Die Grenzboten. Jg. 71, 1912, Erstes Vierteljahr.Soziale Aufgaben der privaten Lebensversicherung zu, und in der Tat muß auf Grund vorliegender Erfahrungen zugegeben werden^ Viele Arbeitgeber, Behörden, Genossenschaften und Vereine haben sich seither 5. Auch der bedauerlich häufige Verfall der Volksverficherungen wird sich Soziale Aufgaben der privaten Lebensversicherung zu, und in der Tat muß auf Grund vorliegender Erfahrungen zugegeben werden^ Viele Arbeitgeber, Behörden, Genossenschaften und Vereine haben sich seither 5. Auch der bedauerlich häufige Verfall der Volksverficherungen wird sich <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0433" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/320850"/> <fw type="header" place="top"> Soziale Aufgaben der privaten Lebensversicherung</fw><lb/> <p xml:id="ID_1847" prev="#ID_1846"> zu, und in der Tat muß auf Grund vorliegender Erfahrungen zugegeben werden^<lb/> daß bisher fast alle Versuche, ohne Agententätigkeit und ohne Prämienabholung<lb/> auszukommen, auf dem Gebiete der Volksversicherung gescheitert sind oder jeden¬<lb/> falls zu einem bedeutungsvollen Betriebe nicht geführt haben. Indessen gibt<lb/> es doch besondere Verhältnisse, in denen die Vermittlung bezahlter Agenten<lb/> entbehrt und ausgeschaltet und durch berufliche oder sonstige Organisationen<lb/> ersetzt werden kann. Wo solche besondere Voraussetzungen gegeben sind, lassen<lb/> sich unbedenklich Abschluß« wie Jnkassokosten ganz oder zu einem großen Teil<lb/> ersparen. Dies gilt von beruflichen oder sonstigen genossenschaftlichen Ein¬<lb/> richtungen, wenn deren Organe auf die Genossen den nötigen Einfluß zum<lb/> Abschluß und zur Durchführung der Versicherung ausüben, und den Einzug der<lb/> Prämien selbst bewirken, und es gilt namentlich auch von dem Verhältnis<lb/> zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer, wenn ersterer es sich angelegen sein<lb/> läßt, seinen Arbeitern die Versicherung zu empfehlen und zu erleichtern.</p><lb/> <p xml:id="ID_1848"> Viele Arbeitgeber, Behörden, Genossenschaften und Vereine haben sich seither<lb/> davon abhalten lassen, mit Einsetzung ihres Einflusses oder mit Aufwendung<lb/> eigener materieller Mittel ihre Arbeiter und Angestellten, ihre Mitglieder und<lb/> Genossen bestimmten privaten Versicherungsgesellschaften zuzuführen, weil sie sich<lb/> in Beurteilung dieser Privatunternehmungen in bezug auf Sicherheit und Ver¬<lb/> trauenswürdigkeit, auf Zweckmäßigkeit und Güte der Versicherungsbedingungen<lb/> nicht sicher genug fühlten. Alle diese Bedenken werden schwinden und die Ver¬<lb/> antwortung für die selbstlose Vermittlung einer Versicherung wird leicht getragen<lb/> werden können, wenn es sich um eine Versicherung bei einem Verbände der<lb/> geschilderten Art handelt. Der Zusammenarbeit eines solchen Verbandes mit<lb/> Arbeitgebern und Behörden, mit Vereinen und Genossenschaften bietet sich unseres<lb/> Erachtens ein großes Feld und eine unabsehbare Entwicklungsmöglichkeit. Soweit<lb/> durch Vermittlung besonderer Organisationen oder der Arbeitgeber Abschlnß-<lb/> und Jnkassokosten erspart werden, kann den betreffenden Versicherten eine nam¬<lb/> hafte Verbilligung der Prämien zuteil werden.</p><lb/> <p xml:id="ID_1849" next="#ID_1850"> 5. Auch der bedauerlich häufige Verfall der Volksverficherungen wird sich<lb/> bei der empfohlenen Konzentration des Versicherungsbetriebes voraussichtlich<lb/> einschränken lassen. Ganz zu beseitigen ist er nicht, soweit langlaufende Ver¬<lb/> sicherungen mit wiederkehrender Prämienzahlung geschlossen werden. Dieser<lb/> Übelstand ist mit der unsicheren, schwankenden wirtschaftlichen Lage der hier in<lb/> Betracht kommenden Kreise der Versicherungsnehmer unvermeidlich verbunden.<lb/> Er könnte durch vorübergehendes Eintreten der Arbeitgeber und Vereine usw.<lb/> für die Prämienzahlung gemildert werden. Den Vereinen, durch deren Ver-<lb/> mittlungstätigkeit Abschluß- und Jnkassokosten erspart werden, könnte von, Ver-<lb/> hinderer eine Vergütung zugewendet werden, aus der sich ein Fonds zur Ver¬<lb/> hütung des Polizenversalls ansammeln ließe. Mehr Gewicht wird aber dem<lb/> folgenden Umstände beizulegen sein. Bei dem heutigen überaus scharfen Wett¬<lb/> bewerb unter den einzelnen Versicherungsgesellschaften werden zahlreiche Ver-</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0433]
Soziale Aufgaben der privaten Lebensversicherung
zu, und in der Tat muß auf Grund vorliegender Erfahrungen zugegeben werden^
daß bisher fast alle Versuche, ohne Agententätigkeit und ohne Prämienabholung
auszukommen, auf dem Gebiete der Volksversicherung gescheitert sind oder jeden¬
falls zu einem bedeutungsvollen Betriebe nicht geführt haben. Indessen gibt
es doch besondere Verhältnisse, in denen die Vermittlung bezahlter Agenten
entbehrt und ausgeschaltet und durch berufliche oder sonstige Organisationen
ersetzt werden kann. Wo solche besondere Voraussetzungen gegeben sind, lassen
sich unbedenklich Abschluß« wie Jnkassokosten ganz oder zu einem großen Teil
ersparen. Dies gilt von beruflichen oder sonstigen genossenschaftlichen Ein¬
richtungen, wenn deren Organe auf die Genossen den nötigen Einfluß zum
Abschluß und zur Durchführung der Versicherung ausüben, und den Einzug der
Prämien selbst bewirken, und es gilt namentlich auch von dem Verhältnis
zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer, wenn ersterer es sich angelegen sein
läßt, seinen Arbeitern die Versicherung zu empfehlen und zu erleichtern.
Viele Arbeitgeber, Behörden, Genossenschaften und Vereine haben sich seither
davon abhalten lassen, mit Einsetzung ihres Einflusses oder mit Aufwendung
eigener materieller Mittel ihre Arbeiter und Angestellten, ihre Mitglieder und
Genossen bestimmten privaten Versicherungsgesellschaften zuzuführen, weil sie sich
in Beurteilung dieser Privatunternehmungen in bezug auf Sicherheit und Ver¬
trauenswürdigkeit, auf Zweckmäßigkeit und Güte der Versicherungsbedingungen
nicht sicher genug fühlten. Alle diese Bedenken werden schwinden und die Ver¬
antwortung für die selbstlose Vermittlung einer Versicherung wird leicht getragen
werden können, wenn es sich um eine Versicherung bei einem Verbände der
geschilderten Art handelt. Der Zusammenarbeit eines solchen Verbandes mit
Arbeitgebern und Behörden, mit Vereinen und Genossenschaften bietet sich unseres
Erachtens ein großes Feld und eine unabsehbare Entwicklungsmöglichkeit. Soweit
durch Vermittlung besonderer Organisationen oder der Arbeitgeber Abschlnß-
und Jnkassokosten erspart werden, kann den betreffenden Versicherten eine nam¬
hafte Verbilligung der Prämien zuteil werden.
5. Auch der bedauerlich häufige Verfall der Volksverficherungen wird sich
bei der empfohlenen Konzentration des Versicherungsbetriebes voraussichtlich
einschränken lassen. Ganz zu beseitigen ist er nicht, soweit langlaufende Ver¬
sicherungen mit wiederkehrender Prämienzahlung geschlossen werden. Dieser
Übelstand ist mit der unsicheren, schwankenden wirtschaftlichen Lage der hier in
Betracht kommenden Kreise der Versicherungsnehmer unvermeidlich verbunden.
Er könnte durch vorübergehendes Eintreten der Arbeitgeber und Vereine usw.
für die Prämienzahlung gemildert werden. Den Vereinen, durch deren Ver-
mittlungstätigkeit Abschluß- und Jnkassokosten erspart werden, könnte von, Ver-
hinderer eine Vergütung zugewendet werden, aus der sich ein Fonds zur Ver¬
hütung des Polizenversalls ansammeln ließe. Mehr Gewicht wird aber dem
folgenden Umstände beizulegen sein. Bei dem heutigen überaus scharfen Wett¬
bewerb unter den einzelnen Versicherungsgesellschaften werden zahlreiche Ver-
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