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Die Grenzboten. Jg. 70, 1911, Zweites Vierteljahr.

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Kinder,


Focke:

Das ist ja eine herrliche Bescherung I


Christof:

Und alles ausgestorben -- kein Empfang!

Da läuten schon die Glocken!


Focke:

Und kein Rat,


Lorenz:

Magister, Rektor oder Bürgermeister!

Ein höflicher Empfang!


Frieder:

So lauft doch schon! --


Lamme:

Ich kann nicht mehr, das macht der gute Speck --
'

Und meldets eurem Rektor, -- Esel ihr!

(Bürgen kommen auf den Markt geeilt.)

Focke:

Neben er das gleich zurück -- den Esel!


Lorenz:

Was

Erlaubt er sich!?

Er Fettwanst!


Christof:
Frieder:

Wichtigtuer!


Lamme:

Ihr Milchbärt, Bücherwürmer, Hosenplatzer!

Wer, he? erspart euch allen die Blamage --

Ihr oder ich?

Laßt doch und rauft jetzt nicht!


Ein Bürger:
Focke:

Nimmt er zurück den Esel!?


Lamme:

Komm er nur!

(Sie werden handgemein, Focke stürzt, Lamme ans ihn.)

Lorenz:

Feste, Focke, feste!

O weh, er füllt!


Frieder:

Gerbt ihm das Hinterleder!


Lorenz:
(Sie hauen auf Lamme ein.)

Lamme:

Bitt um Pardon, du Lausbub! Ich erwürg dich!

(Eulenspiegel in Talar und Kanzlertracht, den goldenen Schlüssel an der Halskette,
überschreitet würdeboll mit dem Ausdruck des Erstaunens und der Befremdung den
Platz und tritt an die Gruppe der Kämpfenden.)

Vivat aLaäemm! --


Eulenspiegel:

Burgfriede, meine Herren!


Studenten:

Seht, den Fremden!


Lamme (
erhebt sich bestürzt und macht einen tiefen Bückling):

Verzeihung, Eure kaiserliche Gnaden

Herr Kanzler -- ich -- die Schlingel hier --


Studenten:

Der Kanzler!

(Der Ruf Pflanzt sich weiter fort.)

Der Kanzler, ja -- doch eben er allein!


Eulenspiegel:

Sehr wunderlich, fürwahr, die Festgemeinde!

Zwar Glockenläuten, Böllerschüsse, Schreien --

Doch alles Grüße nur der Luft gezollt!

Im höchsten Maß verwunderlich, fürwahr!

Bist du der Bursch nicht, den am Tor ich traf?
--

(zu Lamme)

Halten zu Gnaden, ja.


Lamme:
Eulenspiegel:

Und statt zu melden,

Daß sich der Kanzler naht, der dieser Stadt

Und Universitas des Kaisers Gnade

Bringt und verbriefte Rechte --

Hört nur, er bringt auch unsrer Stadt ein Recht!


Ein Bürger:
Eulenspiegel:

Fängst du zu raufen an!


Kinder,


Focke:

Das ist ja eine herrliche Bescherung I


Christof:

Und alles ausgestorben — kein Empfang!

Da läuten schon die Glocken!


Focke:

Und kein Rat,


Lorenz:

Magister, Rektor oder Bürgermeister!

Ein höflicher Empfang!


Frieder:

So lauft doch schon! —


Lamme:

Ich kann nicht mehr, das macht der gute Speck —
'

Und meldets eurem Rektor, — Esel ihr!

(Bürgen kommen auf den Markt geeilt.)

Focke:

Neben er das gleich zurück — den Esel!


Lorenz:

Was

Erlaubt er sich!?

Er Fettwanst!


Christof:
Frieder:

Wichtigtuer!


Lamme:

Ihr Milchbärt, Bücherwürmer, Hosenplatzer!

Wer, he? erspart euch allen die Blamage —

Ihr oder ich?

Laßt doch und rauft jetzt nicht!


Ein Bürger:
Focke:

Nimmt er zurück den Esel!?


Lamme:

Komm er nur!

(Sie werden handgemein, Focke stürzt, Lamme ans ihn.)

Lorenz:

Feste, Focke, feste!

O weh, er füllt!


Frieder:

Gerbt ihm das Hinterleder!


Lorenz:
(Sie hauen auf Lamme ein.)

Lamme:

Bitt um Pardon, du Lausbub! Ich erwürg dich!

(Eulenspiegel in Talar und Kanzlertracht, den goldenen Schlüssel an der Halskette,
überschreitet würdeboll mit dem Ausdruck des Erstaunens und der Befremdung den
Platz und tritt an die Gruppe der Kämpfenden.)

Vivat aLaäemm! —


Eulenspiegel:

Burgfriede, meine Herren!


Studenten:

Seht, den Fremden!


Lamme (
erhebt sich bestürzt und macht einen tiefen Bückling):

Verzeihung, Eure kaiserliche Gnaden

Herr Kanzler — ich — die Schlingel hier —


Studenten:

Der Kanzler!

(Der Ruf Pflanzt sich weiter fort.)

Der Kanzler, ja — doch eben er allein!


Eulenspiegel:

Sehr wunderlich, fürwahr, die Festgemeinde!

Zwar Glockenläuten, Böllerschüsse, Schreien —

Doch alles Grüße nur der Luft gezollt!

Im höchsten Maß verwunderlich, fürwahr!

Bist du der Bursch nicht, den am Tor ich traf?

(zu Lamme)

Halten zu Gnaden, ja.


Lamme:
Eulenspiegel:

Und statt zu melden,

Daß sich der Kanzler naht, der dieser Stadt

Und Universitas des Kaisers Gnade

Bringt und verbriefte Rechte —

Hört nur, er bringt auch unsrer Stadt ein Recht!


Ein Bürger:
Eulenspiegel:

Fängst du zu raufen an!


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[0625] Kinder, Focke: Das ist ja eine herrliche Bescherung I Christof: Und alles ausgestorben — kein Empfang! Da läuten schon die Glocken! Focke: Und kein Rat, Lorenz: Magister, Rektor oder Bürgermeister! Ein höflicher Empfang! Frieder: So lauft doch schon! — Lamme: Ich kann nicht mehr, das macht der gute Speck — ' Und meldets eurem Rektor, — Esel ihr! (Bürgen kommen auf den Markt geeilt.) Focke: Neben er das gleich zurück — den Esel! Lorenz: Was Erlaubt er sich!? Er Fettwanst! Christof: Frieder: Wichtigtuer! Lamme: Ihr Milchbärt, Bücherwürmer, Hosenplatzer! Wer, he? erspart euch allen die Blamage — Ihr oder ich? Laßt doch und rauft jetzt nicht! Ein Bürger: Focke: Nimmt er zurück den Esel!? Lamme: Komm er nur! (Sie werden handgemein, Focke stürzt, Lamme ans ihn.) Lorenz: Feste, Focke, feste! O weh, er füllt! Frieder: Gerbt ihm das Hinterleder! Lorenz: (Sie hauen auf Lamme ein.) Lamme: Bitt um Pardon, du Lausbub! Ich erwürg dich! (Eulenspiegel in Talar und Kanzlertracht, den goldenen Schlüssel an der Halskette, überschreitet würdeboll mit dem Ausdruck des Erstaunens und der Befremdung den Platz und tritt an die Gruppe der Kämpfenden.) Vivat aLaäemm! — Eulenspiegel: Burgfriede, meine Herren! Studenten: Seht, den Fremden! Lamme ( erhebt sich bestürzt und macht einen tiefen Bückling): Verzeihung, Eure kaiserliche Gnaden Herr Kanzler — ich — die Schlingel hier — Studenten: Der Kanzler! (Der Ruf Pflanzt sich weiter fort.) Der Kanzler, ja — doch eben er allein! Eulenspiegel: Sehr wunderlich, fürwahr, die Festgemeinde! Zwar Glockenläuten, Böllerschüsse, Schreien — Doch alles Grüße nur der Luft gezollt! Im höchsten Maß verwunderlich, fürwahr! Bist du der Bursch nicht, den am Tor ich traf? — (zu Lamme) Halten zu Gnaden, ja. Lamme: Eulenspiegel: Und statt zu melden, Daß sich der Kanzler naht, der dieser Stadt Und Universitas des Kaisers Gnade Bringt und verbriefte Rechte — Hört nur, er bringt auch unsrer Stadt ein Recht! Ein Bürger: Eulenspiegel: Fängst du zu raufen an!

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 70, 1911, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341893_318282/625>, abgerufen am 26.06.2024.