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Die Grenzboten. Jg. 70, 1911, Erstes Vierteljahr.

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in diesem Falle wohl vertreten durch ihren Direktor Helfferich, einen unbestrittenen
und bedeutenden Erfolg errungen, bedeutend, trotz der geringfügigen Konzession,
die man dem englischen Kapital hat machen müssen und die erforderlich war,
sollte die Durchführung der gewaltigen Aufgabe dem deutschen Unternehmungs¬
geist vorbehalten bleiben. Die Leitung der Deutschen Bank hat auch hier
wieder gezeigt, daß sie -- in wohltuendem Gegensatz zu den Geschäftsmaximen
anderer Großbanken -- in großzügigster Weise ihre wirtschaftliche Macht in
den Dienst einer nationalen Aufgabe zu stellen bereit ist; die Früchte einer so
einsichtsvollen Geschäftsführung werden reifen und ihr verdientermaßen zufallen.

Aus Köln kommt die Nachricht, daß die Stadtgemeinden des Rheinlands
der Gründung einer Städtebank nähertreten wollen und im Prinzip die
Errichtung einer Aktiengesellschaft zur Vermittlung und Befriedigung des
kommunalen Anleihebedürfnisses, einer Deutschen Kommunalbank, beschlossen
haben. Ein solches Projekt beschäftigt die Finanzpolitiker der Stadtgemeinden
schon seit geraumer Zeit, und der von Landrat Trüstedt-Behrend und Genossen
ausgearbeitete Entwurf zeigt auch einen Weg, auf dem Abhilfe geschaffen werden
kann. Es besteht kein Zweifel, daß die Organisation des Kommunalkredites in
Deutschland viel zu wünschen Lbrig läßt. In keinem Kulturland der Welt sind die
Bedürfnisse der Gemeinden nach Anleihekredit so erheblich wie in Deutschland.
Dies hängt zusammen mit den gesteigerten Aufgaben, die sich die deutschen
Stadtgemeinden stellen, insbesondere mit der fortschreitenden Kommunalisterung
wirtschaftlicher Betriebe. Die großen finanziellen Mittel, die hierzu erforderlich
sind, werden in Deutschland durch unmittelbare Inanspruchnahme des Geld¬
marktes aufgebracht, während bekanntlich in Frankreich der kommunale Kredit
im Lröäit ponciel- zentralisiert ist und in England die Kreditbedürfnisse der
Gemeinden durch den Staat selbst befriedigt werden, der auf Grund dieser
Vorschüsse einen besonderen Anleihetyp, den local koan ZtocK, zur Ausgabe
bringt. Diese außerordentlichen Bedürfnisse der Gemeinden nehmen daher den
deutschen Geldmarkt erheblich in Anspruch. Überdies verkürzt die Konkurrenz
der großen Gemeinden, die für ihre Anleihen willigere Abnehmer finden als
die kleinen, die letzteren in der Beschaffung der Kapitalien erheblich, zumal den
kleinen Anleihen der öffentliche Markt der Börse verschlossen bleibt. Der
Gedanke, ein besonderes Kreditinstitut zu schaffen, das nach Art der Hypotheken¬
banken im Wege der Kreditsubstitution Obligationen ausgibt und die Befriedigung
der kommunalen Bedürfnisse übernimmt, lag daher nahe.

Die Leser der Grenzboten sind über die Entwicklung des Planes durch
die ausführlichen Berichte des Geheimen Regierungsrath Dr. jur. Seidel in
Ur. 32 und 50 vom Jahre 1910 unterrichtet worden. In jenen Artikeln sind
auch die Bedenken zu Worte gekommen, die sich dein Unternehmen entgegen¬
stellten. Die wichtigsten von ihnen, vor allen Dingen die Gefahr einer
ungünstigen Einwirkung der städtischen Obligationen auf den Kursstand der
Staatspapiere, sind inzwischen behoben worden. Außer den Stadtgemeinden des


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in diesem Falle wohl vertreten durch ihren Direktor Helfferich, einen unbestrittenen
und bedeutenden Erfolg errungen, bedeutend, trotz der geringfügigen Konzession,
die man dem englischen Kapital hat machen müssen und die erforderlich war,
sollte die Durchführung der gewaltigen Aufgabe dem deutschen Unternehmungs¬
geist vorbehalten bleiben. Die Leitung der Deutschen Bank hat auch hier
wieder gezeigt, daß sie — in wohltuendem Gegensatz zu den Geschäftsmaximen
anderer Großbanken — in großzügigster Weise ihre wirtschaftliche Macht in
den Dienst einer nationalen Aufgabe zu stellen bereit ist; die Früchte einer so
einsichtsvollen Geschäftsführung werden reifen und ihr verdientermaßen zufallen.

Aus Köln kommt die Nachricht, daß die Stadtgemeinden des Rheinlands
der Gründung einer Städtebank nähertreten wollen und im Prinzip die
Errichtung einer Aktiengesellschaft zur Vermittlung und Befriedigung des
kommunalen Anleihebedürfnisses, einer Deutschen Kommunalbank, beschlossen
haben. Ein solches Projekt beschäftigt die Finanzpolitiker der Stadtgemeinden
schon seit geraumer Zeit, und der von Landrat Trüstedt-Behrend und Genossen
ausgearbeitete Entwurf zeigt auch einen Weg, auf dem Abhilfe geschaffen werden
kann. Es besteht kein Zweifel, daß die Organisation des Kommunalkredites in
Deutschland viel zu wünschen Lbrig läßt. In keinem Kulturland der Welt sind die
Bedürfnisse der Gemeinden nach Anleihekredit so erheblich wie in Deutschland.
Dies hängt zusammen mit den gesteigerten Aufgaben, die sich die deutschen
Stadtgemeinden stellen, insbesondere mit der fortschreitenden Kommunalisterung
wirtschaftlicher Betriebe. Die großen finanziellen Mittel, die hierzu erforderlich
sind, werden in Deutschland durch unmittelbare Inanspruchnahme des Geld¬
marktes aufgebracht, während bekanntlich in Frankreich der kommunale Kredit
im Lröäit ponciel- zentralisiert ist und in England die Kreditbedürfnisse der
Gemeinden durch den Staat selbst befriedigt werden, der auf Grund dieser
Vorschüsse einen besonderen Anleihetyp, den local koan ZtocK, zur Ausgabe
bringt. Diese außerordentlichen Bedürfnisse der Gemeinden nehmen daher den
deutschen Geldmarkt erheblich in Anspruch. Überdies verkürzt die Konkurrenz
der großen Gemeinden, die für ihre Anleihen willigere Abnehmer finden als
die kleinen, die letzteren in der Beschaffung der Kapitalien erheblich, zumal den
kleinen Anleihen der öffentliche Markt der Börse verschlossen bleibt. Der
Gedanke, ein besonderes Kreditinstitut zu schaffen, das nach Art der Hypotheken¬
banken im Wege der Kreditsubstitution Obligationen ausgibt und die Befriedigung
der kommunalen Bedürfnisse übernimmt, lag daher nahe.

Die Leser der Grenzboten sind über die Entwicklung des Planes durch
die ausführlichen Berichte des Geheimen Regierungsrath Dr. jur. Seidel in
Ur. 32 und 50 vom Jahre 1910 unterrichtet worden. In jenen Artikeln sind
auch die Bedenken zu Worte gekommen, die sich dein Unternehmen entgegen¬
stellten. Die wichtigsten von ihnen, vor allen Dingen die Gefahr einer
ungünstigen Einwirkung der städtischen Obligationen auf den Kursstand der
Staatspapiere, sind inzwischen behoben worden. Außer den Stadtgemeinden des


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 70, 1911, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341893_317612/660>, abgerufen am 29.12.2024.