Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Drittes Vierteljahr.Die Festspiele des deutschen Schillerbundes in Weimar Kreisen! Es ist wirklich nur die Freude, einem idealen Zweck zu dienen und Und das Beispiel dieser Männer, die aus reiner Freude am guten Gelingen - In und um Weimar gibt es soviel zu sehen, daß die Festspiele, die den Die Festspiele des deutschen Schillerbundes in Weimar Kreisen! Es ist wirklich nur die Freude, einem idealen Zweck zu dienen und Und das Beispiel dieser Männer, die aus reiner Freude am guten Gelingen - In und um Weimar gibt es soviel zu sehen, daß die Festspiele, die den <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0439" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/326609"/> <fw type="header" place="top"> Die Festspiele des deutschen Schillerbundes in Weimar</fw><lb/> <p xml:id="ID_2115" prev="#ID_2114"> Kreisen! Es ist wirklich nur die Freude, einem idealen Zweck zu dienen und<lb/> nach echt Weimarer Art die Lust, dem Ganzen eine volle harmonische Rundung<lb/> zu geben. Der Leiter der Geschäftsstelle, dessen scharfes Auge überall wachte<lb/> und der mit seinem Stäbe jede Betriebsstörung verhinderte, hatte für meine<lb/> Bewunderung seiner Arbeit nur die Erwiderung: „Es macht aber auch Spaß,<lb/> wenn dann alles klappt."</p><lb/> <p xml:id="ID_2116"> Und das Beispiel dieser Männer, die aus reiner Freude am guten Gelingen -<lb/> ihrer Arbeit mit nie versiegender Heiterkeit auf dem Posten sind, ist es allein<lb/> wert unsere Jungen und Mädchen nach Weimar zu führen. Das Beispiel, daß<lb/> die rechte Arbeit, wie Goethe sagt, „mit Heiterkeit und Geistesfreiheit" getan<lb/> werden muß.</p><lb/> <p xml:id="ID_2117" next="#ID_2118"> In und um Weimar gibt es soviel zu sehen, daß die Festspiele, die den<lb/> Ausgangspunkt bildeten und gewiß noch immer die glänzendste Erinnerung bleiben<lb/> werden, für viele Teilnehmer nicht das Haupterlebnis waren. Die Festordnung<lb/> ist so ausgezeichnet geregelt, daß für die Besichtigung der geweihten Stätten in<lb/> der Stadt selbst und in Ettersburg, Belvedere und Tieffurt Zeit genug übrig<lb/> bleibt. In diesem Jahre begann jede Spielwoche mit einem Begrüßungsabend<lb/> in dem schönen Garten der Armbrust am Dienstag; kurze Ansprachen, gemein¬<lb/> same Lieder, Vorträge des Männergesangvereins „Arion", von denen der „Ab¬<lb/> marsch" von H. Heinrichs mit jugendlichem Jubel aufgenommen wurde, Wieder¬<lb/> sehensfreude und neue Bekanntschaften, zwanglos geschlossen in echter Weimar¬<lb/> stimmung. Mittwochs und Donnerstags, Sonnabends und Sonntags finden die<lb/> Theatervorstellungen statt, die um 7 Uhr beginnen, damit vor dem Schlafen¬<lb/> gehen noch ein gemütliches Plauderstündchen gehalten werden kann. An den<lb/> Vormittagen sieht man Schüler und Schülerinnen gruppenweise in die Museen<lb/> pilgern. Alles ist hier aufs genaueste geordnet, die Zeit ist reichlich berechnet;<lb/> wer die Vorschrift auf die Minute einhält, kann in Ruhe besehen, was auf dem<lb/> „Speisezettel" steht, wie der Besichtigungsplan genannt wird. Überall empfindet<lb/> man, daß auch die Bürgerschaft Weimars die jungen Gäste gern in ihren<lb/> Mauern sieht, und daß auch die Führer gern mehr erzählen als sie nötig hätten,<lb/> wenn sie das lebendige Interesse merken. Im Marstall steht der alte ehrwürdige<lb/> Rappe. Karl Alexanders einstiges Reitpferd „Onyx", der jetzt mit seinen acht¬<lb/> undzwanzig Jahren auf die Bühne gegangen ist und als Glanzrolle Geßlers<lb/> Gaul spielt. Ein alter Diener im Goethehaus, der „die Frau Ottilie" und<lb/> „die Barone" (Goethes Enkel Wolfgang und Walther) noch persönlich gekannt<lb/> hatte, brachte das einsame Leben und die melancholischen Gestalten der Epigonen<lb/> aus seinen eigenen Erinnerungen lebhaft vor Augen. Die begeisterndste Führung<lb/> gab Herr Reinhold Schreiber, Bibliotheksdiener an der Großherzoglichen Bibliothek.<lb/> Wenn er im vollen Eifer vor der Trippelbüste stand und mit wirklichem Ver¬<lb/> ständnis, fern von der Leierei angelernter Führer, die Schönheit Goethes aus¬<lb/> einandersetzte oder bei Danneckers Schillerbüste auf die Fingerabdrücke der lang,<lb/> gezupfter Nase aufmerksam machte, wenn er die zahllosen noch kaum bekannten</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0439]
Die Festspiele des deutschen Schillerbundes in Weimar
Kreisen! Es ist wirklich nur die Freude, einem idealen Zweck zu dienen und
nach echt Weimarer Art die Lust, dem Ganzen eine volle harmonische Rundung
zu geben. Der Leiter der Geschäftsstelle, dessen scharfes Auge überall wachte
und der mit seinem Stäbe jede Betriebsstörung verhinderte, hatte für meine
Bewunderung seiner Arbeit nur die Erwiderung: „Es macht aber auch Spaß,
wenn dann alles klappt."
Und das Beispiel dieser Männer, die aus reiner Freude am guten Gelingen -
ihrer Arbeit mit nie versiegender Heiterkeit auf dem Posten sind, ist es allein
wert unsere Jungen und Mädchen nach Weimar zu führen. Das Beispiel, daß
die rechte Arbeit, wie Goethe sagt, „mit Heiterkeit und Geistesfreiheit" getan
werden muß.
In und um Weimar gibt es soviel zu sehen, daß die Festspiele, die den
Ausgangspunkt bildeten und gewiß noch immer die glänzendste Erinnerung bleiben
werden, für viele Teilnehmer nicht das Haupterlebnis waren. Die Festordnung
ist so ausgezeichnet geregelt, daß für die Besichtigung der geweihten Stätten in
der Stadt selbst und in Ettersburg, Belvedere und Tieffurt Zeit genug übrig
bleibt. In diesem Jahre begann jede Spielwoche mit einem Begrüßungsabend
in dem schönen Garten der Armbrust am Dienstag; kurze Ansprachen, gemein¬
same Lieder, Vorträge des Männergesangvereins „Arion", von denen der „Ab¬
marsch" von H. Heinrichs mit jugendlichem Jubel aufgenommen wurde, Wieder¬
sehensfreude und neue Bekanntschaften, zwanglos geschlossen in echter Weimar¬
stimmung. Mittwochs und Donnerstags, Sonnabends und Sonntags finden die
Theatervorstellungen statt, die um 7 Uhr beginnen, damit vor dem Schlafen¬
gehen noch ein gemütliches Plauderstündchen gehalten werden kann. An den
Vormittagen sieht man Schüler und Schülerinnen gruppenweise in die Museen
pilgern. Alles ist hier aufs genaueste geordnet, die Zeit ist reichlich berechnet;
wer die Vorschrift auf die Minute einhält, kann in Ruhe besehen, was auf dem
„Speisezettel" steht, wie der Besichtigungsplan genannt wird. Überall empfindet
man, daß auch die Bürgerschaft Weimars die jungen Gäste gern in ihren
Mauern sieht, und daß auch die Führer gern mehr erzählen als sie nötig hätten,
wenn sie das lebendige Interesse merken. Im Marstall steht der alte ehrwürdige
Rappe. Karl Alexanders einstiges Reitpferd „Onyx", der jetzt mit seinen acht¬
undzwanzig Jahren auf die Bühne gegangen ist und als Glanzrolle Geßlers
Gaul spielt. Ein alter Diener im Goethehaus, der „die Frau Ottilie" und
„die Barone" (Goethes Enkel Wolfgang und Walther) noch persönlich gekannt
hatte, brachte das einsame Leben und die melancholischen Gestalten der Epigonen
aus seinen eigenen Erinnerungen lebhaft vor Augen. Die begeisterndste Führung
gab Herr Reinhold Schreiber, Bibliotheksdiener an der Großherzoglichen Bibliothek.
Wenn er im vollen Eifer vor der Trippelbüste stand und mit wirklichem Ver¬
ständnis, fern von der Leierei angelernter Führer, die Schönheit Goethes aus¬
einandersetzte oder bei Danneckers Schillerbüste auf die Fingerabdrücke der lang,
gezupfter Nase aufmerksam machte, wenn er die zahllosen noch kaum bekannten
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