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Die Grenzboten. Jg. 71, 1912, Drittes Vierteljahr.

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Karl Scilzor

künstliche Kanäle leiten, wenn man sie beherrschen will. Wenn daher auch der
Entwurf der Theorie nicht entsprochen hat und er Wünsche nicht erfüllt hat, so
hat er doch praktisch nicht die Folgerungen aus dem Eigentum gezogen, die man
bisher fehlerhafterweise gezogen hat. In seinen Bestimmungen kehrt er sich an
den Eigentumsbegriff gar nicht oder doch nur sehr wenig, und da es bei einem
Gesetz mehr auf die praktische Gestaltung als auf die theoretische Ausbildung
ankommt, so kann man trotz der Festsetzung des privaten Eigentums mit den
Bestimmungen des Entwurfs im allgemeinen zufrieden sein.

Wie die Rechtsprechung mit diesem Eigentumsbegriff sich abfinden wird, ist
allerdings eine andere Frage. Da ist leider zu befürchten, dasz die Rechtsprechung,
nicht nur die der Gerichte, sondern auch der Verwaltungsbehörden, aus diesem
Eigentumsbegriff Folgerungen ziehen werden, die der Volkswirtschaft schädlich sein
können. Deshalb wäre es besser gewesen, den Eigentumsbegriff, den kein preu¬
ßisches Gesetz bisher ausgesprochen, den nur das Reichsgericht bei Privatflüssen
anerkannt hat, den aber das Oberverwaltungsgericht auch bei diesem verworfen
hat, neu zu schaffen.




Aarl Walzer
<Lin Roman
Richard Arles von
(Erste Fortsetzung)

Nach diesen Worten geht der zornige junge Mensch über einige Zeilen hinweg
nach der Ackerfurche, wo in einen nassen Sack sein Weinkrug eingewickelt ist. Er
rollt ihn aus der Umhüllung, geht wieder zurück und reicht den braunen Stein¬
krug dem Taglöhner zum Trunke dar. Aber in den Arbeiter ist auch die Wut
gefahren. Er nimmt das Gefäß wohl entgegen, doch er schleudert es sofort mit
wuchtigem AnWurf wider einen Grenzstein in der Furche, daß es zu Scherben
zerschellt. Dazu brüllt er:

"Da, Lausbub, hast du dein Gesüff, leck dir's jetzert vom Boden auf!
Was mir net gegönnt ist, will ich auch net. . . Und noch mal: da, ihr hochmütig
Lumpepack, schafft euch euer Arbeit selber!"

Mit hastigen Schritten geht er den Acker hinauf. Der Bursche flucht dem
Davongehenden nach, greift nach einer Erdscholle und wirft sie dem Taglöhner
nach. Der dreht sich noch einmal herum, streckt die Zunge heraus und spottet:

"Wart nur, du Lausert, was wirst du noch so klein werden, wenn deinem
Alten seine Spitzbübereien erst ans Tageslicht kommen!"

Karl wird kreideweiß und mit weiten Schritten rast er dem Taglöhner nach,
dabei zwischen den Zähnen hindurchstoßend:


Karl Scilzor

künstliche Kanäle leiten, wenn man sie beherrschen will. Wenn daher auch der
Entwurf der Theorie nicht entsprochen hat und er Wünsche nicht erfüllt hat, so
hat er doch praktisch nicht die Folgerungen aus dem Eigentum gezogen, die man
bisher fehlerhafterweise gezogen hat. In seinen Bestimmungen kehrt er sich an
den Eigentumsbegriff gar nicht oder doch nur sehr wenig, und da es bei einem
Gesetz mehr auf die praktische Gestaltung als auf die theoretische Ausbildung
ankommt, so kann man trotz der Festsetzung des privaten Eigentums mit den
Bestimmungen des Entwurfs im allgemeinen zufrieden sein.

Wie die Rechtsprechung mit diesem Eigentumsbegriff sich abfinden wird, ist
allerdings eine andere Frage. Da ist leider zu befürchten, dasz die Rechtsprechung,
nicht nur die der Gerichte, sondern auch der Verwaltungsbehörden, aus diesem
Eigentumsbegriff Folgerungen ziehen werden, die der Volkswirtschaft schädlich sein
können. Deshalb wäre es besser gewesen, den Eigentumsbegriff, den kein preu¬
ßisches Gesetz bisher ausgesprochen, den nur das Reichsgericht bei Privatflüssen
anerkannt hat, den aber das Oberverwaltungsgericht auch bei diesem verworfen
hat, neu zu schaffen.




Aarl Walzer
<Lin Roman
Richard Arles von
(Erste Fortsetzung)

Nach diesen Worten geht der zornige junge Mensch über einige Zeilen hinweg
nach der Ackerfurche, wo in einen nassen Sack sein Weinkrug eingewickelt ist. Er
rollt ihn aus der Umhüllung, geht wieder zurück und reicht den braunen Stein¬
krug dem Taglöhner zum Trunke dar. Aber in den Arbeiter ist auch die Wut
gefahren. Er nimmt das Gefäß wohl entgegen, doch er schleudert es sofort mit
wuchtigem AnWurf wider einen Grenzstein in der Furche, daß es zu Scherben
zerschellt. Dazu brüllt er:

„Da, Lausbub, hast du dein Gesüff, leck dir's jetzert vom Boden auf!
Was mir net gegönnt ist, will ich auch net. . . Und noch mal: da, ihr hochmütig
Lumpepack, schafft euch euer Arbeit selber!"

Mit hastigen Schritten geht er den Acker hinauf. Der Bursche flucht dem
Davongehenden nach, greift nach einer Erdscholle und wirft sie dem Taglöhner
nach. Der dreht sich noch einmal herum, streckt die Zunge heraus und spottet:

„Wart nur, du Lausert, was wirst du noch so klein werden, wenn deinem
Alten seine Spitzbübereien erst ans Tageslicht kommen!"

Karl wird kreideweiß und mit weiten Schritten rast er dem Taglöhner nach,
dabei zwischen den Zähnen hindurchstoßend:


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[0474] Karl Scilzor künstliche Kanäle leiten, wenn man sie beherrschen will. Wenn daher auch der Entwurf der Theorie nicht entsprochen hat und er Wünsche nicht erfüllt hat, so hat er doch praktisch nicht die Folgerungen aus dem Eigentum gezogen, die man bisher fehlerhafterweise gezogen hat. In seinen Bestimmungen kehrt er sich an den Eigentumsbegriff gar nicht oder doch nur sehr wenig, und da es bei einem Gesetz mehr auf die praktische Gestaltung als auf die theoretische Ausbildung ankommt, so kann man trotz der Festsetzung des privaten Eigentums mit den Bestimmungen des Entwurfs im allgemeinen zufrieden sein. Wie die Rechtsprechung mit diesem Eigentumsbegriff sich abfinden wird, ist allerdings eine andere Frage. Da ist leider zu befürchten, dasz die Rechtsprechung, nicht nur die der Gerichte, sondern auch der Verwaltungsbehörden, aus diesem Eigentumsbegriff Folgerungen ziehen werden, die der Volkswirtschaft schädlich sein können. Deshalb wäre es besser gewesen, den Eigentumsbegriff, den kein preu¬ ßisches Gesetz bisher ausgesprochen, den nur das Reichsgericht bei Privatflüssen anerkannt hat, den aber das Oberverwaltungsgericht auch bei diesem verworfen hat, neu zu schaffen. Aarl Walzer <Lin Roman Richard Arles von (Erste Fortsetzung) Nach diesen Worten geht der zornige junge Mensch über einige Zeilen hinweg nach der Ackerfurche, wo in einen nassen Sack sein Weinkrug eingewickelt ist. Er rollt ihn aus der Umhüllung, geht wieder zurück und reicht den braunen Stein¬ krug dem Taglöhner zum Trunke dar. Aber in den Arbeiter ist auch die Wut gefahren. Er nimmt das Gefäß wohl entgegen, doch er schleudert es sofort mit wuchtigem AnWurf wider einen Grenzstein in der Furche, daß es zu Scherben zerschellt. Dazu brüllt er: „Da, Lausbub, hast du dein Gesüff, leck dir's jetzert vom Boden auf! Was mir net gegönnt ist, will ich auch net. . . Und noch mal: da, ihr hochmütig Lumpepack, schafft euch euer Arbeit selber!" Mit hastigen Schritten geht er den Acker hinauf. Der Bursche flucht dem Davongehenden nach, greift nach einer Erdscholle und wirft sie dem Taglöhner nach. Der dreht sich noch einmal herum, streckt die Zunge heraus und spottet: „Wart nur, du Lausert, was wirst du noch so klein werden, wenn deinem Alten seine Spitzbübereien erst ans Tageslicht kommen!" Karl wird kreideweiß und mit weiten Schritten rast er dem Taglöhner nach, dabei zwischen den Zähnen hindurchstoßend:

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 71, 1912, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341895_321746/474>, abgerufen am 22.07.2024.