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Die Grenzboten. Jg. 70, 1911, Zweites Vierteljahr.

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5. der Erlaß von Bestimmungen über die Behandlung der Lazarett-Eisen¬
bahnzüge, die, wenn sie in feindliche Gewalt fallen, zwar vom Gegner
zurückgehalten, aber dann zur Pflege der Verwundeten und Kranken der
anderen Partei verwendet werden müssen, während das zugehörige Sanitäts¬
personal zurückgesandt wird,
6. die Anordnung von Strafgesetzen gegen mißbräuchliche Verwendung der
Abzeichen des Roten Kreuzes.

Das in Genf 1906 vollendete Reformwerk hat dann ein Jahr später auf
dem Friedenskongreß im Haag eine nochmalige Ergänzung dahin erfahren, daß
das Los der kranken und verwundeten Gefangenen zum Gegenstand besonderer
Fürsorge gemacht wurde. Es handelte sich dabei um die Benachrichtigung der
Familien derselben von dem Zustand und der Verfassung, in welche diese geraten.
Mit Hilfe von besonders eingerichteten Bureaus auf beiden Seiten der Krieg¬
führenden soll künftighin eine Korrespondenz über die Identität und die Schicksale
der Kriegsgefangenen geführt und ein Nachrichtenwesen eingeführt werden.

In Zukunft werden nunmehr die Gesellschaften vom Roten Kreuz durch
Vermittlung des internationalen Komitees in Genf, als der Zentralstelle für
die Vertretung der Interessen desselben, gegenseitig den Gefangenen ihren Schutz
und ihre Hilfe angedeihen lassen; dasselbe gilt von dem Personal der frei¬
willigen Krankenpflege.

Auch an anderer Stelle hat der Haager Kongreß dazu beigetragen,
dem großen Humanitätswerk von Genf weitere Ausdehnung und Ergänzung
zu geben, indem er die Konvention von 1864 auf den Krieg zur See
übertrug. Schon auf den früheren Versammlungen war dieser Gedanke
wiederholt angeregt worden, ohne daß es zu einer endgültigen Regelung kam.
Kraft der Haager Beschlüsse ist nunmehr ein völkerrechtliches Abkommen dahin
zustande gekommen, daß schon im Frieden eine Anzahl von Schiffen in den
Häfen und Plätzen der Seestaaten zum Hilfsdienst im Kriege bereit gehalten
werden soll, daß ferner Spitalschiffe, die von neutralen, offiziell anerkannten
Hilfsgesellschaften oder Vereinen vom Roten Kreuz ausgerüstet und zu Hilfs¬
zwecken abgeordnet sind, die Ermächtigung haben, Verwundete und Kranke an
Bord zu nehmen, wenn der neutrale Staat seine Hilfeleistung den beiden krieg¬
führenden Mächten vorher angezeigt hat.

Wie ihre Vorgängerinnen, so haben auch die Konventionen von 1906 zu
Genf und von 1907 im Haag ihre Satzungen auf die Gebote werktätiger
Menschenliebe gestützt und ein Werk geschaffen, das unseren, Jahrhundert zur
Ehre und der Menschheit zum Segen gereichen wird.

Bei dem Tode der beiden Männer, die das Werk begründet und an seinem
Ausbau wie an seiner Vertiefung mitgearbeitet und es zu einer die ganze
zivilisierte Welt umfassenden Einrichtung erhoben haben, liegt es nahe, derselben in
Dankbarkeit und Pietät zu gedenken und ihr Gedächtnis als Förderer des Zusammen¬
schlusses aller durch das Band der Nächstenliebe verbundenen Völker zu ehren.


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5. der Erlaß von Bestimmungen über die Behandlung der Lazarett-Eisen¬
bahnzüge, die, wenn sie in feindliche Gewalt fallen, zwar vom Gegner
zurückgehalten, aber dann zur Pflege der Verwundeten und Kranken der
anderen Partei verwendet werden müssen, während das zugehörige Sanitäts¬
personal zurückgesandt wird,
6. die Anordnung von Strafgesetzen gegen mißbräuchliche Verwendung der
Abzeichen des Roten Kreuzes.

Das in Genf 1906 vollendete Reformwerk hat dann ein Jahr später auf
dem Friedenskongreß im Haag eine nochmalige Ergänzung dahin erfahren, daß
das Los der kranken und verwundeten Gefangenen zum Gegenstand besonderer
Fürsorge gemacht wurde. Es handelte sich dabei um die Benachrichtigung der
Familien derselben von dem Zustand und der Verfassung, in welche diese geraten.
Mit Hilfe von besonders eingerichteten Bureaus auf beiden Seiten der Krieg¬
führenden soll künftighin eine Korrespondenz über die Identität und die Schicksale
der Kriegsgefangenen geführt und ein Nachrichtenwesen eingeführt werden.

In Zukunft werden nunmehr die Gesellschaften vom Roten Kreuz durch
Vermittlung des internationalen Komitees in Genf, als der Zentralstelle für
die Vertretung der Interessen desselben, gegenseitig den Gefangenen ihren Schutz
und ihre Hilfe angedeihen lassen; dasselbe gilt von dem Personal der frei¬
willigen Krankenpflege.

Auch an anderer Stelle hat der Haager Kongreß dazu beigetragen,
dem großen Humanitätswerk von Genf weitere Ausdehnung und Ergänzung
zu geben, indem er die Konvention von 1864 auf den Krieg zur See
übertrug. Schon auf den früheren Versammlungen war dieser Gedanke
wiederholt angeregt worden, ohne daß es zu einer endgültigen Regelung kam.
Kraft der Haager Beschlüsse ist nunmehr ein völkerrechtliches Abkommen dahin
zustande gekommen, daß schon im Frieden eine Anzahl von Schiffen in den
Häfen und Plätzen der Seestaaten zum Hilfsdienst im Kriege bereit gehalten
werden soll, daß ferner Spitalschiffe, die von neutralen, offiziell anerkannten
Hilfsgesellschaften oder Vereinen vom Roten Kreuz ausgerüstet und zu Hilfs¬
zwecken abgeordnet sind, die Ermächtigung haben, Verwundete und Kranke an
Bord zu nehmen, wenn der neutrale Staat seine Hilfeleistung den beiden krieg¬
führenden Mächten vorher angezeigt hat.

Wie ihre Vorgängerinnen, so haben auch die Konventionen von 1906 zu
Genf und von 1907 im Haag ihre Satzungen auf die Gebote werktätiger
Menschenliebe gestützt und ein Werk geschaffen, das unseren, Jahrhundert zur
Ehre und der Menschheit zum Segen gereichen wird.

Bei dem Tode der beiden Männer, die das Werk begründet und an seinem
Ausbau wie an seiner Vertiefung mitgearbeitet und es zu einer die ganze
zivilisierte Welt umfassenden Einrichtung erhoben haben, liegt es nahe, derselben in
Dankbarkeit und Pietät zu gedenken und ihr Gedächtnis als Förderer des Zusammen¬
schlusses aller durch das Band der Nächstenliebe verbundenen Völker zu ehren.


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[0419] Das rote Rrcuz 5. der Erlaß von Bestimmungen über die Behandlung der Lazarett-Eisen¬ bahnzüge, die, wenn sie in feindliche Gewalt fallen, zwar vom Gegner zurückgehalten, aber dann zur Pflege der Verwundeten und Kranken der anderen Partei verwendet werden müssen, während das zugehörige Sanitäts¬ personal zurückgesandt wird, 6. die Anordnung von Strafgesetzen gegen mißbräuchliche Verwendung der Abzeichen des Roten Kreuzes. Das in Genf 1906 vollendete Reformwerk hat dann ein Jahr später auf dem Friedenskongreß im Haag eine nochmalige Ergänzung dahin erfahren, daß das Los der kranken und verwundeten Gefangenen zum Gegenstand besonderer Fürsorge gemacht wurde. Es handelte sich dabei um die Benachrichtigung der Familien derselben von dem Zustand und der Verfassung, in welche diese geraten. Mit Hilfe von besonders eingerichteten Bureaus auf beiden Seiten der Krieg¬ führenden soll künftighin eine Korrespondenz über die Identität und die Schicksale der Kriegsgefangenen geführt und ein Nachrichtenwesen eingeführt werden. In Zukunft werden nunmehr die Gesellschaften vom Roten Kreuz durch Vermittlung des internationalen Komitees in Genf, als der Zentralstelle für die Vertretung der Interessen desselben, gegenseitig den Gefangenen ihren Schutz und ihre Hilfe angedeihen lassen; dasselbe gilt von dem Personal der frei¬ willigen Krankenpflege. Auch an anderer Stelle hat der Haager Kongreß dazu beigetragen, dem großen Humanitätswerk von Genf weitere Ausdehnung und Ergänzung zu geben, indem er die Konvention von 1864 auf den Krieg zur See übertrug. Schon auf den früheren Versammlungen war dieser Gedanke wiederholt angeregt worden, ohne daß es zu einer endgültigen Regelung kam. Kraft der Haager Beschlüsse ist nunmehr ein völkerrechtliches Abkommen dahin zustande gekommen, daß schon im Frieden eine Anzahl von Schiffen in den Häfen und Plätzen der Seestaaten zum Hilfsdienst im Kriege bereit gehalten werden soll, daß ferner Spitalschiffe, die von neutralen, offiziell anerkannten Hilfsgesellschaften oder Vereinen vom Roten Kreuz ausgerüstet und zu Hilfs¬ zwecken abgeordnet sind, die Ermächtigung haben, Verwundete und Kranke an Bord zu nehmen, wenn der neutrale Staat seine Hilfeleistung den beiden krieg¬ führenden Mächten vorher angezeigt hat. Wie ihre Vorgängerinnen, so haben auch die Konventionen von 1906 zu Genf und von 1907 im Haag ihre Satzungen auf die Gebote werktätiger Menschenliebe gestützt und ein Werk geschaffen, das unseren, Jahrhundert zur Ehre und der Menschheit zum Segen gereichen wird. Bei dem Tode der beiden Männer, die das Werk begründet und an seinem Ausbau wie an seiner Vertiefung mitgearbeitet und es zu einer die ganze zivilisierte Welt umfassenden Einrichtung erhoben haben, liegt es nahe, derselben in Dankbarkeit und Pietät zu gedenken und ihr Gedächtnis als Förderer des Zusammen¬ schlusses aller durch das Band der Nächstenliebe verbundenen Völker zu ehren.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 70, 1911, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341893_318282/419>, abgerufen am 22.07.2024.