Die Grenzboten. Jg. 71, 1912, Erstes Vierteljahr.Maßgebliches und Unmaßgebliches [Beginn Spaltensatz] zu nehmen, statt zu versuchen, etwas Neues Kann man auch den Pessimistischen An¬ Selbst Lafmdio Hearn schrieb nach der Tagesfragen [Spaltenumbruch]
Häufigkeit des Ministerwrchsels in Preußen" Dem ist jedoch nicht so. Im Zeitraume seit Das gegenwärtige Kabinett hat einund¬ Alles in allem ergibt sich eine Zahl von legt ein Aufsatz "statistisches über die Grenzboten I 191261
Maßgebliches und Unmaßgebliches [Beginn Spaltensatz] zu nehmen, statt zu versuchen, etwas Neues Kann man auch den Pessimistischen An¬ Selbst Lafmdio Hearn schrieb nach der Tagesfragen [Spaltenumbruch]
Häufigkeit des Ministerwrchsels in Preußen" Dem ist jedoch nicht so. Im Zeitraume seit Das gegenwärtige Kabinett hat einund¬ Alles in allem ergibt sich eine Zahl von legt ein Aufsatz „statistisches über die Grenzboten I 191261
<TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0405" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/320822"/> <fw type="header" place="top"> Maßgebliches und Unmaßgebliches</fw><lb/> <cb type="start"/> <p xml:id="ID_1728" prev="#ID_1727"> zu nehmen, statt zu versuchen, etwas Neues<lb/> zu produzieren---- Die fremden Pfropfreiser<lb/> wuchsen und wurden mit der Zeit starke Äste.<lb/> Bei alledem blieb aber der Stamm der Stamm<lb/> eines Keimlings. Mit anderen Worten: die<lb/> Nation wuchs zum Mann heran, behielt aber<lb/> den Geist ihrer Kindheit." Wenn die Völker<lb/> des Ostens bei diesem alten Kurse beharren,<lb/> so hält er ihre Laufbahn für abgeschlossen.</p> <p xml:id="ID_1729"> Kann man auch den Pessimistischen An¬<lb/> sichten Lowells nicht in jedem Punkte un¬<lb/> bedingt beipflichten, so ist doch nicht zu leugnen,<lb/> daß sein Skeptizismus in bezug auf die Zu¬<lb/> kunft Japans von vielen ernsten Kennern<lb/> geteilt wird.</p><lb/> <p xml:id="ID_1730" next="#ID_1731"> Selbst Lafmdio Hearn schrieb nach der<lb/> Lektüre dieses Buches, daß er seine Ansicht<lb/> über Japan und die Japaner jetzt teilweise<lb/> ändern müsse, und daß er Lowells Ideen<lb/> „rückhaltlos mis Entdeckung annehme". Ja<lb/> er verfaßte dann sogar auf Grund dieser<lb/> veränderten Ansichten und beeinflußt durch<lb/> Lowells Buch eine neue Psychologische Studie<lb/> des japanischen Volkes- „^apan, s^vattempt<lb/> se interpretation". Diese ist nunmehr auch<lb/> in deutscher Übersetzung von Berta Franzos<lb/> unter dem Titel: „Japan. Ein Deutungs-<lb/> versnch" erschienen. (Frankfurt a. M., Rütten<lb/> und Loening. Preis M. 8.—.) Es ist sein<lb/> letztes Werk gewesen. Er hat die Ver¬<lb/> öffentlichung, auch die der englischen Aus¬<lb/> gabe, nicht mehr erlebt. Wie seine Freunde<lb/> sagen, hatte sich seiner durch die Erkenntnis<lb/> seiner Irrtümer, zu der er sich im Laufe der<lb/> Arbeiten zu diesem Buche immer mehr und<lb/> mehr durchrang, eine derartige Aufregung<lb/> bemächtigt, daß seine ohnehin schwache Ge¬<lb/> sundheit darunter völlig zusammenbrach.</p> <note type="byline"> L. westphal</note><lb/> </div> <div n="2"> <head> Tagesfragen</head> <cb/><lb/> <p xml:id="ID_1731" prev="#ID_1730"> Häufigkeit des Ministerwrchsels in Preußen"<lb/> die landläufige Annahme, daß die Minister<lb/> jetzt viel schneller verbraucht werden als früher.<lb/> Am Ende wird die Vermutung ausgesprochen,<lb/> daß die Minister in England seltener wechseln.</p> <p xml:id="ID_1732"> Dem ist jedoch nicht so. Im Zeitraume seit<lb/> 1868, den der Verfasser in dem erwähnten<lb/> Aufsatze betrachtet, ist ein Kabinettwechsel<lb/> nicht weniger als sechzehnmal erfolgt. Wohl<lb/> sind mehrere der Parteiführer mehr als ein¬<lb/> mal im Amte gewesen, so Gladstone viermal,<lb/> Salisbury dreimal, Derby und Disraeli je<lb/> zweimal. Aber selbst wenn man diese ver¬<lb/> schiedenen Amtsführungen nur einfach rechnet,<lb/> so stehen den acht Preußischen Premierministern<lb/> immer noch neun englische gegenüber.</p> <p xml:id="ID_1733"> Das gegenwärtige Kabinett hat einund¬<lb/> zwanzig Mitglieder. Zu einem Vergleiche<lb/> können aber natürlich nur die acht wichtigsten<lb/> Staatsämter herangezogen werden, die sich<lb/> auch schon durch die Höhe des Gehaltes vor<lb/> den andern auszeichnen. Bei ihnen findet sich<lb/> ebenfalls, daß derselbe Mann mehrere Male<lb/> denselben Posten bekleidet. Die nachstehende<lb/> Aufstellung gibt die Zahl der Veränderungen<lb/> durch Tod oder Rücktritt seit 1858 und in<lb/> Klammern die Zahl der Personen, die das<lb/> Amt innegehabt haben: Schatzamt 20 (13),<lb/> Inneres 23(18), Äußeres 20 (11), Krieg 24 (16),<lb/> Kolonien 28 (18), Lordkanzler 19 (9), Handel<lb/> 26 (20), Admiralität 22 (16).</p> <p xml:id="ID_1734"> Alles in allem ergibt sich eine Zahl von<lb/> 196 Veränderungen in den genannten Mi¬<lb/> nisterien mit Einschluß des Präsidiums. Sie<lb/> verteilen sich auf 129 Personen. Hält man<lb/> dagegen die 92 Minister, die in derselben Zeit<lb/> in Preußen aus dem Amte geschieden sind,<lb/> so ergibt sich, daß der Ministerwechsel in Eng¬<lb/> land mehr als doppelt so groß ist und der<lb/> Verbrauch von Ministerpersonen den preußi¬<lb/> schen um rund 40 Prozent übertrifft.</p> <note type="byline"> H. B.</note> <cb type="end"/><lb/> <p xml:id="ID_1735"> legt ein Aufsatz „statistisches über die</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <fw type="sig" place="bottom"> Grenzboten I 191261</fw><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0405]
Maßgebliches und Unmaßgebliches
zu nehmen, statt zu versuchen, etwas Neues
zu produzieren---- Die fremden Pfropfreiser
wuchsen und wurden mit der Zeit starke Äste.
Bei alledem blieb aber der Stamm der Stamm
eines Keimlings. Mit anderen Worten: die
Nation wuchs zum Mann heran, behielt aber
den Geist ihrer Kindheit." Wenn die Völker
des Ostens bei diesem alten Kurse beharren,
so hält er ihre Laufbahn für abgeschlossen.
Kann man auch den Pessimistischen An¬
sichten Lowells nicht in jedem Punkte un¬
bedingt beipflichten, so ist doch nicht zu leugnen,
daß sein Skeptizismus in bezug auf die Zu¬
kunft Japans von vielen ernsten Kennern
geteilt wird.
Selbst Lafmdio Hearn schrieb nach der
Lektüre dieses Buches, daß er seine Ansicht
über Japan und die Japaner jetzt teilweise
ändern müsse, und daß er Lowells Ideen
„rückhaltlos mis Entdeckung annehme". Ja
er verfaßte dann sogar auf Grund dieser
veränderten Ansichten und beeinflußt durch
Lowells Buch eine neue Psychologische Studie
des japanischen Volkes- „^apan, s^vattempt
se interpretation". Diese ist nunmehr auch
in deutscher Übersetzung von Berta Franzos
unter dem Titel: „Japan. Ein Deutungs-
versnch" erschienen. (Frankfurt a. M., Rütten
und Loening. Preis M. 8.—.) Es ist sein
letztes Werk gewesen. Er hat die Ver¬
öffentlichung, auch die der englischen Aus¬
gabe, nicht mehr erlebt. Wie seine Freunde
sagen, hatte sich seiner durch die Erkenntnis
seiner Irrtümer, zu der er sich im Laufe der
Arbeiten zu diesem Buche immer mehr und
mehr durchrang, eine derartige Aufregung
bemächtigt, daß seine ohnehin schwache Ge¬
sundheit darunter völlig zusammenbrach.
L. westphal
Tagesfragen
Häufigkeit des Ministerwrchsels in Preußen"
die landläufige Annahme, daß die Minister
jetzt viel schneller verbraucht werden als früher.
Am Ende wird die Vermutung ausgesprochen,
daß die Minister in England seltener wechseln.
Dem ist jedoch nicht so. Im Zeitraume seit
1868, den der Verfasser in dem erwähnten
Aufsatze betrachtet, ist ein Kabinettwechsel
nicht weniger als sechzehnmal erfolgt. Wohl
sind mehrere der Parteiführer mehr als ein¬
mal im Amte gewesen, so Gladstone viermal,
Salisbury dreimal, Derby und Disraeli je
zweimal. Aber selbst wenn man diese ver¬
schiedenen Amtsführungen nur einfach rechnet,
so stehen den acht Preußischen Premierministern
immer noch neun englische gegenüber.
Das gegenwärtige Kabinett hat einund¬
zwanzig Mitglieder. Zu einem Vergleiche
können aber natürlich nur die acht wichtigsten
Staatsämter herangezogen werden, die sich
auch schon durch die Höhe des Gehaltes vor
den andern auszeichnen. Bei ihnen findet sich
ebenfalls, daß derselbe Mann mehrere Male
denselben Posten bekleidet. Die nachstehende
Aufstellung gibt die Zahl der Veränderungen
durch Tod oder Rücktritt seit 1858 und in
Klammern die Zahl der Personen, die das
Amt innegehabt haben: Schatzamt 20 (13),
Inneres 23(18), Äußeres 20 (11), Krieg 24 (16),
Kolonien 28 (18), Lordkanzler 19 (9), Handel
26 (20), Admiralität 22 (16).
Alles in allem ergibt sich eine Zahl von
196 Veränderungen in den genannten Mi¬
nisterien mit Einschluß des Präsidiums. Sie
verteilen sich auf 129 Personen. Hält man
dagegen die 92 Minister, die in derselben Zeit
in Preußen aus dem Amte geschieden sind,
so ergibt sich, daß der Ministerwechsel in Eng¬
land mehr als doppelt so groß ist und der
Verbrauch von Ministerpersonen den preußi¬
schen um rund 40 Prozent übertrifft.
H. B.
legt ein Aufsatz „statistisches über die
Grenzboten I 191261
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |