Die Grenzboten. Jg. 69, 1910, Drittes Vierteljahr.Luftschiff und Flugmaschine im Kriege durch seine geringen Dimensionen vor den Geschossen seines Gegners ziemlich Handfeuerwaffen und Handgranaten bilden vorläufig die Waffen des Aero- Die Bemannung des Luftschiffs setzt sich natürlich zur Wehr. Stehen ihr keine Werfen wir zum Schlüsse einen kurzen Blick zurück auf die Entwicklung Luftschiff und Flugmaschine im Kriege durch seine geringen Dimensionen vor den Geschossen seines Gegners ziemlich Handfeuerwaffen und Handgranaten bilden vorläufig die Waffen des Aero- Die Bemannung des Luftschiffs setzt sich natürlich zur Wehr. Stehen ihr keine Werfen wir zum Schlüsse einen kurzen Blick zurück auf die Entwicklung <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0492" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/316777"/> <fw type="header" place="top"> Luftschiff und Flugmaschine im Kriege</fw><lb/> <p xml:id="ID_2060" prev="#ID_2059"> durch seine geringen Dimensionen vor den Geschossen seines Gegners ziemlich<lb/> sicher ist.</p><lb/> <p xml:id="ID_2061"> Handfeuerwaffen und Handgranaten bilden vorläufig die Waffen des Aero-<lb/> plans. Die Handgranate ist eine einfache Blechbüchse mit Fallschirm, welcher<lb/> für richtiges Auftreffen sorgt. Sie enthält etwa 500 Z Brisanzstoff, welcher von<lb/> einer großen Zahl vorbereiteter Sprengstücke umgeben ist und durch einen ein¬<lb/> fachen Aufschlagzünder zur Detonation gebracht wird. Das ganze Geschoß wiegt<lb/> nur etwa 2 KZ. Es ist also leicht und ohne Erschütterung des Flugapparates<lb/> zu handhaben. Dieser wird das feindliche Luftschiff zu übersteigen suchen und<lb/> dann die Handgranate möglichst nahe der Gashülle auswerfen. Wird sie<lb/> getroffen, so ist die Beschädigung um so verhängnisvoller, als sie oben Platz<lb/> greift und das schnelle Ausströmen des Wasserstoffs befördert.</p><lb/> <p xml:id="ID_2062"> Die Bemannung des Luftschiffs setzt sich natürlich zur Wehr. Stehen ihr keine<lb/> andern Waffen zur Verfügung, so wird sie zum Gewehr oder zum Selbstlade¬<lb/> karabiner greifen. Aus beiden lassen sich übrigens auch Handgranaten eines<lb/> besondern Modells mehrere hundert Meter weit verschießen. Solange jedoch<lb/> der Aeroplan nahe über der Gashülle schwebt, bietet diese ihm einen sichern<lb/> Schutz gegen die Mannschaft der Gondel, und man versteht ohne weiteres den<lb/> großen Vorteil, den Plattformen auf dem Tragkörper ihr bieten würden. Einige<lb/> Flintenschüsse von dort würden vielleicht genügen, die zwei bis drei Leute des<lb/> Aeroplans außer Gefecht zu setzen und damit jede Gefahr für das Luftschiff zu<lb/> beseitigen.</p><lb/> <p xml:id="ID_2063"> Werfen wir zum Schlüsse einen kurzen Blick zurück auf die Entwicklung<lb/> der heutigen Luftschiffahrt, so müssen wir gestehen, daß die Industrie den Armeen<lb/> diesen neuen Feind und diese neue Hilfe schuf, denn das moderne Luftschiff hing<lb/> nur an einer Motorfrage. Die Industrie aber schmiedet auch die Waffen, den<lb/> neuen Feind zu bekämpfen, und beweist daher aufs neue ihren mächtigen Einfluß<lb/> auf die kriegerischen Ereignisse der Welt und die Geschicke der Menschheit. Ja<lb/> man kann ohne Übertreibung sagen, daß unter ihren Dampfhämmern in<lb/> allererster Linie der Krieg vorbereitet und der Friede befestigt wird, denn je<lb/> schärfere Waffen sie uus gibt, desto sicherer sind wir vor den Angriffen unserer<lb/> Feinde.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0492]
Luftschiff und Flugmaschine im Kriege
durch seine geringen Dimensionen vor den Geschossen seines Gegners ziemlich
sicher ist.
Handfeuerwaffen und Handgranaten bilden vorläufig die Waffen des Aero-
plans. Die Handgranate ist eine einfache Blechbüchse mit Fallschirm, welcher
für richtiges Auftreffen sorgt. Sie enthält etwa 500 Z Brisanzstoff, welcher von
einer großen Zahl vorbereiteter Sprengstücke umgeben ist und durch einen ein¬
fachen Aufschlagzünder zur Detonation gebracht wird. Das ganze Geschoß wiegt
nur etwa 2 KZ. Es ist also leicht und ohne Erschütterung des Flugapparates
zu handhaben. Dieser wird das feindliche Luftschiff zu übersteigen suchen und
dann die Handgranate möglichst nahe der Gashülle auswerfen. Wird sie
getroffen, so ist die Beschädigung um so verhängnisvoller, als sie oben Platz
greift und das schnelle Ausströmen des Wasserstoffs befördert.
Die Bemannung des Luftschiffs setzt sich natürlich zur Wehr. Stehen ihr keine
andern Waffen zur Verfügung, so wird sie zum Gewehr oder zum Selbstlade¬
karabiner greifen. Aus beiden lassen sich übrigens auch Handgranaten eines
besondern Modells mehrere hundert Meter weit verschießen. Solange jedoch
der Aeroplan nahe über der Gashülle schwebt, bietet diese ihm einen sichern
Schutz gegen die Mannschaft der Gondel, und man versteht ohne weiteres den
großen Vorteil, den Plattformen auf dem Tragkörper ihr bieten würden. Einige
Flintenschüsse von dort würden vielleicht genügen, die zwei bis drei Leute des
Aeroplans außer Gefecht zu setzen und damit jede Gefahr für das Luftschiff zu
beseitigen.
Werfen wir zum Schlüsse einen kurzen Blick zurück auf die Entwicklung
der heutigen Luftschiffahrt, so müssen wir gestehen, daß die Industrie den Armeen
diesen neuen Feind und diese neue Hilfe schuf, denn das moderne Luftschiff hing
nur an einer Motorfrage. Die Industrie aber schmiedet auch die Waffen, den
neuen Feind zu bekämpfen, und beweist daher aufs neue ihren mächtigen Einfluß
auf die kriegerischen Ereignisse der Welt und die Geschicke der Menschheit. Ja
man kann ohne Übertreibung sagen, daß unter ihren Dampfhämmern in
allererster Linie der Krieg vorbereitet und der Friede befestigt wird, denn je
schärfere Waffen sie uus gibt, desto sicherer sind wir vor den Angriffen unserer
Feinde.
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