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Die Grenzboten. Jg. 70, 1911, Drittes Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

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Offizier- und Beamtenfragen

Gewesene Leute. Ein Gönner unserer Be¬
strebungen, der sich die Verwertung verab¬
schiedeter Kameraden auf kommunalen Ge¬
bieten besonders angelegen sein läßt, schlug
mir kürzlich etwas folgendes bor: Ein Lehr¬
gang würde einzurichten sein für den Beruf
als Bürgermeister, Amts- und Gemeindebor¬
steher, als Standesbeamter, Amisanwalt u, a.;
er dürste zerfallen in einen sechsmonatlichen
FachschulkursuS mit der Gememdesekretär-
prüfung als Abschluß und einer praktischen
Lehrzeit bei Bürgermeisterei und Lcmdrats-
amt, nach deren Beendigung ein Examen ab¬
zulegen wäre. Als Lehrer kämen hier in
Frage: Bürgermeister a, D, und Lehrbefähi¬
gung, Amtsanwälte, Hoch- und Tiefbautech¬
niker, angesehene Handwerksmeister zur Be¬
handlung von Mittelstandsfragen. Neben
Einführung in die Verwaltungsgesetzgebung
und Bearbeitung von Beispielen aus den
verschiedenen Zweigen könnten Stadtverord¬
netensitzungen mit verteilten Rollen und Dis¬
kussionen über Vorlagen in? Rahmen städtischer
Politik dem der Institution aufzuprägenden,
vorwiegend Praktischen Charakter Rechnung
tragen. Die vor einem Staatskommissar ab¬
zulegende Prüfung hätte nicht so sehr auf
Paragraphenkenntnis wie auf Übersicht der
einschlägigen Gesetze, rasche Orientierung,
Kenntnis des Staatswesens und Urteils¬
fähigkeit in komnumal-Politischen Dingen
Wert zu legen; das Bürgerliche Gesetzbuch,
insoweit seine Kenntnis zur Verwaltung städti¬
schen Vermögens oder sachgemäßer Auskunft
in nicht zu berwickelten Fragen in Betracht
kommt, wird einzubegreifen sein. Für die
Qualifikation des Prüflings wird man auf
ein kompetentes Urteil über seine allgemeinen
Praktischen Anlagen und seine im Verkehr
mit dem Publikum betätigten Eigenschaften
nicht verzichten können.--

Neben der Städtischen Handelshochschule
in Köln bietet sich dem bctätigungsfreudigen
Offizier a. D. nun auch an der Akademie
für kommunale Verwaltung zu Düsseldorf
Gelegenheit zu umfassender Vorbereitung für
diesen Beruf; er begibt sich aber außerdem
damit auf den Boden des rheinisch-west¬
fälischen Jndustriebezirks, wo Fühlung zu

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nehmen, Beziehungen anzuknüpfen und aus¬
zugestalten ihm bei späterer Stellenbewerbung
von vielseitigem Vorteil sein kann. Diesen:
Fingerzeig möge eine Warnung unmittelbar
gegenübergestellt werden.

Im Berliner Tageblatt vom 17. Juli d. I.
betitelt sich ein Aufsatz von H. M. "Betrogene
Erfinder", der die fast täglich im Inseraten¬
teil unserer gelesensten Blätter erscheinenden
Aufforderungen zu rasch entschlossener Be¬
teiligung mit wenigen Tausend Mark an einer
glänzenden Erfindung zwecks Erzielung schwin¬
delnd hoher Einkünfte gebührend beleuchtet.

Hand aufs Herz! Wer von "uns armen
Kerls" ist nicht schon einer solchen Versuchung
erlegen und hat Federn gelassen. Ist er mit
blauem Auge davongekommen, so verdankt
er es meist einem unverdienten Glückszwischen¬
fall. Hier liegt ein Schulbeispiel vor, wo
die geplante Rechtsauskunftsstelle segensreich
wirken kann. Und ist die Organisation erst
geschaffen mit ihrem umfassenderen Wirkungs¬
kreis, so werden die Lokal- oder Provinzial-
(Landes-) Komitees, in denen die Bewegung
sich zuerst konsolidieren muß, auch Mittel
und Wege finden, für Hörer aus ihren Reihen
an den verschiedenen Bildungsanstalten Er¬
leichterungen und Vergünstigungen heraus¬
zudrücken.

Major a. T>. v. Brixen
Geschichte

Geschichtsllitterungcn. Gleich im Vor¬
wort des starken Bandes, womit Oskar Klcin-
Hattinge" ("Die Geschichte des deutschen Libe¬
ralismus." Erster Band. Bis 1871. Berlin-
Schöneberg, Buchverlag der Hilfe) den ersten
Teil eines Haushundes für alle bieten will,
die staatsbürgerliche Bildung suchen, findet sich
die inhaltlich anziehende Bemerkung, die Ge¬
schichte des Liberalisinus sei wesentlich eine
Geschichte der Mitwirkung der Liberalen bei
der Gesetzgebung. So kann es geschehen, daß
Goethe, als an ihn die Reihe kommt, mit
vierzehn Zeilen als NichtPolitiker abgetan wird,
zwei Seiten hernach aber das Ergebnis der
liberalen Vorzeitbetrachtung in dem Sinne
gezogen wird, daß damals der Individua¬
lismus und sein Recht die Geister bewegte.
Man braucht nicht Goethomane zu sein, um
das Verdienst des Mannes gerade nach dieser

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

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Offizier- und Beamtenfragen

Gewesene Leute. Ein Gönner unserer Be¬
strebungen, der sich die Verwertung verab¬
schiedeter Kameraden auf kommunalen Ge¬
bieten besonders angelegen sein läßt, schlug
mir kürzlich etwas folgendes bor: Ein Lehr¬
gang würde einzurichten sein für den Beruf
als Bürgermeister, Amts- und Gemeindebor¬
steher, als Standesbeamter, Amisanwalt u, a.;
er dürste zerfallen in einen sechsmonatlichen
FachschulkursuS mit der Gememdesekretär-
prüfung als Abschluß und einer praktischen
Lehrzeit bei Bürgermeisterei und Lcmdrats-
amt, nach deren Beendigung ein Examen ab¬
zulegen wäre. Als Lehrer kämen hier in
Frage: Bürgermeister a, D, und Lehrbefähi¬
gung, Amtsanwälte, Hoch- und Tiefbautech¬
niker, angesehene Handwerksmeister zur Be¬
handlung von Mittelstandsfragen. Neben
Einführung in die Verwaltungsgesetzgebung
und Bearbeitung von Beispielen aus den
verschiedenen Zweigen könnten Stadtverord¬
netensitzungen mit verteilten Rollen und Dis¬
kussionen über Vorlagen in? Rahmen städtischer
Politik dem der Institution aufzuprägenden,
vorwiegend Praktischen Charakter Rechnung
tragen. Die vor einem Staatskommissar ab¬
zulegende Prüfung hätte nicht so sehr auf
Paragraphenkenntnis wie auf Übersicht der
einschlägigen Gesetze, rasche Orientierung,
Kenntnis des Staatswesens und Urteils¬
fähigkeit in komnumal-Politischen Dingen
Wert zu legen; das Bürgerliche Gesetzbuch,
insoweit seine Kenntnis zur Verwaltung städti¬
schen Vermögens oder sachgemäßer Auskunft
in nicht zu berwickelten Fragen in Betracht
kommt, wird einzubegreifen sein. Für die
Qualifikation des Prüflings wird man auf
ein kompetentes Urteil über seine allgemeinen
Praktischen Anlagen und seine im Verkehr
mit dem Publikum betätigten Eigenschaften
nicht verzichten können.--

Neben der Städtischen Handelshochschule
in Köln bietet sich dem bctätigungsfreudigen
Offizier a. D. nun auch an der Akademie
für kommunale Verwaltung zu Düsseldorf
Gelegenheit zu umfassender Vorbereitung für
diesen Beruf; er begibt sich aber außerdem
damit auf den Boden des rheinisch-west¬
fälischen Jndustriebezirks, wo Fühlung zu

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nehmen, Beziehungen anzuknüpfen und aus¬
zugestalten ihm bei späterer Stellenbewerbung
von vielseitigem Vorteil sein kann. Diesen:
Fingerzeig möge eine Warnung unmittelbar
gegenübergestellt werden.

Im Berliner Tageblatt vom 17. Juli d. I.
betitelt sich ein Aufsatz von H. M. „Betrogene
Erfinder", der die fast täglich im Inseraten¬
teil unserer gelesensten Blätter erscheinenden
Aufforderungen zu rasch entschlossener Be¬
teiligung mit wenigen Tausend Mark an einer
glänzenden Erfindung zwecks Erzielung schwin¬
delnd hoher Einkünfte gebührend beleuchtet.

Hand aufs Herz! Wer von „uns armen
Kerls" ist nicht schon einer solchen Versuchung
erlegen und hat Federn gelassen. Ist er mit
blauem Auge davongekommen, so verdankt
er es meist einem unverdienten Glückszwischen¬
fall. Hier liegt ein Schulbeispiel vor, wo
die geplante Rechtsauskunftsstelle segensreich
wirken kann. Und ist die Organisation erst
geschaffen mit ihrem umfassenderen Wirkungs¬
kreis, so werden die Lokal- oder Provinzial-
(Landes-) Komitees, in denen die Bewegung
sich zuerst konsolidieren muß, auch Mittel
und Wege finden, für Hörer aus ihren Reihen
an den verschiedenen Bildungsanstalten Er¬
leichterungen und Vergünstigungen heraus¬
zudrücken.

Major a. T>. v. Brixen
Geschichte

Geschichtsllitterungcn. Gleich im Vor¬
wort des starken Bandes, womit Oskar Klcin-
Hattinge» („Die Geschichte des deutschen Libe¬
ralismus." Erster Band. Bis 1871. Berlin-
Schöneberg, Buchverlag der Hilfe) den ersten
Teil eines Haushundes für alle bieten will,
die staatsbürgerliche Bildung suchen, findet sich
die inhaltlich anziehende Bemerkung, die Ge¬
schichte des Liberalisinus sei wesentlich eine
Geschichte der Mitwirkung der Liberalen bei
der Gesetzgebung. So kann es geschehen, daß
Goethe, als an ihn die Reihe kommt, mit
vierzehn Zeilen als NichtPolitiker abgetan wird,
zwei Seiten hernach aber das Ergebnis der
liberalen Vorzeitbetrachtung in dem Sinne
gezogen wird, daß damals der Individua¬
lismus und sein Recht die Geister bewegte.
Man braucht nicht Goethomane zu sein, um
das Verdienst des Mannes gerade nach dieser

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[0578] Maßgebliches und Unmaßgebliches Offizier- und Beamtenfragen Gewesene Leute. Ein Gönner unserer Be¬ strebungen, der sich die Verwertung verab¬ schiedeter Kameraden auf kommunalen Ge¬ bieten besonders angelegen sein läßt, schlug mir kürzlich etwas folgendes bor: Ein Lehr¬ gang würde einzurichten sein für den Beruf als Bürgermeister, Amts- und Gemeindebor¬ steher, als Standesbeamter, Amisanwalt u, a.; er dürste zerfallen in einen sechsmonatlichen FachschulkursuS mit der Gememdesekretär- prüfung als Abschluß und einer praktischen Lehrzeit bei Bürgermeisterei und Lcmdrats- amt, nach deren Beendigung ein Examen ab¬ zulegen wäre. Als Lehrer kämen hier in Frage: Bürgermeister a, D, und Lehrbefähi¬ gung, Amtsanwälte, Hoch- und Tiefbautech¬ niker, angesehene Handwerksmeister zur Be¬ handlung von Mittelstandsfragen. Neben Einführung in die Verwaltungsgesetzgebung und Bearbeitung von Beispielen aus den verschiedenen Zweigen könnten Stadtverord¬ netensitzungen mit verteilten Rollen und Dis¬ kussionen über Vorlagen in? Rahmen städtischer Politik dem der Institution aufzuprägenden, vorwiegend Praktischen Charakter Rechnung tragen. Die vor einem Staatskommissar ab¬ zulegende Prüfung hätte nicht so sehr auf Paragraphenkenntnis wie auf Übersicht der einschlägigen Gesetze, rasche Orientierung, Kenntnis des Staatswesens und Urteils¬ fähigkeit in komnumal-Politischen Dingen Wert zu legen; das Bürgerliche Gesetzbuch, insoweit seine Kenntnis zur Verwaltung städti¬ schen Vermögens oder sachgemäßer Auskunft in nicht zu berwickelten Fragen in Betracht kommt, wird einzubegreifen sein. Für die Qualifikation des Prüflings wird man auf ein kompetentes Urteil über seine allgemeinen Praktischen Anlagen und seine im Verkehr mit dem Publikum betätigten Eigenschaften nicht verzichten können.-- Neben der Städtischen Handelshochschule in Köln bietet sich dem bctätigungsfreudigen Offizier a. D. nun auch an der Akademie für kommunale Verwaltung zu Düsseldorf Gelegenheit zu umfassender Vorbereitung für diesen Beruf; er begibt sich aber außerdem damit auf den Boden des rheinisch-west¬ fälischen Jndustriebezirks, wo Fühlung zu nehmen, Beziehungen anzuknüpfen und aus¬ zugestalten ihm bei späterer Stellenbewerbung von vielseitigem Vorteil sein kann. Diesen: Fingerzeig möge eine Warnung unmittelbar gegenübergestellt werden. Im Berliner Tageblatt vom 17. Juli d. I. betitelt sich ein Aufsatz von H. M. „Betrogene Erfinder", der die fast täglich im Inseraten¬ teil unserer gelesensten Blätter erscheinenden Aufforderungen zu rasch entschlossener Be¬ teiligung mit wenigen Tausend Mark an einer glänzenden Erfindung zwecks Erzielung schwin¬ delnd hoher Einkünfte gebührend beleuchtet. Hand aufs Herz! Wer von „uns armen Kerls" ist nicht schon einer solchen Versuchung erlegen und hat Federn gelassen. Ist er mit blauem Auge davongekommen, so verdankt er es meist einem unverdienten Glückszwischen¬ fall. Hier liegt ein Schulbeispiel vor, wo die geplante Rechtsauskunftsstelle segensreich wirken kann. Und ist die Organisation erst geschaffen mit ihrem umfassenderen Wirkungs¬ kreis, so werden die Lokal- oder Provinzial- (Landes-) Komitees, in denen die Bewegung sich zuerst konsolidieren muß, auch Mittel und Wege finden, für Hörer aus ihren Reihen an den verschiedenen Bildungsanstalten Er¬ leichterungen und Vergünstigungen heraus¬ zudrücken. Major a. T>. v. Brixen Geschichte Geschichtsllitterungcn. Gleich im Vor¬ wort des starken Bandes, womit Oskar Klcin- Hattinge» („Die Geschichte des deutschen Libe¬ ralismus." Erster Band. Bis 1871. Berlin- Schöneberg, Buchverlag der Hilfe) den ersten Teil eines Haushundes für alle bieten will, die staatsbürgerliche Bildung suchen, findet sich die inhaltlich anziehende Bemerkung, die Ge¬ schichte des Liberalisinus sei wesentlich eine Geschichte der Mitwirkung der Liberalen bei der Gesetzgebung. So kann es geschehen, daß Goethe, als an ihn die Reihe kommt, mit vierzehn Zeilen als NichtPolitiker abgetan wird, zwei Seiten hernach aber das Ergebnis der liberalen Vorzeitbetrachtung in dem Sinne gezogen wird, daß damals der Individua¬ lismus und sein Recht die Geister bewegte. Man braucht nicht Goethomane zu sein, um das Verdienst des Mannes gerade nach dieser

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 70, 1911, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341893_318948/578>, abgerufen am 29.12.2024.