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Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Zweites Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

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innere Kolonisation unserer östlichen Landes¬
teile einsetzt. Diese Funktion würde sie auf
das ausgezeichnetste ausführen können, sie
würde ihre Erfahrung und ihr Personal in
den Dienst der großen Kultnraufgaben
stellen..."

Im Herrenhause nahm bei dem gleichen
Beratungsgegenstande der Herzog zu Trachen-
berg Fürst von Hatzfeld in seiner vielbeachteten
Rede, in der er unter anderem auf den groß-
Zügigen, aber leider vereitelten Miquelschen
Kolonisationsplan hinwies, auch zu dieser
Frage das Wort: "Ich will dahingestellt sein
lassen, ob es angezeigt ist, etwa eine neue
Ansiedlungskommission für unsere östlichen
Provinzen einzurichten oder die Befugnisse
der Posener Kommission auf die Nachbar-
Provinzen auszudehnen. Freilich wird eine
solche kolonisatorische Tätigkeit nicht vollständig
von den lokalen Instanzen losgelöst werden
dürfen, namentlich nicht losgelöst werden
dürfen von der Mitarbeit der preußischen
Oberpräsidenten."

Der ehemalige Frankfurter General¬
kommissionspräsident, jetzige Präsident des
Oberlandeskulturgerichts, Wirklicher Geheimer
Oberregierungsrat Dr. Metz, gelangt am
Schlüsse seines Rückblickes auf die Tätigkeit
der Generalkommissionen bis Ende 1910 im
"Archiv für innere 'Kolonisation" Band IV,
Heft 2, Seite 51 ff. gleichfalls zur Erörterung
der Frage, ob es nicht an der Zeit sei, an
eine unifassende Neuorganisation des Koloni¬
sationswesens zu denken, bei der die Besied¬
lung der Moore an erster Stelle zu berück¬
sichtigen wäre. Er führt dazu aus: "Hält
man provinzielle Behörden für entbehrlich,
dann wird man doch, zahlreichen Anregungen
aus beteiligten Kreisen folgend, eine Stelle
schaffen müssen, die das gesamte Kolonisations¬
wesen zu beaufsichtigen und zu leiten hätte.
Sie hätte selbstverständlich in Verwaltungs-
sachen von dem Staatsministerium oder von
den drei besonders beteiligten Ministern der
Landwirtschaft, des Innern und der Finanzen
allgemeine dienstliche Anweisungen zu emp¬
fangen, in, übrigen aber müßte sie mit einer
weitgehenden Selbständigkeit ausgerüstet sein.
Sie wäre zusammenzusetzen aus Beamten,
Meliorationstechnikern, Landwirten und Moor¬
sachverständigen, die die verschiedenen Arten

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der inneren kolonisatorischen Tätigkeit aus
Erfahrung kennen. Eine solche Behörde
könnte u. a. bewährte Einrichtungen in einer
Provinz daraufhin Prüfen, ob sie auch auf
andere Gegenden zu übertragen wären. Sie
hätte rechtzeitig vorbeugend einzuschreiten,
wenn z. B. Gesellschaften ohne genügende
finanzielle Sicherheit begründet würden,
und den zuständigen Ministerien alle Be¬
denken vorzutragen und zu begutachten,
die ihr entgegentreten. Sie hätte auch die
zwischen den Beteiligten vorkommenden
Streitigkeiten zu entscheiden. Sie könnte
dafür sorgen, daß richtig kolonisiert würde,
daß z.B. die neuen Gemeinden gehörig mit
Land ausgestattet würden, daß nicht in ein¬
zelnen Gegenden zu viel Großbetrieb zer¬
schlagen würde, in anderen zu wenig,
daß die Moore sobald wie möglich be¬
siedelt würden. Ihr wäre auch die Aus¬
führung eines etwa kommenden Parzellie¬
rungsgesetzes zu übertragen usw. Der vom
Hauptausschuß des Mecklenburgischen Patrio¬
tischen Vereins und vom Präsidium des land¬
wirtschaftlichen Vereins gebildete Ausschuß für
Ansiedlungswesen spricht sich über die Be¬
hördenorganisation in Mecklenburg wie folgt
aus: "Unser Land bedarf eines einheitlichen
Ansiedlungsamtes zur planmäßigen Leitung
der inneren Kolonisation unter gebührender
Berücksichtigung der Landarbeiterfrage. Be¬
darf es dessen für Mecklenburg, so ist es für
Preußen uni so nötiger, als hier eine Zer¬
splitterung besteht, die auf die Dauer befrie¬
digende Ergebnisse nicht zu zeitigen vermag^"

In einer Abhandlung über die Arbeiter-
ansiedlung in Preußen in der eben genannten
Zeitschrift Band III Seite 303 bemerkt Ober-
landeskulturgerichtsrat Pagenkopf: "Wenig
förderlich für die Entwicklung (der Arbeiter-
ansiedlung) ist auch der Umstand, daß die
Frage der Organisation der staatlichen Be¬
siedlungsbehörde eingeleitet, aber nicht durch¬
geführt ist. Eine Staatsbehörde, die die
Leitung des ganzen Besiedlungswesens hat,
über den Besiedlungsgesellschaften steht und
selbsttätig mit der erforderlichen Sachkunde
vorgehen kann, ist nötig für eine großzügige
Besiedlung. Der jetzige Schwebezustand mit
seinen Unklarheiten muß naturgemäß lähmend
wirken."

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

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innere Kolonisation unserer östlichen Landes¬
teile einsetzt. Diese Funktion würde sie auf
das ausgezeichnetste ausführen können, sie
würde ihre Erfahrung und ihr Personal in
den Dienst der großen Kultnraufgaben
stellen..."

Im Herrenhause nahm bei dem gleichen
Beratungsgegenstande der Herzog zu Trachen-
berg Fürst von Hatzfeld in seiner vielbeachteten
Rede, in der er unter anderem auf den groß-
Zügigen, aber leider vereitelten Miquelschen
Kolonisationsplan hinwies, auch zu dieser
Frage das Wort: „Ich will dahingestellt sein
lassen, ob es angezeigt ist, etwa eine neue
Ansiedlungskommission für unsere östlichen
Provinzen einzurichten oder die Befugnisse
der Posener Kommission auf die Nachbar-
Provinzen auszudehnen. Freilich wird eine
solche kolonisatorische Tätigkeit nicht vollständig
von den lokalen Instanzen losgelöst werden
dürfen, namentlich nicht losgelöst werden
dürfen von der Mitarbeit der preußischen
Oberpräsidenten."

Der ehemalige Frankfurter General¬
kommissionspräsident, jetzige Präsident des
Oberlandeskulturgerichts, Wirklicher Geheimer
Oberregierungsrat Dr. Metz, gelangt am
Schlüsse seines Rückblickes auf die Tätigkeit
der Generalkommissionen bis Ende 1910 im
„Archiv für innere 'Kolonisation" Band IV,
Heft 2, Seite 51 ff. gleichfalls zur Erörterung
der Frage, ob es nicht an der Zeit sei, an
eine unifassende Neuorganisation des Koloni¬
sationswesens zu denken, bei der die Besied¬
lung der Moore an erster Stelle zu berück¬
sichtigen wäre. Er führt dazu aus: „Hält
man provinzielle Behörden für entbehrlich,
dann wird man doch, zahlreichen Anregungen
aus beteiligten Kreisen folgend, eine Stelle
schaffen müssen, die das gesamte Kolonisations¬
wesen zu beaufsichtigen und zu leiten hätte.
Sie hätte selbstverständlich in Verwaltungs-
sachen von dem Staatsministerium oder von
den drei besonders beteiligten Ministern der
Landwirtschaft, des Innern und der Finanzen
allgemeine dienstliche Anweisungen zu emp¬
fangen, in, übrigen aber müßte sie mit einer
weitgehenden Selbständigkeit ausgerüstet sein.
Sie wäre zusammenzusetzen aus Beamten,
Meliorationstechnikern, Landwirten und Moor¬
sachverständigen, die die verschiedenen Arten

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der inneren kolonisatorischen Tätigkeit aus
Erfahrung kennen. Eine solche Behörde
könnte u. a. bewährte Einrichtungen in einer
Provinz daraufhin Prüfen, ob sie auch auf
andere Gegenden zu übertragen wären. Sie
hätte rechtzeitig vorbeugend einzuschreiten,
wenn z. B. Gesellschaften ohne genügende
finanzielle Sicherheit begründet würden,
und den zuständigen Ministerien alle Be¬
denken vorzutragen und zu begutachten,
die ihr entgegentreten. Sie hätte auch die
zwischen den Beteiligten vorkommenden
Streitigkeiten zu entscheiden. Sie könnte
dafür sorgen, daß richtig kolonisiert würde,
daß z.B. die neuen Gemeinden gehörig mit
Land ausgestattet würden, daß nicht in ein¬
zelnen Gegenden zu viel Großbetrieb zer¬
schlagen würde, in anderen zu wenig,
daß die Moore sobald wie möglich be¬
siedelt würden. Ihr wäre auch die Aus¬
führung eines etwa kommenden Parzellie¬
rungsgesetzes zu übertragen usw. Der vom
Hauptausschuß des Mecklenburgischen Patrio¬
tischen Vereins und vom Präsidium des land¬
wirtschaftlichen Vereins gebildete Ausschuß für
Ansiedlungswesen spricht sich über die Be¬
hördenorganisation in Mecklenburg wie folgt
aus: „Unser Land bedarf eines einheitlichen
Ansiedlungsamtes zur planmäßigen Leitung
der inneren Kolonisation unter gebührender
Berücksichtigung der Landarbeiterfrage. Be¬
darf es dessen für Mecklenburg, so ist es für
Preußen uni so nötiger, als hier eine Zer¬
splitterung besteht, die auf die Dauer befrie¬
digende Ergebnisse nicht zu zeitigen vermag^"

In einer Abhandlung über die Arbeiter-
ansiedlung in Preußen in der eben genannten
Zeitschrift Band III Seite 303 bemerkt Ober-
landeskulturgerichtsrat Pagenkopf: „Wenig
förderlich für die Entwicklung (der Arbeiter-
ansiedlung) ist auch der Umstand, daß die
Frage der Organisation der staatlichen Be¬
siedlungsbehörde eingeleitet, aber nicht durch¬
geführt ist. Eine Staatsbehörde, die die
Leitung des ganzen Besiedlungswesens hat,
über den Besiedlungsgesellschaften steht und
selbsttätig mit der erforderlichen Sachkunde
vorgehen kann, ist nötig für eine großzügige
Besiedlung. Der jetzige Schwebezustand mit
seinen Unklarheiten muß naturgemäß lähmend
wirken."

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[0059] Maßgebliches und Unmaßgebliches innere Kolonisation unserer östlichen Landes¬ teile einsetzt. Diese Funktion würde sie auf das ausgezeichnetste ausführen können, sie würde ihre Erfahrung und ihr Personal in den Dienst der großen Kultnraufgaben stellen..." Im Herrenhause nahm bei dem gleichen Beratungsgegenstande der Herzog zu Trachen- berg Fürst von Hatzfeld in seiner vielbeachteten Rede, in der er unter anderem auf den groß- Zügigen, aber leider vereitelten Miquelschen Kolonisationsplan hinwies, auch zu dieser Frage das Wort: „Ich will dahingestellt sein lassen, ob es angezeigt ist, etwa eine neue Ansiedlungskommission für unsere östlichen Provinzen einzurichten oder die Befugnisse der Posener Kommission auf die Nachbar- Provinzen auszudehnen. Freilich wird eine solche kolonisatorische Tätigkeit nicht vollständig von den lokalen Instanzen losgelöst werden dürfen, namentlich nicht losgelöst werden dürfen von der Mitarbeit der preußischen Oberpräsidenten." Der ehemalige Frankfurter General¬ kommissionspräsident, jetzige Präsident des Oberlandeskulturgerichts, Wirklicher Geheimer Oberregierungsrat Dr. Metz, gelangt am Schlüsse seines Rückblickes auf die Tätigkeit der Generalkommissionen bis Ende 1910 im „Archiv für innere 'Kolonisation" Band IV, Heft 2, Seite 51 ff. gleichfalls zur Erörterung der Frage, ob es nicht an der Zeit sei, an eine unifassende Neuorganisation des Koloni¬ sationswesens zu denken, bei der die Besied¬ lung der Moore an erster Stelle zu berück¬ sichtigen wäre. Er führt dazu aus: „Hält man provinzielle Behörden für entbehrlich, dann wird man doch, zahlreichen Anregungen aus beteiligten Kreisen folgend, eine Stelle schaffen müssen, die das gesamte Kolonisations¬ wesen zu beaufsichtigen und zu leiten hätte. Sie hätte selbstverständlich in Verwaltungs- sachen von dem Staatsministerium oder von den drei besonders beteiligten Ministern der Landwirtschaft, des Innern und der Finanzen allgemeine dienstliche Anweisungen zu emp¬ fangen, in, übrigen aber müßte sie mit einer weitgehenden Selbständigkeit ausgerüstet sein. Sie wäre zusammenzusetzen aus Beamten, Meliorationstechnikern, Landwirten und Moor¬ sachverständigen, die die verschiedenen Arten der inneren kolonisatorischen Tätigkeit aus Erfahrung kennen. Eine solche Behörde könnte u. a. bewährte Einrichtungen in einer Provinz daraufhin Prüfen, ob sie auch auf andere Gegenden zu übertragen wären. Sie hätte rechtzeitig vorbeugend einzuschreiten, wenn z. B. Gesellschaften ohne genügende finanzielle Sicherheit begründet würden, und den zuständigen Ministerien alle Be¬ denken vorzutragen und zu begutachten, die ihr entgegentreten. Sie hätte auch die zwischen den Beteiligten vorkommenden Streitigkeiten zu entscheiden. Sie könnte dafür sorgen, daß richtig kolonisiert würde, daß z.B. die neuen Gemeinden gehörig mit Land ausgestattet würden, daß nicht in ein¬ zelnen Gegenden zu viel Großbetrieb zer¬ schlagen würde, in anderen zu wenig, daß die Moore sobald wie möglich be¬ siedelt würden. Ihr wäre auch die Aus¬ führung eines etwa kommenden Parzellie¬ rungsgesetzes zu übertragen usw. Der vom Hauptausschuß des Mecklenburgischen Patrio¬ tischen Vereins und vom Präsidium des land¬ wirtschaftlichen Vereins gebildete Ausschuß für Ansiedlungswesen spricht sich über die Be¬ hördenorganisation in Mecklenburg wie folgt aus: „Unser Land bedarf eines einheitlichen Ansiedlungsamtes zur planmäßigen Leitung der inneren Kolonisation unter gebührender Berücksichtigung der Landarbeiterfrage. Be¬ darf es dessen für Mecklenburg, so ist es für Preußen uni so nötiger, als hier eine Zer¬ splitterung besteht, die auf die Dauer befrie¬ digende Ergebnisse nicht zu zeitigen vermag^" In einer Abhandlung über die Arbeiter- ansiedlung in Preußen in der eben genannten Zeitschrift Band III Seite 303 bemerkt Ober- landeskulturgerichtsrat Pagenkopf: „Wenig förderlich für die Entwicklung (der Arbeiter- ansiedlung) ist auch der Umstand, daß die Frage der Organisation der staatlichen Be¬ siedlungsbehörde eingeleitet, aber nicht durch¬ geführt ist. Eine Staatsbehörde, die die Leitung des ganzen Besiedlungswesens hat, über den Besiedlungsgesellschaften steht und selbsttätig mit der erforderlichen Sachkunde vorgehen kann, ist nötig für eine großzügige Besiedlung. Der jetzige Schwebezustand mit seinen Unklarheiten muß naturgemäß lähmend wirken."

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341897_325519/59>, abgerufen am 27.07.2024.