Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Viertes Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite
Die Förderung des Handels zwischen Kolonie und Mutterland

Es fehlt vollständig an unmittelbar verwertbaren, in kurzen Zeiträumen er¬
scheinenden Berichten und Winken, die zu erstatten unsere Gouvernements und
Bezirksämter nicht in der Lage sind. Da anderseits die großen, den Handel
in den Kolonien beherrschenden Firmen nicht geneigt sein werden, anderen
Interessenten darüber Auskunft zu erteilen, wie sie sich bei geplanten Neu¬
anlagen zu verhalten haben, so ist eine dauernde Institution erforderlich, die
unsere kolonialen Märkte hinsichtlich der Einfuhr und Ausfuhr zu beobachten
und Auskünfte zu erteilen hätte über zweifelhafte Unternehmungen, die so häufig
mit glänzend gefärbten Prospekten an die Öffentlichkeit treten. Wenn es sich
als äußerst zweckmäßig erwiesen hat, den Berufskonsuln Handelssachverständige
beizugeben, so muß dringend gefordert werden, daß auch die Gouvernements
durch Referenten für Handelsangelegenheiten verstärkt werden, und zwar wären
diese dem volkswirtschaftlichen Dezernat des Reichskolonialamts zu unterstellen,
welches die einlaufenden Berichte in geeigneter Weise zu bearbeiten und zu ver¬
breiten hätte. Es kann hier für die Regierung nicht darauf ankommen, für
diesen Zweck in den Etat eine verhältnismäßig kleine Summe einzustellen, die
sich tausendfach bezahlt machen würde. Was beispielsweise England in dieser
Beziehung leistet, zeigt uns ein Bericht in dem vom Neichskolonialamt heraus¬
gegebenen Deutschen Kolonialblatt*), der darüber folgendes ausführt:

"Der kolonialen Nachrichtenvermittlung für Handel, Industrie und Land¬
wirtschaft dient in England das Lommercial IntelliZenLö IZi'aucti des I5c>ara
o5 7-racIe in London. Im Ausknnftszimmer dieser Nachrichtenabteilung werden
mündliche Anfragen über die verschiedenen von der Abteilung behandelten
Gegenstände beantwortet; im Musterzimmer werden Muster ausländischer
Fabrikate, die in britischen Kolonien mit britischen Erzeugnissen konkurrieren,
sowie Proben kolonialer Rohprodukte ausgestellt; im Lesezimmer liegen die
neuesten Kolonial-Handelsadreßbücher ans. Zu einer vielseitigen genauen Aus¬
kunftserteilung ist die Nachrichtenabteilung dadurch befähigt, daß sie das auf
die Kolonien bezügliche statistische Material sowie die auf koloniale Zolltarife
und Zollvorschriften bezüglichen Bestimmungen sammelt und dauernd auf dem
laufenden erhält, ferner Verzeichnisse der in den Kolonien ansässigen voraus-
sichtlichen Käufer britischer Waren besitzt und über koloniale Ausschreibungen
dauernd unterrichtet ist.

Unterstützt und vor allem mit Material versorgt wird die Nachrichten¬
abteilung durch die kolonialen Handelskommissare und Handelökorrespondenten.
Für jede der vier Selbstverwaltungskolonien besitzt nämlich der Loarä ok Gracie
einen ,.1>aelL Lommi88louer". Diese Beamten haben mit Ausnahme des¬
jenigen für Südafrika, der seit 1911 in London sitzt*'), ihren Amtssitz in den
Kolonien. Sie sind fest angestellt und beziehen ein festes Gehalt. Die Höhe des




") Ur. 19 vom 1. Oktober 19t3 S, 880,
*") Die übrigen Selbstverwaltungskolonien unterhalten in London Auskunftsstellen.
Die Förderung des Handels zwischen Kolonie und Mutterland

Es fehlt vollständig an unmittelbar verwertbaren, in kurzen Zeiträumen er¬
scheinenden Berichten und Winken, die zu erstatten unsere Gouvernements und
Bezirksämter nicht in der Lage sind. Da anderseits die großen, den Handel
in den Kolonien beherrschenden Firmen nicht geneigt sein werden, anderen
Interessenten darüber Auskunft zu erteilen, wie sie sich bei geplanten Neu¬
anlagen zu verhalten haben, so ist eine dauernde Institution erforderlich, die
unsere kolonialen Märkte hinsichtlich der Einfuhr und Ausfuhr zu beobachten
und Auskünfte zu erteilen hätte über zweifelhafte Unternehmungen, die so häufig
mit glänzend gefärbten Prospekten an die Öffentlichkeit treten. Wenn es sich
als äußerst zweckmäßig erwiesen hat, den Berufskonsuln Handelssachverständige
beizugeben, so muß dringend gefordert werden, daß auch die Gouvernements
durch Referenten für Handelsangelegenheiten verstärkt werden, und zwar wären
diese dem volkswirtschaftlichen Dezernat des Reichskolonialamts zu unterstellen,
welches die einlaufenden Berichte in geeigneter Weise zu bearbeiten und zu ver¬
breiten hätte. Es kann hier für die Regierung nicht darauf ankommen, für
diesen Zweck in den Etat eine verhältnismäßig kleine Summe einzustellen, die
sich tausendfach bezahlt machen würde. Was beispielsweise England in dieser
Beziehung leistet, zeigt uns ein Bericht in dem vom Neichskolonialamt heraus¬
gegebenen Deutschen Kolonialblatt*), der darüber folgendes ausführt:

„Der kolonialen Nachrichtenvermittlung für Handel, Industrie und Land¬
wirtschaft dient in England das Lommercial IntelliZenLö IZi'aucti des I5c>ara
o5 7-racIe in London. Im Ausknnftszimmer dieser Nachrichtenabteilung werden
mündliche Anfragen über die verschiedenen von der Abteilung behandelten
Gegenstände beantwortet; im Musterzimmer werden Muster ausländischer
Fabrikate, die in britischen Kolonien mit britischen Erzeugnissen konkurrieren,
sowie Proben kolonialer Rohprodukte ausgestellt; im Lesezimmer liegen die
neuesten Kolonial-Handelsadreßbücher ans. Zu einer vielseitigen genauen Aus¬
kunftserteilung ist die Nachrichtenabteilung dadurch befähigt, daß sie das auf
die Kolonien bezügliche statistische Material sowie die auf koloniale Zolltarife
und Zollvorschriften bezüglichen Bestimmungen sammelt und dauernd auf dem
laufenden erhält, ferner Verzeichnisse der in den Kolonien ansässigen voraus-
sichtlichen Käufer britischer Waren besitzt und über koloniale Ausschreibungen
dauernd unterrichtet ist.

Unterstützt und vor allem mit Material versorgt wird die Nachrichten¬
abteilung durch die kolonialen Handelskommissare und Handelökorrespondenten.
Für jede der vier Selbstverwaltungskolonien besitzt nämlich der Loarä ok Gracie
einen ,.1>aelL Lommi88louer". Diese Beamten haben mit Ausnahme des¬
jenigen für Südafrika, der seit 1911 in London sitzt*'), ihren Amtssitz in den
Kolonien. Sie sind fest angestellt und beziehen ein festes Gehalt. Die Höhe des




") Ur. 19 vom 1. Oktober 19t3 S, 880,
*") Die übrigen Selbstverwaltungskolonien unterhalten in London Auskunftsstellen.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0371" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/327183"/>
          <fw type="header" place="top"> Die Förderung des Handels zwischen Kolonie und Mutterland</fw><lb/>
          <p xml:id="ID_1466" prev="#ID_1465"> Es fehlt vollständig an unmittelbar verwertbaren, in kurzen Zeiträumen er¬<lb/>
scheinenden Berichten und Winken, die zu erstatten unsere Gouvernements und<lb/>
Bezirksämter nicht in der Lage sind. Da anderseits die großen, den Handel<lb/>
in den Kolonien beherrschenden Firmen nicht geneigt sein werden, anderen<lb/>
Interessenten darüber Auskunft zu erteilen, wie sie sich bei geplanten Neu¬<lb/>
anlagen zu verhalten haben, so ist eine dauernde Institution erforderlich, die<lb/>
unsere kolonialen Märkte hinsichtlich der Einfuhr und Ausfuhr zu beobachten<lb/>
und Auskünfte zu erteilen hätte über zweifelhafte Unternehmungen, die so häufig<lb/>
mit glänzend gefärbten Prospekten an die Öffentlichkeit treten. Wenn es sich<lb/>
als äußerst zweckmäßig erwiesen hat, den Berufskonsuln Handelssachverständige<lb/>
beizugeben, so muß dringend gefordert werden, daß auch die Gouvernements<lb/>
durch Referenten für Handelsangelegenheiten verstärkt werden, und zwar wären<lb/>
diese dem volkswirtschaftlichen Dezernat des Reichskolonialamts zu unterstellen,<lb/>
welches die einlaufenden Berichte in geeigneter Weise zu bearbeiten und zu ver¬<lb/>
breiten hätte. Es kann hier für die Regierung nicht darauf ankommen, für<lb/>
diesen Zweck in den Etat eine verhältnismäßig kleine Summe einzustellen, die<lb/>
sich tausendfach bezahlt machen würde. Was beispielsweise England in dieser<lb/>
Beziehung leistet, zeigt uns ein Bericht in dem vom Neichskolonialamt heraus¬<lb/>
gegebenen Deutschen Kolonialblatt*), der darüber folgendes ausführt:</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1467"> &#x201E;Der kolonialen Nachrichtenvermittlung für Handel, Industrie und Land¬<lb/>
wirtschaft dient in England das Lommercial IntelliZenLö IZi'aucti des I5c&gt;ara<lb/>
o5 7-racIe in London. Im Ausknnftszimmer dieser Nachrichtenabteilung werden<lb/>
mündliche Anfragen über die verschiedenen von der Abteilung behandelten<lb/>
Gegenstände beantwortet; im Musterzimmer werden Muster ausländischer<lb/>
Fabrikate, die in britischen Kolonien mit britischen Erzeugnissen konkurrieren,<lb/>
sowie Proben kolonialer Rohprodukte ausgestellt; im Lesezimmer liegen die<lb/>
neuesten Kolonial-Handelsadreßbücher ans. Zu einer vielseitigen genauen Aus¬<lb/>
kunftserteilung ist die Nachrichtenabteilung dadurch befähigt, daß sie das auf<lb/>
die Kolonien bezügliche statistische Material sowie die auf koloniale Zolltarife<lb/>
und Zollvorschriften bezüglichen Bestimmungen sammelt und dauernd auf dem<lb/>
laufenden erhält, ferner Verzeichnisse der in den Kolonien ansässigen voraus-<lb/>
sichtlichen Käufer britischer Waren besitzt und über koloniale Ausschreibungen<lb/>
dauernd unterrichtet ist.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1468" next="#ID_1469"> Unterstützt und vor allem mit Material versorgt wird die Nachrichten¬<lb/>
abteilung durch die kolonialen Handelskommissare und Handelökorrespondenten.<lb/>
Für jede der vier Selbstverwaltungskolonien besitzt nämlich der Loarä ok Gracie<lb/>
einen ,.1&gt;aelL Lommi88louer". Diese Beamten haben mit Ausnahme des¬<lb/>
jenigen für Südafrika, der seit 1911 in London sitzt*'), ihren Amtssitz in den<lb/>
Kolonien. Sie sind fest angestellt und beziehen ein festes Gehalt. Die Höhe des</p><lb/>
          <note xml:id="FID_66" place="foot"> ") Ur. 19 vom 1. Oktober 19t3 S, 880,</note><lb/>
          <note xml:id="FID_67" place="foot"> *") Die übrigen Selbstverwaltungskolonien unterhalten in London Auskunftsstellen.</note><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0371] Die Förderung des Handels zwischen Kolonie und Mutterland Es fehlt vollständig an unmittelbar verwertbaren, in kurzen Zeiträumen er¬ scheinenden Berichten und Winken, die zu erstatten unsere Gouvernements und Bezirksämter nicht in der Lage sind. Da anderseits die großen, den Handel in den Kolonien beherrschenden Firmen nicht geneigt sein werden, anderen Interessenten darüber Auskunft zu erteilen, wie sie sich bei geplanten Neu¬ anlagen zu verhalten haben, so ist eine dauernde Institution erforderlich, die unsere kolonialen Märkte hinsichtlich der Einfuhr und Ausfuhr zu beobachten und Auskünfte zu erteilen hätte über zweifelhafte Unternehmungen, die so häufig mit glänzend gefärbten Prospekten an die Öffentlichkeit treten. Wenn es sich als äußerst zweckmäßig erwiesen hat, den Berufskonsuln Handelssachverständige beizugeben, so muß dringend gefordert werden, daß auch die Gouvernements durch Referenten für Handelsangelegenheiten verstärkt werden, und zwar wären diese dem volkswirtschaftlichen Dezernat des Reichskolonialamts zu unterstellen, welches die einlaufenden Berichte in geeigneter Weise zu bearbeiten und zu ver¬ breiten hätte. Es kann hier für die Regierung nicht darauf ankommen, für diesen Zweck in den Etat eine verhältnismäßig kleine Summe einzustellen, die sich tausendfach bezahlt machen würde. Was beispielsweise England in dieser Beziehung leistet, zeigt uns ein Bericht in dem vom Neichskolonialamt heraus¬ gegebenen Deutschen Kolonialblatt*), der darüber folgendes ausführt: „Der kolonialen Nachrichtenvermittlung für Handel, Industrie und Land¬ wirtschaft dient in England das Lommercial IntelliZenLö IZi'aucti des I5c>ara o5 7-racIe in London. Im Ausknnftszimmer dieser Nachrichtenabteilung werden mündliche Anfragen über die verschiedenen von der Abteilung behandelten Gegenstände beantwortet; im Musterzimmer werden Muster ausländischer Fabrikate, die in britischen Kolonien mit britischen Erzeugnissen konkurrieren, sowie Proben kolonialer Rohprodukte ausgestellt; im Lesezimmer liegen die neuesten Kolonial-Handelsadreßbücher ans. Zu einer vielseitigen genauen Aus¬ kunftserteilung ist die Nachrichtenabteilung dadurch befähigt, daß sie das auf die Kolonien bezügliche statistische Material sowie die auf koloniale Zolltarife und Zollvorschriften bezüglichen Bestimmungen sammelt und dauernd auf dem laufenden erhält, ferner Verzeichnisse der in den Kolonien ansässigen voraus- sichtlichen Käufer britischer Waren besitzt und über koloniale Ausschreibungen dauernd unterrichtet ist. Unterstützt und vor allem mit Material versorgt wird die Nachrichten¬ abteilung durch die kolonialen Handelskommissare und Handelökorrespondenten. Für jede der vier Selbstverwaltungskolonien besitzt nämlich der Loarä ok Gracie einen ,.1>aelL Lommi88louer". Diese Beamten haben mit Ausnahme des¬ jenigen für Südafrika, der seit 1911 in London sitzt*'), ihren Amtssitz in den Kolonien. Sie sind fest angestellt und beziehen ein festes Gehalt. Die Höhe des ") Ur. 19 vom 1. Oktober 19t3 S, 880, *") Die übrigen Selbstverwaltungskolonien unterhalten in London Auskunftsstellen.

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341897_326811
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341897_326811/371
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341897_326811/371>, abgerufen am 24.08.2024.