftig selbst zu er¬
zeugen. Aber ist es denn notwendig, daß
Europa den mißlungenen Versuch nachmacht,
in welchem alle ethischen Werte aus dem Poli¬

[Spaltenumbruch]

tischen Leben zurückgedrängt werden, so daß
sie nur in einer zersplitterten Kirchlichkeit und
in unvollkommen organisierter Wohltätigkeit
einen unzulänglichen Wirkungskreis finden?

Auch noch in einem andern Punkte zeigt
Höllischer seine Parteiliche Voreingenommen¬
heit. Er verurteilt die Nestriktionsbestrebun gen
gegen unwillkommene Einwanderer und hält
es für ausgemacht, daß die Sizilianer,
Armenier, Türken, Syrer, Griechen und
russischen Juden schon in der zweiten Gene¬
ration tüchtige Amerikaner geworden sein
werden. Auch hier sind die angeführten Tat¬
sachen sehr interessant, aber als Beweismaterial
für seine sozialistische Folgerung ganz und
gar unzureichend.

Professor Adolf Mayer [Ende Spaltensatz]


Nachdruck sämtlicher Aufsätze nur mit ausdrücklicher Erlaubnis des Verlags gestattet.
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[0644] Maßgebliches und Unmaßgebliches Gebiete der Gesetzgebung, die vielmehr eine um so bessere sein wird, je größer der mora¬ lische Gehalt und die ethische Selbstbesinnung der Stimmberechtigten ist, und in dieser Be¬ ziehung gewährt gerade die Demokratie keine besonders günstige Aussicht. Gewiß ist uns aber Amerika ein klassisches Beispiel dafür, wohin selbst in einem von der Natur überreich gesegneten Lande das vollkom¬ men freie Walten der wirtschaftlichen Kräfte führt. DieFülle der Nahrung mag noch so groß sein, die Trusts werden immer den Rahm abschöpfen, und die Arbeitskraft wird nur die Mittel behalten, sich notdürftig selbst zu er¬ zeugen. Aber ist es denn notwendig, daß Europa den mißlungenen Versuch nachmacht, in welchem alle ethischen Werte aus dem Poli¬ tischen Leben zurückgedrängt werden, so daß sie nur in einer zersplitterten Kirchlichkeit und in unvollkommen organisierter Wohltätigkeit einen unzulänglichen Wirkungskreis finden? Auch noch in einem andern Punkte zeigt Höllischer seine Parteiliche Voreingenommen¬ heit. Er verurteilt die Nestriktionsbestrebun gen gegen unwillkommene Einwanderer und hält es für ausgemacht, daß die Sizilianer, Armenier, Türken, Syrer, Griechen und russischen Juden schon in der zweiten Gene¬ ration tüchtige Amerikaner geworden sein werden. Auch hier sind die angeführten Tat¬ sachen sehr interessant, aber als Beweismaterial für seine sozialistische Folgerung ganz und gar unzureichend. Professor Adolf Mayer Nachdruck sämtlicher Aufsätze nur mit ausdrücklicher Erlaubnis des Verlags gestattet. Verantwortlich: der Herausgeber George Cleinow in Berlin-Schön-berg. — Manuslriptsendungen »»» Briet» werden erbeten unter der Adresse: An den Herausaeber der Grcnzbote» i» Berlin-Friede«««, Hrdwigftr. 1». Fernsprecher der Schnstl-itung! Amt Uhland MSN, be» Verlag?: Amt Lützow S510. Verlag! Verlag der Grenzboten G. in. l>. H. in Berlin SV. 11. Druck- „Der R-ichsbote" G. in. b. H. in Berlin SV. 11. D-fsauer Strajze SS/S7.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341897_326811/644>, abgerufen am 22.01.2025.