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Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Viertes Vierteljahr.

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Bcstyfestigung und Nachhypothcl'en in den ostmärkischcn Städten

wird gleichfalls nicht zu erreichen sein, sofern sich die Beleihung auf deutsche
Grundstücke beschränken soll. Hinzu kommt, daß voraussichtlich die landwirt¬
schaftlichen Kreise gegen die Garantieübernahme nicht ganz unberechtigte Be¬
denken geltend machen werden. Der Staat muß daher, wie bei der Besitz¬
festigung der ländlichen Grundstücke, auch für die Besitzfestigung der städtischen
Grundstücke seinen Rentenkredit zur Verfügung stellen. Ein wesentliches Moment
bei der ländlichen Besitzfestigung ist die Rentenbürgschaft der örtlichen Spar-
und Darlehnskassen gegenüber den Besitzfestigungsbanken; hierdurch wird die
Gefahr der Übertaxierung oder gar des Erstehens von Grundstücken seitens der
erwähnten Banken zum großen Teil ausgeschaltet.

Dieser Modus kann bei der Eigenart des städtischen Grundbesitzes, dessen
Wert durch mannigfaltige Umstände beeinflußt wird, nicht angewandt werden:
keine städtische Darlehnskasse kann hierfür, ohne sich zu gefährden, die Renten-
bürgschaft übernehmen. Als Ersatz käme vielleicht die Gesamtbürgschaft einer
Gemeinschaft von Hausbesitzern in Frage. Diese Gemeinschaft wird aber der
Bonnae gerade in kritischen Zeiten ermangeln, sofern sie nicht über einen an¬
sehnlichen liquiden Sicherheitsfonds verfügt. Dieser Fonds müßte doch mindestens
10 Prozent des Leihkapitals betragen; es ist wohl ausgeschlossen, das die geld-
bedürftigen Hausbesitzer einen solchen Barfonds aufbringen können. Ihre Bürg¬
schaften jedoch haben nur einen bedingten Wert. Eine allmähliche Auffüllung
dieses Fonds durch Verwendung der Amortisationsquoten der ersten Jahre
würde eine zu große Belastung der Schuldner bedeuten, die in der Ostmark
genötigt sind, mit den kleinsten Beträgen zu rechnen. Die solventer Hausbesitzer
werden sich hüten, einer solchen Gemeinschaft mit hohen Risiken beizutreten; die
alsdann verbleibenden schwachen Elemente bieten aber selbst mit höherer Bürg¬
schaftsquote nicht die Garantie, die der Staat bei Hergabe von öffentlichen
Geldern fordern muß. Soll also diese Gemeinschaft bürgschaftsfähig werden,
so müssen ihre Mitglieder andere Sicherheiten stellen.

Die naheliegendste und häufig einzige Sicherheit bietet der Hausbesitzer
mit seinem Grundstück. Nun ist die erste Hypothek natürlich belegt, die zweite
Hypothek sucht der Hausbesitzer gerade, und den etwaigen Nacheintragungen
kann man nur einen geringen Wert beimessen. Es muß daher ein Modus
gefunden werden, um dieser Hausbesitzergemeinschaft eine gesunde Grundlage
zu geben. Vielleicht gibt nachstehende Anregung die zweckmäßige Lösung dieser
Frage.

Die Besitzer der zu beleihenden Grundstücke gründen eine Genossenschaft
mit beschränkter Haftpflicht, der vom Staat Gelder zur Hergabe zweiter
Hypotheken zur Verfügung gestellt werden. Der Hausbesitzer, der eine zweite
Hypothek sucht, tritt der Genossenschaft bei und zwar mit soviel Geschäftsanteilen,
daß sie 10 Prozent der zu gebenden zweiten Hypothek betragen. Zahlung für
seine Geschäftsanteile leistet er dadurch, daß diese 10 Prozent als unverzinsliche
Grundschuld hinter der zu amortisierenden ersten mündelsicheren Hypothek ein-


Bcstyfestigung und Nachhypothcl'en in den ostmärkischcn Städten

wird gleichfalls nicht zu erreichen sein, sofern sich die Beleihung auf deutsche
Grundstücke beschränken soll. Hinzu kommt, daß voraussichtlich die landwirt¬
schaftlichen Kreise gegen die Garantieübernahme nicht ganz unberechtigte Be¬
denken geltend machen werden. Der Staat muß daher, wie bei der Besitz¬
festigung der ländlichen Grundstücke, auch für die Besitzfestigung der städtischen
Grundstücke seinen Rentenkredit zur Verfügung stellen. Ein wesentliches Moment
bei der ländlichen Besitzfestigung ist die Rentenbürgschaft der örtlichen Spar-
und Darlehnskassen gegenüber den Besitzfestigungsbanken; hierdurch wird die
Gefahr der Übertaxierung oder gar des Erstehens von Grundstücken seitens der
erwähnten Banken zum großen Teil ausgeschaltet.

Dieser Modus kann bei der Eigenart des städtischen Grundbesitzes, dessen
Wert durch mannigfaltige Umstände beeinflußt wird, nicht angewandt werden:
keine städtische Darlehnskasse kann hierfür, ohne sich zu gefährden, die Renten-
bürgschaft übernehmen. Als Ersatz käme vielleicht die Gesamtbürgschaft einer
Gemeinschaft von Hausbesitzern in Frage. Diese Gemeinschaft wird aber der
Bonnae gerade in kritischen Zeiten ermangeln, sofern sie nicht über einen an¬
sehnlichen liquiden Sicherheitsfonds verfügt. Dieser Fonds müßte doch mindestens
10 Prozent des Leihkapitals betragen; es ist wohl ausgeschlossen, das die geld-
bedürftigen Hausbesitzer einen solchen Barfonds aufbringen können. Ihre Bürg¬
schaften jedoch haben nur einen bedingten Wert. Eine allmähliche Auffüllung
dieses Fonds durch Verwendung der Amortisationsquoten der ersten Jahre
würde eine zu große Belastung der Schuldner bedeuten, die in der Ostmark
genötigt sind, mit den kleinsten Beträgen zu rechnen. Die solventer Hausbesitzer
werden sich hüten, einer solchen Gemeinschaft mit hohen Risiken beizutreten; die
alsdann verbleibenden schwachen Elemente bieten aber selbst mit höherer Bürg¬
schaftsquote nicht die Garantie, die der Staat bei Hergabe von öffentlichen
Geldern fordern muß. Soll also diese Gemeinschaft bürgschaftsfähig werden,
so müssen ihre Mitglieder andere Sicherheiten stellen.

Die naheliegendste und häufig einzige Sicherheit bietet der Hausbesitzer
mit seinem Grundstück. Nun ist die erste Hypothek natürlich belegt, die zweite
Hypothek sucht der Hausbesitzer gerade, und den etwaigen Nacheintragungen
kann man nur einen geringen Wert beimessen. Es muß daher ein Modus
gefunden werden, um dieser Hausbesitzergemeinschaft eine gesunde Grundlage
zu geben. Vielleicht gibt nachstehende Anregung die zweckmäßige Lösung dieser
Frage.

Die Besitzer der zu beleihenden Grundstücke gründen eine Genossenschaft
mit beschränkter Haftpflicht, der vom Staat Gelder zur Hergabe zweiter
Hypotheken zur Verfügung gestellt werden. Der Hausbesitzer, der eine zweite
Hypothek sucht, tritt der Genossenschaft bei und zwar mit soviel Geschäftsanteilen,
daß sie 10 Prozent der zu gebenden zweiten Hypothek betragen. Zahlung für
seine Geschäftsanteile leistet er dadurch, daß diese 10 Prozent als unverzinsliche
Grundschuld hinter der zu amortisierenden ersten mündelsicheren Hypothek ein-


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[0214] Bcstyfestigung und Nachhypothcl'en in den ostmärkischcn Städten wird gleichfalls nicht zu erreichen sein, sofern sich die Beleihung auf deutsche Grundstücke beschränken soll. Hinzu kommt, daß voraussichtlich die landwirt¬ schaftlichen Kreise gegen die Garantieübernahme nicht ganz unberechtigte Be¬ denken geltend machen werden. Der Staat muß daher, wie bei der Besitz¬ festigung der ländlichen Grundstücke, auch für die Besitzfestigung der städtischen Grundstücke seinen Rentenkredit zur Verfügung stellen. Ein wesentliches Moment bei der ländlichen Besitzfestigung ist die Rentenbürgschaft der örtlichen Spar- und Darlehnskassen gegenüber den Besitzfestigungsbanken; hierdurch wird die Gefahr der Übertaxierung oder gar des Erstehens von Grundstücken seitens der erwähnten Banken zum großen Teil ausgeschaltet. Dieser Modus kann bei der Eigenart des städtischen Grundbesitzes, dessen Wert durch mannigfaltige Umstände beeinflußt wird, nicht angewandt werden: keine städtische Darlehnskasse kann hierfür, ohne sich zu gefährden, die Renten- bürgschaft übernehmen. Als Ersatz käme vielleicht die Gesamtbürgschaft einer Gemeinschaft von Hausbesitzern in Frage. Diese Gemeinschaft wird aber der Bonnae gerade in kritischen Zeiten ermangeln, sofern sie nicht über einen an¬ sehnlichen liquiden Sicherheitsfonds verfügt. Dieser Fonds müßte doch mindestens 10 Prozent des Leihkapitals betragen; es ist wohl ausgeschlossen, das die geld- bedürftigen Hausbesitzer einen solchen Barfonds aufbringen können. Ihre Bürg¬ schaften jedoch haben nur einen bedingten Wert. Eine allmähliche Auffüllung dieses Fonds durch Verwendung der Amortisationsquoten der ersten Jahre würde eine zu große Belastung der Schuldner bedeuten, die in der Ostmark genötigt sind, mit den kleinsten Beträgen zu rechnen. Die solventer Hausbesitzer werden sich hüten, einer solchen Gemeinschaft mit hohen Risiken beizutreten; die alsdann verbleibenden schwachen Elemente bieten aber selbst mit höherer Bürg¬ schaftsquote nicht die Garantie, die der Staat bei Hergabe von öffentlichen Geldern fordern muß. Soll also diese Gemeinschaft bürgschaftsfähig werden, so müssen ihre Mitglieder andere Sicherheiten stellen. Die naheliegendste und häufig einzige Sicherheit bietet der Hausbesitzer mit seinem Grundstück. Nun ist die erste Hypothek natürlich belegt, die zweite Hypothek sucht der Hausbesitzer gerade, und den etwaigen Nacheintragungen kann man nur einen geringen Wert beimessen. Es muß daher ein Modus gefunden werden, um dieser Hausbesitzergemeinschaft eine gesunde Grundlage zu geben. Vielleicht gibt nachstehende Anregung die zweckmäßige Lösung dieser Frage. Die Besitzer der zu beleihenden Grundstücke gründen eine Genossenschaft mit beschränkter Haftpflicht, der vom Staat Gelder zur Hergabe zweiter Hypotheken zur Verfügung gestellt werden. Der Hausbesitzer, der eine zweite Hypothek sucht, tritt der Genossenschaft bei und zwar mit soviel Geschäftsanteilen, daß sie 10 Prozent der zu gebenden zweiten Hypothek betragen. Zahlung für seine Geschäftsanteile leistet er dadurch, daß diese 10 Prozent als unverzinsliche Grundschuld hinter der zu amortisierenden ersten mündelsicheren Hypothek ein-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341897_326811/214>, abgerufen am 04.07.2024.