Die Grenzboten. Jg. 70, 1911, Zweites Vierteljahr.Beleidigung durch die Presse Interesse berührt wird, während es doch darauf ankommt, daß der Beleidiger 3. Eine Prüfung der Tatsachen selbst braucht nicht verlangt zu werden. Darnach würde ich folgende Fassung vorschlagen: "Äußerungen, die in der Absicht erfolgen, öffentliche Interessen wahr¬ Sehr berechtigt auch finde ich den Zusatz Stadthagens. Es ist in der Tat Die Revolverpresse aber wird meines Erachtens an dem vorgeschlagenen "Der Verlag, die Herausgabe oder die Redaktion einer periodischen Druck¬ Diese Bestimmung hat eine Analogie in § 35 Abs. 4. wonach der Klein¬ Beleidigung durch die Presse Interesse berührt wird, während es doch darauf ankommt, daß der Beleidiger 3. Eine Prüfung der Tatsachen selbst braucht nicht verlangt zu werden. Darnach würde ich folgende Fassung vorschlagen: „Äußerungen, die in der Absicht erfolgen, öffentliche Interessen wahr¬ Sehr berechtigt auch finde ich den Zusatz Stadthagens. Es ist in der Tat Die Revolverpresse aber wird meines Erachtens an dem vorgeschlagenen „Der Verlag, die Herausgabe oder die Redaktion einer periodischen Druck¬ Diese Bestimmung hat eine Analogie in § 35 Abs. 4. wonach der Klein¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0324" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/318607"/> <fw type="header" place="top"> Beleidigung durch die Presse</fw><lb/> <p xml:id="ID_1490" prev="#ID_1489"> Interesse berührt wird, während es doch darauf ankommt, daß der Beleidiger<lb/> ein öffentliches Interesse wahrzunehmen meinte.</p><lb/> <p xml:id="ID_1491"> 3. Eine Prüfung der Tatsachen selbst braucht nicht verlangt zu werden.<lb/> Man muß sich im gegebenen Fall auch auf die Vertrauenswürdigkeit seines<lb/> Gewährsmannes oder ähnliche Momente berufen dürfen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1492"> Darnach würde ich folgende Fassung vorschlagen:</p><lb/> <quote> „Äußerungen, die in der Absicht erfolgen, öffentliche Interessen wahr¬<lb/> zunehmen, sind straffrei, wenn der Täter bei sorgfältiger Prüfung hin¬<lb/> reichenden Grund hatte, sie für wahr zu halten."</quote><lb/> <p xml:id="ID_1493"> Sehr berechtigt auch finde ich den Zusatz Stadthagens. Es ist in der Tat<lb/> unbillig, wegen übler Nachrede zu strafen, wenn der Wahrheitsbeweis durch<lb/> den Beleidigten selbst oder seine vorgesetzte Behörde vereitelt wird. Wer es<lb/> geht doch zu weit, wenn Stadthagen in solchem Falle nur eine wissentlich<lb/> unwahre Behauptung bestraft sehen will. Es ist wohl billig, daß sich hier die<lb/> Beweislast umkehrt. Aber wird die Unwahrheit bewiesen, so muß bestraft<lb/> werden, mag selbst der Täter in gutem Glauben gehandelt haben. Danach<lb/> würden die Worte „und wider besseres Wissen" zu streichen sein.</p><lb/> <p xml:id="ID_1494"> Die Revolverpresse aber wird meines Erachtens an dem vorgeschlagenen<lb/> Schutze nicht teilhaben. Ihrer kann man sich heute und wird sich künftig<lb/> genugsam erwehren können, wendet man § 192 des Strafgesetzbuchs auf sie so<lb/> an, wie sie es verdient. Denn bei ihr ist in der Tat das „Vorliegen", d.h.<lb/> die Absicht einer Beleidigung ohne weiteres meist schon aus dem „Umstände"<lb/> der Veröffentlichung in ihren nur dem Sensationsbedürfm'sse und nicht dem<lb/> „öffentlichen Interesse" dienenden Spalten zu entnehmen. Erscheint dies aber<lb/> ungenügend, so ziehe man folgenden Vorschlag in Erwägung: H 35 der Gewerbe¬<lb/> ordnung — nach H 4 Abs. 2 des Preßgesetzes sind für den Betrieb des Pre߬<lb/> gewerbes die Bestimmungen der Gewerbeordnung maßgebend — erhalte zwischen<lb/> Absatz 5 und 6 einen weiteren Absatz dahin:</p><lb/> <quote> „Der Verlag, die Herausgabe oder die Redaktion einer periodischen Druck¬<lb/> schrift kaun einer Person untersagt werden, die wiederholt (oder: mehr als<lb/> zweimal) wegen Behauptung oder Verbreitung einer ehrenrühriger Tat¬<lb/> sache (oder kurz: nach § 186 oder Z 187 Se. G. B.) bestraft ist. Diese<lb/> Bestimmung bleibt ausgeschlossen, wenn seit der letzten Verurteilung fünfJahre<lb/> verflossen sind. Eine Bestrafung bleibt außer Betracht, wenn zwischen ihr und<lb/> der nächsten Verurteilung ein Zwischenraum von mehr als fünf Jahren liegt."</quote><lb/> <p xml:id="ID_1495"> Diese Bestimmung hat eine Analogie in § 35 Abs. 4. wonach der Klein¬<lb/> handel mit Bier untersagt werden kann, wenn der Gewerbetreibende wiederholt<lb/> wegen verbotswidrigen Ausschanks bestraft ist. Gemäß H 35 Abs. 6 kann nach<lb/> Ablauf eines Jahres seit der Untersagung die Wiederaufnahme des Gewerbe¬<lb/> betriebs gestattet werden. Man braucht also allzu große Härten aus der vor-<lb/> ges chlagenen Bestimmung kaum zu besorgen.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0324]
Beleidigung durch die Presse
Interesse berührt wird, während es doch darauf ankommt, daß der Beleidiger
ein öffentliches Interesse wahrzunehmen meinte.
3. Eine Prüfung der Tatsachen selbst braucht nicht verlangt zu werden.
Man muß sich im gegebenen Fall auch auf die Vertrauenswürdigkeit seines
Gewährsmannes oder ähnliche Momente berufen dürfen.
Darnach würde ich folgende Fassung vorschlagen:
„Äußerungen, die in der Absicht erfolgen, öffentliche Interessen wahr¬
zunehmen, sind straffrei, wenn der Täter bei sorgfältiger Prüfung hin¬
reichenden Grund hatte, sie für wahr zu halten."
Sehr berechtigt auch finde ich den Zusatz Stadthagens. Es ist in der Tat
unbillig, wegen übler Nachrede zu strafen, wenn der Wahrheitsbeweis durch
den Beleidigten selbst oder seine vorgesetzte Behörde vereitelt wird. Wer es
geht doch zu weit, wenn Stadthagen in solchem Falle nur eine wissentlich
unwahre Behauptung bestraft sehen will. Es ist wohl billig, daß sich hier die
Beweislast umkehrt. Aber wird die Unwahrheit bewiesen, so muß bestraft
werden, mag selbst der Täter in gutem Glauben gehandelt haben. Danach
würden die Worte „und wider besseres Wissen" zu streichen sein.
Die Revolverpresse aber wird meines Erachtens an dem vorgeschlagenen
Schutze nicht teilhaben. Ihrer kann man sich heute und wird sich künftig
genugsam erwehren können, wendet man § 192 des Strafgesetzbuchs auf sie so
an, wie sie es verdient. Denn bei ihr ist in der Tat das „Vorliegen", d.h.
die Absicht einer Beleidigung ohne weiteres meist schon aus dem „Umstände"
der Veröffentlichung in ihren nur dem Sensationsbedürfm'sse und nicht dem
„öffentlichen Interesse" dienenden Spalten zu entnehmen. Erscheint dies aber
ungenügend, so ziehe man folgenden Vorschlag in Erwägung: H 35 der Gewerbe¬
ordnung — nach H 4 Abs. 2 des Preßgesetzes sind für den Betrieb des Pre߬
gewerbes die Bestimmungen der Gewerbeordnung maßgebend — erhalte zwischen
Absatz 5 und 6 einen weiteren Absatz dahin:
„Der Verlag, die Herausgabe oder die Redaktion einer periodischen Druck¬
schrift kaun einer Person untersagt werden, die wiederholt (oder: mehr als
zweimal) wegen Behauptung oder Verbreitung einer ehrenrühriger Tat¬
sache (oder kurz: nach § 186 oder Z 187 Se. G. B.) bestraft ist. Diese
Bestimmung bleibt ausgeschlossen, wenn seit der letzten Verurteilung fünfJahre
verflossen sind. Eine Bestrafung bleibt außer Betracht, wenn zwischen ihr und
der nächsten Verurteilung ein Zwischenraum von mehr als fünf Jahren liegt."
Diese Bestimmung hat eine Analogie in § 35 Abs. 4. wonach der Klein¬
handel mit Bier untersagt werden kann, wenn der Gewerbetreibende wiederholt
wegen verbotswidrigen Ausschanks bestraft ist. Gemäß H 35 Abs. 6 kann nach
Ablauf eines Jahres seit der Untersagung die Wiederaufnahme des Gewerbe¬
betriebs gestattet werden. Man braucht also allzu große Härten aus der vor-
ges chlagenen Bestimmung kaum zu besorgen.
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