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Die Grenzboten. Jg. 70, 1911, Viertes Vierteljahr.

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Poeta Salvator

große Familie des Regiments oder der Blutsverwandten. Nur dürfen bei Ab¬
schriften die Namen nicht unterdrückt werden. Wo diese nur durch Buchstaben
angedeutet sind, müssen sie am Rande voll ausgeschrieben werden, wie Sie es
schon gemacht haben.

6. Sie fragen endlich, ob die Behörde gegebenenfalls Abschriften von
Kriegsbriefen usw. auf ihre Kosten und Gefahr besorgt. Da es sich bei diesen Ab¬
gaben nur um ein patriotisches, ganz freiwilliges Opfer handelt, der Staat also
nichts fordert, sondern sich nur erbietet, Familiendokumente aus Kriegszeiten in
sichere Verwahrung und Pflege zu nehmen und dadurch für das allgemeine Interesse
wie für die Familienerinnerung zu erhalten, müssen die Abschriften, wie natürlich
auch alle Originalschriftstücke und Drucksachen, kostenlos abgegeben werden. --

Ich kann nur wünschen, daß sich überall dieselbe feine Stimmung finden
möge, von der Sie, hochgeehrte Frau, durchdrungen sind. Unser Volk sollte der
wohl erwogenen guten Absicht der Behörde entgegenkommen und im Original oder
in Abschriften alles in Verwahrung geben, was nicht in Privatarchiven oder anderswo
sicher untergebracht ist. Uebrigens war ich sehr erfreut, daß grade eine Frau mir
so, wie hier geschehen, geschrieben hat. Hier wie in manchen anderen Dingen
vertraue ich unsren Frauen weit mehr als den Männern. Als Hüterin der Schätze
des Hauses ist die deutsche Frau auch in erster Linie berufen, den Gedanken der
Abgabe aufzunehmen. Es ist eine Sache, bei der sich unser ganzes Volk wieder
einmal zusammenschließen kann, und zwar im Reinsten und Treuesten, was es hat,
nämlich in seinen Erinnerungen aus großen, schweren Hoffnungs- und Opferzeiten.


Ich neige mich Ihnen, hochgeehrte Frau, in warmer Ehrerbietung als Ihr
v. Ubisch. sehr ergebener Diener


poeta ^alvator
Richard Knies
Das Leben hat ein doppeltes Gesicht.
Das eine atmet Ruh und Heiterkeit,
Als sähe es vom Anfang aller Zeit
Nur reiner Freude Frühlingssonnenlicht.
Allein das ist das ganze Leben nicht;
Denn zu dem anderen Gesichte leiht
Der Teufel Unzahl alle Scheußlichkeit:
Man liest von Greut'n ein furchtbares Gedicht.
Nicht der ist aus der großen Kraft geboren,
Die für die Menschheit um Erlösung ringt,
Wer nur das Schöne zum Beschaun erkoren.
Doch wer den Blick auch auf das Laster zwingt.
Sein Herz ins Meer der Liebe hat verloren,
Der ists, mit dem die Menschheit auswärts dringt.

Poeta Salvator

große Familie des Regiments oder der Blutsverwandten. Nur dürfen bei Ab¬
schriften die Namen nicht unterdrückt werden. Wo diese nur durch Buchstaben
angedeutet sind, müssen sie am Rande voll ausgeschrieben werden, wie Sie es
schon gemacht haben.

6. Sie fragen endlich, ob die Behörde gegebenenfalls Abschriften von
Kriegsbriefen usw. auf ihre Kosten und Gefahr besorgt. Da es sich bei diesen Ab¬
gaben nur um ein patriotisches, ganz freiwilliges Opfer handelt, der Staat also
nichts fordert, sondern sich nur erbietet, Familiendokumente aus Kriegszeiten in
sichere Verwahrung und Pflege zu nehmen und dadurch für das allgemeine Interesse
wie für die Familienerinnerung zu erhalten, müssen die Abschriften, wie natürlich
auch alle Originalschriftstücke und Drucksachen, kostenlos abgegeben werden. —

Ich kann nur wünschen, daß sich überall dieselbe feine Stimmung finden
möge, von der Sie, hochgeehrte Frau, durchdrungen sind. Unser Volk sollte der
wohl erwogenen guten Absicht der Behörde entgegenkommen und im Original oder
in Abschriften alles in Verwahrung geben, was nicht in Privatarchiven oder anderswo
sicher untergebracht ist. Uebrigens war ich sehr erfreut, daß grade eine Frau mir
so, wie hier geschehen, geschrieben hat. Hier wie in manchen anderen Dingen
vertraue ich unsren Frauen weit mehr als den Männern. Als Hüterin der Schätze
des Hauses ist die deutsche Frau auch in erster Linie berufen, den Gedanken der
Abgabe aufzunehmen. Es ist eine Sache, bei der sich unser ganzes Volk wieder
einmal zusammenschließen kann, und zwar im Reinsten und Treuesten, was es hat,
nämlich in seinen Erinnerungen aus großen, schweren Hoffnungs- und Opferzeiten.


Ich neige mich Ihnen, hochgeehrte Frau, in warmer Ehrerbietung als Ihr
v. Ubisch. sehr ergebener Diener


poeta ^alvator
Richard Knies
Das Leben hat ein doppeltes Gesicht.
Das eine atmet Ruh und Heiterkeit,
Als sähe es vom Anfang aller Zeit
Nur reiner Freude Frühlingssonnenlicht.
Allein das ist das ganze Leben nicht;
Denn zu dem anderen Gesichte leiht
Der Teufel Unzahl alle Scheußlichkeit:
Man liest von Greut'n ein furchtbares Gedicht.
Nicht der ist aus der großen Kraft geboren,
Die für die Menschheit um Erlösung ringt,
Wer nur das Schöne zum Beschaun erkoren.
Doch wer den Blick auch auf das Laster zwingt.
Sein Herz ins Meer der Liebe hat verloren,
Der ists, mit dem die Menschheit auswärts dringt.

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[0455] Poeta Salvator große Familie des Regiments oder der Blutsverwandten. Nur dürfen bei Ab¬ schriften die Namen nicht unterdrückt werden. Wo diese nur durch Buchstaben angedeutet sind, müssen sie am Rande voll ausgeschrieben werden, wie Sie es schon gemacht haben. 6. Sie fragen endlich, ob die Behörde gegebenenfalls Abschriften von Kriegsbriefen usw. auf ihre Kosten und Gefahr besorgt. Da es sich bei diesen Ab¬ gaben nur um ein patriotisches, ganz freiwilliges Opfer handelt, der Staat also nichts fordert, sondern sich nur erbietet, Familiendokumente aus Kriegszeiten in sichere Verwahrung und Pflege zu nehmen und dadurch für das allgemeine Interesse wie für die Familienerinnerung zu erhalten, müssen die Abschriften, wie natürlich auch alle Originalschriftstücke und Drucksachen, kostenlos abgegeben werden. — Ich kann nur wünschen, daß sich überall dieselbe feine Stimmung finden möge, von der Sie, hochgeehrte Frau, durchdrungen sind. Unser Volk sollte der wohl erwogenen guten Absicht der Behörde entgegenkommen und im Original oder in Abschriften alles in Verwahrung geben, was nicht in Privatarchiven oder anderswo sicher untergebracht ist. Uebrigens war ich sehr erfreut, daß grade eine Frau mir so, wie hier geschehen, geschrieben hat. Hier wie in manchen anderen Dingen vertraue ich unsren Frauen weit mehr als den Männern. Als Hüterin der Schätze des Hauses ist die deutsche Frau auch in erster Linie berufen, den Gedanken der Abgabe aufzunehmen. Es ist eine Sache, bei der sich unser ganzes Volk wieder einmal zusammenschließen kann, und zwar im Reinsten und Treuesten, was es hat, nämlich in seinen Erinnerungen aus großen, schweren Hoffnungs- und Opferzeiten. Ich neige mich Ihnen, hochgeehrte Frau, in warmer Ehrerbietung als Ihr v. Ubisch. sehr ergebener Diener poeta ^alvator Richard Knies Das Leben hat ein doppeltes Gesicht. Das eine atmet Ruh und Heiterkeit, Als sähe es vom Anfang aller Zeit Nur reiner Freude Frühlingssonnenlicht. Allein das ist das ganze Leben nicht; Denn zu dem anderen Gesichte leiht Der Teufel Unzahl alle Scheußlichkeit: Man liest von Greut'n ein furchtbares Gedicht. Nicht der ist aus der großen Kraft geboren, Die für die Menschheit um Erlösung ringt, Wer nur das Schöne zum Beschaun erkoren. Doch wer den Blick auch auf das Laster zwingt. Sein Herz ins Meer der Liebe hat verloren, Der ists, mit dem die Menschheit auswärts dringt.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 70, 1911, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341893_319600/455>, abgerufen am 23.07.2024.