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Die Grenzboten. Jg. 71, 1912, Erstes Vierteljahr.

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Für das Erbrecht des Reiches

Preußen zurück. Daraus folgt, daß auch der Ertrag des Reichserbrechts etwa
um die Hälfte höher zu veranschlagen ist, als sich aus jener Berechnung ergibt,
also nicht nur auf 75, sondern auf 112^ Mill. Mark jährlich.

Man kommt also auch auf Grund der preußischen Statistik von 1911 zu
einem höchst erfreulichen Ergebnis in bezug auf die mutmaßlichen Einkünfte aus
dem Erbrecht des Reiches. Gewiß kann dagegen eingewendet werden, daß
wiederum Schätzungen angestellt sind, die keine unbedingte Sicherheit gewähren,
daß der Ertrag durch eine Vermehrung testamentarischer Verordnungen sich
immerhin noch etwas verringern könne, daß nur Durchschnittsberechnungen vor¬
liegen, die keine bestimmten Schlüsse für ein einzelnes Rechnungsjahr zulassen.
Derartige Bedenken lassen sich in der Tat nicht widerlegen. Man kann aber,
wie die Erfahrungen auf dem Gebiete der Steuergesetzgebung gerade in den
letzten zehn Jahren gezeigt haben, das Ergebnis einer Reform überhaupt nicht
mit Sicherheit im voraus bestimmen, so wenig wie man bei der sorgfältigsten
Ertragsberechnung die Einkünfte aus einem geschäftlichen Unternehmen, das erst
begründet werden soll, zuverlässig im voraus feststellen kann. Für die hier
empfohlene Maßregel erscheint es auch nicht notwendig, einen bestimmten Vor¬
anschlag aufzustellen, wenn man die Einkünfte aus dem Reichserbrecht, wie
Prof. Dr. Conrad in Halle und ich stets befürwortet haben, nicht zur Deckung
von laufenden Ausgaben verwendet, sondern zur Erhöhung des Stammvermögens
des Reiches, zur Verstärkung des unzulänglichen Neichsschatzes und zur be¬
schleunigten Tilgung der wachsenden Schuld. Dann brauchen bestimmte Zahlen
in den Etat nicht eingestellt zu werden. Die Überschüsse mögen sich so hoch
belaufen, wie sie wollen. -- So beschließe man, was recht erscheint, und warte
das Ergebnis ab. "Hier hilft nun weiter kein Bemühn, sind's Rosen, -- nun,
sie werden blühn." Optimisten und Pessimisten aber werden einig sein in dem
Wunsche, daß die Reform auf das schleunigste zur Ausführung komme, weil
jeder verlorene Tag mit rechtloser Bereicherung lachender Erben dem Reiche
Mittel entzieht, deren es eben jetzt für Kriegs- und Friedenszwecke dringend
bedarf.




Für das Erbrecht des Reiches

Preußen zurück. Daraus folgt, daß auch der Ertrag des Reichserbrechts etwa
um die Hälfte höher zu veranschlagen ist, als sich aus jener Berechnung ergibt,
also nicht nur auf 75, sondern auf 112^ Mill. Mark jährlich.

Man kommt also auch auf Grund der preußischen Statistik von 1911 zu
einem höchst erfreulichen Ergebnis in bezug auf die mutmaßlichen Einkünfte aus
dem Erbrecht des Reiches. Gewiß kann dagegen eingewendet werden, daß
wiederum Schätzungen angestellt sind, die keine unbedingte Sicherheit gewähren,
daß der Ertrag durch eine Vermehrung testamentarischer Verordnungen sich
immerhin noch etwas verringern könne, daß nur Durchschnittsberechnungen vor¬
liegen, die keine bestimmten Schlüsse für ein einzelnes Rechnungsjahr zulassen.
Derartige Bedenken lassen sich in der Tat nicht widerlegen. Man kann aber,
wie die Erfahrungen auf dem Gebiete der Steuergesetzgebung gerade in den
letzten zehn Jahren gezeigt haben, das Ergebnis einer Reform überhaupt nicht
mit Sicherheit im voraus bestimmen, so wenig wie man bei der sorgfältigsten
Ertragsberechnung die Einkünfte aus einem geschäftlichen Unternehmen, das erst
begründet werden soll, zuverlässig im voraus feststellen kann. Für die hier
empfohlene Maßregel erscheint es auch nicht notwendig, einen bestimmten Vor¬
anschlag aufzustellen, wenn man die Einkünfte aus dem Reichserbrecht, wie
Prof. Dr. Conrad in Halle und ich stets befürwortet haben, nicht zur Deckung
von laufenden Ausgaben verwendet, sondern zur Erhöhung des Stammvermögens
des Reiches, zur Verstärkung des unzulänglichen Neichsschatzes und zur be¬
schleunigten Tilgung der wachsenden Schuld. Dann brauchen bestimmte Zahlen
in den Etat nicht eingestellt zu werden. Die Überschüsse mögen sich so hoch
belaufen, wie sie wollen. — So beschließe man, was recht erscheint, und warte
das Ergebnis ab. „Hier hilft nun weiter kein Bemühn, sind's Rosen, — nun,
sie werden blühn." Optimisten und Pessimisten aber werden einig sein in dem
Wunsche, daß die Reform auf das schleunigste zur Ausführung komme, weil
jeder verlorene Tag mit rechtloser Bereicherung lachender Erben dem Reiche
Mittel entzieht, deren es eben jetzt für Kriegs- und Friedenszwecke dringend
bedarf.




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[0136] Für das Erbrecht des Reiches Preußen zurück. Daraus folgt, daß auch der Ertrag des Reichserbrechts etwa um die Hälfte höher zu veranschlagen ist, als sich aus jener Berechnung ergibt, also nicht nur auf 75, sondern auf 112^ Mill. Mark jährlich. Man kommt also auch auf Grund der preußischen Statistik von 1911 zu einem höchst erfreulichen Ergebnis in bezug auf die mutmaßlichen Einkünfte aus dem Erbrecht des Reiches. Gewiß kann dagegen eingewendet werden, daß wiederum Schätzungen angestellt sind, die keine unbedingte Sicherheit gewähren, daß der Ertrag durch eine Vermehrung testamentarischer Verordnungen sich immerhin noch etwas verringern könne, daß nur Durchschnittsberechnungen vor¬ liegen, die keine bestimmten Schlüsse für ein einzelnes Rechnungsjahr zulassen. Derartige Bedenken lassen sich in der Tat nicht widerlegen. Man kann aber, wie die Erfahrungen auf dem Gebiete der Steuergesetzgebung gerade in den letzten zehn Jahren gezeigt haben, das Ergebnis einer Reform überhaupt nicht mit Sicherheit im voraus bestimmen, so wenig wie man bei der sorgfältigsten Ertragsberechnung die Einkünfte aus einem geschäftlichen Unternehmen, das erst begründet werden soll, zuverlässig im voraus feststellen kann. Für die hier empfohlene Maßregel erscheint es auch nicht notwendig, einen bestimmten Vor¬ anschlag aufzustellen, wenn man die Einkünfte aus dem Reichserbrecht, wie Prof. Dr. Conrad in Halle und ich stets befürwortet haben, nicht zur Deckung von laufenden Ausgaben verwendet, sondern zur Erhöhung des Stammvermögens des Reiches, zur Verstärkung des unzulänglichen Neichsschatzes und zur be¬ schleunigten Tilgung der wachsenden Schuld. Dann brauchen bestimmte Zahlen in den Etat nicht eingestellt zu werden. Die Überschüsse mögen sich so hoch belaufen, wie sie wollen. — So beschließe man, was recht erscheint, und warte das Ergebnis ab. „Hier hilft nun weiter kein Bemühn, sind's Rosen, — nun, sie werden blühn." Optimisten und Pessimisten aber werden einig sein in dem Wunsche, daß die Reform auf das schleunigste zur Ausführung komme, weil jeder verlorene Tag mit rechtloser Bereicherung lachender Erben dem Reiche Mittel entzieht, deren es eben jetzt für Kriegs- und Friedenszwecke dringend bedarf.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 71, 1912, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341895_320416/136>, abgerufen am 27.09.2024.