Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 71, 1912, Zweites Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite
Rinchsspit)gel

geltend gemacht worden ist, findet in dem vorliegenden Jahresbericht der Feld¬
arbeiterzentralstelle iveder Erwähnung noch Widerlegung. Es wäre interessant,
zu wissen, ob damit stillschweigend all diese schweren Bedenken als berechtigt
anerkannt werden sollen. So hat man die Frage aufgeworfen, ob es tatsächlich
notwendig ist, in solchen: Maße, wie es durch die Feldarbeiterzentralstelle geschieht,
die Einführung ausländischer Arbeitskräfte zu fördern, und ob es nicht möglich
wäre, in der Wahl der für diesen Zweck in Betracht kommenden Nationalitäten
zurückhaltender zu sein. Ferner sind starke Bedenken auf sittlichem Gebiet mit
dem massenhaften "Import" junger Leute fremden Volkstums verbunden, und
vor allen Dingen ist daran zu erinnern, daß die Landwirtschaft auch vom
Standpunkt ihrer eigenen Interessen aus mit dieser massenhaften Hineinziehung
fremder, überwiegend slawischer Arbeitskräfte, durch die das Übel des Arbeits¬
mangels auf die Dauer nicht verbessert, sondern nachhaltig verschlechtert wird,
nicht gut fährt. Wir können heute daran erinnern, daß selbst das preußische
Landesökonomiekollegium, als es zu Beginn des vorigen Jahres die Einsetzung
einer Kommission beschloß, die sich eindringlich mit der Landmbeiterfragz
beschäftigen sollte, auf einem Bericht fußte, der durchaus zutreffend zum Aus¬
druck brachte: die Landmirtschaftskammern dürften nicht so sehr nach dem
Gesichtspunkt arbeiten, wie sie den Landwirten, gleichviel woher, möglichst viele
und billige Arbeitskräfte beschaffen können, sondern wie sie, ohne die Besitzer
zu stark zu belasten, möglichst viele eingesessene Familien und ihren Nachwuchs
der Landwirtschaft erhalten. Je größer nun aber der Ersatz der deutschen




Rinchsspit)gel

geltend gemacht worden ist, findet in dem vorliegenden Jahresbericht der Feld¬
arbeiterzentralstelle iveder Erwähnung noch Widerlegung. Es wäre interessant,
zu wissen, ob damit stillschweigend all diese schweren Bedenken als berechtigt
anerkannt werden sollen. So hat man die Frage aufgeworfen, ob es tatsächlich
notwendig ist, in solchen: Maße, wie es durch die Feldarbeiterzentralstelle geschieht,
die Einführung ausländischer Arbeitskräfte zu fördern, und ob es nicht möglich
wäre, in der Wahl der für diesen Zweck in Betracht kommenden Nationalitäten
zurückhaltender zu sein. Ferner sind starke Bedenken auf sittlichem Gebiet mit
dem massenhaften „Import" junger Leute fremden Volkstums verbunden, und
vor allen Dingen ist daran zu erinnern, daß die Landwirtschaft auch vom
Standpunkt ihrer eigenen Interessen aus mit dieser massenhaften Hineinziehung
fremder, überwiegend slawischer Arbeitskräfte, durch die das Übel des Arbeits¬
mangels auf die Dauer nicht verbessert, sondern nachhaltig verschlechtert wird,
nicht gut fährt. Wir können heute daran erinnern, daß selbst das preußische
Landesökonomiekollegium, als es zu Beginn des vorigen Jahres die Einsetzung
einer Kommission beschloß, die sich eindringlich mit der Landmbeiterfragz
beschäftigen sollte, auf einem Bericht fußte, der durchaus zutreffend zum Aus¬
druck brachte: die Landmirtschaftskammern dürften nicht so sehr nach dem
Gesichtspunkt arbeiten, wie sie den Landwirten, gleichviel woher, möglichst viele
und billige Arbeitskräfte beschaffen können, sondern wie sie, ohne die Besitzer
zu stark zu belasten, möglichst viele eingesessene Familien und ihren Nachwuchs
der Landwirtschaft erhalten. Je größer nun aber der Ersatz der deutschen




<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <div n="2">
            <pb facs="#f0607" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/321692"/>
            <fw type="header" place="top"> Rinchsspit)gel</fw><lb/>
            <p xml:id="ID_2564" prev="#ID_2563" next="#ID_2565"> geltend gemacht worden ist, findet in dem vorliegenden Jahresbericht der Feld¬<lb/>
arbeiterzentralstelle iveder Erwähnung noch Widerlegung. Es wäre interessant,<lb/>
zu wissen, ob damit stillschweigend all diese schweren Bedenken als berechtigt<lb/>
anerkannt werden sollen. So hat man die Frage aufgeworfen, ob es tatsächlich<lb/>
notwendig ist, in solchen: Maße, wie es durch die Feldarbeiterzentralstelle geschieht,<lb/>
die Einführung ausländischer Arbeitskräfte zu fördern, und ob es nicht möglich<lb/>
wäre, in der Wahl der für diesen Zweck in Betracht kommenden Nationalitäten<lb/>
zurückhaltender zu sein. Ferner sind starke Bedenken auf sittlichem Gebiet mit<lb/>
dem massenhaften &#x201E;Import" junger Leute fremden Volkstums verbunden, und<lb/>
vor allen Dingen ist daran zu erinnern, daß die Landwirtschaft auch vom<lb/>
Standpunkt ihrer eigenen Interessen aus mit dieser massenhaften Hineinziehung<lb/>
fremder, überwiegend slawischer Arbeitskräfte, durch die das Übel des Arbeits¬<lb/>
mangels auf die Dauer nicht verbessert, sondern nachhaltig verschlechtert wird,<lb/>
nicht gut fährt. Wir können heute daran erinnern, daß selbst das preußische<lb/>
Landesökonomiekollegium, als es zu Beginn des vorigen Jahres die Einsetzung<lb/>
einer Kommission beschloß, die sich eindringlich mit der Landmbeiterfragz<lb/>
beschäftigen sollte, auf einem Bericht fußte, der durchaus zutreffend zum Aus¬<lb/>
druck brachte: die Landmirtschaftskammern dürften nicht so sehr nach dem<lb/>
Gesichtspunkt arbeiten, wie sie den Landwirten, gleichviel woher, möglichst viele<lb/>
und billige Arbeitskräfte beschaffen können, sondern wie sie, ohne die Besitzer<lb/>
zu stark zu belasten, möglichst viele eingesessene Familien und ihren Nachwuchs<lb/>
der Landwirtschaft erhalten.  Je größer nun aber der Ersatz der deutschen</p><lb/>
            <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0607] Rinchsspit)gel geltend gemacht worden ist, findet in dem vorliegenden Jahresbericht der Feld¬ arbeiterzentralstelle iveder Erwähnung noch Widerlegung. Es wäre interessant, zu wissen, ob damit stillschweigend all diese schweren Bedenken als berechtigt anerkannt werden sollen. So hat man die Frage aufgeworfen, ob es tatsächlich notwendig ist, in solchen: Maße, wie es durch die Feldarbeiterzentralstelle geschieht, die Einführung ausländischer Arbeitskräfte zu fördern, und ob es nicht möglich wäre, in der Wahl der für diesen Zweck in Betracht kommenden Nationalitäten zurückhaltender zu sein. Ferner sind starke Bedenken auf sittlichem Gebiet mit dem massenhaften „Import" junger Leute fremden Volkstums verbunden, und vor allen Dingen ist daran zu erinnern, daß die Landwirtschaft auch vom Standpunkt ihrer eigenen Interessen aus mit dieser massenhaften Hineinziehung fremder, überwiegend slawischer Arbeitskräfte, durch die das Übel des Arbeits¬ mangels auf die Dauer nicht verbessert, sondern nachhaltig verschlechtert wird, nicht gut fährt. Wir können heute daran erinnern, daß selbst das preußische Landesökonomiekollegium, als es zu Beginn des vorigen Jahres die Einsetzung einer Kommission beschloß, die sich eindringlich mit der Landmbeiterfragz beschäftigen sollte, auf einem Bericht fußte, der durchaus zutreffend zum Aus¬ druck brachte: die Landmirtschaftskammern dürften nicht so sehr nach dem Gesichtspunkt arbeiten, wie sie den Landwirten, gleichviel woher, möglichst viele und billige Arbeitskräfte beschaffen können, sondern wie sie, ohne die Besitzer zu stark zu belasten, möglichst viele eingesessene Familien und ihren Nachwuchs der Landwirtschaft erhalten. Je größer nun aber der Ersatz der deutschen

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341895_321082
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341895_321082/607
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 71, 1912, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341895_321082/607>, abgerufen am 26.06.2024.