Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Erstes Vierteljahr.Briefe aus Trebeldorf immer Trepp auf, Trepp ab, immer im Sturz von Morgen bis Abend. -- Der hetzte uns nun gestern auf die -- Seelenwanderung. "Sagen Sie, Herr Korrektor." wandte er sich an mich, "was halten "Von der Seelenwanderung?" "Ja." "Wieso?" "Ich meine, ob das wohl möglich is?" "Daß die Seele wandert?" "Ja, natürlich erst, wenn wir tot sind." "Hin --. Gott ja, kann möglich sein." "Sie glauben also auch, daß die Seele nachher in irgend so'n Viehzeug "Das wäre denkbar, Meister schätzte. Wie kommen Sie darauf?" "Hab ich neulich im Sonntagsboten gelesen." "So -. "Ja. Die alten Photagrier haben das auch all gewußt." "Puthagoräer, meinen Sie! "Pythagoräer, jawolling, jawoll, so heißen die Kerls. -- Na, un Sie "Je, du lieber Himmel, Meister schätzte, was heißt da glauben! Wir "Ne, wahrhaftig?" "Warum nicht?" "Das wäre aber doch dwatsch. Hin -- -- ob man sich dann wohl "Wie meinen Sie das?" "Ich meine, wenns nu doch mal so sein soll, daß man dann alle Tage "Daß Sie immer daran denken?" "Ja, un daß man das nachher auch ganz gewiß wird?" "Unbedingt. Meister schätzte. Verlassen Sie sich darauf. Der Wille in "Je, nich? Das wollt ich meinen, ja. -- Hin --, je, wissen Sie, in "Na?" "In ein Pferd." "Ein Pferd? Weshalb denn gerade das?" Grenzboten I 1913 22
Briefe aus Trebeldorf immer Trepp auf, Trepp ab, immer im Sturz von Morgen bis Abend. — Der hetzte uns nun gestern auf die — Seelenwanderung. „Sagen Sie, Herr Korrektor." wandte er sich an mich, „was halten „Von der Seelenwanderung?" „Ja." „Wieso?" „Ich meine, ob das wohl möglich is?" „Daß die Seele wandert?" „Ja, natürlich erst, wenn wir tot sind." „Hin —. Gott ja, kann möglich sein." „Sie glauben also auch, daß die Seele nachher in irgend so'n Viehzeug „Das wäre denkbar, Meister schätzte. Wie kommen Sie darauf?" „Hab ich neulich im Sonntagsboten gelesen." „So -. „Ja. Die alten Photagrier haben das auch all gewußt." „Puthagoräer, meinen Sie! „Pythagoräer, jawolling, jawoll, so heißen die Kerls. — Na, un Sie „Je, du lieber Himmel, Meister schätzte, was heißt da glauben! Wir „Ne, wahrhaftig?" „Warum nicht?" „Das wäre aber doch dwatsch. Hin — — ob man sich dann wohl „Wie meinen Sie das?" „Ich meine, wenns nu doch mal so sein soll, daß man dann alle Tage „Daß Sie immer daran denken?" „Ja, un daß man das nachher auch ganz gewiß wird?" „Unbedingt. Meister schätzte. Verlassen Sie sich darauf. Der Wille in „Je, nich? Das wollt ich meinen, ja. — Hin —, je, wissen Sie, in „Na?" „In ein Pferd." „Ein Pferd? Weshalb denn gerade das?" Grenzboten I 1913 22
<TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0341" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/325211"/> <fw type="header" place="top"> Briefe aus Trebeldorf</fw><lb/> <p xml:id="ID_1451" prev="#ID_1450"> immer Trepp auf, Trepp ab, immer im Sturz von Morgen bis Abend. —<lb/> Ist der Tag zur Neige gegangen, entzündet er sein trauliches Lämpchen und studiert.</p><lb/> <p xml:id="ID_1452"> Der hetzte uns nun gestern auf die — Seelenwanderung.</p><lb/> <p xml:id="ID_1453"> „Sagen Sie, Herr Korrektor." wandte er sich an mich, „was halten<lb/> Sie davon?"</p><lb/> <p xml:id="ID_1454"> „Von der Seelenwanderung?"</p><lb/> <p xml:id="ID_1455"> „Ja."</p><lb/> <p xml:id="ID_1456"> „Wieso?"</p><lb/> <p xml:id="ID_1457"> „Ich meine, ob das wohl möglich is?"</p><lb/> <p xml:id="ID_1458"> „Daß die Seele wandert?"</p><lb/> <p xml:id="ID_1459"> „Ja, natürlich erst, wenn wir tot sind."</p><lb/> <p xml:id="ID_1460"> „Hin —. Gott ja, kann möglich sein."</p><lb/> <p xml:id="ID_1461"> „Sie glauben also auch, daß die Seele nachher in irgend so'n Viehzeug<lb/> hineinburren kann, in 'ne Kuh, oder in 'ne Katze oder 'n Ferkel oder so was?"</p><lb/> <p xml:id="ID_1462"> „Das wäre denkbar, Meister schätzte. Wie kommen Sie darauf?"</p><lb/> <p xml:id="ID_1463"> „Hab ich neulich im Sonntagsboten gelesen."<lb/> "</p><lb/> <p xml:id="ID_1464"> „So -.</p><lb/> <p xml:id="ID_1465"> „Ja. Die alten Photagrier haben das auch all gewußt."<lb/> "</p><lb/> <p xml:id="ID_1466"> „Puthagoräer, meinen Sie!</p><lb/> <p xml:id="ID_1467"> „Pythagoräer, jawolling, jawoll, so heißen die Kerls. — Na, un Sie<lb/> glauben also ganz gewiß un wahrhaftig auch, daß —"</p><lb/> <p xml:id="ID_1468"> „Je, du lieber Himmel, Meister schätzte, was heißt da glauben! Wir<lb/> können nicht rüber gucken über den großen Bretterzaun, aber ich finde, die<lb/> Sache hat viel für sich."</p><lb/> <p xml:id="ID_1469"> „Ne, wahrhaftig?"</p><lb/> <p xml:id="ID_1470"> „Warum nicht?"</p><lb/> <p xml:id="ID_1471"> „Das wäre aber doch dwatsch. Hin — — ob man sich dann wohl<lb/> wenigstens was wünschen kann?"</p><lb/> <p xml:id="ID_1472"> „Wie meinen Sie das?"</p><lb/> <p xml:id="ID_1473"> „Ich meine, wenns nu doch mal so sein soll, daß man dann alle Tage<lb/> immerzu ganz stark daran denkt, was für 'n Tier man nachher wohl am liebsten<lb/> sein möcht. Ob das wohl geht?"</p><lb/> <p xml:id="ID_1474"> „Daß Sie immer daran denken?"</p><lb/> <p xml:id="ID_1475"> „Ja, un daß man das nachher auch ganz gewiß wird?"</p><lb/> <p xml:id="ID_1476"> „Unbedingt. Meister schätzte. Verlassen Sie sich darauf. Der Wille in<lb/> der Natur ist eine kolossale Macht."</p><lb/> <p xml:id="ID_1477"> „Je, nich? Das wollt ich meinen, ja. — Hin —, je, wissen Sie, in<lb/> was ich mich denn wohl so am liebsten verpuppen möcht?"</p><lb/> <p xml:id="ID_1478"> „Na?"</p><lb/> <p xml:id="ID_1479"> „In ein Pferd."</p><lb/> <p xml:id="ID_1480"> „Ein Pferd? Weshalb denn gerade das?"</p><lb/> <fw type="sig" place="bottom"> Grenzboten I 1913 22</fw><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0341]
Briefe aus Trebeldorf
immer Trepp auf, Trepp ab, immer im Sturz von Morgen bis Abend. —
Ist der Tag zur Neige gegangen, entzündet er sein trauliches Lämpchen und studiert.
Der hetzte uns nun gestern auf die — Seelenwanderung.
„Sagen Sie, Herr Korrektor." wandte er sich an mich, „was halten
Sie davon?"
„Von der Seelenwanderung?"
„Ja."
„Wieso?"
„Ich meine, ob das wohl möglich is?"
„Daß die Seele wandert?"
„Ja, natürlich erst, wenn wir tot sind."
„Hin —. Gott ja, kann möglich sein."
„Sie glauben also auch, daß die Seele nachher in irgend so'n Viehzeug
hineinburren kann, in 'ne Kuh, oder in 'ne Katze oder 'n Ferkel oder so was?"
„Das wäre denkbar, Meister schätzte. Wie kommen Sie darauf?"
„Hab ich neulich im Sonntagsboten gelesen."
"
„So -.
„Ja. Die alten Photagrier haben das auch all gewußt."
"
„Puthagoräer, meinen Sie!
„Pythagoräer, jawolling, jawoll, so heißen die Kerls. — Na, un Sie
glauben also ganz gewiß un wahrhaftig auch, daß —"
„Je, du lieber Himmel, Meister schätzte, was heißt da glauben! Wir
können nicht rüber gucken über den großen Bretterzaun, aber ich finde, die
Sache hat viel für sich."
„Ne, wahrhaftig?"
„Warum nicht?"
„Das wäre aber doch dwatsch. Hin — — ob man sich dann wohl
wenigstens was wünschen kann?"
„Wie meinen Sie das?"
„Ich meine, wenns nu doch mal so sein soll, daß man dann alle Tage
immerzu ganz stark daran denkt, was für 'n Tier man nachher wohl am liebsten
sein möcht. Ob das wohl geht?"
„Daß Sie immer daran denken?"
„Ja, un daß man das nachher auch ganz gewiß wird?"
„Unbedingt. Meister schätzte. Verlassen Sie sich darauf. Der Wille in
der Natur ist eine kolossale Macht."
„Je, nich? Das wollt ich meinen, ja. — Hin —, je, wissen Sie, in
was ich mich denn wohl so am liebsten verpuppen möcht?"
„Na?"
„In ein Pferd."
„Ein Pferd? Weshalb denn gerade das?"
Grenzboten I 1913 22
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |