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Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Drittes Vierteljahr.

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Eine Arisis im deutschen Wirtschaftsleben?

zwar ließ er mit Rücksicht auf die reinen Walzwerke für Halbzeug eine Reduktion
des Inlandspreises von 5 Mark pro Tonne eintreten. Die Folge war, daß
das Kohlensyndikat sich entschließen mußte, die Gewährung von Ausfuhrver¬
gütungen vom 1. Oktober d, I. ab anzukündigen. Da auch am Stabeisenmarkt
im Ausland das Preisniveau weiter gedrückt wurde, fielen die Jnlandpreise
von 120 Mark auf 100 Mark pro Tonne und darunter. Ebenso ließ der
Zinkhüttenverband eine starke Preisreduktion eintreten. Ebenfalls ungünstig
beeinflußt wurde der Markt durch die Auflösung des Verbandes deutscher Kalt¬
walzwerke, weil sich daraus ergab, wie schwer auf die innere Organisation der
deutschen Montanindustrie die gegenüber einer noch gar nicht weit zurückliegenden
Zeit völlig veränderten Verhältnisse drücken.

Während diese bösen Anzeichen einer sinkenden Konjunktur mit der Kredit¬
verteuerung an der Börse zusammentrafen, trat eine weitere Verschlimmerung
der Lage dadurch ein, daß die Emissionen zur Deckung des in- und ausländischen
Staatsbedarfs ein bei der Lage des Geldmarktes fast unverständliches Anschwellen
zeigte. Wurden doch im ersten Halbjahr 1913 emitiert 1236 Millionen Mark
in- und ausländische Staats- und Kommunalpapiere gegen 908 Millionen Mark
in der gleichen Periode des Vorjahrs. Obwohl ihre Konkurrenzfähigkeit um so
größer war, als sie durch die rückläufige Konjunktur gegen den Wettbewerb der
Jndustriewerte unterstützt wurden, und obwohl die Emittenten den teueren Geld¬
verhältnissen durch Herabsetzung der Begebungskurse Rechnung zu tragen suchten,
ist die Unterbringung bei den letzten Emissionen des Reiches und Preußens doch
nur zum Teil gelungen; denn die Jndustrieobligationen, deren Vermehrung
überhaupt wesentlich zu dem Kursfall unserer festverzinslichen Anlagewerte bei¬
getragen hat, gewährten die Rückzahlung über pari und einen höheren Zinssatz,
wobei sie jetzt schon in bedeutend größerem Umfange wie früher den fünf-
prozentigen Typus bevorzugen. Ausländische Renten mußten ihre Zinssätze auf
41/2 Prozent erhöhen. Nach dem Bericht des Frankfurter Handelsblatts --
Ur. 183 -- wurden cuilliere:



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Eine Arisis im deutschen Wirtschaftsleben?

zwar ließ er mit Rücksicht auf die reinen Walzwerke für Halbzeug eine Reduktion
des Inlandspreises von 5 Mark pro Tonne eintreten. Die Folge war, daß
das Kohlensyndikat sich entschließen mußte, die Gewährung von Ausfuhrver¬
gütungen vom 1. Oktober d, I. ab anzukündigen. Da auch am Stabeisenmarkt
im Ausland das Preisniveau weiter gedrückt wurde, fielen die Jnlandpreise
von 120 Mark auf 100 Mark pro Tonne und darunter. Ebenso ließ der
Zinkhüttenverband eine starke Preisreduktion eintreten. Ebenfalls ungünstig
beeinflußt wurde der Markt durch die Auflösung des Verbandes deutscher Kalt¬
walzwerke, weil sich daraus ergab, wie schwer auf die innere Organisation der
deutschen Montanindustrie die gegenüber einer noch gar nicht weit zurückliegenden
Zeit völlig veränderten Verhältnisse drücken.

Während diese bösen Anzeichen einer sinkenden Konjunktur mit der Kredit¬
verteuerung an der Börse zusammentrafen, trat eine weitere Verschlimmerung
der Lage dadurch ein, daß die Emissionen zur Deckung des in- und ausländischen
Staatsbedarfs ein bei der Lage des Geldmarktes fast unverständliches Anschwellen
zeigte. Wurden doch im ersten Halbjahr 1913 emitiert 1236 Millionen Mark
in- und ausländische Staats- und Kommunalpapiere gegen 908 Millionen Mark
in der gleichen Periode des Vorjahrs. Obwohl ihre Konkurrenzfähigkeit um so
größer war, als sie durch die rückläufige Konjunktur gegen den Wettbewerb der
Jndustriewerte unterstützt wurden, und obwohl die Emittenten den teueren Geld¬
verhältnissen durch Herabsetzung der Begebungskurse Rechnung zu tragen suchten,
ist die Unterbringung bei den letzten Emissionen des Reiches und Preußens doch
nur zum Teil gelungen; denn die Jndustrieobligationen, deren Vermehrung
überhaupt wesentlich zu dem Kursfall unserer festverzinslichen Anlagewerte bei¬
getragen hat, gewährten die Rückzahlung über pari und einen höheren Zinssatz,
wobei sie jetzt schon in bedeutend größerem Umfange wie früher den fünf-
prozentigen Typus bevorzugen. Ausländische Renten mußten ihre Zinssätze auf
41/2 Prozent erhöhen. Nach dem Bericht des Frankfurter Handelsblatts —
Ur. 183 — wurden cuilliere:



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[0159] Eine Arisis im deutschen Wirtschaftsleben? zwar ließ er mit Rücksicht auf die reinen Walzwerke für Halbzeug eine Reduktion des Inlandspreises von 5 Mark pro Tonne eintreten. Die Folge war, daß das Kohlensyndikat sich entschließen mußte, die Gewährung von Ausfuhrver¬ gütungen vom 1. Oktober d, I. ab anzukündigen. Da auch am Stabeisenmarkt im Ausland das Preisniveau weiter gedrückt wurde, fielen die Jnlandpreise von 120 Mark auf 100 Mark pro Tonne und darunter. Ebenso ließ der Zinkhüttenverband eine starke Preisreduktion eintreten. Ebenfalls ungünstig beeinflußt wurde der Markt durch die Auflösung des Verbandes deutscher Kalt¬ walzwerke, weil sich daraus ergab, wie schwer auf die innere Organisation der deutschen Montanindustrie die gegenüber einer noch gar nicht weit zurückliegenden Zeit völlig veränderten Verhältnisse drücken. Während diese bösen Anzeichen einer sinkenden Konjunktur mit der Kredit¬ verteuerung an der Börse zusammentrafen, trat eine weitere Verschlimmerung der Lage dadurch ein, daß die Emissionen zur Deckung des in- und ausländischen Staatsbedarfs ein bei der Lage des Geldmarktes fast unverständliches Anschwellen zeigte. Wurden doch im ersten Halbjahr 1913 emitiert 1236 Millionen Mark in- und ausländische Staats- und Kommunalpapiere gegen 908 Millionen Mark in der gleichen Periode des Vorjahrs. Obwohl ihre Konkurrenzfähigkeit um so größer war, als sie durch die rückläufige Konjunktur gegen den Wettbewerb der Jndustriewerte unterstützt wurden, und obwohl die Emittenten den teueren Geld¬ verhältnissen durch Herabsetzung der Begebungskurse Rechnung zu tragen suchten, ist die Unterbringung bei den letzten Emissionen des Reiches und Preußens doch nur zum Teil gelungen; denn die Jndustrieobligationen, deren Vermehrung überhaupt wesentlich zu dem Kursfall unserer festverzinslichen Anlagewerte bei¬ getragen hat, gewährten die Rückzahlung über pari und einen höheren Zinssatz, wobei sie jetzt schon in bedeutend größerem Umfange wie früher den fünf- prozentigen Typus bevorzugen. Ausländische Renten mußten ihre Zinssätze auf 41/2 Prozent erhöhen. Nach dem Bericht des Frankfurter Handelsblatts — Ur. 183 — wurden cuilliere: Emmissionen im 1Halbjahr 1906^ 19061907^ 1908^ 1909^ 19101911^19121913 Deutsche Staatsanleihe .45662354110611008621231631731 Aufl. Staatsanleihe . .492146603711620631340347 Stadt- und Prov,-Obi. .814282320426417333309237168 Deutsche Hypoth,-Bk,-Obi.34926096242363346327196 Aufl. Hypoth-Bk.-Obi. .72202746 Sonstige Obligationen .206217118238184341142342260 1071839562438625914444 Eisenb.- u, Straßenb,-Me,4274203261419 Industrie-Aktien . , .277334211182170139198444169 Zusammen. . .2204 ^2074 ^1434 ^2269 ^2327 ^2077 ^1331 2093 ^1711 ^ 1V*

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341897_326169/159>, abgerufen am 20.10.2024.