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Die Grenzboten. Jg. 69, 1910, Drittes Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

Gedanken erfüllt hat, die Ehre wiederherzustellen, das Vaterland zu verteidigen, wir
Männer alle kriegerischen Tugenden Pflegen sollen; wie in der Zeit der Erhebung jung
und alt herbeiströmte und dus Letzte hergab, wie selbst Frauen und Mädchen ihr Haar
nicht schonten, so sollen auch wir stets bereit sein, uns bor allem unsere Rüstung lückenlos
zu erhalten, im Hinblick darauf, daß unsere Nachbarinächte so gewaltige Fortschritte
gemacht haben. Denn nur auf unserer Rüstung beruht unser Friede. Und was sollen
unsere Frauen bon der Königin lernen? Sie sollen lernen, daß die Hauptaufgabe der
deutschen Frau nicht ans den! Gebiet des Versammlungs- und Vereinswesens liegt, nicht
in dem Erreichen von vermeintlichen Rechten, in denen sie es den Männern gleichtun
können, sondern in der stillen Arbeit im Hanse und in der Familie, Sie sollen die junge
Generntion erziehen bor allen Dingen zum Gehorsam und zum Respekt bor dein Alter!
Sie sollen Kindern und Kindeskindern klar machen, daß es heute nicht darauf ankommt,
sich auszuleben auf Kosten anderer, seine Ziele zu erreichen auf Kosten des Vaterlandes,
sondern einzig und allein das Vaterland im Auge zu haben, einzig und allein alle
Kräfte und Sinne für das Wohl des Vaterlandes einzusetzen. Das ist die Lehre, die
die hohe Gestalt uns überliefert hat, die unser Vaterland und die Bürgerschaft dieser
Stadt auf ihrem schlichten Denkmal so schön "den guten Genius Preußens" genannt
hat. Ich hege die feste Hoffnung, daß alle hier versammelten Ostpreußen Mich ver¬
stehen und daß, wenn sie wieder heimgehen zu ihrem Werk und ihrer Hantierung, sie
sich von diesem Gedanken erfüllen lassen, Alles soll mitarbeiten an Wohl des Vater¬
landes, gleichgültig, wer und wo er sei. Und ebenso wird für Mich der Weg dieser
hohen Verblichenen vorbildlich sein, wie er Meinem Großvater borbildlich war. Als
Instrument des Nerru Mich betrachtend, ohne Rücksicht auf Tngesansichten und -Meinungen
gehe Ich Meinen Weg, der einzig und allein der Wohlfahrt und friedlichen Entwicklung
unseres Vaterlandes gewidmet ist. Aber Ich bedarf hierbei der Mitarbeit eines jeden
im Lande, und zu dieser Mitarbeit möchte Ich much Sie jetzt aufgefordert haben. Daß
diese Gesinnung in der Provinz Ostpreußen stets herrsche und Mir Ihre Hilfe in Meinem
Streben zuteil'werden möge, darauf leere Ich Mein Glas. Es lebe die Provinz Ost¬
preußen! Hoch! Hoch! Hoch!

Vergegenwärtigt man sich die Umgebung, in der der Kaiser gesprochen hat,
vergegenwärtigt man sich, wie viel Erinnerungen gerade für das Haus Hohenzollern
an die Stadt Königsberg geknüpft sind und welch ein eifriger Erhalter der
Tradition gerade Wilhelm der Zweite ist, dann kann man den Ausführungen an
sich im ganzen zustimmen, auch wem: man in den Einzelheiten abweichender
Meinung ist. Auch des Kaisers Auffassung von seiner Mission als Werkzeug
Gottes sollte keinen Anlaß zu einer abfälligen Kritik geben. Im Gegenteil, wir
alle sollten uns dessen freuen, daß ein Mann an so hoher Stelle und von der
Begabung des Kaisers die bescheidene Überzeugung in sich zu tragen vermag, wie
klein er doch geblieben und daß seine Bedeutung doch nur in der Rolle eines
Werkzeuges der höchsten Macht, eben Gottes ruht. Durch Gott alles, ohne Gott
nichts! Nicht jeder von uns darf sich rühmen, je einmal rückblickend aus seinen
und seiner Familie Werdegang bekennen zu können, daß nur eine höhere Gewalt
ihn auf den Platz zu heben vermochte, den er beglückt und angefüllt von der
Größe seiner Aufgabe gerade einnimmt. Aus den Worten des Kaisers tritt uns
somit auch das Bewußtsein einer hohen Verantwortung entgegen.

Diese hauptsächliche Tendenz der Rede kommt nnn lewer nicht voll zur
Geltung durch die wiederholte Betonung der Auffassung, daß die Äomgskrone
nicht verliehen sei "von Parlamenten, Volksversammlungen und Volksbeschlussen".
Dem Kaiser ist es ebenso wie uns bekannt, daß hierüber die Meinungen aus¬
einandergehn, je nachdem der eine mehr auf historischem oder auf naturalistischem
Voden steht, und daß dieser Meinungsstreit längst zum Mittel der politischen
Agitation herabgewürdigt ist. Wenn also der Kaiser dennoch glaubte, seine seit
zweiundzwanzig Jahren bekannte Auffassung noch einmal öffentlich aussprechen zu


Grenzboten III 1910 57
Maßgebliches und Unmaßgebliches

Gedanken erfüllt hat, die Ehre wiederherzustellen, das Vaterland zu verteidigen, wir
Männer alle kriegerischen Tugenden Pflegen sollen; wie in der Zeit der Erhebung jung
und alt herbeiströmte und dus Letzte hergab, wie selbst Frauen und Mädchen ihr Haar
nicht schonten, so sollen auch wir stets bereit sein, uns bor allem unsere Rüstung lückenlos
zu erhalten, im Hinblick darauf, daß unsere Nachbarinächte so gewaltige Fortschritte
gemacht haben. Denn nur auf unserer Rüstung beruht unser Friede. Und was sollen
unsere Frauen bon der Königin lernen? Sie sollen lernen, daß die Hauptaufgabe der
deutschen Frau nicht ans den! Gebiet des Versammlungs- und Vereinswesens liegt, nicht
in dem Erreichen von vermeintlichen Rechten, in denen sie es den Männern gleichtun
können, sondern in der stillen Arbeit im Hanse und in der Familie, Sie sollen die junge
Generntion erziehen bor allen Dingen zum Gehorsam und zum Respekt bor dein Alter!
Sie sollen Kindern und Kindeskindern klar machen, daß es heute nicht darauf ankommt,
sich auszuleben auf Kosten anderer, seine Ziele zu erreichen auf Kosten des Vaterlandes,
sondern einzig und allein das Vaterland im Auge zu haben, einzig und allein alle
Kräfte und Sinne für das Wohl des Vaterlandes einzusetzen. Das ist die Lehre, die
die hohe Gestalt uns überliefert hat, die unser Vaterland und die Bürgerschaft dieser
Stadt auf ihrem schlichten Denkmal so schön „den guten Genius Preußens" genannt
hat. Ich hege die feste Hoffnung, daß alle hier versammelten Ostpreußen Mich ver¬
stehen und daß, wenn sie wieder heimgehen zu ihrem Werk und ihrer Hantierung, sie
sich von diesem Gedanken erfüllen lassen, Alles soll mitarbeiten an Wohl des Vater¬
landes, gleichgültig, wer und wo er sei. Und ebenso wird für Mich der Weg dieser
hohen Verblichenen vorbildlich sein, wie er Meinem Großvater borbildlich war. Als
Instrument des Nerru Mich betrachtend, ohne Rücksicht auf Tngesansichten und -Meinungen
gehe Ich Meinen Weg, der einzig und allein der Wohlfahrt und friedlichen Entwicklung
unseres Vaterlandes gewidmet ist. Aber Ich bedarf hierbei der Mitarbeit eines jeden
im Lande, und zu dieser Mitarbeit möchte Ich much Sie jetzt aufgefordert haben. Daß
diese Gesinnung in der Provinz Ostpreußen stets herrsche und Mir Ihre Hilfe in Meinem
Streben zuteil'werden möge, darauf leere Ich Mein Glas. Es lebe die Provinz Ost¬
preußen! Hoch! Hoch! Hoch!

Vergegenwärtigt man sich die Umgebung, in der der Kaiser gesprochen hat,
vergegenwärtigt man sich, wie viel Erinnerungen gerade für das Haus Hohenzollern
an die Stadt Königsberg geknüpft sind und welch ein eifriger Erhalter der
Tradition gerade Wilhelm der Zweite ist, dann kann man den Ausführungen an
sich im ganzen zustimmen, auch wem: man in den Einzelheiten abweichender
Meinung ist. Auch des Kaisers Auffassung von seiner Mission als Werkzeug
Gottes sollte keinen Anlaß zu einer abfälligen Kritik geben. Im Gegenteil, wir
alle sollten uns dessen freuen, daß ein Mann an so hoher Stelle und von der
Begabung des Kaisers die bescheidene Überzeugung in sich zu tragen vermag, wie
klein er doch geblieben und daß seine Bedeutung doch nur in der Rolle eines
Werkzeuges der höchsten Macht, eben Gottes ruht. Durch Gott alles, ohne Gott
nichts! Nicht jeder von uns darf sich rühmen, je einmal rückblickend aus seinen
und seiner Familie Werdegang bekennen zu können, daß nur eine höhere Gewalt
ihn auf den Platz zu heben vermochte, den er beglückt und angefüllt von der
Größe seiner Aufgabe gerade einnimmt. Aus den Worten des Kaisers tritt uns
somit auch das Bewußtsein einer hohen Verantwortung entgegen.

Diese hauptsächliche Tendenz der Rede kommt nnn lewer nicht voll zur
Geltung durch die wiederholte Betonung der Auffassung, daß die Äomgskrone
nicht verliehen sei „von Parlamenten, Volksversammlungen und Volksbeschlussen".
Dem Kaiser ist es ebenso wie uns bekannt, daß hierüber die Meinungen aus¬
einandergehn, je nachdem der eine mehr auf historischem oder auf naturalistischem
Voden steht, und daß dieser Meinungsstreit längst zum Mittel der politischen
Agitation herabgewürdigt ist. Wenn also der Kaiser dennoch glaubte, seine seit
zweiundzwanzig Jahren bekannte Auffassung noch einmal öffentlich aussprechen zu


Grenzboten III 1910 57
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[0461] Maßgebliches und Unmaßgebliches Gedanken erfüllt hat, die Ehre wiederherzustellen, das Vaterland zu verteidigen, wir Männer alle kriegerischen Tugenden Pflegen sollen; wie in der Zeit der Erhebung jung und alt herbeiströmte und dus Letzte hergab, wie selbst Frauen und Mädchen ihr Haar nicht schonten, so sollen auch wir stets bereit sein, uns bor allem unsere Rüstung lückenlos zu erhalten, im Hinblick darauf, daß unsere Nachbarinächte so gewaltige Fortschritte gemacht haben. Denn nur auf unserer Rüstung beruht unser Friede. Und was sollen unsere Frauen bon der Königin lernen? Sie sollen lernen, daß die Hauptaufgabe der deutschen Frau nicht ans den! Gebiet des Versammlungs- und Vereinswesens liegt, nicht in dem Erreichen von vermeintlichen Rechten, in denen sie es den Männern gleichtun können, sondern in der stillen Arbeit im Hanse und in der Familie, Sie sollen die junge Generntion erziehen bor allen Dingen zum Gehorsam und zum Respekt bor dein Alter! Sie sollen Kindern und Kindeskindern klar machen, daß es heute nicht darauf ankommt, sich auszuleben auf Kosten anderer, seine Ziele zu erreichen auf Kosten des Vaterlandes, sondern einzig und allein das Vaterland im Auge zu haben, einzig und allein alle Kräfte und Sinne für das Wohl des Vaterlandes einzusetzen. Das ist die Lehre, die die hohe Gestalt uns überliefert hat, die unser Vaterland und die Bürgerschaft dieser Stadt auf ihrem schlichten Denkmal so schön „den guten Genius Preußens" genannt hat. Ich hege die feste Hoffnung, daß alle hier versammelten Ostpreußen Mich ver¬ stehen und daß, wenn sie wieder heimgehen zu ihrem Werk und ihrer Hantierung, sie sich von diesem Gedanken erfüllen lassen, Alles soll mitarbeiten an Wohl des Vater¬ landes, gleichgültig, wer und wo er sei. Und ebenso wird für Mich der Weg dieser hohen Verblichenen vorbildlich sein, wie er Meinem Großvater borbildlich war. Als Instrument des Nerru Mich betrachtend, ohne Rücksicht auf Tngesansichten und -Meinungen gehe Ich Meinen Weg, der einzig und allein der Wohlfahrt und friedlichen Entwicklung unseres Vaterlandes gewidmet ist. Aber Ich bedarf hierbei der Mitarbeit eines jeden im Lande, und zu dieser Mitarbeit möchte Ich much Sie jetzt aufgefordert haben. Daß diese Gesinnung in der Provinz Ostpreußen stets herrsche und Mir Ihre Hilfe in Meinem Streben zuteil'werden möge, darauf leere Ich Mein Glas. Es lebe die Provinz Ost¬ preußen! Hoch! Hoch! Hoch! Vergegenwärtigt man sich die Umgebung, in der der Kaiser gesprochen hat, vergegenwärtigt man sich, wie viel Erinnerungen gerade für das Haus Hohenzollern an die Stadt Königsberg geknüpft sind und welch ein eifriger Erhalter der Tradition gerade Wilhelm der Zweite ist, dann kann man den Ausführungen an sich im ganzen zustimmen, auch wem: man in den Einzelheiten abweichender Meinung ist. Auch des Kaisers Auffassung von seiner Mission als Werkzeug Gottes sollte keinen Anlaß zu einer abfälligen Kritik geben. Im Gegenteil, wir alle sollten uns dessen freuen, daß ein Mann an so hoher Stelle und von der Begabung des Kaisers die bescheidene Überzeugung in sich zu tragen vermag, wie klein er doch geblieben und daß seine Bedeutung doch nur in der Rolle eines Werkzeuges der höchsten Macht, eben Gottes ruht. Durch Gott alles, ohne Gott nichts! Nicht jeder von uns darf sich rühmen, je einmal rückblickend aus seinen und seiner Familie Werdegang bekennen zu können, daß nur eine höhere Gewalt ihn auf den Platz zu heben vermochte, den er beglückt und angefüllt von der Größe seiner Aufgabe gerade einnimmt. Aus den Worten des Kaisers tritt uns somit auch das Bewußtsein einer hohen Verantwortung entgegen. Diese hauptsächliche Tendenz der Rede kommt nnn lewer nicht voll zur Geltung durch die wiederholte Betonung der Auffassung, daß die Äomgskrone nicht verliehen sei „von Parlamenten, Volksversammlungen und Volksbeschlussen". Dem Kaiser ist es ebenso wie uns bekannt, daß hierüber die Meinungen aus¬ einandergehn, je nachdem der eine mehr auf historischem oder auf naturalistischem Voden steht, und daß dieser Meinungsstreit längst zum Mittel der politischen Agitation herabgewürdigt ist. Wenn also der Kaiser dennoch glaubte, seine seit zweiundzwanzig Jahren bekannte Auffassung noch einmal öffentlich aussprechen zu Grenzboten III 1910 57

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 69, 1910, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341891_316288/461>, abgerufen am 23.07.2024.