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Die Grenzboten. Jg. 70, 1911, Viertes Vierteljahr.

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Die Universität Frankfurt a. III.

Abteilung für Schulzahnhygiene aufweist. Die Naturwissenschaften werden von
den beiden altberühmten Instituten: dem physikalischen Verein und der Senken-
bergischen naturforschenden Gesellschaft gepflegt; ersterer kultiviert die exakten
Naturwissenschaften: Physik, Chemie, Elektrotechnik, Meteorologie, letztere die
deskriptiven: Zoologie, Mineralogie und Geologie und unterhält daneben das
prächtige naturhistorische Museum. Die herrlichen Neubauten dieser Vereine
bilden zusammen mit der Senckenbergischen Bibliothek und der Akademie für
Sozial- und Handelswissenschaften eine räumliche Zusammengehörigkeit, sie
repräsentieren das im schönsten Teil Frankfurts an der Viktoriaallee gelegene
Akademikerviertel. Die Akademie selbst stellt neben einer Handelshochschule eine
Ausbilduugsanstalt für Staatswissenschaften dar mit zahlreichen nationalökono¬
mischen und juristischen Lehrstühlen, außerdem gibt ihr die reiche Jügelstiftung
die Mittel an die Hand, Lehrsttthle für die Gebiete der Geschichte, Philosophie
und Germanistik zu unterhalten, so daß nur noch wenige Lehrstühle fehlen, um
die Akademie zu einer vollen juristischen und philosophischen Fakultät auszubauen.

Während die Akademie der Pflege der theoretischen Sozialwissenschaften
gewidmet ist, wird die praktische Sozialpolitik von dem Institut für Gemeinwohl
gepflegt, das mit seinen zahlreichen Tochtergründungeu und Rechtsauskunststellen,
der Zentrale für private Fürsorge, dem Sozialen Museum, der Gesellschaft für
wirtschaftliche Ausbildung weit über die Grenzen Frankfurts hinaus bekannt
geworden ist.

Damit ist die Reihe der wissenschaftlichen Anstalten Frankfurts, die ebenfalls
der Ausbildung der zukünftigen Studierenden nutzbar gemacht werden können,
noch lange nicht erschöpft. Da ist zunächst das Ehrlichsche Institut für
experimentelle Therapie, das doch sicherlich den Studenten nicht verschlossen
bleiben darf, ein privater Initiative seine Entstehung verdankendes biologisches
Institut, das Institut für Gewerbehygiene, eine Anzahl neuerbauter Kranken¬
häuser. Dazu kommen zahlreiche Museen und Sammlungen: das Städelsche
Museum zur Ausbildung in den Kunstwissenschaften, das Völkermuseum zum
Studium der Anthropologie und Ethnologie, das städtische historische Museum
und das historische Archiv, das freie deutsche Hochstift mit dem Goethemuseum.
Sehen wir jedoch von diesen zunächst ab und bleiben wir bei der Grundlage, wie
sie von Adickes in seiner Denkschrift für die Hochschule entwickelt wurde, so ergibt
sich, daß zurzeit bereits vorhanden sind an Stellen für hauptamtlich besoldete
Dozenten: vier juristische, zehn philosophisch-historische, neun mathematisch-natur¬
wissenschaftliche, fünfzehn Direktorenstellen an klinischen und medizinischenJnstituten.
Der Aufwand für diese Institute und klinischen Anstalten beläuft sich an Gehältern und
Verwaltungskosten schon jetzt auf mehr als 12/4 Millionen Mark jährlich, übersteigt
demnach den Etat der meisten preußischen Universitäten. Der neue Bedarf
bezieht sich in der juristischen Fakultät nur auf zwei Ordinariate und drei
Extraordinariate, in der philosophischen Fakultät auf neun Ordinariate und
vier Extraordinariate. In der medizinischen Fakultät sind im wesentlichen nur


Die Universität Frankfurt a. III.

Abteilung für Schulzahnhygiene aufweist. Die Naturwissenschaften werden von
den beiden altberühmten Instituten: dem physikalischen Verein und der Senken-
bergischen naturforschenden Gesellschaft gepflegt; ersterer kultiviert die exakten
Naturwissenschaften: Physik, Chemie, Elektrotechnik, Meteorologie, letztere die
deskriptiven: Zoologie, Mineralogie und Geologie und unterhält daneben das
prächtige naturhistorische Museum. Die herrlichen Neubauten dieser Vereine
bilden zusammen mit der Senckenbergischen Bibliothek und der Akademie für
Sozial- und Handelswissenschaften eine räumliche Zusammengehörigkeit, sie
repräsentieren das im schönsten Teil Frankfurts an der Viktoriaallee gelegene
Akademikerviertel. Die Akademie selbst stellt neben einer Handelshochschule eine
Ausbilduugsanstalt für Staatswissenschaften dar mit zahlreichen nationalökono¬
mischen und juristischen Lehrstühlen, außerdem gibt ihr die reiche Jügelstiftung
die Mittel an die Hand, Lehrsttthle für die Gebiete der Geschichte, Philosophie
und Germanistik zu unterhalten, so daß nur noch wenige Lehrstühle fehlen, um
die Akademie zu einer vollen juristischen und philosophischen Fakultät auszubauen.

Während die Akademie der Pflege der theoretischen Sozialwissenschaften
gewidmet ist, wird die praktische Sozialpolitik von dem Institut für Gemeinwohl
gepflegt, das mit seinen zahlreichen Tochtergründungeu und Rechtsauskunststellen,
der Zentrale für private Fürsorge, dem Sozialen Museum, der Gesellschaft für
wirtschaftliche Ausbildung weit über die Grenzen Frankfurts hinaus bekannt
geworden ist.

Damit ist die Reihe der wissenschaftlichen Anstalten Frankfurts, die ebenfalls
der Ausbildung der zukünftigen Studierenden nutzbar gemacht werden können,
noch lange nicht erschöpft. Da ist zunächst das Ehrlichsche Institut für
experimentelle Therapie, das doch sicherlich den Studenten nicht verschlossen
bleiben darf, ein privater Initiative seine Entstehung verdankendes biologisches
Institut, das Institut für Gewerbehygiene, eine Anzahl neuerbauter Kranken¬
häuser. Dazu kommen zahlreiche Museen und Sammlungen: das Städelsche
Museum zur Ausbildung in den Kunstwissenschaften, das Völkermuseum zum
Studium der Anthropologie und Ethnologie, das städtische historische Museum
und das historische Archiv, das freie deutsche Hochstift mit dem Goethemuseum.
Sehen wir jedoch von diesen zunächst ab und bleiben wir bei der Grundlage, wie
sie von Adickes in seiner Denkschrift für die Hochschule entwickelt wurde, so ergibt
sich, daß zurzeit bereits vorhanden sind an Stellen für hauptamtlich besoldete
Dozenten: vier juristische, zehn philosophisch-historische, neun mathematisch-natur¬
wissenschaftliche, fünfzehn Direktorenstellen an klinischen und medizinischenJnstituten.
Der Aufwand für diese Institute und klinischen Anstalten beläuft sich an Gehältern und
Verwaltungskosten schon jetzt auf mehr als 12/4 Millionen Mark jährlich, übersteigt
demnach den Etat der meisten preußischen Universitäten. Der neue Bedarf
bezieht sich in der juristischen Fakultät nur auf zwei Ordinariate und drei
Extraordinariate, in der philosophischen Fakultät auf neun Ordinariate und
vier Extraordinariate. In der medizinischen Fakultät sind im wesentlichen nur


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[0111] Die Universität Frankfurt a. III. Abteilung für Schulzahnhygiene aufweist. Die Naturwissenschaften werden von den beiden altberühmten Instituten: dem physikalischen Verein und der Senken- bergischen naturforschenden Gesellschaft gepflegt; ersterer kultiviert die exakten Naturwissenschaften: Physik, Chemie, Elektrotechnik, Meteorologie, letztere die deskriptiven: Zoologie, Mineralogie und Geologie und unterhält daneben das prächtige naturhistorische Museum. Die herrlichen Neubauten dieser Vereine bilden zusammen mit der Senckenbergischen Bibliothek und der Akademie für Sozial- und Handelswissenschaften eine räumliche Zusammengehörigkeit, sie repräsentieren das im schönsten Teil Frankfurts an der Viktoriaallee gelegene Akademikerviertel. Die Akademie selbst stellt neben einer Handelshochschule eine Ausbilduugsanstalt für Staatswissenschaften dar mit zahlreichen nationalökono¬ mischen und juristischen Lehrstühlen, außerdem gibt ihr die reiche Jügelstiftung die Mittel an die Hand, Lehrsttthle für die Gebiete der Geschichte, Philosophie und Germanistik zu unterhalten, so daß nur noch wenige Lehrstühle fehlen, um die Akademie zu einer vollen juristischen und philosophischen Fakultät auszubauen. Während die Akademie der Pflege der theoretischen Sozialwissenschaften gewidmet ist, wird die praktische Sozialpolitik von dem Institut für Gemeinwohl gepflegt, das mit seinen zahlreichen Tochtergründungeu und Rechtsauskunststellen, der Zentrale für private Fürsorge, dem Sozialen Museum, der Gesellschaft für wirtschaftliche Ausbildung weit über die Grenzen Frankfurts hinaus bekannt geworden ist. Damit ist die Reihe der wissenschaftlichen Anstalten Frankfurts, die ebenfalls der Ausbildung der zukünftigen Studierenden nutzbar gemacht werden können, noch lange nicht erschöpft. Da ist zunächst das Ehrlichsche Institut für experimentelle Therapie, das doch sicherlich den Studenten nicht verschlossen bleiben darf, ein privater Initiative seine Entstehung verdankendes biologisches Institut, das Institut für Gewerbehygiene, eine Anzahl neuerbauter Kranken¬ häuser. Dazu kommen zahlreiche Museen und Sammlungen: das Städelsche Museum zur Ausbildung in den Kunstwissenschaften, das Völkermuseum zum Studium der Anthropologie und Ethnologie, das städtische historische Museum und das historische Archiv, das freie deutsche Hochstift mit dem Goethemuseum. Sehen wir jedoch von diesen zunächst ab und bleiben wir bei der Grundlage, wie sie von Adickes in seiner Denkschrift für die Hochschule entwickelt wurde, so ergibt sich, daß zurzeit bereits vorhanden sind an Stellen für hauptamtlich besoldete Dozenten: vier juristische, zehn philosophisch-historische, neun mathematisch-natur¬ wissenschaftliche, fünfzehn Direktorenstellen an klinischen und medizinischenJnstituten. Der Aufwand für diese Institute und klinischen Anstalten beläuft sich an Gehältern und Verwaltungskosten schon jetzt auf mehr als 12/4 Millionen Mark jährlich, übersteigt demnach den Etat der meisten preußischen Universitäten. Der neue Bedarf bezieht sich in der juristischen Fakultät nur auf zwei Ordinariate und drei Extraordinariate, in der philosophischen Fakultät auf neun Ordinariate und vier Extraordinariate. In der medizinischen Fakultät sind im wesentlichen nur

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 70, 1911, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341893_319600/111>, abgerufen am 23.07.2024.