Die Grenzboten. Jg. 71, 1912, Viertes Vierteljahr.Unterm Weihnachtsbaum Eine Fülle von Beobachtung steckt in diesen humorvollen Bildern, die das Unterm Weihnachtsbaum Eine Fülle von Beobachtung steckt in diesen humorvollen Bildern, die das <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0478" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/322880"/> <fw type="header" place="top"> Unterm Weihnachtsbaum</fw><lb/> <p xml:id="ID_2429" next="#ID_2430"> Eine Fülle von Beobachtung steckt in diesen humorvollen Bildern, die das<lb/> lustige Treiben der Waldtiere zu König RieselbartS Fest verkörpern. Haben seine<lb/> Bilder, wie z. V. die Elfen, auch zuweilen noch etwas Erdenschwere an sich: bald<lb/> dürfte dieser junge Meister sich Künstlern wie Kreidolf würdig an die Seite stellen.<lb/> Bei seinem „Niki", einer „drolligen Hundegeschichte" im selben Verlage, zu der<lb/> F. O. Hildebrand nette Verschen geschrieben hat (M. 3.80), denken wir unwillkür¬<lb/> lich an Maeterlincks schönen Essay „Beim Tode eines jungen Hundes", so sehr<lb/> weiß Heyer uns in seinen großen farbigen Blättern das Innenleben der schönen<lb/> weißen Bulldogge nahe zu bringen. Das sind Bilder, zu denen wir Erwachsene<lb/> gern zurückkehren, und die der Jugend ihren Freund in neuem Lichte zeigen<lb/> werden. Nur sein Denkmal am Schluß des Bandes wird den meisten als ver¬<lb/> früht erscheinen. Derselbe Verlag bringt (ebenfalls zu M. 3.50) noch ein „Katz<lb/> und Maus-Lust- und Trauerspiel aus dem Märchenlande der Westfälischen Schinken"<lb/> von Emil Terfloth, dessen manchmal etwas weit ausgesponnenen, aber lustigen und<lb/> in ihrer drastischen Lebensweisheit an Altmeisters Busch gemahnenden Verse dem<lb/> „Hassaratz" nicht weniger Freunde gewinnen werden als die vielen köstlichen<lb/> Illustrationen von Willi Ehringhausen in ihrer bezwingender Komik. — Ebenfalls<lb/> eine Mäusegeschichte bietet uns der Verlag von P. Brandt, Berlin-Steglitz. in<lb/> seinem Buch „Vom Hausmäuschen und Feldmäuschen". Zu zwölf Bildern Otto<lb/> Speckters, die die ganze Grazie des bekannten Meisters atmen, hat Adalbert<lb/> Harnisch ein humorvolles Epos geschrieben, das in der Form viel von Kopisch und<lb/> Rückert hat und, wenn es auch nicht an die Gustav Falkeschen Verse zu den<lb/> Katzenbildern desselben Meisters (im Verlage Janssen-Hamburg) heranreicht, doch<lb/> immer amüsant und lustig zu lesen ist. — Die neue Auflage von Band I (Kind¬<lb/> heit) der bekannten, vortrefflichen Sammlung „Der deutsche Spielmann", heraus¬<lb/> gegeben von Ernst Weber, (Verlag Georg D. W. Callwey-München, 40 Bände<lb/> je M. 1.—), in diesem Zusammenhange zu würdigen, berechtigen die Verände¬<lb/> rungen, die der Illustrator Ernst Kreidolf an seinen Bildern vorgenommen hat.<lb/> Während die Dichter ihre Verse oft wieder einschmelzen und neu erstehen lassen<lb/> (man denke an Hauptmann, Dehmel, Spitteler), hört man bei Malern seltener von<lb/> einer Veränderung eines veröffentlichten künstlerischen Gebildes, und bei kleinen Buch¬<lb/> illustrationen wohl kaum einmal. Daß Kreidolf hier bessernde Hand angelegt,<lb/> beweist uns aufs neue, ein wie ernst strebender Künstler er ist. Es ist ein hoher<lb/> Reiz, die beiden Ausgaben zu vergleichen und den Gründen nachzugehen, aus<lb/> denen der Maler die Komposition vereinfacht, Einzelheiten verkleinert, das Ganze<lb/> zusammengerückt, die Farbengebung verändert hat usw. Wie an Bilderschmuck,<lb/> so ist die Neuausgabe auch in den Versen zu ihrem Vorteil verändert und ver¬<lb/> mehrt. — Nach Art der kleinen Bücher der Greenaway erschien bei I. F. Schreiber<lb/> in Eßlingen „Sing Sang!" Allerlei Verschen mit Bildern von Gertrud Römhildt.<lb/> Trotz des billigen Preises (50 Pf.) hätte die Auswahl sorgfältiger sein und Verse<lb/> wie „Fällt ein Messer oben herab; Schlages dem Kindle 's Armle abi" durch<lb/> andere ersetzt werden können. Die Bilder von Heiland Eichrodt in Strasburgers<lb/> „Trau — Trala" desselben Verlages gehören mit zu den schönsten, die uns die<lb/> moderne Kinderbuchbewegung geschenkt hat. Unter den Versen findet sich manches<lb/> Gute, doch schaut oft die Reflexion der Großen bedenklich durch. Die Bilder der<lb/> Sibylle von Olfers (in „Windchen" zum Beispiel) wirken überzart und leicht</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0478]
Unterm Weihnachtsbaum
Eine Fülle von Beobachtung steckt in diesen humorvollen Bildern, die das
lustige Treiben der Waldtiere zu König RieselbartS Fest verkörpern. Haben seine
Bilder, wie z. V. die Elfen, auch zuweilen noch etwas Erdenschwere an sich: bald
dürfte dieser junge Meister sich Künstlern wie Kreidolf würdig an die Seite stellen.
Bei seinem „Niki", einer „drolligen Hundegeschichte" im selben Verlage, zu der
F. O. Hildebrand nette Verschen geschrieben hat (M. 3.80), denken wir unwillkür¬
lich an Maeterlincks schönen Essay „Beim Tode eines jungen Hundes", so sehr
weiß Heyer uns in seinen großen farbigen Blättern das Innenleben der schönen
weißen Bulldogge nahe zu bringen. Das sind Bilder, zu denen wir Erwachsene
gern zurückkehren, und die der Jugend ihren Freund in neuem Lichte zeigen
werden. Nur sein Denkmal am Schluß des Bandes wird den meisten als ver¬
früht erscheinen. Derselbe Verlag bringt (ebenfalls zu M. 3.50) noch ein „Katz
und Maus-Lust- und Trauerspiel aus dem Märchenlande der Westfälischen Schinken"
von Emil Terfloth, dessen manchmal etwas weit ausgesponnenen, aber lustigen und
in ihrer drastischen Lebensweisheit an Altmeisters Busch gemahnenden Verse dem
„Hassaratz" nicht weniger Freunde gewinnen werden als die vielen köstlichen
Illustrationen von Willi Ehringhausen in ihrer bezwingender Komik. — Ebenfalls
eine Mäusegeschichte bietet uns der Verlag von P. Brandt, Berlin-Steglitz. in
seinem Buch „Vom Hausmäuschen und Feldmäuschen". Zu zwölf Bildern Otto
Speckters, die die ganze Grazie des bekannten Meisters atmen, hat Adalbert
Harnisch ein humorvolles Epos geschrieben, das in der Form viel von Kopisch und
Rückert hat und, wenn es auch nicht an die Gustav Falkeschen Verse zu den
Katzenbildern desselben Meisters (im Verlage Janssen-Hamburg) heranreicht, doch
immer amüsant und lustig zu lesen ist. — Die neue Auflage von Band I (Kind¬
heit) der bekannten, vortrefflichen Sammlung „Der deutsche Spielmann", heraus¬
gegeben von Ernst Weber, (Verlag Georg D. W. Callwey-München, 40 Bände
je M. 1.—), in diesem Zusammenhange zu würdigen, berechtigen die Verände¬
rungen, die der Illustrator Ernst Kreidolf an seinen Bildern vorgenommen hat.
Während die Dichter ihre Verse oft wieder einschmelzen und neu erstehen lassen
(man denke an Hauptmann, Dehmel, Spitteler), hört man bei Malern seltener von
einer Veränderung eines veröffentlichten künstlerischen Gebildes, und bei kleinen Buch¬
illustrationen wohl kaum einmal. Daß Kreidolf hier bessernde Hand angelegt,
beweist uns aufs neue, ein wie ernst strebender Künstler er ist. Es ist ein hoher
Reiz, die beiden Ausgaben zu vergleichen und den Gründen nachzugehen, aus
denen der Maler die Komposition vereinfacht, Einzelheiten verkleinert, das Ganze
zusammengerückt, die Farbengebung verändert hat usw. Wie an Bilderschmuck,
so ist die Neuausgabe auch in den Versen zu ihrem Vorteil verändert und ver¬
mehrt. — Nach Art der kleinen Bücher der Greenaway erschien bei I. F. Schreiber
in Eßlingen „Sing Sang!" Allerlei Verschen mit Bildern von Gertrud Römhildt.
Trotz des billigen Preises (50 Pf.) hätte die Auswahl sorgfältiger sein und Verse
wie „Fällt ein Messer oben herab; Schlages dem Kindle 's Armle abi" durch
andere ersetzt werden können. Die Bilder von Heiland Eichrodt in Strasburgers
„Trau — Trala" desselben Verlages gehören mit zu den schönsten, die uns die
moderne Kinderbuchbewegung geschenkt hat. Unter den Versen findet sich manches
Gute, doch schaut oft die Reflexion der Großen bedenklich durch. Die Bilder der
Sibylle von Olfers (in „Windchen" zum Beispiel) wirken überzart und leicht
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