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Die Grenzboten. Jg. 70, 1911, Zweites Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

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zu schaffen, bedarf nicht vieler Worte; eS ist
nur wunderlich, daß in dieser Richtung nicht
schon früher Abhilfe getroffen worden ist.

Nun hört man bon manchen Seiten, auch
aus Kreisen des Heeres, eine Aushilfe preisen,
die radikaler Art ist und etwas Bestechendes
an sich hat. Nichts wäre in der Theorie
einfacher, als das Verhältnis der niederen
(Leutnants-) Stellen zu den höheren so zu
ändern, daß der Leutnant dem Regiments¬
kommandeur kaum entgehen könnte. Zweifel¬
los Würde man mit einer wesentlichen Ver¬
ringerung der Leutnnntsstellen die beste
Dauerwirkung erzielen. Den Ausfall an
unteren Führern gedenken die Befürworter
des Vorschlags durch Schaffung einer neuen
Art bon Vorgesetzten, nenne man sie Feld-
webellcutnants oder anders, zu ersetzen;
d. h. in der Tat zielt dies darauf ab, ein
Zwischenglied zwischen den Offiziers- und
Nnteroffiziersstand einzuschieben. Gegen diesen
den Laien bestechenden Vorschlag muß sich
meines Erachtens jeder Freund der Armee
ans folgenden Gründen wenden:

1. Der Einblick in die Stellenbesetznng
im Mobilmachungsfall fehlt nicht nur dem
Laien, sondern auch den meisten Offizieren.
Naheliegende Gründe berbieten eine Erörterung
in der Öffentlichkeit. Ich bin persönlich der
Ansicht, daß es ein Verbrechen am inneren
Wert des Heeres wäre, wollte man die Zahl
der Leutnants wesentlich herabsetzen. Der
Umstand, daß zurzeit in Preußen etwa
600 Leutnants der Infanterie am Sollstande
fehlen, kann doch kein Grund dafür sein, diese
Stellen zu streichen, muß vielmehr veran¬
lassen, nach Mitteln und Wegen zur Ver¬
mehrung des Offizierersntzes zu forschen. In
Württemberg dagegen sind zurzeit alle
Leutnanisftellen der Infanterie besetzt, und
das XIII. Armeekorps wird bald in der
Lage sein, Leutnants nach Preußen ab¬
zugeben.

2. Die im Interesse der Weiterbildung
der Offiziere sowohl wie auch für besondere
Zwecke des Heeres notwendigen Abkomman¬
dierungen junger Offiziere verringern den
Stand an Frontdienst tuenden Offizieren so
sehr, daß man kaum ein Regiment der In¬
fanterie finden wird, wo durchschnittlich mehr
"is ein bis zwei aktive Leutnants und Ober¬

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leutnants für jede Kompagnie zur Ver¬
fügung stehen.

Ein teilweiser Ersatz dieser Offiziere durch
sogenannte Feldwebellcutnants würde für den
Friedens dienst nicht von Vorteil sein, wenn
auch zugegeben werden mag, daß manche
dieser alten Unteroffiziere dein jungen Offizier
an Diensterfahrnng überlegen sein würden.
Was dem Offizier für seine Fricdenstätigkcit
als Erzieher und Ausbilder das gar nicht
hoch genug zu bewertende Übergewicht über
den Unteroffizier gibt, heißt: Herkunft, Er¬
ziehung und Bildung. Darauf baut sich auf
die Macht der Persönlichkeit, die Autorität
und Disziplin!

3. Wir haben mit der scharfen Trennung
der Unterführer in Offiziere und Unteroffiziere
die besten Erfahrungen gemacht und sollten
uns hüten, dnrch irgendwelche Maßregel eine
Zwischenstufe von Vorgesetzten einzuführen,
die nicht mehr Unteroffiziere sein mögen und
Offiziere nicht sein können. Dadurch würde
weder für den Friedensdienst noch für den
Ernstfall ein rechter Nutzen, vielmehr die
Gefahr entstehen, daß das jetzige gute und
den dienstlichen Bedürfnissen entsprechende
Verhältnis zwischen Offizieren und Unter¬
offizieren gestört wird. Auch die Erfahrungen
in fremden Armeen können uns nicht veran¬
lassen, die bewährten Grundlagen aufzugeben,
auf denen unser Offizier- und Unteroffizier¬
stand aufgebaut ist.

Was wir für unsere Unteroffiziere an¬
streben wollen, um ihre Stellung zu heben
und den Ersatz zu fördern, ist bessere Be¬
soldung und bessere Versorgung, besonders
für diejenigen, die länger als zwölf Jahre
dienen. Will man eine weitere äußere Aus¬
zeichnung nicht missen, so gebe man den Feld¬
webeln mit mehr als fünfzehn Jahren Dienst¬
zeit den Titel Oberfeldwebel.

Früher war die Unteroffizicrslaufbcchn ein
Lebensberuf; dies war mit dem Anwachsen
des Heeres und mit der Steigerung der An¬
strengungen des Dienstes nicht mehr aufrecht
zu erhalten und läßt sich auch in Zukunft
nicht mehr ändern. Früher war die Zivil-
Versorgung die Belohnung für langjährige
treue Militärdienste, heute wird der beschwer¬
liche Militärdienst für eine begrenzte Zahl
von Jahren gewählt, um beizeiten eine gute

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

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zu schaffen, bedarf nicht vieler Worte; eS ist
nur wunderlich, daß in dieser Richtung nicht
schon früher Abhilfe getroffen worden ist.

Nun hört man bon manchen Seiten, auch
aus Kreisen des Heeres, eine Aushilfe preisen,
die radikaler Art ist und etwas Bestechendes
an sich hat. Nichts wäre in der Theorie
einfacher, als das Verhältnis der niederen
(Leutnants-) Stellen zu den höheren so zu
ändern, daß der Leutnant dem Regiments¬
kommandeur kaum entgehen könnte. Zweifel¬
los Würde man mit einer wesentlichen Ver¬
ringerung der Leutnnntsstellen die beste
Dauerwirkung erzielen. Den Ausfall an
unteren Führern gedenken die Befürworter
des Vorschlags durch Schaffung einer neuen
Art bon Vorgesetzten, nenne man sie Feld-
webellcutnants oder anders, zu ersetzen;
d. h. in der Tat zielt dies darauf ab, ein
Zwischenglied zwischen den Offiziers- und
Nnteroffiziersstand einzuschieben. Gegen diesen
den Laien bestechenden Vorschlag muß sich
meines Erachtens jeder Freund der Armee
ans folgenden Gründen wenden:

1. Der Einblick in die Stellenbesetznng
im Mobilmachungsfall fehlt nicht nur dem
Laien, sondern auch den meisten Offizieren.
Naheliegende Gründe berbieten eine Erörterung
in der Öffentlichkeit. Ich bin persönlich der
Ansicht, daß es ein Verbrechen am inneren
Wert des Heeres wäre, wollte man die Zahl
der Leutnants wesentlich herabsetzen. Der
Umstand, daß zurzeit in Preußen etwa
600 Leutnants der Infanterie am Sollstande
fehlen, kann doch kein Grund dafür sein, diese
Stellen zu streichen, muß vielmehr veran¬
lassen, nach Mitteln und Wegen zur Ver¬
mehrung des Offizierersntzes zu forschen. In
Württemberg dagegen sind zurzeit alle
Leutnanisftellen der Infanterie besetzt, und
das XIII. Armeekorps wird bald in der
Lage sein, Leutnants nach Preußen ab¬
zugeben.

2. Die im Interesse der Weiterbildung
der Offiziere sowohl wie auch für besondere
Zwecke des Heeres notwendigen Abkomman¬
dierungen junger Offiziere verringern den
Stand an Frontdienst tuenden Offizieren so
sehr, daß man kaum ein Regiment der In¬
fanterie finden wird, wo durchschnittlich mehr
"is ein bis zwei aktive Leutnants und Ober¬

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leutnants für jede Kompagnie zur Ver¬
fügung stehen.

Ein teilweiser Ersatz dieser Offiziere durch
sogenannte Feldwebellcutnants würde für den
Friedens dienst nicht von Vorteil sein, wenn
auch zugegeben werden mag, daß manche
dieser alten Unteroffiziere dein jungen Offizier
an Diensterfahrnng überlegen sein würden.
Was dem Offizier für seine Fricdenstätigkcit
als Erzieher und Ausbilder das gar nicht
hoch genug zu bewertende Übergewicht über
den Unteroffizier gibt, heißt: Herkunft, Er¬
ziehung und Bildung. Darauf baut sich auf
die Macht der Persönlichkeit, die Autorität
und Disziplin!

3. Wir haben mit der scharfen Trennung
der Unterführer in Offiziere und Unteroffiziere
die besten Erfahrungen gemacht und sollten
uns hüten, dnrch irgendwelche Maßregel eine
Zwischenstufe von Vorgesetzten einzuführen,
die nicht mehr Unteroffiziere sein mögen und
Offiziere nicht sein können. Dadurch würde
weder für den Friedensdienst noch für den
Ernstfall ein rechter Nutzen, vielmehr die
Gefahr entstehen, daß das jetzige gute und
den dienstlichen Bedürfnissen entsprechende
Verhältnis zwischen Offizieren und Unter¬
offizieren gestört wird. Auch die Erfahrungen
in fremden Armeen können uns nicht veran¬
lassen, die bewährten Grundlagen aufzugeben,
auf denen unser Offizier- und Unteroffizier¬
stand aufgebaut ist.

Was wir für unsere Unteroffiziere an¬
streben wollen, um ihre Stellung zu heben
und den Ersatz zu fördern, ist bessere Be¬
soldung und bessere Versorgung, besonders
für diejenigen, die länger als zwölf Jahre
dienen. Will man eine weitere äußere Aus¬
zeichnung nicht missen, so gebe man den Feld¬
webeln mit mehr als fünfzehn Jahren Dienst¬
zeit den Titel Oberfeldwebel.

Früher war die Unteroffizicrslaufbcchn ein
Lebensberuf; dies war mit dem Anwachsen
des Heeres und mit der Steigerung der An¬
strengungen des Dienstes nicht mehr aufrecht
zu erhalten und läßt sich auch in Zukunft
nicht mehr ändern. Früher war die Zivil-
Versorgung die Belohnung für langjährige
treue Militärdienste, heute wird der beschwer¬
liche Militärdienst für eine begrenzte Zahl
von Jahren gewählt, um beizeiten eine gute

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[0545] Maßgebliches und Unmaßgebliches zu schaffen, bedarf nicht vieler Worte; eS ist nur wunderlich, daß in dieser Richtung nicht schon früher Abhilfe getroffen worden ist. Nun hört man bon manchen Seiten, auch aus Kreisen des Heeres, eine Aushilfe preisen, die radikaler Art ist und etwas Bestechendes an sich hat. Nichts wäre in der Theorie einfacher, als das Verhältnis der niederen (Leutnants-) Stellen zu den höheren so zu ändern, daß der Leutnant dem Regiments¬ kommandeur kaum entgehen könnte. Zweifel¬ los Würde man mit einer wesentlichen Ver¬ ringerung der Leutnnntsstellen die beste Dauerwirkung erzielen. Den Ausfall an unteren Führern gedenken die Befürworter des Vorschlags durch Schaffung einer neuen Art bon Vorgesetzten, nenne man sie Feld- webellcutnants oder anders, zu ersetzen; d. h. in der Tat zielt dies darauf ab, ein Zwischenglied zwischen den Offiziers- und Nnteroffiziersstand einzuschieben. Gegen diesen den Laien bestechenden Vorschlag muß sich meines Erachtens jeder Freund der Armee ans folgenden Gründen wenden: 1. Der Einblick in die Stellenbesetznng im Mobilmachungsfall fehlt nicht nur dem Laien, sondern auch den meisten Offizieren. Naheliegende Gründe berbieten eine Erörterung in der Öffentlichkeit. Ich bin persönlich der Ansicht, daß es ein Verbrechen am inneren Wert des Heeres wäre, wollte man die Zahl der Leutnants wesentlich herabsetzen. Der Umstand, daß zurzeit in Preußen etwa 600 Leutnants der Infanterie am Sollstande fehlen, kann doch kein Grund dafür sein, diese Stellen zu streichen, muß vielmehr veran¬ lassen, nach Mitteln und Wegen zur Ver¬ mehrung des Offizierersntzes zu forschen. In Württemberg dagegen sind zurzeit alle Leutnanisftellen der Infanterie besetzt, und das XIII. Armeekorps wird bald in der Lage sein, Leutnants nach Preußen ab¬ zugeben. 2. Die im Interesse der Weiterbildung der Offiziere sowohl wie auch für besondere Zwecke des Heeres notwendigen Abkomman¬ dierungen junger Offiziere verringern den Stand an Frontdienst tuenden Offizieren so sehr, daß man kaum ein Regiment der In¬ fanterie finden wird, wo durchschnittlich mehr "is ein bis zwei aktive Leutnants und Ober¬ leutnants für jede Kompagnie zur Ver¬ fügung stehen. Ein teilweiser Ersatz dieser Offiziere durch sogenannte Feldwebellcutnants würde für den Friedens dienst nicht von Vorteil sein, wenn auch zugegeben werden mag, daß manche dieser alten Unteroffiziere dein jungen Offizier an Diensterfahrnng überlegen sein würden. Was dem Offizier für seine Fricdenstätigkcit als Erzieher und Ausbilder das gar nicht hoch genug zu bewertende Übergewicht über den Unteroffizier gibt, heißt: Herkunft, Er¬ ziehung und Bildung. Darauf baut sich auf die Macht der Persönlichkeit, die Autorität und Disziplin! 3. Wir haben mit der scharfen Trennung der Unterführer in Offiziere und Unteroffiziere die besten Erfahrungen gemacht und sollten uns hüten, dnrch irgendwelche Maßregel eine Zwischenstufe von Vorgesetzten einzuführen, die nicht mehr Unteroffiziere sein mögen und Offiziere nicht sein können. Dadurch würde weder für den Friedensdienst noch für den Ernstfall ein rechter Nutzen, vielmehr die Gefahr entstehen, daß das jetzige gute und den dienstlichen Bedürfnissen entsprechende Verhältnis zwischen Offizieren und Unter¬ offizieren gestört wird. Auch die Erfahrungen in fremden Armeen können uns nicht veran¬ lassen, die bewährten Grundlagen aufzugeben, auf denen unser Offizier- und Unteroffizier¬ stand aufgebaut ist. Was wir für unsere Unteroffiziere an¬ streben wollen, um ihre Stellung zu heben und den Ersatz zu fördern, ist bessere Be¬ soldung und bessere Versorgung, besonders für diejenigen, die länger als zwölf Jahre dienen. Will man eine weitere äußere Aus¬ zeichnung nicht missen, so gebe man den Feld¬ webeln mit mehr als fünfzehn Jahren Dienst¬ zeit den Titel Oberfeldwebel. Früher war die Unteroffizicrslaufbcchn ein Lebensberuf; dies war mit dem Anwachsen des Heeres und mit der Steigerung der An¬ strengungen des Dienstes nicht mehr aufrecht zu erhalten und läßt sich auch in Zukunft nicht mehr ändern. Früher war die Zivil- Versorgung die Belohnung für langjährige treue Militärdienste, heute wird der beschwer¬ liche Militärdienst für eine begrenzte Zahl von Jahren gewählt, um beizeiten eine gute

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 70, 1911, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341893_318282/545>, abgerufen am 22.07.2024.