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Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Erstes Vierteljahr.

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Zur Gntvölkerungsfrage

Sie hat auch bei uns in Deutschland eingesetzt, wenngleich die Verhältnis¬
zahlen bis gegen das Jahr 1880 im Gegensatz zu Frankreich und England
noch gestiegen sind (bis auf 39 °/gg):

1881--85 . 1 705 000 Geburten, d. h, 37 °/vo") der Bevölkerung,
1901--06 , 2 011 000 " " 34,3 " ") "
1910 . 1926 000 " " 29,8 "

Das schnellste Fallen der verhältnismäßigen Geburtenziffern zeigt sich dem¬
nach in den letzten dreißig Jahren in England mit 29 Prozent, während Frank¬
reich mit 25 Prozent in der Mitte und Deutschland mit 19 Prozent am Ende
steht. Selbst wenn somit die verhältnismäßige Geburtenminderung in Frank¬
reich nicht am schnellsten zunimmt, so ist sie doch schon soweit vorgeschritten, daß
sie den anderen Staaten ein Übergewicht gibt.

Vergleicht man die Hauptstädte der drei Länder, so ergibt sich für das
letzte Jahrzehnt, daß die verhältnismäßige Geburtenminderung in Berlin am
schnellsten fortschreitet, doppelt so schnell wie in Paris und um ein Drittel
schneller als in London, nämlich:

Berlin Paris London
1899 . . 27,1 °/gg 20,6 29,4 Geburten im Verhältnis zur Bevölkerung,
1910 . . 20,7 " 18,1 " 24.3 ,.....
Minderung 24 "/<> 12 °/g 18°/"

In anderen Städten, wie Brüssel, Leipzig, Christiania und Warschau, ist
indes das Tempo der verhältnismäßigenGebnrtenminderung noch erheblich schneller.

Ein Steigen der verhältnismäßigen Geburtenziffern zeigt sich nur in wenigen
Ländern, wie Bulgarien (von 37 im Jahre 1895 auf 42 im Jahre
1910) und in Japan (von 25 im Jahre 1895 auf 33,7 im Jahre
1908), hier bedenklich gemahnend an die gelbe Gefahr.

2. Die Bevölkerungsziffer eines Landes wird außer durch die Zahl seiner
Geburten durch die seiner Todesfälle bestimmt. Die Sterblichkeit hat nun
ebenfalls in den letzten Jahrzehnten in den drei Ländern abgenommen. Sie
betrug:

in Deutschland Frankreich England
1860 bis 1366 ........ 26,9 22,9 "/"o 22,6
1906 " 1910 ........ 17,6 " 19,2 " 14,6 "
zeigt also eine Minderung um 32,4 °/o 16,0 °/<> 36,4 °/"

Für das Jahr 1910 ergibt sich eine noch niedrigere Verhältnisziffer:
England ist es danach gelungen, nächst Dänemark (12,9 °/gg) seine Sterblichkeit
mit 13,4 °/gg bei weitem am meisten herabzusetzen, während Deutschland mit
16,2 und Frankreich mit 17,8 mittlere Ziffern aufweisen und vor Italien,
Japan, Österreich-Ungarn, Spanien, den Balkanstaaten und namentlich Rußland
rangieren, das noch 30 °/gg Todesfälle zu verzeichnen hat.



*) Diese auf Professor Gioes Mitteilungen und französisches statistisches Material ge¬
stützten Zahlen bleiben hinter denen Ditzels in seinem erwähnten Aufsatze zurück, lassen also
die Geburtenabnahme in Deutschland etwas günstiger erscheinen.
Zur Gntvölkerungsfrage

Sie hat auch bei uns in Deutschland eingesetzt, wenngleich die Verhältnis¬
zahlen bis gegen das Jahr 1880 im Gegensatz zu Frankreich und England
noch gestiegen sind (bis auf 39 °/gg):

1881—85 . 1 705 000 Geburten, d. h, 37 °/vo") der Bevölkerung,
1901—06 , 2 011 000 „ „ 34,3 „ ") „
1910 . 1926 000 „ „ 29,8 „

Das schnellste Fallen der verhältnismäßigen Geburtenziffern zeigt sich dem¬
nach in den letzten dreißig Jahren in England mit 29 Prozent, während Frank¬
reich mit 25 Prozent in der Mitte und Deutschland mit 19 Prozent am Ende
steht. Selbst wenn somit die verhältnismäßige Geburtenminderung in Frank¬
reich nicht am schnellsten zunimmt, so ist sie doch schon soweit vorgeschritten, daß
sie den anderen Staaten ein Übergewicht gibt.

Vergleicht man die Hauptstädte der drei Länder, so ergibt sich für das
letzte Jahrzehnt, daß die verhältnismäßige Geburtenminderung in Berlin am
schnellsten fortschreitet, doppelt so schnell wie in Paris und um ein Drittel
schneller als in London, nämlich:

Berlin Paris London
1899 . . 27,1 °/gg 20,6 29,4 Geburten im Verhältnis zur Bevölkerung,
1910 . . 20,7 „ 18,1 „ 24.3 ,.....
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In anderen Städten, wie Brüssel, Leipzig, Christiania und Warschau, ist
indes das Tempo der verhältnismäßigenGebnrtenminderung noch erheblich schneller.

Ein Steigen der verhältnismäßigen Geburtenziffern zeigt sich nur in wenigen
Ländern, wie Bulgarien (von 37 im Jahre 1895 auf 42 im Jahre
1910) und in Japan (von 25 im Jahre 1895 auf 33,7 im Jahre
1908), hier bedenklich gemahnend an die gelbe Gefahr.

2. Die Bevölkerungsziffer eines Landes wird außer durch die Zahl seiner
Geburten durch die seiner Todesfälle bestimmt. Die Sterblichkeit hat nun
ebenfalls in den letzten Jahrzehnten in den drei Ländern abgenommen. Sie
betrug:

in Deutschland Frankreich England
1860 bis 1366 ........ 26,9 22,9 "/„o 22,6
1906 „ 1910 ........ 17,6 „ 19,2 „ 14,6 „
zeigt also eine Minderung um 32,4 °/o 16,0 °/<> 36,4 °/„

Für das Jahr 1910 ergibt sich eine noch niedrigere Verhältnisziffer:
England ist es danach gelungen, nächst Dänemark (12,9 °/gg) seine Sterblichkeit
mit 13,4 °/gg bei weitem am meisten herabzusetzen, während Deutschland mit
16,2 und Frankreich mit 17,8 mittlere Ziffern aufweisen und vor Italien,
Japan, Österreich-Ungarn, Spanien, den Balkanstaaten und namentlich Rußland
rangieren, das noch 30 °/gg Todesfälle zu verzeichnen hat.



*) Diese auf Professor Gioes Mitteilungen und französisches statistisches Material ge¬
stützten Zahlen bleiben hinter denen Ditzels in seinem erwähnten Aufsatze zurück, lassen also
die Geburtenabnahme in Deutschland etwas günstiger erscheinen.
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[0556] Zur Gntvölkerungsfrage Sie hat auch bei uns in Deutschland eingesetzt, wenngleich die Verhältnis¬ zahlen bis gegen das Jahr 1880 im Gegensatz zu Frankreich und England noch gestiegen sind (bis auf 39 °/gg): 1881—85 . 1 705 000 Geburten, d. h, 37 °/vo") der Bevölkerung, 1901—06 , 2 011 000 „ „ 34,3 „ ") „ 1910 . 1926 000 „ „ 29,8 „ Das schnellste Fallen der verhältnismäßigen Geburtenziffern zeigt sich dem¬ nach in den letzten dreißig Jahren in England mit 29 Prozent, während Frank¬ reich mit 25 Prozent in der Mitte und Deutschland mit 19 Prozent am Ende steht. Selbst wenn somit die verhältnismäßige Geburtenminderung in Frank¬ reich nicht am schnellsten zunimmt, so ist sie doch schon soweit vorgeschritten, daß sie den anderen Staaten ein Übergewicht gibt. Vergleicht man die Hauptstädte der drei Länder, so ergibt sich für das letzte Jahrzehnt, daß die verhältnismäßige Geburtenminderung in Berlin am schnellsten fortschreitet, doppelt so schnell wie in Paris und um ein Drittel schneller als in London, nämlich: Berlin Paris London 1899 . . 27,1 °/gg 20,6 29,4 Geburten im Verhältnis zur Bevölkerung, 1910 . . 20,7 „ 18,1 „ 24.3 ,..... Minderung 24 "/<> 12 °/g 18°/« In anderen Städten, wie Brüssel, Leipzig, Christiania und Warschau, ist indes das Tempo der verhältnismäßigenGebnrtenminderung noch erheblich schneller. Ein Steigen der verhältnismäßigen Geburtenziffern zeigt sich nur in wenigen Ländern, wie Bulgarien (von 37 im Jahre 1895 auf 42 im Jahre 1910) und in Japan (von 25 im Jahre 1895 auf 33,7 im Jahre 1908), hier bedenklich gemahnend an die gelbe Gefahr. 2. Die Bevölkerungsziffer eines Landes wird außer durch die Zahl seiner Geburten durch die seiner Todesfälle bestimmt. Die Sterblichkeit hat nun ebenfalls in den letzten Jahrzehnten in den drei Ländern abgenommen. Sie betrug: in Deutschland Frankreich England 1860 bis 1366 ........ 26,9 22,9 "/„o 22,6 1906 „ 1910 ........ 17,6 „ 19,2 „ 14,6 „ zeigt also eine Minderung um 32,4 °/o 16,0 °/<> 36,4 °/„ Für das Jahr 1910 ergibt sich eine noch niedrigere Verhältnisziffer: England ist es danach gelungen, nächst Dänemark (12,9 °/gg) seine Sterblichkeit mit 13,4 °/gg bei weitem am meisten herabzusetzen, während Deutschland mit 16,2 und Frankreich mit 17,8 mittlere Ziffern aufweisen und vor Italien, Japan, Österreich-Ungarn, Spanien, den Balkanstaaten und namentlich Rußland rangieren, das noch 30 °/gg Todesfälle zu verzeichnen hat. *) Diese auf Professor Gioes Mitteilungen und französisches statistisches Material ge¬ stützten Zahlen bleiben hinter denen Ditzels in seinem erwähnten Aufsatze zurück, lassen also die Geburtenabnahme in Deutschland etwas günstiger erscheinen.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341897_324869/556>, abgerufen am 29.06.2024.