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Die Grenzboten. Jg. 70, 1911, Erstes Vierteljahr.

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tMx're Schule und konmiunale Sclbstvcrivaltung

Rechte der Kuratorien als "äußere" und nennt die aus der Aufsichtspflicht
erwachsenden Rechte "innere" Angelegenheiten. Innere Angelegenheiten der
höheren Schulen sind also alle diejenigen, welche nur der Aufsicht des Staates
unterstehen können, nach den Prinzipien des geltenden, oben dargelegten Rechtes.
Ein direkter Einfluß auf die dienstliche Tätigkeit, welche innerhalb des Schul¬
betriebs ausgeübt wird, würde mit diesen Prinzipien in Widerspruch stehen.
So hat die Staatsregierung und Recht in der letztzitierten Verfügung eine
Revision durch die Schuldeputation in den höheren Schulen für ungesetzlich erklärt.
So ist auch ein Einfluß auf die dienstlichen Angelegenheiten der Oberlehrer
selbst gesetzwidrig. Eine besondere Verfügung vom 5. August 1887 (Beier S. 1074)
weist den Anspruch, deren Nebenbeschäftigung genehmigen zu dürfen, ab, ganz
im Sinne der gesetzlichen Grundlagen als Eingriff in ein staatliches Hoheitsrecht.

Aus der einleitenden historischen Betrachtung ergibt sich auch eine meines
Erachtens einwandfreie rechtliche Begründung der Kuratorien selbst. Auch wenn
Preuß und seiner bekannten Bestreitung der Rechtsgültigkeit des Erlasses vom
26. Juni 1811 recht hätte, so wären doch die Kuratorien dadurch rechtlich
sanktioniert, daß das Allgemeine Landrecht ihre Existenz voraussetzt; denn die
Bestimmung, daß die Lehrer aller höheren Schulen Rechte und Pflichten der
Staatsdiener haben, setzt Schulen voraus, die nicht direkt Staatsanstalten sind,
das sind aber die bestehenden Patronatsschulen. Eine Verfassung nun, welche
deren Rechtsverhältnisse regelt, legalisiert damit zugleich die Institution, auf
welche sich diese ihre Bestimmungen beziehen. Somit ergibt sich auch aus dieser
Übersicht die Tatsache, daß das Allgemeine Landrecht in erster Linie rück¬
wärts schaut auf das achtzehnte Jahrhundert und nur ans den damals bestehenden
Verhältnissen heraus gedeutet werden darf. Wir haben aber auch gesehen,
daß, wie so oft in ähnlichen Verhältnissen, auch in unserer speziellen Frage
die Entwicklung durch das ganze neunzehnte Jahrhundert darin bestand, daß
die neu auftretenden Verhältnisse dem klar ausgesprochenen Grundgedanken
angepaßt werden mußten. An der Hand dieses Grundgedankens, des Aufsichts¬
rechts des Staates über alle Schulen, war es uns auch möglich, die mannig¬
faltigen zerstreuten Äußerungen des gesetzgebenden Willens als planmäßige,
konsequente Akte zu erfassen, und wir glauben, damit auch sür die Zukunft die
Richtung gefunden zu haben, in welcher sich die weiteren Schritte der Ent¬
wicklung bewegen werden.

Noch ein anderes aber ergibt sich aus dieser geschichtlichen Entwicklung,
die wichtige Tatsache nämlich, daß die höhere Schule niemals auf dem Wege
der Entwicklung der kommunalen Selbstverwaltung liegen kann. Das Allgemeine
Landrecht entriß ja gerade diese Anstalten den fremden Händen und übertrug
sie sachlich der Staatsgewalt. Es wäre also ein Rückschritt ins achtzehnte Jahr¬
hundert, wollte der Staat diese seine Pflicht wieder von sich auf Dritte abwälzen.
Die Vertreter der kommunalen Selbstverwaltungskörper oder die sonstigen Vor¬
kämpfer für eine Verstärkung der Rechte der Stadtverwaltungen auf "ihre"


tMx're Schule und konmiunale Sclbstvcrivaltung

Rechte der Kuratorien als „äußere" und nennt die aus der Aufsichtspflicht
erwachsenden Rechte „innere" Angelegenheiten. Innere Angelegenheiten der
höheren Schulen sind also alle diejenigen, welche nur der Aufsicht des Staates
unterstehen können, nach den Prinzipien des geltenden, oben dargelegten Rechtes.
Ein direkter Einfluß auf die dienstliche Tätigkeit, welche innerhalb des Schul¬
betriebs ausgeübt wird, würde mit diesen Prinzipien in Widerspruch stehen.
So hat die Staatsregierung und Recht in der letztzitierten Verfügung eine
Revision durch die Schuldeputation in den höheren Schulen für ungesetzlich erklärt.
So ist auch ein Einfluß auf die dienstlichen Angelegenheiten der Oberlehrer
selbst gesetzwidrig. Eine besondere Verfügung vom 5. August 1887 (Beier S. 1074)
weist den Anspruch, deren Nebenbeschäftigung genehmigen zu dürfen, ab, ganz
im Sinne der gesetzlichen Grundlagen als Eingriff in ein staatliches Hoheitsrecht.

Aus der einleitenden historischen Betrachtung ergibt sich auch eine meines
Erachtens einwandfreie rechtliche Begründung der Kuratorien selbst. Auch wenn
Preuß und seiner bekannten Bestreitung der Rechtsgültigkeit des Erlasses vom
26. Juni 1811 recht hätte, so wären doch die Kuratorien dadurch rechtlich
sanktioniert, daß das Allgemeine Landrecht ihre Existenz voraussetzt; denn die
Bestimmung, daß die Lehrer aller höheren Schulen Rechte und Pflichten der
Staatsdiener haben, setzt Schulen voraus, die nicht direkt Staatsanstalten sind,
das sind aber die bestehenden Patronatsschulen. Eine Verfassung nun, welche
deren Rechtsverhältnisse regelt, legalisiert damit zugleich die Institution, auf
welche sich diese ihre Bestimmungen beziehen. Somit ergibt sich auch aus dieser
Übersicht die Tatsache, daß das Allgemeine Landrecht in erster Linie rück¬
wärts schaut auf das achtzehnte Jahrhundert und nur ans den damals bestehenden
Verhältnissen heraus gedeutet werden darf. Wir haben aber auch gesehen,
daß, wie so oft in ähnlichen Verhältnissen, auch in unserer speziellen Frage
die Entwicklung durch das ganze neunzehnte Jahrhundert darin bestand, daß
die neu auftretenden Verhältnisse dem klar ausgesprochenen Grundgedanken
angepaßt werden mußten. An der Hand dieses Grundgedankens, des Aufsichts¬
rechts des Staates über alle Schulen, war es uns auch möglich, die mannig¬
faltigen zerstreuten Äußerungen des gesetzgebenden Willens als planmäßige,
konsequente Akte zu erfassen, und wir glauben, damit auch sür die Zukunft die
Richtung gefunden zu haben, in welcher sich die weiteren Schritte der Ent¬
wicklung bewegen werden.

Noch ein anderes aber ergibt sich aus dieser geschichtlichen Entwicklung,
die wichtige Tatsache nämlich, daß die höhere Schule niemals auf dem Wege
der Entwicklung der kommunalen Selbstverwaltung liegen kann. Das Allgemeine
Landrecht entriß ja gerade diese Anstalten den fremden Händen und übertrug
sie sachlich der Staatsgewalt. Es wäre also ein Rückschritt ins achtzehnte Jahr¬
hundert, wollte der Staat diese seine Pflicht wieder von sich auf Dritte abwälzen.
Die Vertreter der kommunalen Selbstverwaltungskörper oder die sonstigen Vor¬
kämpfer für eine Verstärkung der Rechte der Stadtverwaltungen auf „ihre"


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 70, 1911, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341893_317612/91>, abgerufen am 24.07.2024.