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Die Grenzboten. Jg. 71, 1912, Erstes Vierteljahr.

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Reichsspiegel

sollten sich einer freiwilligen Beschränkung seitens der Banken in den Weg stellen?
Es ist eine unzweifelhafte Tatsache, daß erst durch die Depositenkassen der Gro߬
banken und deren in guten Zeiten kulante Bevorschussung die Spekulation am
Kassaindustriemarkt derart in das Kraut geschossen ist. Hier handelt es sich zum
Teil um schwere Papiere, und gerade diese bilden mit den starken Kursveränderuugen
ein sehr beliebtes Betätigungsfeld der Spekulation auf .Kredit. Hier locken oft von
einem Tag zum andern erkleckliche Gewinne. Man denke beispielsweise an die
.Kursbewegung der Niedelaktieu während der letzten Zeit. Hier könnte mit
Leichtigkeit von der Bankleitung in der Kreditgewährung gebremst werden, wie dies
ja schon bisher ganz rücksichtslos zu geschehen pflegt, wenn die Unsicherheit der
Knrsbewegung oder die eigene Gelddisposition das ihr wünschenswert erscheinen
lassen. Das Sträuben der Banken ist daher wohl hauptsächlich durch die Rück¬
sichtnahme auf ihr Emissionsgeschäft zu erklären. Hier wollen sie freie Hand
haben, denn sie wissen, daß ohne lange Kreditgewährung manche Emission nicht
den Weg zum Abnehmer finden, sondern im Portefeuille der Bank bleiben würde.
Aber gerade gegen solche Emissionen zur Unzeit, die einen Erfolg nur vorspiegeln
und gewissermaßen antizipieren, erheben sich schwere Bedenken. Zweifellos geht
der Wunsch des Reichsbankpräsidenten dahin, anch solche Emissionen hintanzuhalten
und dadurch der Überproduktion von Effekten zu steuern. Die Lösung dieses
Problems wird aber nicht leicht sein; sie ist vielleicht unmöglich. Denn man darf
nicht vergessen, daß unsere Banken privatwirtschaftliche Gebilde sind, deren Erwerbs¬
interessen immer in erster Reihe stehen müssen. Nur mit Mühe und nicht ohne
Zwang wird man die Berücksichtigung gemeinwirtschaftlicher Ziele bei ihnen durch¬
spectator setzen können.




Verantwortliche Schriftleiter: für den politischen Teil der Herausgeber George Tleinow in Schöneberg, für
den literarischen Teil und die Redaktion Heinz Amclung in Wilmersdorf. -- Manuslriptsendungen und Briefe
werden erbeten unter der Adresse:
An den Hcrausaclicr der Grcnzliotrn in Friedenau bei Berlin, Hcdwigstr. 1".
Fernsprecher der Schristleitung: Amt Pfalzburg L7l9, des Verlags: Amt Liitzow SS10.
Verlag: Verlag der Grenzboten G, in. v, H. in Berlin SV. II.
Druck: "Der Reichsbote" G. in. b. H. in Berlin SV. 11, Dessauer Straf;- W/87.
Reichsspiegel

sollten sich einer freiwilligen Beschränkung seitens der Banken in den Weg stellen?
Es ist eine unzweifelhafte Tatsache, daß erst durch die Depositenkassen der Gro߬
banken und deren in guten Zeiten kulante Bevorschussung die Spekulation am
Kassaindustriemarkt derart in das Kraut geschossen ist. Hier handelt es sich zum
Teil um schwere Papiere, und gerade diese bilden mit den starken Kursveränderuugen
ein sehr beliebtes Betätigungsfeld der Spekulation auf .Kredit. Hier locken oft von
einem Tag zum andern erkleckliche Gewinne. Man denke beispielsweise an die
.Kursbewegung der Niedelaktieu während der letzten Zeit. Hier könnte mit
Leichtigkeit von der Bankleitung in der Kreditgewährung gebremst werden, wie dies
ja schon bisher ganz rücksichtslos zu geschehen pflegt, wenn die Unsicherheit der
Knrsbewegung oder die eigene Gelddisposition das ihr wünschenswert erscheinen
lassen. Das Sträuben der Banken ist daher wohl hauptsächlich durch die Rück¬
sichtnahme auf ihr Emissionsgeschäft zu erklären. Hier wollen sie freie Hand
haben, denn sie wissen, daß ohne lange Kreditgewährung manche Emission nicht
den Weg zum Abnehmer finden, sondern im Portefeuille der Bank bleiben würde.
Aber gerade gegen solche Emissionen zur Unzeit, die einen Erfolg nur vorspiegeln
und gewissermaßen antizipieren, erheben sich schwere Bedenken. Zweifellos geht
der Wunsch des Reichsbankpräsidenten dahin, anch solche Emissionen hintanzuhalten
und dadurch der Überproduktion von Effekten zu steuern. Die Lösung dieses
Problems wird aber nicht leicht sein; sie ist vielleicht unmöglich. Denn man darf
nicht vergessen, daß unsere Banken privatwirtschaftliche Gebilde sind, deren Erwerbs¬
interessen immer in erster Reihe stehen müssen. Nur mit Mühe und nicht ohne
Zwang wird man die Berücksichtigung gemeinwirtschaftlicher Ziele bei ihnen durch¬
spectator setzen können.




Verantwortliche Schriftleiter: für den politischen Teil der Herausgeber George Tleinow in Schöneberg, für
den literarischen Teil und die Redaktion Heinz Amclung in Wilmersdorf. — Manuslriptsendungen und Briefe
werden erbeten unter der Adresse:
An den Hcrausaclicr der Grcnzliotrn in Friedenau bei Berlin, Hcdwigstr. 1«.
Fernsprecher der Schristleitung: Amt Pfalzburg L7l9, des Verlags: Amt Liitzow SS10.
Verlag: Verlag der Grenzboten G, in. v, H. in Berlin SV. II.
Druck: „Der Reichsbote" G. in. b. H. in Berlin SV. 11, Dessauer Straf;- W/87.
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[0508] Reichsspiegel sollten sich einer freiwilligen Beschränkung seitens der Banken in den Weg stellen? Es ist eine unzweifelhafte Tatsache, daß erst durch die Depositenkassen der Gro߬ banken und deren in guten Zeiten kulante Bevorschussung die Spekulation am Kassaindustriemarkt derart in das Kraut geschossen ist. Hier handelt es sich zum Teil um schwere Papiere, und gerade diese bilden mit den starken Kursveränderuugen ein sehr beliebtes Betätigungsfeld der Spekulation auf .Kredit. Hier locken oft von einem Tag zum andern erkleckliche Gewinne. Man denke beispielsweise an die .Kursbewegung der Niedelaktieu während der letzten Zeit. Hier könnte mit Leichtigkeit von der Bankleitung in der Kreditgewährung gebremst werden, wie dies ja schon bisher ganz rücksichtslos zu geschehen pflegt, wenn die Unsicherheit der Knrsbewegung oder die eigene Gelddisposition das ihr wünschenswert erscheinen lassen. Das Sträuben der Banken ist daher wohl hauptsächlich durch die Rück¬ sichtnahme auf ihr Emissionsgeschäft zu erklären. Hier wollen sie freie Hand haben, denn sie wissen, daß ohne lange Kreditgewährung manche Emission nicht den Weg zum Abnehmer finden, sondern im Portefeuille der Bank bleiben würde. Aber gerade gegen solche Emissionen zur Unzeit, die einen Erfolg nur vorspiegeln und gewissermaßen antizipieren, erheben sich schwere Bedenken. Zweifellos geht der Wunsch des Reichsbankpräsidenten dahin, anch solche Emissionen hintanzuhalten und dadurch der Überproduktion von Effekten zu steuern. Die Lösung dieses Problems wird aber nicht leicht sein; sie ist vielleicht unmöglich. Denn man darf nicht vergessen, daß unsere Banken privatwirtschaftliche Gebilde sind, deren Erwerbs¬ interessen immer in erster Reihe stehen müssen. Nur mit Mühe und nicht ohne Zwang wird man die Berücksichtigung gemeinwirtschaftlicher Ziele bei ihnen durch¬ spectator setzen können. Verantwortliche Schriftleiter: für den politischen Teil der Herausgeber George Tleinow in Schöneberg, für den literarischen Teil und die Redaktion Heinz Amclung in Wilmersdorf. — Manuslriptsendungen und Briefe werden erbeten unter der Adresse: An den Hcrausaclicr der Grcnzliotrn in Friedenau bei Berlin, Hcdwigstr. 1«. Fernsprecher der Schristleitung: Amt Pfalzburg L7l9, des Verlags: Amt Liitzow SS10. Verlag: Verlag der Grenzboten G, in. v, H. in Berlin SV. II. Druck: „Der Reichsbote" G. in. b. H. in Berlin SV. 11, Dessauer Straf;- W/87.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 71, 1912, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341895_320416/508>, abgerufen am 29.12.2024.