Die Grenzboten. Jg. 69, 1910, Drittes Vierteljahr.rynr Reform der preußischen Kreisverfassung Die übrigen Vorschläge des Deutschen Handelstags bedürfen nur einer Von ganz besonderer Bedeutung ist endlich der letzte Vorschlag des Deutschen ") Vgl. Denkschrift der Hmidelsknmmer Sormi n, a, O,
rynr Reform der preußischen Kreisverfassung Die übrigen Vorschläge des Deutschen Handelstags bedürfen nur einer Von ganz besonderer Bedeutung ist endlich der letzte Vorschlag des Deutschen ") Vgl. Denkschrift der Hmidelsknmmer Sormi n, a, O,
<TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0484" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/316769"/> <fw type="header" place="top"> rynr Reform der preußischen Kreisverfassung</fw><lb/> <p xml:id="ID_2023"> Die übrigen Vorschläge des Deutschen Handelstags bedürfen nur einer<lb/> kurzen Kommentierung; sie verstehen sich nach unseren bisherigen Darlegungen<lb/> von selbst. Der Deutsche Handelstag will also weiterhin die Bestimmung, nach<lb/> der die Zahl der städtischen Abgeordneten die Hälfte und in denjenigen Kreisen,<lb/> in welchen nur eine Stadt vorhanden ist, ein Drittel der Gesamtzahl aller<lb/> Abgeordneten nicht übersteigen darf (Z 89 Ur. 1 Satz 2), gestrichen sehen. Wir<lb/> haben ziffermäßig nachgewiesen, daß gerade auch die Städte durch die geltende<lb/> Kreisordnung stark zurückgedrängt werden, obwohl sie in vielen Fällen einen<lb/> außerordentlich hohen Anteil an den Kreissteucrlasten tragen. Es entspricht dem<lb/> einfachen Gebot der Gerechtigkeit, daß die Kontingentierung ihrer Mandate<lb/> beseitigt wird, nachdem sie sich auch bei den anderen beiden Wahlverbänden nicht<lb/> vorfindet. Ferner sollen die juristischen Personen, Aktiengesellschaften, Kommandit¬<lb/> gesellschaften auf Aktien, Gesellschaften in. b. H. und Genossenschaften das aktive<lb/> und passive Wahlrecht für ihre ordentlichen Vertreter erhalten. Dabei soll es<lb/> nicht erforderlich sein, daß ihre Vertreter in dem Kreise entweder einen Wohnsitz<lb/> haben oder Grundeigentum besitzen (§ 97 Abs. 1 Ur. 2; Z 98 Abs. 2; §106<lb/> Abs. 1 Ur. 2). Die Verteilung der Kreistagsabgeordneten soll nach dem Ablauf<lb/> von je sechs statt zwölf Jahren der Revision unterworfen werden (§ 112).</p><lb/> <p xml:id="ID_2024" next="#ID_2025"> Von ganz besonderer Bedeutung ist endlich der letzte Vorschlag des Deutschen<lb/> Handelstags, daß die Zahl der Kreisausschußmitglieder auf die Wahlverbände<lb/> der größeren ländlichen Grundbesitzer, der Landgemeinden und der Städte nach<lb/> der Zahl der diesen Verbänden zustehenden Kreistagsabgeordneten verteilt werden<lb/> soll (Z 131). Der geltende Zustand, daß die sechs Mitglieder des Kreisausschusses<lb/> mit absoluter Stimmenmehrheit vom Kreistage gewählt werden, ist eine direkte<lb/> Garantie für die Vorherrschaft des ländlichen Grundbesitzes in der Kreisverwaltung.<lb/> Denn darüber besteht keine Unklarheit, daß das Schwergewicht der Kreisverwaltung<lb/> im Kreisausschuß liegt; ihm ist die Vorbereitung aller Kreistagsbeschlüsse über¬<lb/> wiesen und er ist ferner das bevollmächtigte ausführende Organ des Kreistags.<lb/> Dazu tritt der Umstand, daß der Kreisausschuß auch einen Teil der Landes¬<lb/> verwaltung bildet (ZZ 130, 134) und dadurch feste Beziehungen zur Staats¬<lb/> verwaltung unterhält. Außerordentlich klar wird die Situation dadurch gekenn¬<lb/> zeichnet, daß der Kreistag nur zweimal im Jahr einberufen zu werden braucht<lb/> (Z 118), in Hannover und Westfalen sogar nur einmal. Es soll Fälle geben,<lb/> in denen die Aufgaben des Kreistags sich im großen und ganzen auf die<lb/> Bewilligung der vorher gedruckten Etats und Spezialfinanzvorlagen des Kreis¬<lb/> ausschusses beschränken*). Da wir aus unseren statistischen Betrachtungen den<lb/> Schluß ziehen dürfen, daß in der weitaus überwiegenden Zahl der Kreistage<lb/> die Vertreter der Landwirtschaft die Mehrheit bilden, so liegt es im allgemeinen<lb/> in ihrem Belieben, ob Städte bezw. Industrie und Handel überhaupt im Kreis¬<lb/> ausschuß vertreten sein sollen. Dieser, man darf wohl sagen gänzlich haltlose</p><lb/> <note xml:id="FID_59" place="foot"> ") Vgl. Denkschrift der Hmidelsknmmer Sormi n, a, O,</note><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0484]
rynr Reform der preußischen Kreisverfassung
Die übrigen Vorschläge des Deutschen Handelstags bedürfen nur einer
kurzen Kommentierung; sie verstehen sich nach unseren bisherigen Darlegungen
von selbst. Der Deutsche Handelstag will also weiterhin die Bestimmung, nach
der die Zahl der städtischen Abgeordneten die Hälfte und in denjenigen Kreisen,
in welchen nur eine Stadt vorhanden ist, ein Drittel der Gesamtzahl aller
Abgeordneten nicht übersteigen darf (Z 89 Ur. 1 Satz 2), gestrichen sehen. Wir
haben ziffermäßig nachgewiesen, daß gerade auch die Städte durch die geltende
Kreisordnung stark zurückgedrängt werden, obwohl sie in vielen Fällen einen
außerordentlich hohen Anteil an den Kreissteucrlasten tragen. Es entspricht dem
einfachen Gebot der Gerechtigkeit, daß die Kontingentierung ihrer Mandate
beseitigt wird, nachdem sie sich auch bei den anderen beiden Wahlverbänden nicht
vorfindet. Ferner sollen die juristischen Personen, Aktiengesellschaften, Kommandit¬
gesellschaften auf Aktien, Gesellschaften in. b. H. und Genossenschaften das aktive
und passive Wahlrecht für ihre ordentlichen Vertreter erhalten. Dabei soll es
nicht erforderlich sein, daß ihre Vertreter in dem Kreise entweder einen Wohnsitz
haben oder Grundeigentum besitzen (§ 97 Abs. 1 Ur. 2; Z 98 Abs. 2; §106
Abs. 1 Ur. 2). Die Verteilung der Kreistagsabgeordneten soll nach dem Ablauf
von je sechs statt zwölf Jahren der Revision unterworfen werden (§ 112).
Von ganz besonderer Bedeutung ist endlich der letzte Vorschlag des Deutschen
Handelstags, daß die Zahl der Kreisausschußmitglieder auf die Wahlverbände
der größeren ländlichen Grundbesitzer, der Landgemeinden und der Städte nach
der Zahl der diesen Verbänden zustehenden Kreistagsabgeordneten verteilt werden
soll (Z 131). Der geltende Zustand, daß die sechs Mitglieder des Kreisausschusses
mit absoluter Stimmenmehrheit vom Kreistage gewählt werden, ist eine direkte
Garantie für die Vorherrschaft des ländlichen Grundbesitzes in der Kreisverwaltung.
Denn darüber besteht keine Unklarheit, daß das Schwergewicht der Kreisverwaltung
im Kreisausschuß liegt; ihm ist die Vorbereitung aller Kreistagsbeschlüsse über¬
wiesen und er ist ferner das bevollmächtigte ausführende Organ des Kreistags.
Dazu tritt der Umstand, daß der Kreisausschuß auch einen Teil der Landes¬
verwaltung bildet (ZZ 130, 134) und dadurch feste Beziehungen zur Staats¬
verwaltung unterhält. Außerordentlich klar wird die Situation dadurch gekenn¬
zeichnet, daß der Kreistag nur zweimal im Jahr einberufen zu werden braucht
(Z 118), in Hannover und Westfalen sogar nur einmal. Es soll Fälle geben,
in denen die Aufgaben des Kreistags sich im großen und ganzen auf die
Bewilligung der vorher gedruckten Etats und Spezialfinanzvorlagen des Kreis¬
ausschusses beschränken*). Da wir aus unseren statistischen Betrachtungen den
Schluß ziehen dürfen, daß in der weitaus überwiegenden Zahl der Kreistage
die Vertreter der Landwirtschaft die Mehrheit bilden, so liegt es im allgemeinen
in ihrem Belieben, ob Städte bezw. Industrie und Handel überhaupt im Kreis¬
ausschuß vertreten sein sollen. Dieser, man darf wohl sagen gänzlich haltlose
") Vgl. Denkschrift der Hmidelsknmmer Sormi n, a, O,
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