Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 69, 1910, Viertes Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite
Llcktnschc Überlandzentralen

erfahrenen -- Firmenleiter lassen sich auf Uferlosigkeiten nicht ein; und -- nun
gelingt plötzlich, was bisher unmöglich schien -- die Akquisitionsingenieure der
Firma kommen mit bindenden Erklärungen leistungsfähiger Kunden, die sich
verpflichten, für soundso viel Jahre jährlich mindestens die und die Menge
Energie abzunehmen und zu bezahlen. Ja! sagte mir ein solcher Ingenieur
kürzlich, solange ich den Leuten sagen kann: .Wenn ich nicht genug Verpflichtungs¬
scheine bringen kann, wird aus der ganzen Sache nichts/ solange rede ich mit
ihnen. Wenn aber der erste Spatenstich getan ist, dann reden sie mit mir.

Eine weitere Aussicht auf Besserung der Verhältnisse erwächst aus der
Tätigkeit der Provinzialverbände. Diese haben begonnen, Sachverständige der
oben angegebenen Art heranzuziehen und für die Prüfung der Entwürfe zur
Verfügung zu stellen, wobei sie oft sogar die Kosten übernehmen. Wenn so
der Sachverständige innerhalb derselben Provinz wiederholt mit derartigen
Arbeiten betraut wird, so wird er bald auch ein Auge für die Besonderheiten
der Gegend bekommen, also mehr leisten können, als oben geschildert wurde.

Diese Sachverständigen werden dann sehr bald durch Sammlung eigener
Erfahrungen und Austausch mit denen ihrer in anderen Gegenden arbeitenden
Kollegen zu einer Art Statistik der Betriebsverhältnisse gelangen, die als
Unterlage für den weiteren Ausbau des Netzes von Überlandzentralen dienen
kann. Das Fehlen einer solchen Statistik empfindet jeder, dem der Einwurf
entgegentritt: "Die Landwirtschaft ist einer der schlechtesten Kunden der Elek¬
trizitätswerke. Sie braucht sür gewöhnlich sehr wenig Strom, belastet dann
aber für kurze Zeiten das Netz mit ganz ungeheuren Anforderungen. Ohne
Anschluß industrieller Anlagen ist ein Elektrizitätswerk nicht denkbar." Will
man aber bestimmte Zahlen haben, fragt man, ob die geforderte Höchstleistung
nun das Dreifache, das Zehnfache oder das Zwanzigfache der Durchschnittsleistung
betrügt, dann bleibt die Antwort aus. Und doch liegt hier die Frage vor, von
deren Beantwortung die Rentabilitätsberechnung in erster Linie abhängt. Nach
der geforderten Höchstleistung muß die Größe des Werkes berechnet werden,
von ihr sind also die Anlagekosten und damit Zinsen und Tilgungsbetrag, die
den größten Teil der jährlichen Unkosten ausmachen, abhängig, die Einnahme
dagegen von der Durchschnittsentnahme an Energie.

Die Frage ist um so wichtiger, als man bei neuen Zentralen ganz über¬
wiegend auf die Landwirtschaft angewiesen sein wird. Die Einbeziehung der
Industrie, wo solche überhaupt vorhanden ist, stößt nämlich auf Schwierigkeiten.
Schon jetzt beobachten wir in den mit elektrischer Energie versorgten Städten,
daß größere Fabriken bei ihrer alten Dampfmaschine bleiben, Elektrizität wird
ihnen zu teuer. Die Überlandzentralen werden die Einheitspreise etwas niedriger
ansetzen können als die zurzeit bei städtischen Elektrizitätswerken üblichen (20
bis 23 Pfennig), allzuweit (unter 14 Pfennig) werden sie aber auch nur in
Ausnahmefällen herabgehen können. Bei solchen Strompreisen ist der Elektro¬
motor für kleine oder stark wechselnde Leistungen jeder anderen Kraftmaschine


Llcktnschc Überlandzentralen

erfahrenen — Firmenleiter lassen sich auf Uferlosigkeiten nicht ein; und — nun
gelingt plötzlich, was bisher unmöglich schien — die Akquisitionsingenieure der
Firma kommen mit bindenden Erklärungen leistungsfähiger Kunden, die sich
verpflichten, für soundso viel Jahre jährlich mindestens die und die Menge
Energie abzunehmen und zu bezahlen. Ja! sagte mir ein solcher Ingenieur
kürzlich, solange ich den Leuten sagen kann: .Wenn ich nicht genug Verpflichtungs¬
scheine bringen kann, wird aus der ganzen Sache nichts/ solange rede ich mit
ihnen. Wenn aber der erste Spatenstich getan ist, dann reden sie mit mir.

Eine weitere Aussicht auf Besserung der Verhältnisse erwächst aus der
Tätigkeit der Provinzialverbände. Diese haben begonnen, Sachverständige der
oben angegebenen Art heranzuziehen und für die Prüfung der Entwürfe zur
Verfügung zu stellen, wobei sie oft sogar die Kosten übernehmen. Wenn so
der Sachverständige innerhalb derselben Provinz wiederholt mit derartigen
Arbeiten betraut wird, so wird er bald auch ein Auge für die Besonderheiten
der Gegend bekommen, also mehr leisten können, als oben geschildert wurde.

Diese Sachverständigen werden dann sehr bald durch Sammlung eigener
Erfahrungen und Austausch mit denen ihrer in anderen Gegenden arbeitenden
Kollegen zu einer Art Statistik der Betriebsverhältnisse gelangen, die als
Unterlage für den weiteren Ausbau des Netzes von Überlandzentralen dienen
kann. Das Fehlen einer solchen Statistik empfindet jeder, dem der Einwurf
entgegentritt: „Die Landwirtschaft ist einer der schlechtesten Kunden der Elek¬
trizitätswerke. Sie braucht sür gewöhnlich sehr wenig Strom, belastet dann
aber für kurze Zeiten das Netz mit ganz ungeheuren Anforderungen. Ohne
Anschluß industrieller Anlagen ist ein Elektrizitätswerk nicht denkbar." Will
man aber bestimmte Zahlen haben, fragt man, ob die geforderte Höchstleistung
nun das Dreifache, das Zehnfache oder das Zwanzigfache der Durchschnittsleistung
betrügt, dann bleibt die Antwort aus. Und doch liegt hier die Frage vor, von
deren Beantwortung die Rentabilitätsberechnung in erster Linie abhängt. Nach
der geforderten Höchstleistung muß die Größe des Werkes berechnet werden,
von ihr sind also die Anlagekosten und damit Zinsen und Tilgungsbetrag, die
den größten Teil der jährlichen Unkosten ausmachen, abhängig, die Einnahme
dagegen von der Durchschnittsentnahme an Energie.

Die Frage ist um so wichtiger, als man bei neuen Zentralen ganz über¬
wiegend auf die Landwirtschaft angewiesen sein wird. Die Einbeziehung der
Industrie, wo solche überhaupt vorhanden ist, stößt nämlich auf Schwierigkeiten.
Schon jetzt beobachten wir in den mit elektrischer Energie versorgten Städten,
daß größere Fabriken bei ihrer alten Dampfmaschine bleiben, Elektrizität wird
ihnen zu teuer. Die Überlandzentralen werden die Einheitspreise etwas niedriger
ansetzen können als die zurzeit bei städtischen Elektrizitätswerken üblichen (20
bis 23 Pfennig), allzuweit (unter 14 Pfennig) werden sie aber auch nur in
Ausnahmefällen herabgehen können. Bei solchen Strompreisen ist der Elektro¬
motor für kleine oder stark wechselnde Leistungen jeder anderen Kraftmaschine


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0379" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/317330"/>
          <fw type="header" place="top"> Llcktnschc Überlandzentralen</fw><lb/>
          <p xml:id="ID_1707" prev="#ID_1706"> erfahrenen &#x2014; Firmenleiter lassen sich auf Uferlosigkeiten nicht ein; und &#x2014; nun<lb/>
gelingt plötzlich, was bisher unmöglich schien &#x2014; die Akquisitionsingenieure der<lb/>
Firma kommen mit bindenden Erklärungen leistungsfähiger Kunden, die sich<lb/>
verpflichten, für soundso viel Jahre jährlich mindestens die und die Menge<lb/>
Energie abzunehmen und zu bezahlen. Ja! sagte mir ein solcher Ingenieur<lb/>
kürzlich, solange ich den Leuten sagen kann: .Wenn ich nicht genug Verpflichtungs¬<lb/>
scheine bringen kann, wird aus der ganzen Sache nichts/ solange rede ich mit<lb/>
ihnen.  Wenn aber der erste Spatenstich getan ist, dann reden sie mit mir.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1708"> Eine weitere Aussicht auf Besserung der Verhältnisse erwächst aus der<lb/>
Tätigkeit der Provinzialverbände. Diese haben begonnen, Sachverständige der<lb/>
oben angegebenen Art heranzuziehen und für die Prüfung der Entwürfe zur<lb/>
Verfügung zu stellen, wobei sie oft sogar die Kosten übernehmen. Wenn so<lb/>
der Sachverständige innerhalb derselben Provinz wiederholt mit derartigen<lb/>
Arbeiten betraut wird, so wird er bald auch ein Auge für die Besonderheiten<lb/>
der Gegend bekommen, also mehr leisten können, als oben geschildert wurde.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1709"> Diese Sachverständigen werden dann sehr bald durch Sammlung eigener<lb/>
Erfahrungen und Austausch mit denen ihrer in anderen Gegenden arbeitenden<lb/>
Kollegen zu einer Art Statistik der Betriebsverhältnisse gelangen, die als<lb/>
Unterlage für den weiteren Ausbau des Netzes von Überlandzentralen dienen<lb/>
kann. Das Fehlen einer solchen Statistik empfindet jeder, dem der Einwurf<lb/>
entgegentritt: &#x201E;Die Landwirtschaft ist einer der schlechtesten Kunden der Elek¬<lb/>
trizitätswerke. Sie braucht sür gewöhnlich sehr wenig Strom, belastet dann<lb/>
aber für kurze Zeiten das Netz mit ganz ungeheuren Anforderungen. Ohne<lb/>
Anschluß industrieller Anlagen ist ein Elektrizitätswerk nicht denkbar." Will<lb/>
man aber bestimmte Zahlen haben, fragt man, ob die geforderte Höchstleistung<lb/>
nun das Dreifache, das Zehnfache oder das Zwanzigfache der Durchschnittsleistung<lb/>
betrügt, dann bleibt die Antwort aus. Und doch liegt hier die Frage vor, von<lb/>
deren Beantwortung die Rentabilitätsberechnung in erster Linie abhängt. Nach<lb/>
der geforderten Höchstleistung muß die Größe des Werkes berechnet werden,<lb/>
von ihr sind also die Anlagekosten und damit Zinsen und Tilgungsbetrag, die<lb/>
den größten Teil der jährlichen Unkosten ausmachen, abhängig, die Einnahme<lb/>
dagegen von der Durchschnittsentnahme an Energie.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1710" next="#ID_1711"> Die Frage ist um so wichtiger, als man bei neuen Zentralen ganz über¬<lb/>
wiegend auf die Landwirtschaft angewiesen sein wird. Die Einbeziehung der<lb/>
Industrie, wo solche überhaupt vorhanden ist, stößt nämlich auf Schwierigkeiten.<lb/>
Schon jetzt beobachten wir in den mit elektrischer Energie versorgten Städten,<lb/>
daß größere Fabriken bei ihrer alten Dampfmaschine bleiben, Elektrizität wird<lb/>
ihnen zu teuer. Die Überlandzentralen werden die Einheitspreise etwas niedriger<lb/>
ansetzen können als die zurzeit bei städtischen Elektrizitätswerken üblichen (20<lb/>
bis 23 Pfennig), allzuweit (unter 14 Pfennig) werden sie aber auch nur in<lb/>
Ausnahmefällen herabgehen können. Bei solchen Strompreisen ist der Elektro¬<lb/>
motor für kleine oder stark wechselnde Leistungen jeder anderen Kraftmaschine</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0379] Llcktnschc Überlandzentralen erfahrenen — Firmenleiter lassen sich auf Uferlosigkeiten nicht ein; und — nun gelingt plötzlich, was bisher unmöglich schien — die Akquisitionsingenieure der Firma kommen mit bindenden Erklärungen leistungsfähiger Kunden, die sich verpflichten, für soundso viel Jahre jährlich mindestens die und die Menge Energie abzunehmen und zu bezahlen. Ja! sagte mir ein solcher Ingenieur kürzlich, solange ich den Leuten sagen kann: .Wenn ich nicht genug Verpflichtungs¬ scheine bringen kann, wird aus der ganzen Sache nichts/ solange rede ich mit ihnen. Wenn aber der erste Spatenstich getan ist, dann reden sie mit mir. Eine weitere Aussicht auf Besserung der Verhältnisse erwächst aus der Tätigkeit der Provinzialverbände. Diese haben begonnen, Sachverständige der oben angegebenen Art heranzuziehen und für die Prüfung der Entwürfe zur Verfügung zu stellen, wobei sie oft sogar die Kosten übernehmen. Wenn so der Sachverständige innerhalb derselben Provinz wiederholt mit derartigen Arbeiten betraut wird, so wird er bald auch ein Auge für die Besonderheiten der Gegend bekommen, also mehr leisten können, als oben geschildert wurde. Diese Sachverständigen werden dann sehr bald durch Sammlung eigener Erfahrungen und Austausch mit denen ihrer in anderen Gegenden arbeitenden Kollegen zu einer Art Statistik der Betriebsverhältnisse gelangen, die als Unterlage für den weiteren Ausbau des Netzes von Überlandzentralen dienen kann. Das Fehlen einer solchen Statistik empfindet jeder, dem der Einwurf entgegentritt: „Die Landwirtschaft ist einer der schlechtesten Kunden der Elek¬ trizitätswerke. Sie braucht sür gewöhnlich sehr wenig Strom, belastet dann aber für kurze Zeiten das Netz mit ganz ungeheuren Anforderungen. Ohne Anschluß industrieller Anlagen ist ein Elektrizitätswerk nicht denkbar." Will man aber bestimmte Zahlen haben, fragt man, ob die geforderte Höchstleistung nun das Dreifache, das Zehnfache oder das Zwanzigfache der Durchschnittsleistung betrügt, dann bleibt die Antwort aus. Und doch liegt hier die Frage vor, von deren Beantwortung die Rentabilitätsberechnung in erster Linie abhängt. Nach der geforderten Höchstleistung muß die Größe des Werkes berechnet werden, von ihr sind also die Anlagekosten und damit Zinsen und Tilgungsbetrag, die den größten Teil der jährlichen Unkosten ausmachen, abhängig, die Einnahme dagegen von der Durchschnittsentnahme an Energie. Die Frage ist um so wichtiger, als man bei neuen Zentralen ganz über¬ wiegend auf die Landwirtschaft angewiesen sein wird. Die Einbeziehung der Industrie, wo solche überhaupt vorhanden ist, stößt nämlich auf Schwierigkeiten. Schon jetzt beobachten wir in den mit elektrischer Energie versorgten Städten, daß größere Fabriken bei ihrer alten Dampfmaschine bleiben, Elektrizität wird ihnen zu teuer. Die Überlandzentralen werden die Einheitspreise etwas niedriger ansetzen können als die zurzeit bei städtischen Elektrizitätswerken üblichen (20 bis 23 Pfennig), allzuweit (unter 14 Pfennig) werden sie aber auch nur in Ausnahmefällen herabgehen können. Bei solchen Strompreisen ist der Elektro¬ motor für kleine oder stark wechselnde Leistungen jeder anderen Kraftmaschine

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341891_316950
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341891_316950/379
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 69, 1910, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341891_316950/379>, abgerufen am 25.08.2024.