Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Viertes Vierteljahr.Die Steuerfreiheit der deutschen Bundesfürsten zulegen, so wäre dies doch nur ein einmaliger Vorgang gewesen, welcher für Das Unternehmen der vorliegenden Arbeit, die grundsätzliche Freiheit 8*
Die Steuerfreiheit der deutschen Bundesfürsten zulegen, so wäre dies doch nur ein einmaliger Vorgang gewesen, welcher für Das Unternehmen der vorliegenden Arbeit, die grundsätzliche Freiheit 8*
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Die Steuerfreiheit der deutschen Bundesfürsten
zulegen, so wäre dies doch nur ein einmaliger Vorgang gewesen, welcher für
spätere Fälle direkter Reichssteuergesetze an sich ohne Präjudiz wäre. Um die
grundsätzliche Befreiung der Bundesfürsten von direkten Reichssteuern für die
Zukunft endgültig auszuschließen, bedarf es notwendig einer direkt hierauf
gerichteten positiven Bestimmung des Reichsgesetzgebers. Die wiederholten Be¬
hauptungen im Reichstage, daß auch die Bundesfürsten den „außerordentlichen
Wehrbeitrag" gesetzlich zu leisten verpflichtet seien, nicht ihn, wie von vorn¬
herein erklärt war, nur aus freiwilliger Entschließung heraus leisten könnten,
find angesichts des standhaften Widerspruchs der Vertreter der Reichsregierung
für die Auslegung des Wehrbeitragsgesetzes vom 3. Juli 1913 ohne jede Be¬
deutung. Die Vorschrift im Z 35, Abs. 2: „Der Bundesrat bestimmt die für
die Veranlagung und Erhebung des Wehrbeitrags der Bundesfürsten zuständigen
Behörden", regelt nur das formelle Verfahren, wie auf Grund der vorherigen
freiwilligen Beitragserklärung der Bundesfürsten, deren Spende zum „außer¬
ordentlichen Wehrbeitrag" zur Erhebung kommen soll, und enthält nichts von
einer gesetzlichen Festlegung einer Beitragspflicht der Bundesfürsten. Es verrät
Unkenntnis der einschlägigen Gesetzessprache, wenn der Abgeordnete Erzberger
im Tag vom 19. September 1913 die Bundessmsten sogar zu den „An¬
gehörigen" des Deutschen Reichs rechnet, welche der Z 10 des Gesetzes vom
3. Juli 1913 positiv als „beitragspflichtig" bezeichnet. Als ob „Angehörige
des Deutschen Reichs" hier etwas anderes bedeuten könnten als gewöhnliche
Rcichsuntertanen, während die Bundesfürsten mit den Senaten der Hansestädte
notorisch kollektive Mitträger der Reichssouveränität sind! Anderseits folgt auch
aus dieser Nebenstellung der Senate der Hansestädte selbstverständlich nichts
gegen die behauptete grundsätzliche Freiheit der Bundesfürsten von den direkten
Reichssteuern. Denn die kollegialen Senate scheiden als Objekte der direkten
Steuergesetzgebung des Reichs überhaupt ihrem Wesen nach schlechthin aus.
Das Unternehmen der vorliegenden Arbeit, die grundsätzliche Freiheit
deutscher Monarchen von direkten Steuern aus der Freiheit der Sanktions¬
erteilung herzuleiten, wird jedenfalls auch durch charakteristische Äußerungen von
Staatsrechtslehrern aus früherer Zeit unterstützt. So schreibt H. A. Zachariae,
Deutsches Staats- und Bundesrecht II 1867: „Hinsichtlich der Person des Landes¬
herrn kann rechtlich von gar keiner Steuerpflicht und mithin auch von keiner
Steuerbefreiung die Rede sein" — ein Wort, das von Nonne-Zorn, II S. 138
aufgenommen hat. Auch Seydel, Staatsrecht des Königreich Bayern 1888,
S. 27, erklärt: „Der König ist von allen direkten Staatssteuern frei. Dieser
Satz ist zwar nirgends gesetzlich ausgesprochen, gleichwohl aber als Grundsatz
des bayerischen Staatsrechts anzuerkennen."
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