Die Grenzboten. Jg. 70, 1911, Erstes Vierteljahr.Maßgebliches und Unmaßgebliches [Beginn Spaltensatz] Lernens, für die Gewinnung dauernder Herr¬ können nur durch Erfahrungen gelöst werde", Völkerrecht Luftschiffahrt und Völkerrecht. Die Schlu߬ Maßgebliches und Unmaßgebliches [Beginn Spaltensatz] Lernens, für die Gewinnung dauernder Herr¬ können nur durch Erfahrungen gelöst werde», Völkerrecht Luftschiffahrt und Völkerrecht. Die Schlu߬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0358" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/317971"/> <fw type="header" place="top"> Maßgebliches und Unmaßgebliches</fw><lb/> <cb type="start"/> <p xml:id="ID_1677" prev="#ID_1676" next="#ID_1678"> Lernens, für die Gewinnung dauernder Herr¬<lb/> schaft über einen Stoff stetige RePetitionen für<lb/> »»erläßlich und diese in ihrem Werte durch<lb/> eine auf kürzere Zeit zusammengedrängte, wenn<lb/> auch viel intensivere Beschäftigung mit dem<lb/> Stoff nicht für ersetzbar halten, läßt sich gegen<lb/> Collatz schwerlich ins Feld führen, denn die<lb/> Kontinuität der Beschäftigung mit einem Stoff<lb/> ans dem Gymnasium ist ja, wenigstens zum<lb/> Teil, nur eine scheinbare oder ganz äußerliche.<lb/> Tatsächlich wird im üblichen Schulbetrieb die<lb/> Ac»»t»is der Geographie Deutschlands durch<lb/> die Beschreibung Südamerikas keine nennens¬<lb/> werte Forderung erfahren. Die Ausdehnung<lb/> des Unterrichts in einem Fach über die ganze<lb/> Schulzeit macht es beinahe zur Notwendigkeit,<lb/> den vereinheitlichenden Gesichtspunkt der Be¬<lb/> trachtung aus dem Auge zu verlieren, zumal<lb/> meistens gar mannigfach organisierte Köpfe<lb/> am Werke sind, Sinn und Bedeutung eines<lb/> Wissensgebietes den jugendlichen Seelen zu<lb/> erschließen. Dadurch wird aber das wahre<lb/> Lerne», das zur inneren Bereicherung führt,<lb/> M einem geistlosen Einpauker des nötigen<lb/> Wissens für Exannna herabgewürdigt. Daß<lb/> die intensivere Hingabe an einen Stoff während<lb/> eines bestimmten Zeitraumes überdies Lehrer<lb/> und Schüler viel enger zusammenführe» würde<lb/> und die vom Lehrer zu gewährende Anleitung<lb/> dadurch dem einzelnen Individuum besser an¬<lb/> gepaßt werden könnte, wäre von nicht zu unter¬<lb/> schätzender Bedeutung. Es sollte alles versucht<lb/> werden, Ruhe, Sammliing und Vertiefung<lb/> im Ghmncisium walten zu lassen, denn nur<lb/> so wird der Boden bereitet für fruchtbringende<lb/> Arbeit auf der Hochschule oder im praktische»<lb/> Lebe». Gerade durch die Konzentration auf<lb/> relativ beschränkte Gedankenkreise wird die<lb/> Selbständigkeit des Denkens gefördert, während<lb/> das übliche, bunte Vielerlei der gleichzeitig<lb/> dargebotenen geistigen Nahrung nnr Ober¬<lb/> flächlichkeit oder das Gefühl des Erdrückt-<lb/> werdeus erzeuge» kann. Die Notwendigkeit,<lb/> der unheilvollen Zersplitterung der Kräfte zu<lb/> steuern, ist von hervorragenden Schnlmäiiiiern<lb/> immer wieder hervorgehoben worden, deshalb<lb/> muß Eollatz' Vorschlag in Erwägung gezogen<lb/> und eve»duckt el» wohldurchdachter, Praktischer<lb/> Versuch vorgenommen werden. Daß mit der<lb/> Schule nicht erperimentiert werde» dürfe, ist<lb/> eine unhaltbare Phrase, denn Schulprobleme</p> <cb/><lb/> <p xml:id="ID_1678" prev="#ID_1677"> können nur durch Erfahrungen gelöst werde»,<lb/> die in der Schule gewonnen wurde». Der<lb/> Weg zur Realisierung seiner Ideen wird von<lb/> Collatz i» der vorliegenden Broschüre nnr an¬<lb/> gedeutet. Die Überlegung erfahrener Schul¬<lb/> männer sollte an dieser Stelle einsetze».<lb/> Erwähnt sei noch, daß die von Collatz vor¬<lb/> geschlagene zeitweilige Konzentration ans ver¬<lb/> hältnismäßig wenige Fächer seiner Meinung<lb/> nach eine Verminderung der Lehrstunden und<lb/> somit eine Entlastung der Schüler bewirken<lb/> würde, was — wie man auch über die Über-<lb/> bürdungsfrage denken mag — ein nicht zu<lb/> verachtendes Ergebnis der neuen Organisation<lb/> des Unterrichts wäre. Über einen Überfluß<lb/> an Muße wird sich die Jugend immerhin nicht<lb/><note type="byline"> Dr. M. Aelchner-</note> zu beklagen haben. </p> </div> <div n="2"> <head> Völkerrecht</head> <p xml:id="ID_1679" next="#ID_1680"> Luftschiffahrt und Völkerrecht. Die Schlu߬<lb/> akte derHangerFriedenslonferenz vom29.Juli<lb/> 1899 enthält eine Bestimmung, in der es heißt!<lb/> „Die vertragschließenden Mächte sind dahin<lb/> übereingekommen, daß das Werfen von Ge¬<lb/> schossen und Sprengstoffen aus Luftschiffer oder<lb/> auf anderen ähnlichen neuen Wegen auf die<lb/> Dauer von fü»f Jahren verboten ist." Diese<lb/> Bestimmung ist zwar, wie ihr Wortlaut ergibt,<lb/> bereits außer Kraft getreten, sie zeigt aber,<lb/> daß man schon damals an die Möglichkeit<lb/> gedachthat, LnftfahrzeugefüririegerischeZwecke<lb/> zu verwenden. Allerdings waren ja auch im<lb/> deutsch-französischen Kriege Luftballons in<lb/> Tätigkeit getreten. Diese hatte sich jedoch auf<lb/> Rekognoszierungszwecke beschränkt; als Mittel,<lb/> dem Feinde Schädigungen zuzufügen, haben<lb/> Luftschiffe auch bei den kriegerische» Verwicke¬<lb/> lungen der letzten Jahre noch nicht zu dienen<lb/> vermocht. Nachdem nunmehr der Luftraum<lb/> der Herrschaft des Menschen unterworfen ist,<lb/> besteht in erweitertem Maße die Möglichkeit,<lb/> ihn neben dem festen Lande und dem Meere<lb/> zum Schauplatz völkerrechtlich bedcntsamcrVor-<lb/> gä»ge, insbesondere kriegerischer Operationen<lb/> zu machen. Die Beurteilung derselben ist eine<lb/> verschiedene, je nach den Teilen der Erdober¬<lb/> fläche, über denen sie sich abspielen. Wie das<lb/> offene Meer selbst, so ist auch der darüber be-<lb/> findliche Luftraum frei. Wie beispielsweise die<lb/> Fischerei auf offenem Meere von Angehörigen<lb/> aller Nationen ausgeübt werden darf, so steht</p> <cb type="end"/><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0358]
Maßgebliches und Unmaßgebliches
Lernens, für die Gewinnung dauernder Herr¬
schaft über einen Stoff stetige RePetitionen für
»»erläßlich und diese in ihrem Werte durch
eine auf kürzere Zeit zusammengedrängte, wenn
auch viel intensivere Beschäftigung mit dem
Stoff nicht für ersetzbar halten, läßt sich gegen
Collatz schwerlich ins Feld führen, denn die
Kontinuität der Beschäftigung mit einem Stoff
ans dem Gymnasium ist ja, wenigstens zum
Teil, nur eine scheinbare oder ganz äußerliche.
Tatsächlich wird im üblichen Schulbetrieb die
Ac»»t»is der Geographie Deutschlands durch
die Beschreibung Südamerikas keine nennens¬
werte Forderung erfahren. Die Ausdehnung
des Unterrichts in einem Fach über die ganze
Schulzeit macht es beinahe zur Notwendigkeit,
den vereinheitlichenden Gesichtspunkt der Be¬
trachtung aus dem Auge zu verlieren, zumal
meistens gar mannigfach organisierte Köpfe
am Werke sind, Sinn und Bedeutung eines
Wissensgebietes den jugendlichen Seelen zu
erschließen. Dadurch wird aber das wahre
Lerne», das zur inneren Bereicherung führt,
M einem geistlosen Einpauker des nötigen
Wissens für Exannna herabgewürdigt. Daß
die intensivere Hingabe an einen Stoff während
eines bestimmten Zeitraumes überdies Lehrer
und Schüler viel enger zusammenführe» würde
und die vom Lehrer zu gewährende Anleitung
dadurch dem einzelnen Individuum besser an¬
gepaßt werden könnte, wäre von nicht zu unter¬
schätzender Bedeutung. Es sollte alles versucht
werden, Ruhe, Sammliing und Vertiefung
im Ghmncisium walten zu lassen, denn nur
so wird der Boden bereitet für fruchtbringende
Arbeit auf der Hochschule oder im praktische»
Lebe». Gerade durch die Konzentration auf
relativ beschränkte Gedankenkreise wird die
Selbständigkeit des Denkens gefördert, während
das übliche, bunte Vielerlei der gleichzeitig
dargebotenen geistigen Nahrung nnr Ober¬
flächlichkeit oder das Gefühl des Erdrückt-
werdeus erzeuge» kann. Die Notwendigkeit,
der unheilvollen Zersplitterung der Kräfte zu
steuern, ist von hervorragenden Schnlmäiiiiern
immer wieder hervorgehoben worden, deshalb
muß Eollatz' Vorschlag in Erwägung gezogen
und eve»duckt el» wohldurchdachter, Praktischer
Versuch vorgenommen werden. Daß mit der
Schule nicht erperimentiert werde» dürfe, ist
eine unhaltbare Phrase, denn Schulprobleme
können nur durch Erfahrungen gelöst werde»,
die in der Schule gewonnen wurde». Der
Weg zur Realisierung seiner Ideen wird von
Collatz i» der vorliegenden Broschüre nnr an¬
gedeutet. Die Überlegung erfahrener Schul¬
männer sollte an dieser Stelle einsetze».
Erwähnt sei noch, daß die von Collatz vor¬
geschlagene zeitweilige Konzentration ans ver¬
hältnismäßig wenige Fächer seiner Meinung
nach eine Verminderung der Lehrstunden und
somit eine Entlastung der Schüler bewirken
würde, was — wie man auch über die Über-
bürdungsfrage denken mag — ein nicht zu
verachtendes Ergebnis der neuen Organisation
des Unterrichts wäre. Über einen Überfluß
an Muße wird sich die Jugend immerhin nicht
Dr. M. Aelchner- zu beklagen haben.
Völkerrecht Luftschiffahrt und Völkerrecht. Die Schlu߬
akte derHangerFriedenslonferenz vom29.Juli
1899 enthält eine Bestimmung, in der es heißt!
„Die vertragschließenden Mächte sind dahin
übereingekommen, daß das Werfen von Ge¬
schossen und Sprengstoffen aus Luftschiffer oder
auf anderen ähnlichen neuen Wegen auf die
Dauer von fü»f Jahren verboten ist." Diese
Bestimmung ist zwar, wie ihr Wortlaut ergibt,
bereits außer Kraft getreten, sie zeigt aber,
daß man schon damals an die Möglichkeit
gedachthat, LnftfahrzeugefüririegerischeZwecke
zu verwenden. Allerdings waren ja auch im
deutsch-französischen Kriege Luftballons in
Tätigkeit getreten. Diese hatte sich jedoch auf
Rekognoszierungszwecke beschränkt; als Mittel,
dem Feinde Schädigungen zuzufügen, haben
Luftschiffe auch bei den kriegerische» Verwicke¬
lungen der letzten Jahre noch nicht zu dienen
vermocht. Nachdem nunmehr der Luftraum
der Herrschaft des Menschen unterworfen ist,
besteht in erweitertem Maße die Möglichkeit,
ihn neben dem festen Lande und dem Meere
zum Schauplatz völkerrechtlich bedcntsamcrVor-
gä»ge, insbesondere kriegerischer Operationen
zu machen. Die Beurteilung derselben ist eine
verschiedene, je nach den Teilen der Erdober¬
fläche, über denen sie sich abspielen. Wie das
offene Meer selbst, so ist auch der darüber be-
findliche Luftraum frei. Wie beispielsweise die
Fischerei auf offenem Meere von Angehörigen
aller Nationen ausgeübt werden darf, so steht
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