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Die Grenzboten. Jg. 70, 1911, Viertes Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

[Beginn Spaltensatz]

"Wirkung" zu verfallen Pflegen. Es ist ent¬
setzlich, bis zu welcher Unnatur sich so ein
Feuilletonist verlieren kann, wenn er durch
Künsteleien zu verbergen sucht, daß keine Kunst
in ihm steckt. Er schneidet Grimassen, er ver¬
renkt seinen Sätzen alle Glieder, nur damit
sie "originell" aussehen sollen; er preßt die
Sprache zu Wortbildungen, die ihr völlig fremd
sind; er ersetzt den funkelnden Stich des Witzes
durch den Natternbiß der Infamie; er quält
sich redlich ab, um die dürftige Leere seiner
Natur zu verbergen, und erreicht doch nur,
daß uns in seiner Gesellschaft ein schlichter
stiller Mann als ein Geschenk des Himmels
erscheinen will. Von all diesen Talmikünsten
hat Speidel sich ferngehalten. Er ist, was
unter Feuilletonisten eine Seltenheit zu sein
scheint, eine deutsche Natur geblieben, eine
deutsche Natur, die aus den besten Brunnen
der deutschen Kultur getrunken hatte. Obwohl
ihm die feuilletonistische Pointe selbstverständ¬
lich nicht fremd ist, erkauft er sie doch nie
durch Unnatur. Wo sie ihn: kommt, kommt
sie ihm mühelos, gelassen, graziös. Und wenn
ihm keine kommen will, schreibt er seine reine,
echte, deutsche Sprache ruhig weiter, im festen
Vertrauen darauf, daß sein Deutsch auch
ohne feuilletonistische Pointen zu lesen sein
werde.

Ob es nun recht war, diese Feuilletons zu
sammeln? Ich sagte bereits: ja. Einmal zeigen
selbst Aufsätze, die in den sechziger Jahren ge¬
schrieben sind, noch heute frische Farben, was
an sich schon eine Leistung ist, vor der man
Achtung haben muß; zum anderen aber finden
sich eingesprengte kritische Wahrheiten, ein¬
gesprengte kritische Federzeichnungen, die auch
über den besonderen Anlaß hinaus ihren Wert
behalten. Speidels schriftstellerische Kraft ist
so groß, daß sie nicht der Vergessenheit anheim¬
fallen darf. Er verdient die Gesamtausgabe,
die ihm geworden ist; er wird auch seine Leser
erfreuen, wenn sie ihn lesen, wie er gelesen
werden muß. Man kann vier oder mehr Bände
gesammelter Feuilletons natürlich nicht in einem
Zug durchlesen; dann ist der Eindruck zu kalei¬
doskopartig. Wenn man aber bald dies und
bald jenes genießt, wird man oft und gern
in die Gesellschaft eines Mannes zurückkehren,
der unter allen Umständen ein vornehmes
schriftstellerisches Talent war, wie anfechtbar


[Spaltenumbruch]

eine kritische Haltung in manchen Punkten
auch gewesen sein mag.

Erich Schlaikje
Tagssfragen Heinrich Reuß-
[Ende Spaltensatz]
Eine juristische Definition:

"Eigentum ist
in rechtlicher Begriff, der am Entwicklungs¬
anfang des Rechts formalistischen Prozesses
tehend, sich historisch entwickelt hat. Es kann
ich nicht darum handeln, die evolutionistische
Grenze des Eigentums über das Vergeltungs¬
echt hinaus zu finden, denn auch das Tier
at einen snimus rem sib! Kabenäi, sondern
nur darum eine Entwicklungsmöglichkeit des
Eigentumsbegriffs aus dem Vergeltungsrecht
u versuchen. -- Die These ergibt sich aus der
Geschichte eben jenes indogermanischen Rechts:
Das Eigentum ist eine historisch durch
ns Vergeltungsrecht irradiierende
Ideen gewordene Funktion des Dieb¬
ahl s ka in P f e s. Der embryonale Eigentums¬
egriff der Übergangsperiode ist die Funktion
iner formalen (d. h. unter Irradiation der
Hochgerichtsidee stehenden) Abart des ver¬
eltungsrechtlichen Diebstahlstreites. DieMög-
chleit der schlichten Klage -- unterJrradiation
Weiterer Ideen geworden -- bedeutet den Be¬
inn des Rcchtsrechtes: das Eigentum ist als¬
ann die Funktion der Übereignung --, in
em der Streit fingiert ist und zu einem Akt
reiwilliger Gerichtsbarkeit wird. -- Die Fiktion
eht am Anfang des Rechts." So zu lesen
S. 32 in "Methodologische Vorstudien zu einer
ritik des Rechts" von Heinz Rogge, mit einem
Geleitwort von JosefKohler. Berlin und Leipzig
911. Verlag von Dr. Walther Rothschild.
reis 1,S0 M. Kohler sagt im Vorwort:
Die Gefahr einer jeden Jurisprudenz ist die
cholastik; man spricht auch von Begriffs-
urisprudcnz." Was ist nun obige Definition
es Eigentums?


Ausverkaufte Hiiuser.


Maßgebliches und Unmaßgebliches

[Beginn Spaltensatz]

„Wirkung" zu verfallen Pflegen. Es ist ent¬
setzlich, bis zu welcher Unnatur sich so ein
Feuilletonist verlieren kann, wenn er durch
Künsteleien zu verbergen sucht, daß keine Kunst
in ihm steckt. Er schneidet Grimassen, er ver¬
renkt seinen Sätzen alle Glieder, nur damit
sie „originell" aussehen sollen; er preßt die
Sprache zu Wortbildungen, die ihr völlig fremd
sind; er ersetzt den funkelnden Stich des Witzes
durch den Natternbiß der Infamie; er quält
sich redlich ab, um die dürftige Leere seiner
Natur zu verbergen, und erreicht doch nur,
daß uns in seiner Gesellschaft ein schlichter
stiller Mann als ein Geschenk des Himmels
erscheinen will. Von all diesen Talmikünsten
hat Speidel sich ferngehalten. Er ist, was
unter Feuilletonisten eine Seltenheit zu sein
scheint, eine deutsche Natur geblieben, eine
deutsche Natur, die aus den besten Brunnen
der deutschen Kultur getrunken hatte. Obwohl
ihm die feuilletonistische Pointe selbstverständ¬
lich nicht fremd ist, erkauft er sie doch nie
durch Unnatur. Wo sie ihn: kommt, kommt
sie ihm mühelos, gelassen, graziös. Und wenn
ihm keine kommen will, schreibt er seine reine,
echte, deutsche Sprache ruhig weiter, im festen
Vertrauen darauf, daß sein Deutsch auch
ohne feuilletonistische Pointen zu lesen sein
werde.

Ob es nun recht war, diese Feuilletons zu
sammeln? Ich sagte bereits: ja. Einmal zeigen
selbst Aufsätze, die in den sechziger Jahren ge¬
schrieben sind, noch heute frische Farben, was
an sich schon eine Leistung ist, vor der man
Achtung haben muß; zum anderen aber finden
sich eingesprengte kritische Wahrheiten, ein¬
gesprengte kritische Federzeichnungen, die auch
über den besonderen Anlaß hinaus ihren Wert
behalten. Speidels schriftstellerische Kraft ist
so groß, daß sie nicht der Vergessenheit anheim¬
fallen darf. Er verdient die Gesamtausgabe,
die ihm geworden ist; er wird auch seine Leser
erfreuen, wenn sie ihn lesen, wie er gelesen
werden muß. Man kann vier oder mehr Bände
gesammelter Feuilletons natürlich nicht in einem
Zug durchlesen; dann ist der Eindruck zu kalei¬
doskopartig. Wenn man aber bald dies und
bald jenes genießt, wird man oft und gern
in die Gesellschaft eines Mannes zurückkehren,
der unter allen Umständen ein vornehmes
schriftstellerisches Talent war, wie anfechtbar


[Spaltenumbruch]

eine kritische Haltung in manchen Punkten
auch gewesen sein mag.

Erich Schlaikje
Tagssfragen Heinrich Reuß-
[Ende Spaltensatz]
Eine juristische Definition:

„Eigentum ist
in rechtlicher Begriff, der am Entwicklungs¬
anfang des Rechts formalistischen Prozesses
tehend, sich historisch entwickelt hat. Es kann
ich nicht darum handeln, die evolutionistische
Grenze des Eigentums über das Vergeltungs¬
echt hinaus zu finden, denn auch das Tier
at einen snimus rem sib! Kabenäi, sondern
nur darum eine Entwicklungsmöglichkeit des
Eigentumsbegriffs aus dem Vergeltungsrecht
u versuchen. — Die These ergibt sich aus der
Geschichte eben jenes indogermanischen Rechts:
Das Eigentum ist eine historisch durch
ns Vergeltungsrecht irradiierende
Ideen gewordene Funktion des Dieb¬
ahl s ka in P f e s. Der embryonale Eigentums¬
egriff der Übergangsperiode ist die Funktion
iner formalen (d. h. unter Irradiation der
Hochgerichtsidee stehenden) Abart des ver¬
eltungsrechtlichen Diebstahlstreites. DieMög-
chleit der schlichten Klage — unterJrradiation
Weiterer Ideen geworden — bedeutet den Be¬
inn des Rcchtsrechtes: das Eigentum ist als¬
ann die Funktion der Übereignung —, in
em der Streit fingiert ist und zu einem Akt
reiwilliger Gerichtsbarkeit wird. — Die Fiktion
eht am Anfang des Rechts." So zu lesen
S. 32 in „Methodologische Vorstudien zu einer
ritik des Rechts" von Heinz Rogge, mit einem
Geleitwort von JosefKohler. Berlin und Leipzig
911. Verlag von Dr. Walther Rothschild.
reis 1,S0 M. Kohler sagt im Vorwort:
Die Gefahr einer jeden Jurisprudenz ist die
cholastik; man spricht auch von Begriffs-
urisprudcnz." Was ist nun obige Definition
es Eigentums?


Ausverkaufte Hiiuser.


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[0103] Maßgebliches und Unmaßgebliches „Wirkung" zu verfallen Pflegen. Es ist ent¬ setzlich, bis zu welcher Unnatur sich so ein Feuilletonist verlieren kann, wenn er durch Künsteleien zu verbergen sucht, daß keine Kunst in ihm steckt. Er schneidet Grimassen, er ver¬ renkt seinen Sätzen alle Glieder, nur damit sie „originell" aussehen sollen; er preßt die Sprache zu Wortbildungen, die ihr völlig fremd sind; er ersetzt den funkelnden Stich des Witzes durch den Natternbiß der Infamie; er quält sich redlich ab, um die dürftige Leere seiner Natur zu verbergen, und erreicht doch nur, daß uns in seiner Gesellschaft ein schlichter stiller Mann als ein Geschenk des Himmels erscheinen will. Von all diesen Talmikünsten hat Speidel sich ferngehalten. Er ist, was unter Feuilletonisten eine Seltenheit zu sein scheint, eine deutsche Natur geblieben, eine deutsche Natur, die aus den besten Brunnen der deutschen Kultur getrunken hatte. Obwohl ihm die feuilletonistische Pointe selbstverständ¬ lich nicht fremd ist, erkauft er sie doch nie durch Unnatur. Wo sie ihn: kommt, kommt sie ihm mühelos, gelassen, graziös. Und wenn ihm keine kommen will, schreibt er seine reine, echte, deutsche Sprache ruhig weiter, im festen Vertrauen darauf, daß sein Deutsch auch ohne feuilletonistische Pointen zu lesen sein werde. Ob es nun recht war, diese Feuilletons zu sammeln? Ich sagte bereits: ja. Einmal zeigen selbst Aufsätze, die in den sechziger Jahren ge¬ schrieben sind, noch heute frische Farben, was an sich schon eine Leistung ist, vor der man Achtung haben muß; zum anderen aber finden sich eingesprengte kritische Wahrheiten, ein¬ gesprengte kritische Federzeichnungen, die auch über den besonderen Anlaß hinaus ihren Wert behalten. Speidels schriftstellerische Kraft ist so groß, daß sie nicht der Vergessenheit anheim¬ fallen darf. Er verdient die Gesamtausgabe, die ihm geworden ist; er wird auch seine Leser erfreuen, wenn sie ihn lesen, wie er gelesen werden muß. Man kann vier oder mehr Bände gesammelter Feuilletons natürlich nicht in einem Zug durchlesen; dann ist der Eindruck zu kalei¬ doskopartig. Wenn man aber bald dies und bald jenes genießt, wird man oft und gern in die Gesellschaft eines Mannes zurückkehren, der unter allen Umständen ein vornehmes schriftstellerisches Talent war, wie anfechtbar eine kritische Haltung in manchen Punkten auch gewesen sein mag. Erich Schlaikje Tagssfragen Heinrich Reuß- Eine juristische Definition: „Eigentum ist in rechtlicher Begriff, der am Entwicklungs¬ anfang des Rechts formalistischen Prozesses tehend, sich historisch entwickelt hat. Es kann ich nicht darum handeln, die evolutionistische Grenze des Eigentums über das Vergeltungs¬ echt hinaus zu finden, denn auch das Tier at einen snimus rem sib! Kabenäi, sondern nur darum eine Entwicklungsmöglichkeit des Eigentumsbegriffs aus dem Vergeltungsrecht u versuchen. — Die These ergibt sich aus der Geschichte eben jenes indogermanischen Rechts: Das Eigentum ist eine historisch durch ns Vergeltungsrecht irradiierende Ideen gewordene Funktion des Dieb¬ ahl s ka in P f e s. Der embryonale Eigentums¬ egriff der Übergangsperiode ist die Funktion iner formalen (d. h. unter Irradiation der Hochgerichtsidee stehenden) Abart des ver¬ eltungsrechtlichen Diebstahlstreites. DieMög- chleit der schlichten Klage — unterJrradiation Weiterer Ideen geworden — bedeutet den Be¬ inn des Rcchtsrechtes: das Eigentum ist als¬ ann die Funktion der Übereignung —, in em der Streit fingiert ist und zu einem Akt reiwilliger Gerichtsbarkeit wird. — Die Fiktion eht am Anfang des Rechts." So zu lesen S. 32 in „Methodologische Vorstudien zu einer ritik des Rechts" von Heinz Rogge, mit einem Geleitwort von JosefKohler. Berlin und Leipzig 911. Verlag von Dr. Walther Rothschild. reis 1,S0 M. Kohler sagt im Vorwort: Die Gefahr einer jeden Jurisprudenz ist die cholastik; man spricht auch von Begriffs- urisprudcnz." Was ist nun obige Definition es Eigentums? Ausverkaufte Hiiuser.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 70, 1911, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341893_319600/103>, abgerufen am 23.07.2024.