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Die Grenzboten. Jg. 69, 1910, Drittes Vierteljahr.

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Das Zinn

gesprengt, also in kleineren Mengen durch das ganze Gestein zerstreut vor;
außerdem tritt das Erz aber auch gangförmig auf im Granit- und Quarz-
porphyr oder in deren Nachbarschaft. Auf sekundärer Lagerstätte, als sogenanntes
Waschzinn, woraus weitaus das meiste in Gebrauch kommende Zinn genommen
wird, findet sich der Zinnstein aber auch namentlich im Diluvium und Alluvium,
und zwar eingebettet in Schuttgestein aus altem granitischen oder porphyrischen
Gebirge. Durch einen natürlichen, mechanischen Anfbereitnngsprozeß hat das
Wasser auf diesen Lagerstätten (den sogenannten Zinnseifen oder Seifenzinn-
lagern) den Zinnstein als ein spezifisch sehr schweres, chemischer und mechanischer
Umwandlung viel Widerstand bietendes Material im Verlaufe von vielen
Jahrhunderten in relativ großen Mengen zwischen Gebirgsschutt angereichert,
doch kamen oder kommen solche Lagerstätten auf der Erde keineswegs an vielen
Stellen vor. Es läßt sich das mit ziemlicher Sicherheit sagen, obgleich selbst
recht viele Landgebictc und Inseln bergmännisch noch wenig erforscht sind.
Dabei entgeht gerade der Zinnstein, da er durch kein leicht erkennliches Merkmal,
abgesehen vielleicht von seiner großen Schwere (spez. Gew. - 7), seinen Metall¬
gehalt verrät, sehr leicht der Aufmerksamkeit des Unkundigen. Der Zinnstein
stellt nämlich ein an sich weißliches, aber fast stets durch kleinere oder größere
Beimengungen von Eisen gelb und braun bis schwarz gefärbtes Mineral dar
und zeigt durchaus keinen Metallglanz, ja, in gewissen holzbraunen und faserigen
Varietäten gleicht er versteinertem Holze, woher denn auch der bergmännische
Name Holzzinn entstanden ist. Wahrscheinlich hat. wie gesagt, Feuer, welches
Zufällig an, Stellen angelegt wurde, wo Zinnstein zutage trat und unter dessen
glühender Holzkohlcnlage sich dann aus dem Minerale metallisches Zinn gebildet
hatte, zur Entdeckung und Ausbeutung der meisten Zinnerzlager, und zwar zum
Teil schon in sehr früher Zeit, geführt. Daß dieses auf den Zinninseln Banka
und Biliton der Fall gewesen ist, habe ich selbst von Eingeborenen gehört.

Wo Zinnerzgänge von größerer Ausdehnung im Gesteine aufsetzen, da
findet oder fand man meistens in ihrer Nachbarschaft auch Zinnseifen, umgekehrt
aber hat man keineswegs immer in der Nähe von letzteren, selbst wenn sie
sehr reich und umfangreich sind oder waren, auch abbauwürdige Zinnsteingänge
zu erwarten. Hin und wieder mag dieses dem Umstände zuzuschreiben sein,
daß reichere Gänge, welche das Zinnmaterial für die Seifen geliefert haben,
vollständig durch das Wasser zerstört worden sind, sonst aber hat dieses darin
seinen Grund, daß zu den sekundären Lagerstätten ausschließlich zahlreiche
kleinere Zinnerzgänge und Schnüre oder Zinnstein nur eingesprengt enthaltende
Granite und Greisen das Erz geliefert haben.

Die größten und reichsten Zinnseifen der Welt sind unzweifelhaft die der
Halbinsel Malakka, welche heute das sogenannte Straits-Zinn liefern, dabei aber
nachweislich schon viele Jahrhunderte hindurch, selbst schon zur Zeit des Alter¬
tums, den größtem Teil des Zinns für die erstaunlich großen Mengen der in
Asien früher erzeugten, teilweise sogar riesenhaften Bronzegegenstände geliefert


Das Zinn

gesprengt, also in kleineren Mengen durch das ganze Gestein zerstreut vor;
außerdem tritt das Erz aber auch gangförmig auf im Granit- und Quarz-
porphyr oder in deren Nachbarschaft. Auf sekundärer Lagerstätte, als sogenanntes
Waschzinn, woraus weitaus das meiste in Gebrauch kommende Zinn genommen
wird, findet sich der Zinnstein aber auch namentlich im Diluvium und Alluvium,
und zwar eingebettet in Schuttgestein aus altem granitischen oder porphyrischen
Gebirge. Durch einen natürlichen, mechanischen Anfbereitnngsprozeß hat das
Wasser auf diesen Lagerstätten (den sogenannten Zinnseifen oder Seifenzinn-
lagern) den Zinnstein als ein spezifisch sehr schweres, chemischer und mechanischer
Umwandlung viel Widerstand bietendes Material im Verlaufe von vielen
Jahrhunderten in relativ großen Mengen zwischen Gebirgsschutt angereichert,
doch kamen oder kommen solche Lagerstätten auf der Erde keineswegs an vielen
Stellen vor. Es läßt sich das mit ziemlicher Sicherheit sagen, obgleich selbst
recht viele Landgebictc und Inseln bergmännisch noch wenig erforscht sind.
Dabei entgeht gerade der Zinnstein, da er durch kein leicht erkennliches Merkmal,
abgesehen vielleicht von seiner großen Schwere (spez. Gew. - 7), seinen Metall¬
gehalt verrät, sehr leicht der Aufmerksamkeit des Unkundigen. Der Zinnstein
stellt nämlich ein an sich weißliches, aber fast stets durch kleinere oder größere
Beimengungen von Eisen gelb und braun bis schwarz gefärbtes Mineral dar
und zeigt durchaus keinen Metallglanz, ja, in gewissen holzbraunen und faserigen
Varietäten gleicht er versteinertem Holze, woher denn auch der bergmännische
Name Holzzinn entstanden ist. Wahrscheinlich hat. wie gesagt, Feuer, welches
Zufällig an, Stellen angelegt wurde, wo Zinnstein zutage trat und unter dessen
glühender Holzkohlcnlage sich dann aus dem Minerale metallisches Zinn gebildet
hatte, zur Entdeckung und Ausbeutung der meisten Zinnerzlager, und zwar zum
Teil schon in sehr früher Zeit, geführt. Daß dieses auf den Zinninseln Banka
und Biliton der Fall gewesen ist, habe ich selbst von Eingeborenen gehört.

Wo Zinnerzgänge von größerer Ausdehnung im Gesteine aufsetzen, da
findet oder fand man meistens in ihrer Nachbarschaft auch Zinnseifen, umgekehrt
aber hat man keineswegs immer in der Nähe von letzteren, selbst wenn sie
sehr reich und umfangreich sind oder waren, auch abbauwürdige Zinnsteingänge
zu erwarten. Hin und wieder mag dieses dem Umstände zuzuschreiben sein,
daß reichere Gänge, welche das Zinnmaterial für die Seifen geliefert haben,
vollständig durch das Wasser zerstört worden sind, sonst aber hat dieses darin
seinen Grund, daß zu den sekundären Lagerstätten ausschließlich zahlreiche
kleinere Zinnerzgänge und Schnüre oder Zinnstein nur eingesprengt enthaltende
Granite und Greisen das Erz geliefert haben.

Die größten und reichsten Zinnseifen der Welt sind unzweifelhaft die der
Halbinsel Malakka, welche heute das sogenannte Straits-Zinn liefern, dabei aber
nachweislich schon viele Jahrhunderte hindurch, selbst schon zur Zeit des Alter¬
tums, den größtem Teil des Zinns für die erstaunlich großen Mengen der in
Asien früher erzeugten, teilweise sogar riesenhaften Bronzegegenstände geliefert


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[0529] Das Zinn gesprengt, also in kleineren Mengen durch das ganze Gestein zerstreut vor; außerdem tritt das Erz aber auch gangförmig auf im Granit- und Quarz- porphyr oder in deren Nachbarschaft. Auf sekundärer Lagerstätte, als sogenanntes Waschzinn, woraus weitaus das meiste in Gebrauch kommende Zinn genommen wird, findet sich der Zinnstein aber auch namentlich im Diluvium und Alluvium, und zwar eingebettet in Schuttgestein aus altem granitischen oder porphyrischen Gebirge. Durch einen natürlichen, mechanischen Anfbereitnngsprozeß hat das Wasser auf diesen Lagerstätten (den sogenannten Zinnseifen oder Seifenzinn- lagern) den Zinnstein als ein spezifisch sehr schweres, chemischer und mechanischer Umwandlung viel Widerstand bietendes Material im Verlaufe von vielen Jahrhunderten in relativ großen Mengen zwischen Gebirgsschutt angereichert, doch kamen oder kommen solche Lagerstätten auf der Erde keineswegs an vielen Stellen vor. Es läßt sich das mit ziemlicher Sicherheit sagen, obgleich selbst recht viele Landgebictc und Inseln bergmännisch noch wenig erforscht sind. Dabei entgeht gerade der Zinnstein, da er durch kein leicht erkennliches Merkmal, abgesehen vielleicht von seiner großen Schwere (spez. Gew. - 7), seinen Metall¬ gehalt verrät, sehr leicht der Aufmerksamkeit des Unkundigen. Der Zinnstein stellt nämlich ein an sich weißliches, aber fast stets durch kleinere oder größere Beimengungen von Eisen gelb und braun bis schwarz gefärbtes Mineral dar und zeigt durchaus keinen Metallglanz, ja, in gewissen holzbraunen und faserigen Varietäten gleicht er versteinertem Holze, woher denn auch der bergmännische Name Holzzinn entstanden ist. Wahrscheinlich hat. wie gesagt, Feuer, welches Zufällig an, Stellen angelegt wurde, wo Zinnstein zutage trat und unter dessen glühender Holzkohlcnlage sich dann aus dem Minerale metallisches Zinn gebildet hatte, zur Entdeckung und Ausbeutung der meisten Zinnerzlager, und zwar zum Teil schon in sehr früher Zeit, geführt. Daß dieses auf den Zinninseln Banka und Biliton der Fall gewesen ist, habe ich selbst von Eingeborenen gehört. Wo Zinnerzgänge von größerer Ausdehnung im Gesteine aufsetzen, da findet oder fand man meistens in ihrer Nachbarschaft auch Zinnseifen, umgekehrt aber hat man keineswegs immer in der Nähe von letzteren, selbst wenn sie sehr reich und umfangreich sind oder waren, auch abbauwürdige Zinnsteingänge zu erwarten. Hin und wieder mag dieses dem Umstände zuzuschreiben sein, daß reichere Gänge, welche das Zinnmaterial für die Seifen geliefert haben, vollständig durch das Wasser zerstört worden sind, sonst aber hat dieses darin seinen Grund, daß zu den sekundären Lagerstätten ausschließlich zahlreiche kleinere Zinnerzgänge und Schnüre oder Zinnstein nur eingesprengt enthaltende Granite und Greisen das Erz geliefert haben. Die größten und reichsten Zinnseifen der Welt sind unzweifelhaft die der Halbinsel Malakka, welche heute das sogenannte Straits-Zinn liefern, dabei aber nachweislich schon viele Jahrhunderte hindurch, selbst schon zur Zeit des Alter¬ tums, den größtem Teil des Zinns für die erstaunlich großen Mengen der in Asien früher erzeugten, teilweise sogar riesenhaften Bronzegegenstände geliefert

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 69, 1910, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341891_316288/529>, abgerufen am 23.07.2024.