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Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Viertes Vierteljahr.

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Die Geschichte von Hakon, dem Sohne Hareks

den Haaren und wollte sein Haupt an den Bettrand ziehen, denn er lag im
Bett zu hinterst. Bei dieser heftigen Bewegung erwachte die Frau, sie erkannte
sofort, was das alles zu bedeuten hatte und rief aus: "Das ist unser beider
Sohn, mein Hakon."

Er warf das Schwert weg und empfahl sich dem Schutze Gottes. Es
fand darauf eine so herzliche Begrüßung zwischen ihnen statt, daß es schwer ist
sie zu schildern. Denn Seele und Leib erfüllte eine große Freude über das,
was Gott ihnen erwiesen hatte. Sie erzählte nun. daß sie den Knaben im
Schoße getragen habe, als sie sich getrennt.

"Und er heißt Harel," fügte sie hinzu, "nach seinem Großvater."

Hierauf erkundigten sie sich gegenseitig nach ihren Erfolgen und Erlebnissen.
Die Frau berichtete, daß seine Verwandten und Freunde sich ihr gegenüber als
wackere Männer erwiesen hätten, so daß sie seit seiner Abreise mit allem
reichlich versehen gewesen sei, sowohl mit dem, was se? für ihren Lebens¬
unterhalt als auch damit, was sie zur Instandhaltung des Gehöftes benötigte.
Der Gatte hingegen erklärte, daß sie am morgigen Tage zu schauen bekommen
werde, wie herrlich seine Reise verlaufen sei.

Hierauf trennten sie sich. Er begab sich zu den Schiffen und ließ die
Fahrzeuge aus dem Verstecke herausbringen, um sie fahrbereit zu machen. Als
am Morgen die Sonne die Berge rötete, bekam er eine günstige Brise zur Fahrt
ins Land.

Seine Auffahrt war so prächtig, daß alle Menschenkinder herbeieilten,
um sie zu betrachten und viele glaubten, daß ein König dahersegle. So fuhr
er ans Land, zog die Segel ein, warf die Anker aus und ließ die Brücken ans
Land legen. Jetzt erkannten die Leute, daß es Hakon sei, der zurückgekommen
und es herrschte große Freude in dem ganzen umliegenden Gau; es wurde
auch am selben Tage ein gar prächtiges Gelage veranstaltet. Er erzählte von
seinen Fahrten und dankte seinen Verwandten und Freunden für ihre Treue.
Was sollen wir jetzt von diesem Manne weiter berichten, als daß er alle seine
Tage von nun an in Ehren verbrachte; denn die Begegnung mit dem Dänen¬
könige hatte ihm Glück und klugen Sinn eingetragen und ihn gleichzeitig zu
einen: Meister von hervorragender Kunstfertigkeit gemacht, so daß er niemals
seine Reichtümer verlieren konnte, er kaufte vielmehr alle Güter zurück, die er
vorher durch seine Verschwendungssucht und schlechte Wirtschaft eingebüßt hatte
und lebte fortan im Überfluß.

Wir haben nichts mehr von ihm zu erzählen und so endet hiermit die
Geschichte von Hakon dem Norweger.




Die Geschichte von Hakon, dem Sohne Hareks

den Haaren und wollte sein Haupt an den Bettrand ziehen, denn er lag im
Bett zu hinterst. Bei dieser heftigen Bewegung erwachte die Frau, sie erkannte
sofort, was das alles zu bedeuten hatte und rief aus: „Das ist unser beider
Sohn, mein Hakon."

Er warf das Schwert weg und empfahl sich dem Schutze Gottes. Es
fand darauf eine so herzliche Begrüßung zwischen ihnen statt, daß es schwer ist
sie zu schildern. Denn Seele und Leib erfüllte eine große Freude über das,
was Gott ihnen erwiesen hatte. Sie erzählte nun. daß sie den Knaben im
Schoße getragen habe, als sie sich getrennt.

„Und er heißt Harel," fügte sie hinzu, „nach seinem Großvater."

Hierauf erkundigten sie sich gegenseitig nach ihren Erfolgen und Erlebnissen.
Die Frau berichtete, daß seine Verwandten und Freunde sich ihr gegenüber als
wackere Männer erwiesen hätten, so daß sie seit seiner Abreise mit allem
reichlich versehen gewesen sei, sowohl mit dem, was se? für ihren Lebens¬
unterhalt als auch damit, was sie zur Instandhaltung des Gehöftes benötigte.
Der Gatte hingegen erklärte, daß sie am morgigen Tage zu schauen bekommen
werde, wie herrlich seine Reise verlaufen sei.

Hierauf trennten sie sich. Er begab sich zu den Schiffen und ließ die
Fahrzeuge aus dem Verstecke herausbringen, um sie fahrbereit zu machen. Als
am Morgen die Sonne die Berge rötete, bekam er eine günstige Brise zur Fahrt
ins Land.

Seine Auffahrt war so prächtig, daß alle Menschenkinder herbeieilten,
um sie zu betrachten und viele glaubten, daß ein König dahersegle. So fuhr
er ans Land, zog die Segel ein, warf die Anker aus und ließ die Brücken ans
Land legen. Jetzt erkannten die Leute, daß es Hakon sei, der zurückgekommen
und es herrschte große Freude in dem ganzen umliegenden Gau; es wurde
auch am selben Tage ein gar prächtiges Gelage veranstaltet. Er erzählte von
seinen Fahrten und dankte seinen Verwandten und Freunden für ihre Treue.
Was sollen wir jetzt von diesem Manne weiter berichten, als daß er alle seine
Tage von nun an in Ehren verbrachte; denn die Begegnung mit dem Dänen¬
könige hatte ihm Glück und klugen Sinn eingetragen und ihn gleichzeitig zu
einen: Meister von hervorragender Kunstfertigkeit gemacht, so daß er niemals
seine Reichtümer verlieren konnte, er kaufte vielmehr alle Güter zurück, die er
vorher durch seine Verschwendungssucht und schlechte Wirtschaft eingebüßt hatte
und lebte fortan im Überfluß.

Wir haben nichts mehr von ihm zu erzählen und so endet hiermit die
Geschichte von Hakon dem Norweger.




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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341897_326811/234>, abgerufen am 23.07.2024.