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Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Drittes Vierteljahr.

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Mit den Llfern am ^s. August ^s?

Her, 72er, 8er und 40er und gingen von Neuem vor, mit uns Aigner, Bentivegni.
Im Ausgange des Waldes gab ein höherer Offizier dem Major von Hauteville")
den Befehl, nicht wieder aufs Feld zu gehen, sondern die Waldlisiöre zu halten.
Mittlerweile war es wohl ^10 Uhr geworden und wurde es immer finsterer.
Einzelne Kugeln flogen noch hin und her -- so flog eine Bentivegni an die
Helmspitze und blieb in derselben stecken -- aber nach und nach hörte das Feuer
auf und nur an einzelnen entfernteren Punkten krachte es fort, endlich ganz
verstummend. Wir traten vor der Waldlisiöre an, die Ueberbleibsel des Neu,
40sten, 72sten und Ulm Rgts. Von unserem Rgt. sammelten sich etwa 3--400
Mann. Kein Mensch wußte, wer gesiegt, in wessen Händen das Schlachtfeld
sei. Das 8te Rgt. blieb an der Waldlisiöre stehen. , Wir Uebrigen rückten den
Waldweg zurück und auf den Platz, auf dem wir zuerst zum Gefecht angetreten
waren. nothdürftig wurde ein Feuer hergerichtet; zu essen hatte Niemand
Etwas, noch weniger zu trinken. Verwundete auf Verwundete wurden vorbei¬
getragen. 40 Schritt von uns war das Feldlazareth etablirt. In einem Zelte,
alle Übrigen im Freien lagen die Armen da bei bitterkalter Nacht. Unser
treuer Feldwebel lag auch dort, mit zerschossenen Oberschenkel; er bat mich, ihn
nicht dort liegen zu lassen. Ich schaffte mit Mühe eine Bahre herbei, nahm
mir die Leute, die Wasser aus der Stadt holen sollten, mit und wir trugen
ihn. Alle wohl todtmüde, abwechselnd hinunter in die ^/z Stunde entfernte Stadt.
Vor allen Hausthüren, in allen Häusern, auf allen Straßen lag es voll
jammernder Verwundeter; hier wurde Einem klar, daß die Verluste ganz Fabel¬
hafte gewesen sein mußten. Ich versuchte bei 10, bei 20 Häusern den Feld¬
webel unterzubringen; endlich am Ende der Stadt gelang es mir und zugleich
auch, ihn noch ordentlich verbinden zu lassen. Fdrich. Ebertz, der mich begleitet
hatte, und ich erkauften glücklich eine Gießkanne voll Rothwein, die wir den
Verwundeten oben bringen wollten, und wir Beide und der Freiw. Schaar
(Sohn des Altonaer Pastors) trugen dieselbe hinauf. Vorher besuchte ich noch
den Obersten, Maj. v. Ising und Hyla. Wickler, die alle 3 mit anderen Sol¬
daten schwer verwundet in einer kleinen Stube lagen. Auf dem Wege zu unserem
Bivouak brachte man den jungen Donner, auf einer Bahre von 4 Kranken¬
trägern getragen; er hatte einen Schuß ins Bein. Gern hätte ich auch ihn
noch unterzubringen versucht, aber ich war nicht mehr im Stande, wieder nach
Gorze hinunterzugehen. Von Schaar hörte ich, daß Vidal verwundet sei. Ich
suchte ihn im Feldlazareth, fand ihn auch im Zelt, ruhig schlafend, als sei
Nichts vorgefallen. Ich ließ ihn weiter schlafen. Im Bivouak gegen 2 Uhr
angelangt, legte ich mich auf die Erde und schlief ein; um 3 wachte ich auf,
es war bitterkalt, meine Gießkanne natürlich ausgetrunken. Ich ging durch
unsere gelichteten Reihen und wieder ins Lazarethzelt. Vidal war aufgewacht
und sagte, er hätte keine Schmerzen. Ich hatte keine Bahre, ich konnte Nichts



*) K D, Red. ommandeur des Ulm Ball.
Mit den Llfern am ^s. August ^s?

Her, 72er, 8er und 40er und gingen von Neuem vor, mit uns Aigner, Bentivegni.
Im Ausgange des Waldes gab ein höherer Offizier dem Major von Hauteville")
den Befehl, nicht wieder aufs Feld zu gehen, sondern die Waldlisiöre zu halten.
Mittlerweile war es wohl ^10 Uhr geworden und wurde es immer finsterer.
Einzelne Kugeln flogen noch hin und her — so flog eine Bentivegni an die
Helmspitze und blieb in derselben stecken — aber nach und nach hörte das Feuer
auf und nur an einzelnen entfernteren Punkten krachte es fort, endlich ganz
verstummend. Wir traten vor der Waldlisiöre an, die Ueberbleibsel des Neu,
40sten, 72sten und Ulm Rgts. Von unserem Rgt. sammelten sich etwa 3—400
Mann. Kein Mensch wußte, wer gesiegt, in wessen Händen das Schlachtfeld
sei. Das 8te Rgt. blieb an der Waldlisiöre stehen. , Wir Uebrigen rückten den
Waldweg zurück und auf den Platz, auf dem wir zuerst zum Gefecht angetreten
waren. nothdürftig wurde ein Feuer hergerichtet; zu essen hatte Niemand
Etwas, noch weniger zu trinken. Verwundete auf Verwundete wurden vorbei¬
getragen. 40 Schritt von uns war das Feldlazareth etablirt. In einem Zelte,
alle Übrigen im Freien lagen die Armen da bei bitterkalter Nacht. Unser
treuer Feldwebel lag auch dort, mit zerschossenen Oberschenkel; er bat mich, ihn
nicht dort liegen zu lassen. Ich schaffte mit Mühe eine Bahre herbei, nahm
mir die Leute, die Wasser aus der Stadt holen sollten, mit und wir trugen
ihn. Alle wohl todtmüde, abwechselnd hinunter in die ^/z Stunde entfernte Stadt.
Vor allen Hausthüren, in allen Häusern, auf allen Straßen lag es voll
jammernder Verwundeter; hier wurde Einem klar, daß die Verluste ganz Fabel¬
hafte gewesen sein mußten. Ich versuchte bei 10, bei 20 Häusern den Feld¬
webel unterzubringen; endlich am Ende der Stadt gelang es mir und zugleich
auch, ihn noch ordentlich verbinden zu lassen. Fdrich. Ebertz, der mich begleitet
hatte, und ich erkauften glücklich eine Gießkanne voll Rothwein, die wir den
Verwundeten oben bringen wollten, und wir Beide und der Freiw. Schaar
(Sohn des Altonaer Pastors) trugen dieselbe hinauf. Vorher besuchte ich noch
den Obersten, Maj. v. Ising und Hyla. Wickler, die alle 3 mit anderen Sol¬
daten schwer verwundet in einer kleinen Stube lagen. Auf dem Wege zu unserem
Bivouak brachte man den jungen Donner, auf einer Bahre von 4 Kranken¬
trägern getragen; er hatte einen Schuß ins Bein. Gern hätte ich auch ihn
noch unterzubringen versucht, aber ich war nicht mehr im Stande, wieder nach
Gorze hinunterzugehen. Von Schaar hörte ich, daß Vidal verwundet sei. Ich
suchte ihn im Feldlazareth, fand ihn auch im Zelt, ruhig schlafend, als sei
Nichts vorgefallen. Ich ließ ihn weiter schlafen. Im Bivouak gegen 2 Uhr
angelangt, legte ich mich auf die Erde und schlief ein; um 3 wachte ich auf,
es war bitterkalt, meine Gießkanne natürlich ausgetrunken. Ich ging durch
unsere gelichteten Reihen und wieder ins Lazarethzelt. Vidal war aufgewacht
und sagte, er hätte keine Schmerzen. Ich hatte keine Bahre, ich konnte Nichts



*) K D, Red. ommandeur des Ulm Ball.
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341897_326169/418>, abgerufen am 28.12.2024.