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Die Grenzboten. Jg. 71, 1912, Zweites Vierteljahr.

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Ans der deutschen Bcrgarbeiterbcivegnng

frage. Sie muß sich richten nach den Kohlenpreisen, die erzielt werden, und
nach deu Preisen der Lebensmittel und Gebrauchsartikel; die ersteren sagen
uns, was an Lohn gezahlt werden kann, die anderen, was gezahlt werden
muß, damit der gtancZarä ol like nicht herabgedrückt werde.

Nun ist die Bewegung der Kohlenpreise von 1906 bis 1911 schwankend.
Es hat die durchschnittliche Jahresnotierung an der Essener Börse ab Zeche
für die Tonne betragen:

für Fettkohlefür Hochofenkoks
1906 . . .10,27 M.16,87 M.
1907 . . .11,12 "17.26 "
1908 . . ,11,26 "17,60 "
1909 . . .10,87 "16,13 "
1910 . . .10,75 "14,37 "
1911 . . .10,60 " (Richtpreise) 16,60 " (Richtpreise)

Die Jahre 1907 und 1908 sind Hochkonjunkturjahre, deren Preise anfangs
1912 noch nicht wiedererreicht waren.Halten wir die Löhne daneben, so
bemerken wir, daß sie rin der Konjunktur steigen und fallen.

Schichttierdienst,
Netwlohn aller
Bergarbeiter
(Schlepper und
Jungen ein"
geschlossen)Schichtverdienst
der
Kohlenhauer
alleinJahres¬
verdienst
durch¬
schnittlichJahresverdienst
der
Kohlen¬
hauer
1906 , . . 4,37 M.6,29 M.1402 M,1664 M.
1907 . . . 4,87 "6,98 "1662 "1871 "
1908 . . . 4,82 "6,86 "1494 "1766 "
1909 . . . 4,49 "6,33 "1360 "1666 "
1910 . . . 4,64 "6,37 "1382 "1689 "
1911 . . . 4,69 "6,66 "1446 "1666 "

Also ein deutliches Wiederanziehen der Löhne mit den Kohlenpreiseu.
Hierbei darf nicht übersehen werden, daß die Zahl der Schichten, der effektiven
Arbeitstage, abgenommen hat, die Leute haben in den letzten Jahren weniger
gearbeitet oder weniger Arbeitsgelegenheit gehabt. 1907: 321 Schichten, 1911:
304 Schichten. Relativ ist also der Lohn schon 1911 höher als 1907. Für
1912 ist die Lohnsteigerung bereits in vollem Umfange eingetreten, und sie wird
nach den neuen Richtpreisen des Kohlensundikats vom 1. April ab sich noch
weiter bemerkbar machen. Auf den fiskalischen Gruben ist den Hauern eine
Steigerung des Gedingelohnes bis zu 6,60 Mark in Aussicht gestellt, ähnlich
auf den privaten Gruben. Mag es nun auch richtig sein, daß die Lebens¬
haltung sich allgemein verteuert hat -- sür eine Familie mit einem Einkommen
von 1600 bis 2000 Mark beträgt ab 1907 die Verteuerung etwa 8.4 Prozent --,
so sind doch die Bergarbeiterlöhne im Ruhrrevier schon heute weit darüber
hinaufgestiegen, so daß aus diesen Lohnsätzen, die die höchsten in Deutschland
sind, in der Tat kein Beweggrund zum Streik und Kontraktbruch geschöpft


Ans der deutschen Bcrgarbeiterbcivegnng

frage. Sie muß sich richten nach den Kohlenpreisen, die erzielt werden, und
nach deu Preisen der Lebensmittel und Gebrauchsartikel; die ersteren sagen
uns, was an Lohn gezahlt werden kann, die anderen, was gezahlt werden
muß, damit der gtancZarä ol like nicht herabgedrückt werde.

Nun ist die Bewegung der Kohlenpreise von 1906 bis 1911 schwankend.
Es hat die durchschnittliche Jahresnotierung an der Essener Börse ab Zeche
für die Tonne betragen:

für Fettkohlefür Hochofenkoks
1906 . . .10,27 M.16,87 M.
1907 . . .11,12 „17.26 „
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Die Jahre 1907 und 1908 sind Hochkonjunkturjahre, deren Preise anfangs
1912 noch nicht wiedererreicht waren.Halten wir die Löhne daneben, so
bemerken wir, daß sie rin der Konjunktur steigen und fallen.

Schichttierdienst,
Netwlohn aller
Bergarbeiter
(Schlepper und
Jungen ein"
geschlossen)Schichtverdienst
der
Kohlenhauer
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Also ein deutliches Wiederanziehen der Löhne mit den Kohlenpreiseu.
Hierbei darf nicht übersehen werden, daß die Zahl der Schichten, der effektiven
Arbeitstage, abgenommen hat, die Leute haben in den letzten Jahren weniger
gearbeitet oder weniger Arbeitsgelegenheit gehabt. 1907: 321 Schichten, 1911:
304 Schichten. Relativ ist also der Lohn schon 1911 höher als 1907. Für
1912 ist die Lohnsteigerung bereits in vollem Umfange eingetreten, und sie wird
nach den neuen Richtpreisen des Kohlensundikats vom 1. April ab sich noch
weiter bemerkbar machen. Auf den fiskalischen Gruben ist den Hauern eine
Steigerung des Gedingelohnes bis zu 6,60 Mark in Aussicht gestellt, ähnlich
auf den privaten Gruben. Mag es nun auch richtig sein, daß die Lebens¬
haltung sich allgemein verteuert hat — sür eine Familie mit einem Einkommen
von 1600 bis 2000 Mark beträgt ab 1907 die Verteuerung etwa 8.4 Prozent —,
so sind doch die Bergarbeiterlöhne im Ruhrrevier schon heute weit darüber
hinaufgestiegen, so daß aus diesen Lohnsätzen, die die höchsten in Deutschland
sind, in der Tat kein Beweggrund zum Streik und Kontraktbruch geschöpft


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[0063] Ans der deutschen Bcrgarbeiterbcivegnng frage. Sie muß sich richten nach den Kohlenpreisen, die erzielt werden, und nach deu Preisen der Lebensmittel und Gebrauchsartikel; die ersteren sagen uns, was an Lohn gezahlt werden kann, die anderen, was gezahlt werden muß, damit der gtancZarä ol like nicht herabgedrückt werde. Nun ist die Bewegung der Kohlenpreise von 1906 bis 1911 schwankend. Es hat die durchschnittliche Jahresnotierung an der Essener Börse ab Zeche für die Tonne betragen: für Fettkohlefür Hochofenkoks 1906 . . .10,27 M.16,87 M. 1907 . . .11,12 „17.26 „ 1908 . . ,11,26 „17,60 „ 1909 . . .10,87 „16,13 „ 1910 . . .10,75 „14,37 „ 1911 . . .10,60 „ (Richtpreise) 16,60 „ (Richtpreise) Die Jahre 1907 und 1908 sind Hochkonjunkturjahre, deren Preise anfangs 1912 noch nicht wiedererreicht waren.Halten wir die Löhne daneben, so bemerken wir, daß sie rin der Konjunktur steigen und fallen. Schichttierdienst, Netwlohn aller Bergarbeiter (Schlepper und Jungen ein" geschlossen)Schichtverdienst der Kohlenhauer alleinJahres¬ verdienst durch¬ schnittlichJahresverdienst der Kohlen¬ hauer 1906 , . . 4,37 M.6,29 M.1402 M,1664 M. 1907 . . . 4,87 „6,98 „1662 „1871 „ 1908 . . . 4,82 „6,86 „1494 „1766 „ 1909 . . . 4,49 „6,33 „1360 „1666 „ 1910 . . . 4,64 „6,37 „1382 „1689 „ 1911 . . . 4,69 „6,66 „1446 „1666 „ Also ein deutliches Wiederanziehen der Löhne mit den Kohlenpreiseu. Hierbei darf nicht übersehen werden, daß die Zahl der Schichten, der effektiven Arbeitstage, abgenommen hat, die Leute haben in den letzten Jahren weniger gearbeitet oder weniger Arbeitsgelegenheit gehabt. 1907: 321 Schichten, 1911: 304 Schichten. Relativ ist also der Lohn schon 1911 höher als 1907. Für 1912 ist die Lohnsteigerung bereits in vollem Umfange eingetreten, und sie wird nach den neuen Richtpreisen des Kohlensundikats vom 1. April ab sich noch weiter bemerkbar machen. Auf den fiskalischen Gruben ist den Hauern eine Steigerung des Gedingelohnes bis zu 6,60 Mark in Aussicht gestellt, ähnlich auf den privaten Gruben. Mag es nun auch richtig sein, daß die Lebens¬ haltung sich allgemein verteuert hat — sür eine Familie mit einem Einkommen von 1600 bis 2000 Mark beträgt ab 1907 die Verteuerung etwa 8.4 Prozent —, so sind doch die Bergarbeiterlöhne im Ruhrrevier schon heute weit darüber hinaufgestiegen, so daß aus diesen Lohnsätzen, die die höchsten in Deutschland sind, in der Tat kein Beweggrund zum Streik und Kontraktbruch geschöpft

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 71, 1912, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341895_321082/63>, abgerufen am 26.06.2024.