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Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Viertes Vierteljahr.

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Reform der inneren Verwaltung

höchste Leistung. Die immer neu anzustellende richtige Erwägung ist vielmehr
das wesentliche Moment, dem gegenüber die Schnelligkeit als ein reiner Forma¬
lismus erscheint. Der leicht erkennbare Maßstab des Erfolges fehlt überhaupt.
Gerade ihn richtig einzuschätzen ist sogar eines der schwierigsten Probleme.
Überdies beruht die Einrichtung einer Verwaltung notgedrungen auf Gesetzen
und Verordnungen, die, mögen sie noch so vorzüglich sein, sich nie allen Ver¬
hältnissen in der Praxis werden anpassen können, was natürlich oft eine gewisse
Schwerfälligkeit zur Folge haben muß.

Unter solchen Umständen erscheint es denn auch erklärlich, wenn bei unseren
Verwaltungen die Einführung moderner Hilfsmittel, wie Schreibmaschinen,
Rechenmaschinen usw., nur sehr langsam und stockend vor sich gegangen ist.
Mit einen: gewissen Recht kann behauptet werden, daß die Güte der Gesamt¬
leistung durch derartige Dinge nicht gehoben wird. Und auch der wirtschaftliche
Nutzen, den sie bringen, ist bei Behörden aus mancherlei Gründen nicht so leicht
zu berechnen wie beim Kaufmann, der, sobald ein solcher Nutzen feststeht, zu
Einrichtungen, die ihn bedinge", einfach gezwungen ist.

Nichtsdestoweniger sind wir der Meinung, daß alle erprobten Neuerungen,
welche die Arbeit fördern und erleichtern, von jeher bei unseren Verwaltungs¬
behörden in erster Linie hätten eingeführt sein müssen, und daß dafür Vorsorge
getroffen werden müßte, daß die Bureaus dieser Behörden dauernd als Muster¬
anstalten anzusehen sind. Viel ließe sich in dieser Hinsicht erreichen, wenn bei
allen größeren Behörden Organe vorhanden wären mit der Befugnis, in nicht
zu eng gesteckten Grenzen selbständig vorzugehen, im übrigen aber Anregungen
zu geben, von denen von vornherein erwartet werden darf, daß sie nicht unwill¬
kommen sein werden. Hier wäre etwas Dezentralisation gewiß erwünscht. . . .

Alles in allem wird die Staatsverwaltung stets darauf sehen müssen, ihren
Geschäftsgang nur nach den eigenen Bedürfnissen zu regeln und sich nicht hierbei
fremde Gebiete zum Muster zu nehmen.

Um in dieser Hinsicht zunächst von den Regierungen zu sprechen, so haben
wir bereits an anderer Stelle hervorgehoben, einen wie komplizierten Organismus
diese Behörden im Gegensatz zu ihrer früheren Gestaltung heute aufweisen.
Gelegentlich der Erörterungen über die Oberpräsidien haben wir im Interesse
der Vereinfachung auch bereits den Vorschlag gemacht, die Bezirksausschüsse bei
den Regierungen zu beseitigen, so daß bei diesen Behörden nur noch die drei
Abteilungen übrig blieben, welche jetzt nach verschiedenen Prinzipien ihre Ge¬
schäfte erledigen.

Daß diesen drei Abteilungen durch die Reform wohl die gleiche Einrichtung
zu geben sein wird, darüber dürfte man kaum verschiedener Meinung sein. Auch
liegt es nahe, die Regelung hier in der Weise vorzunehmen, daß das büreau¬
kratische System, das jetzt nur in der ersten Abteilung zur Anwendung kommt,
ohne weiteres auch bei den beiden anderen Abteilungen einzuführen und die
Abstimmung ganz fallen zu lassen ist. Nichtsdestoweniger dürften Bedenken


Reform der inneren Verwaltung

höchste Leistung. Die immer neu anzustellende richtige Erwägung ist vielmehr
das wesentliche Moment, dem gegenüber die Schnelligkeit als ein reiner Forma¬
lismus erscheint. Der leicht erkennbare Maßstab des Erfolges fehlt überhaupt.
Gerade ihn richtig einzuschätzen ist sogar eines der schwierigsten Probleme.
Überdies beruht die Einrichtung einer Verwaltung notgedrungen auf Gesetzen
und Verordnungen, die, mögen sie noch so vorzüglich sein, sich nie allen Ver¬
hältnissen in der Praxis werden anpassen können, was natürlich oft eine gewisse
Schwerfälligkeit zur Folge haben muß.

Unter solchen Umständen erscheint es denn auch erklärlich, wenn bei unseren
Verwaltungen die Einführung moderner Hilfsmittel, wie Schreibmaschinen,
Rechenmaschinen usw., nur sehr langsam und stockend vor sich gegangen ist.
Mit einen: gewissen Recht kann behauptet werden, daß die Güte der Gesamt¬
leistung durch derartige Dinge nicht gehoben wird. Und auch der wirtschaftliche
Nutzen, den sie bringen, ist bei Behörden aus mancherlei Gründen nicht so leicht
zu berechnen wie beim Kaufmann, der, sobald ein solcher Nutzen feststeht, zu
Einrichtungen, die ihn bedinge», einfach gezwungen ist.

Nichtsdestoweniger sind wir der Meinung, daß alle erprobten Neuerungen,
welche die Arbeit fördern und erleichtern, von jeher bei unseren Verwaltungs¬
behörden in erster Linie hätten eingeführt sein müssen, und daß dafür Vorsorge
getroffen werden müßte, daß die Bureaus dieser Behörden dauernd als Muster¬
anstalten anzusehen sind. Viel ließe sich in dieser Hinsicht erreichen, wenn bei
allen größeren Behörden Organe vorhanden wären mit der Befugnis, in nicht
zu eng gesteckten Grenzen selbständig vorzugehen, im übrigen aber Anregungen
zu geben, von denen von vornherein erwartet werden darf, daß sie nicht unwill¬
kommen sein werden. Hier wäre etwas Dezentralisation gewiß erwünscht. . . .

Alles in allem wird die Staatsverwaltung stets darauf sehen müssen, ihren
Geschäftsgang nur nach den eigenen Bedürfnissen zu regeln und sich nicht hierbei
fremde Gebiete zum Muster zu nehmen.

Um in dieser Hinsicht zunächst von den Regierungen zu sprechen, so haben
wir bereits an anderer Stelle hervorgehoben, einen wie komplizierten Organismus
diese Behörden im Gegensatz zu ihrer früheren Gestaltung heute aufweisen.
Gelegentlich der Erörterungen über die Oberpräsidien haben wir im Interesse
der Vereinfachung auch bereits den Vorschlag gemacht, die Bezirksausschüsse bei
den Regierungen zu beseitigen, so daß bei diesen Behörden nur noch die drei
Abteilungen übrig blieben, welche jetzt nach verschiedenen Prinzipien ihre Ge¬
schäfte erledigen.

Daß diesen drei Abteilungen durch die Reform wohl die gleiche Einrichtung
zu geben sein wird, darüber dürfte man kaum verschiedener Meinung sein. Auch
liegt es nahe, die Regelung hier in der Weise vorzunehmen, daß das büreau¬
kratische System, das jetzt nur in der ersten Abteilung zur Anwendung kommt,
ohne weiteres auch bei den beiden anderen Abteilungen einzuführen und die
Abstimmung ganz fallen zu lassen ist. Nichtsdestoweniger dürften Bedenken


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[0416] Reform der inneren Verwaltung höchste Leistung. Die immer neu anzustellende richtige Erwägung ist vielmehr das wesentliche Moment, dem gegenüber die Schnelligkeit als ein reiner Forma¬ lismus erscheint. Der leicht erkennbare Maßstab des Erfolges fehlt überhaupt. Gerade ihn richtig einzuschätzen ist sogar eines der schwierigsten Probleme. Überdies beruht die Einrichtung einer Verwaltung notgedrungen auf Gesetzen und Verordnungen, die, mögen sie noch so vorzüglich sein, sich nie allen Ver¬ hältnissen in der Praxis werden anpassen können, was natürlich oft eine gewisse Schwerfälligkeit zur Folge haben muß. Unter solchen Umständen erscheint es denn auch erklärlich, wenn bei unseren Verwaltungen die Einführung moderner Hilfsmittel, wie Schreibmaschinen, Rechenmaschinen usw., nur sehr langsam und stockend vor sich gegangen ist. Mit einen: gewissen Recht kann behauptet werden, daß die Güte der Gesamt¬ leistung durch derartige Dinge nicht gehoben wird. Und auch der wirtschaftliche Nutzen, den sie bringen, ist bei Behörden aus mancherlei Gründen nicht so leicht zu berechnen wie beim Kaufmann, der, sobald ein solcher Nutzen feststeht, zu Einrichtungen, die ihn bedinge», einfach gezwungen ist. Nichtsdestoweniger sind wir der Meinung, daß alle erprobten Neuerungen, welche die Arbeit fördern und erleichtern, von jeher bei unseren Verwaltungs¬ behörden in erster Linie hätten eingeführt sein müssen, und daß dafür Vorsorge getroffen werden müßte, daß die Bureaus dieser Behörden dauernd als Muster¬ anstalten anzusehen sind. Viel ließe sich in dieser Hinsicht erreichen, wenn bei allen größeren Behörden Organe vorhanden wären mit der Befugnis, in nicht zu eng gesteckten Grenzen selbständig vorzugehen, im übrigen aber Anregungen zu geben, von denen von vornherein erwartet werden darf, daß sie nicht unwill¬ kommen sein werden. Hier wäre etwas Dezentralisation gewiß erwünscht. . . . Alles in allem wird die Staatsverwaltung stets darauf sehen müssen, ihren Geschäftsgang nur nach den eigenen Bedürfnissen zu regeln und sich nicht hierbei fremde Gebiete zum Muster zu nehmen. Um in dieser Hinsicht zunächst von den Regierungen zu sprechen, so haben wir bereits an anderer Stelle hervorgehoben, einen wie komplizierten Organismus diese Behörden im Gegensatz zu ihrer früheren Gestaltung heute aufweisen. Gelegentlich der Erörterungen über die Oberpräsidien haben wir im Interesse der Vereinfachung auch bereits den Vorschlag gemacht, die Bezirksausschüsse bei den Regierungen zu beseitigen, so daß bei diesen Behörden nur noch die drei Abteilungen übrig blieben, welche jetzt nach verschiedenen Prinzipien ihre Ge¬ schäfte erledigen. Daß diesen drei Abteilungen durch die Reform wohl die gleiche Einrichtung zu geben sein wird, darüber dürfte man kaum verschiedener Meinung sein. Auch liegt es nahe, die Regelung hier in der Weise vorzunehmen, daß das büreau¬ kratische System, das jetzt nur in der ersten Abteilung zur Anwendung kommt, ohne weiteres auch bei den beiden anderen Abteilungen einzuführen und die Abstimmung ganz fallen zu lassen ist. Nichtsdestoweniger dürften Bedenken

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341897_326811/416>, abgerufen am 22.07.2024.