Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Viertes Vierteljahr.Russische Polenpoliük Sinne..." Freilich, der Kaiser will offiziell nichts mit ihnen zu tun haben: Nicht ohne Einfluß auf die Behandlung der Polen ist schließlich Alexanders Daneben mögen auch rein aristokratische Gesichtspunkte maßgebend gewesen Jedenfalls scheint die Auffassung nicht unrichtig, wonach Alexander der Russische Polenpoliük Sinne..." Freilich, der Kaiser will offiziell nichts mit ihnen zu tun haben: Nicht ohne Einfluß auf die Behandlung der Polen ist schließlich Alexanders Daneben mögen auch rein aristokratische Gesichtspunkte maßgebend gewesen Jedenfalls scheint die Auffassung nicht unrichtig, wonach Alexander der <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0561" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/327373"/> <fw type="header" place="top"> Russische Polenpoliük</fw><lb/> <p xml:id="ID_2215" prev="#ID_2214"> Sinne..." Freilich, der Kaiser will offiziell nichts mit ihnen zu tun haben:<lb/> „Auf Befehl des Kaisers sind die bestimmtesten Instruktionen an die kaiserlichen<lb/> Beamten ergangen, sich auf nichts einzulassen, was wie eine Negoziation mit<lb/> der Emigration aussehen könnte. Die kaiserliche Regierung könne mit letzterer<lb/> unter keinen Umständen unterhandeln."</p><lb/> <p xml:id="ID_2216"> Nicht ohne Einfluß auf die Behandlung der Polen ist schließlich Alexanders<lb/> prinzipielle Abneigung gegen den Panslawismus geblieben, der ihm in jenen<lb/> Äußerungen verdächtig war, mit denen er sich gegen die besten Stützen seines<lb/> Thrones, gegen den baltischen Adel richtete und des Zaren nächste Umgebung<lb/> verdächtigte. Seine Regierungsorgane wies der Zar an, es solle „überall auf<lb/> das entschiedenste ausgesprochen werden, daß die kaiserliche Regierung vom Pan¬<lb/> slawismus nichts wissen wolle, vielmehr in diesen Ideen eine der größten Ge¬<lb/> fahren für Rußland erblicke. Seine Majestät der Kaiser scheint an dieser Ansicht<lb/> unerschütterlich festzuhalten." Ssamarin konnte auch tatsächlich seine Pamphlete<lb/> gegen die Deutschen der Ostseeprovinzen nur im Auslande veröffentlichen.</p><lb/> <p xml:id="ID_2217"> Daneben mögen auch rein aristokratische Gesichtspunkte maßgebend gewesen<lb/> sein, die gefördert wurden von Beobachtungen bei dem österreichischen und<lb/> preußischen Nachbarn: die Stellung der Familie Radziwill zum Könige von<lb/> Preußen; die Ausnutzung der Polen durch den österreichischen Minister Grafen<lb/> Beust, der sich nicht scheute, Julian Klaczko, den früheren Sekretär des Polen¬<lb/> führers Fürsten CzartorrM, als Hofrat in das Auswärtige Amt zu berufen.</p><lb/> <p xml:id="ID_2218" next="#ID_2219"> Jedenfalls scheint die Auffassung nicht unrichtig, wonach Alexander der<lb/> Zweite glaubte, er könne in dem polnischen Adel eine Stütze gegen die rote<lb/> Internationale finden, wie sie ihm schon der baltische gewährte. Der russische<lb/> Adel hatte doch versagt, soweit er sich nicht zu einem gemäßigten Liberalismus<lb/> bekannte, und dieser liberale Adel stand den Polen als Träger westlicher Kultur<lb/> sowohl wie hinsichtlich aristokratischen Empfindens sympathisch'gegenüber. Männer,<lb/> wie Fürst Wjasemski. waren keine Demokraten. So gewinnt es den Anschein,<lb/> daß der Zar sich bei der Einrichtung einer oligarchischen Standesvertretung, die<lb/> durch seinen Tod vereitelt wurde, auch des polnischen Adels auf gleicher Stufe<lb/> mit dem russischen bedienen wollte. Solche Gedankengänge finden sich auch in<lb/> den Motiven zum Abschluß des Drei-Kaiser-Bündnisses, dessen Tendenz ja<lb/> durchaus in der Abwehr der Demokratie und der Revolution lag. Für unsere<lb/> Ausfassung spricht auch die Haltung des Zaren gegenüber dem römisch-katholischen<lb/> Klerus, nach dem Berliner Kongreß und nach seiner Erkenntnis, daß das Drei-<lb/> Kaiser-Bündnis praktisch nicht mehr existiere, wenn auch die Fiktion von seinem<lb/> Bestände noch bis 1886 aufrecht erhalten wurde. In ihrer ganzen Versöhnlichkeit<lb/> tritt des Zaren Haltung durch die Ernennung seines persönlichen Freundes und<lb/> Generaladjutanten, Peter Pawlowitsch Albedinski, zum Nachfolger Kotzevues im<lb/> Jahre 1880 zutage. Dieser humane und hochgebildeteMann blieb bis zumJahre 1883<lb/> in Warschau. Er hat den polnischen Adel, den Klerus und das gesamte Volk in<lb/> Schutz genommen, sowohl gegen die Politik des Unterrichtsministeriums wie gegen</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0561]
Russische Polenpoliük
Sinne..." Freilich, der Kaiser will offiziell nichts mit ihnen zu tun haben:
„Auf Befehl des Kaisers sind die bestimmtesten Instruktionen an die kaiserlichen
Beamten ergangen, sich auf nichts einzulassen, was wie eine Negoziation mit
der Emigration aussehen könnte. Die kaiserliche Regierung könne mit letzterer
unter keinen Umständen unterhandeln."
Nicht ohne Einfluß auf die Behandlung der Polen ist schließlich Alexanders
prinzipielle Abneigung gegen den Panslawismus geblieben, der ihm in jenen
Äußerungen verdächtig war, mit denen er sich gegen die besten Stützen seines
Thrones, gegen den baltischen Adel richtete und des Zaren nächste Umgebung
verdächtigte. Seine Regierungsorgane wies der Zar an, es solle „überall auf
das entschiedenste ausgesprochen werden, daß die kaiserliche Regierung vom Pan¬
slawismus nichts wissen wolle, vielmehr in diesen Ideen eine der größten Ge¬
fahren für Rußland erblicke. Seine Majestät der Kaiser scheint an dieser Ansicht
unerschütterlich festzuhalten." Ssamarin konnte auch tatsächlich seine Pamphlete
gegen die Deutschen der Ostseeprovinzen nur im Auslande veröffentlichen.
Daneben mögen auch rein aristokratische Gesichtspunkte maßgebend gewesen
sein, die gefördert wurden von Beobachtungen bei dem österreichischen und
preußischen Nachbarn: die Stellung der Familie Radziwill zum Könige von
Preußen; die Ausnutzung der Polen durch den österreichischen Minister Grafen
Beust, der sich nicht scheute, Julian Klaczko, den früheren Sekretär des Polen¬
führers Fürsten CzartorrM, als Hofrat in das Auswärtige Amt zu berufen.
Jedenfalls scheint die Auffassung nicht unrichtig, wonach Alexander der
Zweite glaubte, er könne in dem polnischen Adel eine Stütze gegen die rote
Internationale finden, wie sie ihm schon der baltische gewährte. Der russische
Adel hatte doch versagt, soweit er sich nicht zu einem gemäßigten Liberalismus
bekannte, und dieser liberale Adel stand den Polen als Träger westlicher Kultur
sowohl wie hinsichtlich aristokratischen Empfindens sympathisch'gegenüber. Männer,
wie Fürst Wjasemski. waren keine Demokraten. So gewinnt es den Anschein,
daß der Zar sich bei der Einrichtung einer oligarchischen Standesvertretung, die
durch seinen Tod vereitelt wurde, auch des polnischen Adels auf gleicher Stufe
mit dem russischen bedienen wollte. Solche Gedankengänge finden sich auch in
den Motiven zum Abschluß des Drei-Kaiser-Bündnisses, dessen Tendenz ja
durchaus in der Abwehr der Demokratie und der Revolution lag. Für unsere
Ausfassung spricht auch die Haltung des Zaren gegenüber dem römisch-katholischen
Klerus, nach dem Berliner Kongreß und nach seiner Erkenntnis, daß das Drei-
Kaiser-Bündnis praktisch nicht mehr existiere, wenn auch die Fiktion von seinem
Bestände noch bis 1886 aufrecht erhalten wurde. In ihrer ganzen Versöhnlichkeit
tritt des Zaren Haltung durch die Ernennung seines persönlichen Freundes und
Generaladjutanten, Peter Pawlowitsch Albedinski, zum Nachfolger Kotzevues im
Jahre 1880 zutage. Dieser humane und hochgebildeteMann blieb bis zumJahre 1883
in Warschau. Er hat den polnischen Adel, den Klerus und das gesamte Volk in
Schutz genommen, sowohl gegen die Politik des Unterrichtsministeriums wie gegen
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