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Die Grenzboten. Jg. 71, 1912, Zweites Vierteljahr.

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Reichsspiegel

günstiger als bei uns gestaltet. Die französischen Geschütze können eine größere
Schußzahl abgeben als die deutschen. Hier liegt also, wie auch in den noch
nicht auf drei Bataillonen ergänzten Infanterieregimenten: und in den am Kriegs
sollstande fehlenden Pionierbataillonen des Friedensetats bereits der Keim zu
künftigen Wehrforderungen. Daß solche unvermeidlich sind, ist auch im Reichs¬
tage ausgesprochen worden. Die Regierung hat sich auf das uach sachlichen
Ermessen Notwendigste beschränkt und das Nützliche einstweilen der Zukunft über¬
lassen. Nach dem bisherigen Gange der Verhandlungen ist wohl anzunehmen,
daß die militärischen Vorlagen ziemlich unverändert zur Annahme gelangen
werden. Fraglich ist dies bezüglich der Deckungsvorlage, und deshalb kann es
nur als richtig bezeichnet werden, daß die jetzt getrennt vorliegenden Vorschlüge
nicht mit einem Mantelgesetz zu gemeinsamem Schicksal verbunden wurden.
Die Deckungsfrage ist auch militärpolitisch von großer Bedeutung. Aber an
erster Stelle steht die Erwägung, ob die organisatorischen Änderungen und Ver¬
mehrungen derart wichtig sind, daß ihnen im Interesse der Wehrhaftigkeit des
Reiches zugestimmt werden muß. Bejaht der Reichstag die Bedürfnisfrage, so
müssen eben die Mittel zur Befriedigung der konstatierten Bedürfnisse sichergestellt
werden. Auf welchem Wege, das ist eine finanzpolitische Frage, die vorwiegend
parteitaktisch gelöst werden muß. Auch wenn man dein Kriegsminister von
Heeringen nicht bei seiner Auffassung folgt, es handle sich in dieser Vorlage um
eine Lebensfrage der Armee, so muß iwch aus dem Wesen und der Zwecksetzung




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günstiger als bei uns gestaltet. Die französischen Geschütze können eine größere
Schußzahl abgeben als die deutschen. Hier liegt also, wie auch in den noch
nicht auf drei Bataillonen ergänzten Infanterieregimenten: und in den am Kriegs
sollstande fehlenden Pionierbataillonen des Friedensetats bereits der Keim zu
künftigen Wehrforderungen. Daß solche unvermeidlich sind, ist auch im Reichs¬
tage ausgesprochen worden. Die Regierung hat sich auf das uach sachlichen
Ermessen Notwendigste beschränkt und das Nützliche einstweilen der Zukunft über¬
lassen. Nach dem bisherigen Gange der Verhandlungen ist wohl anzunehmen,
daß die militärischen Vorlagen ziemlich unverändert zur Annahme gelangen
werden. Fraglich ist dies bezüglich der Deckungsvorlage, und deshalb kann es
nur als richtig bezeichnet werden, daß die jetzt getrennt vorliegenden Vorschlüge
nicht mit einem Mantelgesetz zu gemeinsamem Schicksal verbunden wurden.
Die Deckungsfrage ist auch militärpolitisch von großer Bedeutung. Aber an
erster Stelle steht die Erwägung, ob die organisatorischen Änderungen und Ver¬
mehrungen derart wichtig sind, daß ihnen im Interesse der Wehrhaftigkeit des
Reiches zugestimmt werden muß. Bejaht der Reichstag die Bedürfnisfrage, so
müssen eben die Mittel zur Befriedigung der konstatierten Bedürfnisse sichergestellt
werden. Auf welchem Wege, das ist eine finanzpolitische Frage, die vorwiegend
parteitaktisch gelöst werden muß. Auch wenn man dein Kriegsminister von
Heeringen nicht bei seiner Auffassung folgt, es handle sich in dieser Vorlage um
eine Lebensfrage der Armee, so muß iwch aus dem Wesen und der Zwecksetzung




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[0267] Reichsspiegel günstiger als bei uns gestaltet. Die französischen Geschütze können eine größere Schußzahl abgeben als die deutschen. Hier liegt also, wie auch in den noch nicht auf drei Bataillonen ergänzten Infanterieregimenten: und in den am Kriegs sollstande fehlenden Pionierbataillonen des Friedensetats bereits der Keim zu künftigen Wehrforderungen. Daß solche unvermeidlich sind, ist auch im Reichs¬ tage ausgesprochen worden. Die Regierung hat sich auf das uach sachlichen Ermessen Notwendigste beschränkt und das Nützliche einstweilen der Zukunft über¬ lassen. Nach dem bisherigen Gange der Verhandlungen ist wohl anzunehmen, daß die militärischen Vorlagen ziemlich unverändert zur Annahme gelangen werden. Fraglich ist dies bezüglich der Deckungsvorlage, und deshalb kann es nur als richtig bezeichnet werden, daß die jetzt getrennt vorliegenden Vorschlüge nicht mit einem Mantelgesetz zu gemeinsamem Schicksal verbunden wurden. Die Deckungsfrage ist auch militärpolitisch von großer Bedeutung. Aber an erster Stelle steht die Erwägung, ob die organisatorischen Änderungen und Ver¬ mehrungen derart wichtig sind, daß ihnen im Interesse der Wehrhaftigkeit des Reiches zugestimmt werden muß. Bejaht der Reichstag die Bedürfnisfrage, so müssen eben die Mittel zur Befriedigung der konstatierten Bedürfnisse sichergestellt werden. Auf welchem Wege, das ist eine finanzpolitische Frage, die vorwiegend parteitaktisch gelöst werden muß. Auch wenn man dein Kriegsminister von Heeringen nicht bei seiner Auffassung folgt, es handle sich in dieser Vorlage um eine Lebensfrage der Armee, so muß iwch aus dem Wesen und der Zwecksetzung

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 71, 1912, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341895_321082/267>, abgerufen am 25.08.2024.