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Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Viertes Vierteljahr.

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Reform der inneren Verwaltung

Laufbahn ungefähr gestalten müßte, so gelangen wir zu folgendem Er¬
gebnis:

Gleich nach der Studienzeit -- auf Wunsch schon während dieser Zeit --
müßte Gelegenheit gegeben werden, die Befähigung für den Verwaltungsdienst
darzutun, d. h. den Nachweis zu führen, daß eine hinreichende Veranlagung
hierfür vorhanden ist. Der Zeitraum eines Jahres dürfte hierfür genügen.
Unter besonderen Umständen könnte er auch verlängert werden.

Im übrigen wird der junge Beamte sofort Bureaudienste zu übernehmen
haben, und zwar in der Weise, daß er die Geschäfte selber erledigt, nicht bloß
einem Bureau zugeteilt wird, um im großen und ganzen zuzusehen, wie die
anderen es machen. Mögen die Arbeiten anfangs auch nur langsam vonstatten
gehen und fremde Hilfe dabei beansprucht werden, bald wird es zur selbständigen
Tätigkeit kommen, und der Beamte wird zeigen können, welche Kräfte in ihm
schlummern. Der Bureaudienst dürfte nicht zu reichlich bemessen sein, damit
Zeit für die theoretische Ausbildung und auch Gelegenheit bleibt, sich sonst im
Leben umzusehen.

Ist dann der Anwärter für den Verwaltungsdienst übernommen, so wird
seine weitere Ausbildung in derselben Weise vor sich gehen müssen, wie es
während der Probezeit geschehen ist, nur daß immer größere Ansprüche gestellt
werden. Gleichzeitig wird mehr und mehr Gelegenheit genommen werden müssen,
den jungen Beamten in die speziellen Berufspflichten des höheren Verwaltungs¬
beamten einzuweihen, welche im Bureauwege nicht zur Erledigung gelangen
können. Er wird daher an Dienstreisen und Sitzungen teilnehmen, Vorträge
halten. Vertretungen übernehmen, als Kommissar bestellt werden müssen usw
Wichtig ist es auch hier, daß. sobald angängig, Übung in selbständiger Tätigkeit
eintritt.

Vereinzelte Dienste der geschilderten Art können natürlich auch bereits
während der Probezeit dem Anwärter übertragen werden, und kann die Art
und Weise, wie sie ausgeführt werden, dazu beitragen, das Urteil hinsichtlich
seiner Befähigung zum Verwaltungsdienst zu vervollständigen. Überhaupt ist
die Probezeit im Verhältnis zur Ausbildungszeit lediglich als ihr Beginn anzu¬
sehen, braucht sich daher in ihrem Wesen von letzterer nicht zu unterscheiden,
wenn damit gewiß auch nicht gesagt sein soll, daß die Ausbildungszeit un¬
mittelbar auf die Probezeit folgen muß.

Im ganzen soll die Ausbildung darauf gerichtet sein, einen tüchtigen
Bureauarbeiter zu erziehen und aus diesen: den höheren Verwaltungsbeamten
herauszubilden.

Die gründliche Kenntnis des Bureaudienftes ist für den Verwaltungsbeamten
als Grundlage für feine weitere Fortbildung in mehrfacher Hinsicht von der
größten Wichtigkeit.

Zunächst macht ihn dieser Dienst mit dem ganzen Mechanismus der Be¬
hörde, bei welcher er arbeitet, genau vertraut, wie dies auf keine andere Weise


Grenzboten IV 1913 g2
Reform der inneren Verwaltung

Laufbahn ungefähr gestalten müßte, so gelangen wir zu folgendem Er¬
gebnis:

Gleich nach der Studienzeit — auf Wunsch schon während dieser Zeit —
müßte Gelegenheit gegeben werden, die Befähigung für den Verwaltungsdienst
darzutun, d. h. den Nachweis zu führen, daß eine hinreichende Veranlagung
hierfür vorhanden ist. Der Zeitraum eines Jahres dürfte hierfür genügen.
Unter besonderen Umständen könnte er auch verlängert werden.

Im übrigen wird der junge Beamte sofort Bureaudienste zu übernehmen
haben, und zwar in der Weise, daß er die Geschäfte selber erledigt, nicht bloß
einem Bureau zugeteilt wird, um im großen und ganzen zuzusehen, wie die
anderen es machen. Mögen die Arbeiten anfangs auch nur langsam vonstatten
gehen und fremde Hilfe dabei beansprucht werden, bald wird es zur selbständigen
Tätigkeit kommen, und der Beamte wird zeigen können, welche Kräfte in ihm
schlummern. Der Bureaudienst dürfte nicht zu reichlich bemessen sein, damit
Zeit für die theoretische Ausbildung und auch Gelegenheit bleibt, sich sonst im
Leben umzusehen.

Ist dann der Anwärter für den Verwaltungsdienst übernommen, so wird
seine weitere Ausbildung in derselben Weise vor sich gehen müssen, wie es
während der Probezeit geschehen ist, nur daß immer größere Ansprüche gestellt
werden. Gleichzeitig wird mehr und mehr Gelegenheit genommen werden müssen,
den jungen Beamten in die speziellen Berufspflichten des höheren Verwaltungs¬
beamten einzuweihen, welche im Bureauwege nicht zur Erledigung gelangen
können. Er wird daher an Dienstreisen und Sitzungen teilnehmen, Vorträge
halten. Vertretungen übernehmen, als Kommissar bestellt werden müssen usw
Wichtig ist es auch hier, daß. sobald angängig, Übung in selbständiger Tätigkeit
eintritt.

Vereinzelte Dienste der geschilderten Art können natürlich auch bereits
während der Probezeit dem Anwärter übertragen werden, und kann die Art
und Weise, wie sie ausgeführt werden, dazu beitragen, das Urteil hinsichtlich
seiner Befähigung zum Verwaltungsdienst zu vervollständigen. Überhaupt ist
die Probezeit im Verhältnis zur Ausbildungszeit lediglich als ihr Beginn anzu¬
sehen, braucht sich daher in ihrem Wesen von letzterer nicht zu unterscheiden,
wenn damit gewiß auch nicht gesagt sein soll, daß die Ausbildungszeit un¬
mittelbar auf die Probezeit folgen muß.

Im ganzen soll die Ausbildung darauf gerichtet sein, einen tüchtigen
Bureauarbeiter zu erziehen und aus diesen: den höheren Verwaltungsbeamten
herauszubilden.

Die gründliche Kenntnis des Bureaudienftes ist für den Verwaltungsbeamten
als Grundlage für feine weitere Fortbildung in mehrfacher Hinsicht von der
größten Wichtigkeit.

Zunächst macht ihn dieser Dienst mit dem ganzen Mechanismus der Be¬
hörde, bei welcher er arbeitet, genau vertraut, wie dies auf keine andere Weise


Grenzboten IV 1913 g2
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[0509] Reform der inneren Verwaltung Laufbahn ungefähr gestalten müßte, so gelangen wir zu folgendem Er¬ gebnis: Gleich nach der Studienzeit — auf Wunsch schon während dieser Zeit — müßte Gelegenheit gegeben werden, die Befähigung für den Verwaltungsdienst darzutun, d. h. den Nachweis zu führen, daß eine hinreichende Veranlagung hierfür vorhanden ist. Der Zeitraum eines Jahres dürfte hierfür genügen. Unter besonderen Umständen könnte er auch verlängert werden. Im übrigen wird der junge Beamte sofort Bureaudienste zu übernehmen haben, und zwar in der Weise, daß er die Geschäfte selber erledigt, nicht bloß einem Bureau zugeteilt wird, um im großen und ganzen zuzusehen, wie die anderen es machen. Mögen die Arbeiten anfangs auch nur langsam vonstatten gehen und fremde Hilfe dabei beansprucht werden, bald wird es zur selbständigen Tätigkeit kommen, und der Beamte wird zeigen können, welche Kräfte in ihm schlummern. Der Bureaudienst dürfte nicht zu reichlich bemessen sein, damit Zeit für die theoretische Ausbildung und auch Gelegenheit bleibt, sich sonst im Leben umzusehen. Ist dann der Anwärter für den Verwaltungsdienst übernommen, so wird seine weitere Ausbildung in derselben Weise vor sich gehen müssen, wie es während der Probezeit geschehen ist, nur daß immer größere Ansprüche gestellt werden. Gleichzeitig wird mehr und mehr Gelegenheit genommen werden müssen, den jungen Beamten in die speziellen Berufspflichten des höheren Verwaltungs¬ beamten einzuweihen, welche im Bureauwege nicht zur Erledigung gelangen können. Er wird daher an Dienstreisen und Sitzungen teilnehmen, Vorträge halten. Vertretungen übernehmen, als Kommissar bestellt werden müssen usw Wichtig ist es auch hier, daß. sobald angängig, Übung in selbständiger Tätigkeit eintritt. Vereinzelte Dienste der geschilderten Art können natürlich auch bereits während der Probezeit dem Anwärter übertragen werden, und kann die Art und Weise, wie sie ausgeführt werden, dazu beitragen, das Urteil hinsichtlich seiner Befähigung zum Verwaltungsdienst zu vervollständigen. Überhaupt ist die Probezeit im Verhältnis zur Ausbildungszeit lediglich als ihr Beginn anzu¬ sehen, braucht sich daher in ihrem Wesen von letzterer nicht zu unterscheiden, wenn damit gewiß auch nicht gesagt sein soll, daß die Ausbildungszeit un¬ mittelbar auf die Probezeit folgen muß. Im ganzen soll die Ausbildung darauf gerichtet sein, einen tüchtigen Bureauarbeiter zu erziehen und aus diesen: den höheren Verwaltungsbeamten herauszubilden. Die gründliche Kenntnis des Bureaudienftes ist für den Verwaltungsbeamten als Grundlage für feine weitere Fortbildung in mehrfacher Hinsicht von der größten Wichtigkeit. Zunächst macht ihn dieser Dienst mit dem ganzen Mechanismus der Be¬ hörde, bei welcher er arbeitet, genau vertraut, wie dies auf keine andere Weise Grenzboten IV 1913 g2

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341897_326811/509>, abgerufen am 24.08.2024.