Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Viertes Vierteljahr.Die Geschichte von Hakon, dem Sohne Hareks allein zu fliehen; möge Gott mein Beginnen für gut halten! Aber um zwei Auf diese Worte hin weinte sie heftig und von Schmerz bewegt, und unter Nun müssen wir erzählen, was auf dem Hofe vor sich ging: die Dienst¬ Nun müssen wir uns wieder Hakon zuwenden. Er verfolgte seinen Weg Die Geschichte von Hakon, dem Sohne Hareks allein zu fliehen; möge Gott mein Beginnen für gut halten! Aber um zwei Auf diese Worte hin weinte sie heftig und von Schmerz bewegt, und unter Nun müssen wir erzählen, was auf dem Hofe vor sich ging: die Dienst¬ Nun müssen wir uns wieder Hakon zuwenden. Er verfolgte seinen Weg <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0226" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/327038"/> <fw type="header" place="top"> Die Geschichte von Hakon, dem Sohne Hareks</fw><lb/> <p xml:id="ID_849" prev="#ID_848"> allein zu fliehen; möge Gott mein Beginnen für gut halten! Aber um zwei<lb/> Dinge bitte ich dich, einmal darum, daß du morgen früh die Bettkammer<lb/> spät öffnest; denn dadurch gewinne ich Zeit fortzukommen, wenn sie mich<lb/> suchen, das aber ist meine zweite Bitte: warte auf mich mit jener Treue, die<lb/> ich dir nach deinem Wunsche halten soll."</p><lb/> <p xml:id="ID_850"> Auf diese Worte hin weinte sie heftig und von Schmerz bewegt, und unter<lb/> Tränen und Küssen trennten sie sich nahe um Mitternacht; er ging heimlich<lb/> vom Hofe weg und sofort in den nahe gelegenen Wald; dann zog er dahin bis<lb/> zum Tagesanbruch und verbarg sich hierauf.</p><lb/> <p xml:id="ID_851"> Nun müssen wir erzählen, was auf dem Hofe vor sich ging: die Dienst¬<lb/> leute und viele von den Bauern warteten am Morgen lange Zeit vor der Bett¬<lb/> kammer Hakons, denn seine Frau ließ nichts von sich hören. Dabei flüsterten<lb/> sie sich zu, daß Hakon des langen nächtlichen Gelages wegen noch schlafe; aber<lb/> als es denen, die zu Tische gehen und nachher fortreiten wollten, länger<lb/> dauerte, als es ihnen ziemlich schien, klopften sie an die Kammerwand und<lb/> fragten, was denn los wäre. Die Frau fragte zurück, was es gäbe. Sie<lb/> sagten, der Hausherr möge sich zum Mahle ankleiden. Die Frau erwiderte, er<lb/> wäre nicht drinnen. Nun ging man in die Keller und alle Räume, wo man<lb/> ihn zu treffen hoffte. Aber als er im Hofe nicht gefunden wurde, schlug die<lb/> Festesfreude in Seufzer und Tränen um, man sprang und lief vom Hofe da¬<lb/> hin und dorthin nach allen Richtungen bis zum Mittag und noch länger und<lb/> viele Männer zeigten einen solchen Kummer, daß sie nur spät seiner Herr<lb/> wurden.</p><lb/> <p xml:id="ID_852" next="#ID_853"> Nun müssen wir uns wieder Hakon zuwenden. Er verfolgte seinen Weg<lb/> ostwärts bis zur Landesgrenze und es fügte sich ihm, daß dichte Nebel ihn<lb/> schützten, bis er eines Morgens aus Wald und Dunkelheit heraustrat. Da war<lb/> er an die See gekommen auf eine Landzunge und er sah sofort, daß eben ein<lb/> Handelsschiff an derselben Stelle anlegte; das Schiff war sehr groß und als<lb/> die Bemannung desselben die Segel eingezogen hatte, rief Hakon das Fahrzeug<lb/> an und bat, man möge ihn an Bord nehmen; als ihm sein Begehren erfüllt<lb/> worden war, trat er vor den Schiffsherrn, der Gyrd hieß; er war ein Däne<lb/> und einer aus dem Gefolge König Socius, des Sohnes Alss, der damals über<lb/> Dänemark herrschte; er hatte mit Waren des Königs eine Handelsreise nach<lb/> England gemacht und befand sich eben mit der Ladung des Schiffes auf der<lb/> Rückreise. Hakon vertauschte jetzt seinen Namen und nannte sich Vigfus. er bat<lb/> den Lenker des Schiffes um Fahrgelegenheit, damit er den Dänenkönig auf¬<lb/> suchen könne; er sei ein Mann ohne Hab und Gut. aber aus gutem nor¬<lb/> wegischen Geschlecht und er hätte die Ahnung, daß er, wenn ihm vom Schicksale<lb/> ein glückliches Los bestimmt wäre, es nur beim Dänenkönig finden könnte.<lb/> Sein Wunsch wurde erfüllt; denn der Mann sah aus wie einer, von dem man<lb/> Tüchtiges erwarten dürfte und die Dänen kannten die Freigebigkeit und das<lb/> Wohlwollen ihres Königs. Bald darauf setzte ein guter Wind ein und sie</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0226]
Die Geschichte von Hakon, dem Sohne Hareks
allein zu fliehen; möge Gott mein Beginnen für gut halten! Aber um zwei
Dinge bitte ich dich, einmal darum, daß du morgen früh die Bettkammer
spät öffnest; denn dadurch gewinne ich Zeit fortzukommen, wenn sie mich
suchen, das aber ist meine zweite Bitte: warte auf mich mit jener Treue, die
ich dir nach deinem Wunsche halten soll."
Auf diese Worte hin weinte sie heftig und von Schmerz bewegt, und unter
Tränen und Küssen trennten sie sich nahe um Mitternacht; er ging heimlich
vom Hofe weg und sofort in den nahe gelegenen Wald; dann zog er dahin bis
zum Tagesanbruch und verbarg sich hierauf.
Nun müssen wir erzählen, was auf dem Hofe vor sich ging: die Dienst¬
leute und viele von den Bauern warteten am Morgen lange Zeit vor der Bett¬
kammer Hakons, denn seine Frau ließ nichts von sich hören. Dabei flüsterten
sie sich zu, daß Hakon des langen nächtlichen Gelages wegen noch schlafe; aber
als es denen, die zu Tische gehen und nachher fortreiten wollten, länger
dauerte, als es ihnen ziemlich schien, klopften sie an die Kammerwand und
fragten, was denn los wäre. Die Frau fragte zurück, was es gäbe. Sie
sagten, der Hausherr möge sich zum Mahle ankleiden. Die Frau erwiderte, er
wäre nicht drinnen. Nun ging man in die Keller und alle Räume, wo man
ihn zu treffen hoffte. Aber als er im Hofe nicht gefunden wurde, schlug die
Festesfreude in Seufzer und Tränen um, man sprang und lief vom Hofe da¬
hin und dorthin nach allen Richtungen bis zum Mittag und noch länger und
viele Männer zeigten einen solchen Kummer, daß sie nur spät seiner Herr
wurden.
Nun müssen wir uns wieder Hakon zuwenden. Er verfolgte seinen Weg
ostwärts bis zur Landesgrenze und es fügte sich ihm, daß dichte Nebel ihn
schützten, bis er eines Morgens aus Wald und Dunkelheit heraustrat. Da war
er an die See gekommen auf eine Landzunge und er sah sofort, daß eben ein
Handelsschiff an derselben Stelle anlegte; das Schiff war sehr groß und als
die Bemannung desselben die Segel eingezogen hatte, rief Hakon das Fahrzeug
an und bat, man möge ihn an Bord nehmen; als ihm sein Begehren erfüllt
worden war, trat er vor den Schiffsherrn, der Gyrd hieß; er war ein Däne
und einer aus dem Gefolge König Socius, des Sohnes Alss, der damals über
Dänemark herrschte; er hatte mit Waren des Königs eine Handelsreise nach
England gemacht und befand sich eben mit der Ladung des Schiffes auf der
Rückreise. Hakon vertauschte jetzt seinen Namen und nannte sich Vigfus. er bat
den Lenker des Schiffes um Fahrgelegenheit, damit er den Dänenkönig auf¬
suchen könne; er sei ein Mann ohne Hab und Gut. aber aus gutem nor¬
wegischen Geschlecht und er hätte die Ahnung, daß er, wenn ihm vom Schicksale
ein glückliches Los bestimmt wäre, es nur beim Dänenkönig finden könnte.
Sein Wunsch wurde erfüllt; denn der Mann sah aus wie einer, von dem man
Tüchtiges erwarten dürfte und die Dänen kannten die Freigebigkeit und das
Wohlwollen ihres Königs. Bald darauf setzte ein guter Wind ein und sie
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